Als Grund dafür wird eine vermeintlich höhere Fördereffizienz von Freiflächen angeführt und teils irreführende Behauptungen zur Subvention von Prosumern. Ich plädiere dafür, am Fünfzig-fünfzig-Ziel nicht zu rütteln. Beide Marktsegmente sind für die Energiewende gleichermaßen wichtig.
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Solarer Eigenverbrauch und der Obst- und Gemüseanbau im eigenen Garten haben vieles gemeinsam: dezentral erzeugt, zumeist vor Ort verbraucht und subventionsfrei. Die eigene Erzeugung und Nutzung des Solarstroms stellt einen wesentlichen Treiber für den Ausbau der Photovoltaik dar und schafft lokale Beteiligungsmöglichkeiten: von der Steckersolaranlage am Balkon über das Solardach auf dem Eigenheim bis zu Anlagen auf gewerblichen Dächern.
Der selbst verbrauchte Solarstrom wird dabei nicht nur subventionsfrei erzeugt, sondern trägt im Vergleich zur Volleinspeisung zur Reduktion der Förderkosten bei. Denn jede selbst verbrauchte solare Kilowattstunde erhält keine Vergütung oder Marktprämie. Die vereinzelt aufgestellte Behauptung, die gesamte Differenz zwischen dem Marktwert Solar und den Strombezugskosten sei eine Subvention, ist falsch und irreführend.
So setzt sich der Haushaltsstrompreis zusammen
Der Strompreis für Privathaushalte liegt aktuell bei 39,69 Cent pro Kilowattstunde (durchschnittlich in Deutschland). Der Strompreis setzt sich dabei aus drei Hauptbestandteilen zusammen: 16,04 Cent für Beschaffung und Vertrieb, 10,95 Cent für Netzentgelte und 12,71 Cent für Steuern, Abgaben und Umlagen.
Bei der Subventionsbehauptung wird pauschal davon ausgegangen, dass jedwede Differenz zwischen den Stromgestehungskosten der Photovoltaikanlage und den Strombezugskosten eine Subvention sei. Bei einem angenommenen Marktwert von fünf Cent je Kilowattstunde wird in diesem Fall die Differenz zu den Strombezugskosten (aktuell 39,69 Cent pro Kilowattstunde) als Subventionen interpretiert – in diesem Beispiel 34,69 Cent je Kilowattstunden. Warum dies nicht stimmt, zeigt eine detaillierte Betrachtung der einzelnen Strompreisbestandteile:
1) Kosten von Energiebeschaffung und Vertrieb
Ein Stromkunde schließt mit einem Stromlieferanten einen freiwilligen Vertrag über den Bezug von Strom. Der Stromlieferant ist in der Preisgestaltung im Bereich der Energiebeschaffung und des Vertriebs frei. Er kann dabei sowohl eine Mischkalkulation als auch unterschiedliche Kundenverhaltensweisen, zum Beispiel mit angepassten Standardlastprofilen für Haushalte mit solarem Eigenverbrauch, einpreisen.
Dieser marktliche Preismechanismus kann somit keine Subvention sein. Zudem werden Solaranlagen im Heimsegment weitaus überwiegend mit Batteriespeichern installiert, wodurch auch in den (an der Strombörse teuren) Abendstunden Eigenverbrauch stattfinden kann.
2) Netzentgelte
Netzentgelte für Haushaltskunden werden aktuell auf Basis der aus dem Netz bezogenen Kilowattstunden berechnet. Die Aussage, dass eine Verringerung des Strombezugs die Netzentgeltkosten des Haushalts reduziert, stimmt deshalb. Dies scheint auf den ersten Blick dem hohen Fixkostenanteil des Netzbetriebs nicht gerecht zu werden.
Allerdings wurde die bisherige Netzentgeltsystematik bewusst in dieser Form gewählt, um mittels der Bepreisung der jeweiligen Kilowattstunden einen Anreiz zur Verringerung des Strombezugs (Stromeinsparung) zu schaffen. Diesen Anreiz würde es bei einem reinen Grundpreis nicht mehr geben.
Gleichzeitig reduzieren Energieeffizienzmaßnahmen oder Verhaltensänderungen den Strombezug und damit die gezahlten Netzentgelte. Sie sind genauso wenig eine Subvention wie solarer Eigenverbrauch.
Haushalte mit E-Auto und insbesondere Wärmepumpe beziehen zudem in der Regel trotz anteiliger solarer Direktversorgung deutlich mehr Kilowattstunden aus dem öffentlichen Netz und tragen somit überdurchschnittlich zur Deckung der Netzkosten bei. Auch hier liegt keine Subventionierung des Eigenverbrauchs vor.
3) Steuern & Umlagen
Der Kostenbestandteil Steuern und Umlagen setzt sich aus vier Teilen zusammen: netzgekoppelte Umlagen, Konzessionsabgabe, Stromsteuer und Mehrwertsteuer. Die netzgekoppelten Umlagen sind genauso wie die Konzessionsabgabe überwiegend Kosten zur Finanzierung der Stromnetze.
Die Stromsteuer wurde 1999 als Teil der ökologischen Steuerreform eingeführt, um durch höhere Strompreise einen Anreiz zum Stromsparen zu schaffen. Sie zielt auf die gleiche Wirkung wie solarer Eigenverbrauch und Energieeffizienzmaßnahmen: Verringerung der Bezugsmenge von nicht klimaneutralem (grauen) Strom. Damit gilt hier die gleiche Argumentation wie bei den Netzentgelten.
Die Hälfte der Steuern und Umlagen entfällt jedoch auf die Mehrwertsteuer. Die Mehrwertsteuer wird auf gewerbliche Verkäufe von Produkten und Dienstleistungen erhoben. Auf Eigenleistungen, die nicht gewerblich erbracht werden, fällt dahingegen keine Mehrwertsteuer an: sei es die Gurke aus dem eigenen Garten oder das Renovieren des eigenen Hauses – genauso wie für den vor Ort selbst erzeugten und genutzten Solarstrom.
Die Behauptung, die nicht erfolgte Erhebung der Mehrwertsteuer auf den selbst verbrauchten Solarstrom auf Grundlage der Höhe der Strombezugskosten (!) wäre eine Subvention, ist sachlich nicht nachvollziehbar, sondern geradezu absurd. Ansonsten müsste auch auf die selbst angebaute Erdbeere oder auf das Streichen der Zimmerwand in Eigenregie die Mehrwertsteuer erhoben werden – und zwar auf Grundlage des aktuellen Marktpreises.
4) Eigenverbrauch entlastet den Staatshaushalt
Anlagenbetreiber erhalten auf den Eigenverbrauch keine EEG-Förderung, wodurch jede selbst verbrauchte Kilowattstunde förderfrei ist. Eigenverbrauchsanlagen reduzieren die Belastung des EEG-Kontos und des Staatshaushalts.
Fazit: Gebäude sind entscheidend für die Energiewende
Der Eigenverbrauch selbst erzeugten Solarstroms führt zu Einsparungen im Vergleich zu den Strombezugskosten. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine Subvention. Der Selbstverbrauch von vor Ort erzeugtem Solarstrom ist genauso normal wie Eigenleistungen im Haus oder der Eigenanbau von Obst und Gemüse im Garten. Über den erzielten relevanten Klimaschutzbeitrag hinaus entfalten solare Selbstversorger einen hohen gesamtgesellschaftlichen Nutzen.
Anstelle einer sachlich falschen und irreführenden Subventionsdiskussion sollten jetzt die anstehenden Aufgaben der Energiewende angegangen werden: Photovoltaikausbau für alle relevanten Marktsegmente auf Zielkurs halten, Speicher ausbauen und weitere Flexibilitäten voranbringen sowie systemdienlich ins Stromsystem einführen.
Die Gebäude-Photovoltaik ist und bleibt entscheidend für den Erfolg der Energiewende. Solare Dachanlagen sind zudem Akzeptanzanker für die Energiewende. Sie werden heute in aller Regel mit Speichern, E-Autos oder Wärmepumpen installiert und treiben somit die notwendige Sektorenkopplung voran.
Dabei mobilisiert die Gebäude-PV notwendiges privates Kapital in Milliardenhöhe. Unternehmen werden durch günstige und verlässliche Strompreise gestärkt und Wertschöpfung sowie Arbeitsplätze vor Ort geschaffen. Um die Energiewende auf Zielkurs zu halten, braucht es deshalb auch in Zukunft ein starkes Dachanlagensegment.
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