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Balkonkraftwerke

Schlechter Rat wird teuer

Inzwischen werden von Discountern und Baumärkten sogenannte Selbstbausätze beworben. Andere Anbieter grenzen sich ab, indem sie ihren Kunden zusätzlich Beratung anbieten. Diese Abgrenzung sollte in einem Rechtsstreit vor dem Landgericht Lübeck (Urteil vom 21. Februar 2025, Aktenzeichen: 14 S 67/24) von erheblicher Bedeutung sein.

Solarsystem passt nicht zur Elektrik

Die Richter in Lübeck hatten sich in zweiter Instanz mit einem Streit zwischen dem Käufer und dem Verkäufer eines Balkonkraftwerks zu befassen. Der Verkäufer trat gegenüber seinen Kunden als Unternehmen auf, das sich auf Photovoltaik spezialisiert hatte. Vor Abschluss des Kaufvertrags wurde ein Termin zur Besichtigung und Beratung im Haus des Kunden absolviert.

Auf dieser Grundlage hat der Kunde die Balkonanlage erworben. Kurz darauf musste er allerdings feststellen, dass das Produkt mit seiner Hauselektrik nicht kompatibel war. Die Umrüstung der Hauselektrik wäre vollkommen unwirtschaftlich, sodass das Balkonkraftwerk letztendlich nutzlos für ihn war. Der Kunde wollte deswegen den Kauf rückabwickeln und forderte sein Geld zurück.

Pflicht zur Beratung des Kunden

Das Landgericht Lübeck setzte sich zunächst allgemein mit den Beratungspflichten eines Verkäufers auseinander. Der Käufer könne erwarten, dass er Kenntnis von Umständen erhalte, welche den Vertragszweck vereiteln können und für seine Kaufentscheidung erkennbar von wesentlicher Bedeutung seien.

Messlatte für Beratung hoch

Diese Pflichten sind gemäß dem Urteil nicht bei jedem Verkauf gleich, sondern abhängig von den näheren Umständen. So könne der Käufer in einem Fachgeschäft eine höhere Sachkunde erwarten als in einem Warenhaus und bei einem Hersteller wiederum mehr Sachkunde als bei einem Händler.

Im entschiedenen Fall sprachen die näheren Umstände des Kaufs nach Ansicht des Gerichts dafür, die Messlatte an das Solarunternehmen hoch anzulegen. Denn der Verkäufer hat eine Beratung vor Ort beim Kunden durchgeführt.

Dies sei ein wesentlicher Unterschied zu Baumärkten oder Discountern, die ebenfalls Balkonmodule verkaufen, argumentierten die Richter. Der Kunde, der regelmäßig keine nennenswerte Erfahrung in der Elektroinstallation habe, dürfe erwarten, dass er über wesentliche Aspekte informiert werde, die ihm mangels Kenntnis der Materie verborgen sind.

Internetseite spielt eine Rolle

Zulasten des Verkäufers wurde auch dessen Webauftritt herangezogen. Dort hatte er dafür geworben, dass die Solarpakete für jeden geeignet seien, der die Vorteile der Solarenergie nutzen wolle, unabhängig von seinen Kenntnissen in der Elektrotechnik. Das Gericht urteilte: Damit werde suggeriert, dass der Käufer ein funktionierendes Produkt in die Hand bekomme, ohne sich mit weiteren Fragen der Funktionsweise befassen zu müssen.

Das Solarunternehmen habe letztendlich die berechtigten Erwartungen des Kunden an eine fachgerechte Beratung nicht erfüllt. Die Richter urteilten deswegen zugunsten des Käufers. Er durfte den Vertrag rückabwickeln, seine Anzahlung herausverlangen und die Rechtsanwaltskosten in Ansatz bringen.

Grenzen der Beratungspflicht

Alle Unternehmen, die in der Photovoltaik auftreten, können aus dem Urteil wichtige Lehren ziehen. Je mehr sie mit Spezialkenntnissen werben und Beratungsleistungen anbieten, desto höher ist auch ihre Verantwortung gegenüber den Kundinnen und Kunden. Allerdings dürfen die Anforderungen an den Verkäufer nicht überspannt werden.

So wiesen die Richter des Landgerichts Lübeck ausdrücklich darauf hin, dass im entschiedenen Fall der Verkäufer die Kompatibilität des Balkonkraftwerks mit der Hausanlage nicht hätte prüfen müssen. Vielmehr wäre ausreichend gewesen, den Kunden darauf hinzuweisen, dass das Balkonkraftwerk mit der Hauselektrik inkompatibel sein könnte.

Anbietern ist deswegen zu raten, derartige Hinweise zumindest dann standardisiert vorzuhalten, wenn bestimmte Probleme und Risiken bei der Installation oder dem Anschluss von Photovoltaikanlagen nicht ganz fernliegend sind. Dies ist zum Beispiel auch denkbar, wenn Schwierigkeiten bei der Montage oder beim Anschluss ans Stromnetz zu erwarten sind. Dem Kunden sollten solche Hinweise vor Vertragsabschluss in textlicher Form nachweisbar mitgeteilt werden.•

Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG)

25 Jahre: Von der Idee zum globalen Megatrend

Am 29. März 2000 erging der Beschluss des Parlaments. Sofort danach wurde das EEG im Bundesgesetzblatt verkündet und trat am 1. April in Kraft. Kein Aprilscherz, wie seine Gegner erkennen mussten. Erst belächelt, dann bekämpft – und mittlerweile ein globaler Trend.

Zwölf Paragrafen, dazu ein kurzer Anhang – insgesamt fünf Seiten im Bundesgesetzblatt von Ende März 2000: So kam das Gesetz über den Vorrang erneuerbarer Energien in die Welt, später als Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) abgekürzt. Ein Dutzend Paragrafen! Ganze fünf Seiten! Erinnert euch!

Manchmal geht es auch in der Politik nach vorn. Sogar in der Politik. Die Energiewende ließ sich einfach nicht stoppen. 25 Jahre später erreichte der jährliche Zubau der Photovoltaik in Deutschland fast 17 Gigawatt. In Europa wurden 2024 fast 66 Gigawatt neu installiert, weltweit 452 Gigawatt. In Worten: vierhundertzweiundfünfzig Gigawatt! Hat das im Jahr 2000 irgendjemand geahnt?

Bis aufs Messer wurde die Energiewende bekämpft, von Verhinderern wie Rainer Brüderle (FDP), Philipp Rösler (FDP), Sigmar Gabriel (SPD), Brigitte Zypries (SPD) oder Peter Altmaier (CDU). Namen – längst vergessen. Denn die Energiewende kam trotzdem voran, wurde zäh getrieben durch Tausende, Hunderttausende. Einmal mehr aufstehen als hinfallen – ein Vierteljahrhundert lang. Auf Dauer regiert niemand gegen den Wandel in der Welt.

Was ist von der neuen Regierung zu erwarten? Ganz einfache Antwort: weniger. Weniger Paragrafen, weniger Bürokratie, weniger Gängelung der Bürgerinnen und Bürger. Denn 25 Jahre später ist das EEG auf knapp 200 Seiten angewachsen, fasst mehr als 100 Paragrafen mit endlosen Anhängen. Nicht mitgezählt sind die zahllosen Änderungen im Energiewirtschaftsgesetz, im Strommarktdesign, Messstellenbetriebsgesetz, Mieterstromgesetz, Solarspitzengesetz und so weiter und so weiter. Niemand blickt mehr durch.

Das EEG war die Geburtsstunde des Prosumers, auch wenn die technische Entwicklung zunächst auf Netzeinspeisung zielte. Die Energiewende wird sich dann voll entfalten, wenn diese einfache Idee wieder in den Mittelpunkt rückt. Daran könnte sich die neue Regierung beweisen. Nicht noch mehr Paragrafen, sondern radikal weniger!

Technisch und ökonomisch sind wir heute in der Lage, die Energiewende vom Staat abzunabeln. Das ist der größte Gewinn nach 25 Jahren. Man könnte es ganz einfach machen. Ein Vorschlag: Wer mit seiner Anlage nicht ins Netz einspeist, braucht auch keine Genehmigung des Netzbetreibers mehr.

Nulleinspeisung wird vereinfacht und somit belohnt. Speicher – auch mobile Speicher – werden belohnt, denn sie senken die Kosten für den Netzausbau. Belohnt durch weniger Auflagen, nicht mit Geld. Lasst die Leute, lasst die Unternehmen machen!

Die neue Regierung hat es in der Hand, ihre Eignung zu beweisen. Es geht um Taten, nicht um Worte. Es geht um Politik für die Menschen in diesem Land. Die Klimakrise birgt enorme ökonomische und soziale Risiken. Parteien, die sich dieser Aufgabe nicht oder ungenügend stellen, haben keine Zukunft. Sie werden ausgeschwitzt wie die FDP. Wir werden es erleben.

Auf die nächsten 25 Jahre! Die Energiewende ist ein globaler Megatrend, der sich nicht mehr stoppen lässt. Aber sie ist kein Selbstläufer. Noch sind die Widerstände stark, die sich weltweit vor allem an den extremen Rändern der Gesellschaft sammeln. Die Energiewende wird von Optimisten gemacht, jeden Tag neu. 25 Jahre EEG: Sage niemand, es gäbe keinen Grund zur Hoffnung!

Den vollständigen Blogbeitrag finden Sie hier:

Foto: Mildred Klaus

Der Autor

Dr. Thomas Binder
ist Rechtsanwalt. Seine Kanzlei in Freiburg im Breisgau ist auf das EEG und Solarenergie spezialisiert. Seit 2004 berät er seine Klienten deutschlandweit zu allen Rechtsfragen rund um die Photovoltaik. Er kennt die technischen und betriebswirtschaftlichen Hintergründe einer Solarinvestition ebenso wie die Geschäftspraxis zwischen Netzbetreibern, Anlagenbetreibern und Photovoltaikfachfirmen.

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