War es einst relativ einfach, die Rendite von Solaranlagen vorherzusagen, ist in den vergangenen Jahren auch die Welt der Erneuerbaren komplexer geworden. Denn einst galt es, den Solargenerator möglichst optimal am Laufen zu halten, um die maximalen Stromerträge zu erzeugen.
Über die garantierte Einspeisevergütung oder Marktprämie konnte der Betreiber der Anlage mit stabilen Einnahmen rechnen. „Die Zeiten der sicheren Einspeisevergütung sind vorbei“, bringt es Matthias Karger, Geschäftsführer von Node Energy, auf den Punkt. „Heute entscheidet das kaufmännische Feingefühl über die Rendite.“
Neue Vergütungsregeln
Das Frankfurter Unternehmen hat mit Optinode eine Softwareplattform entwickelt, mit der die gesamten Finanzströme nicht nur im Blick bleiben, sondern auch prognostiziert werden können. Denn mit neuen Regelungen wie dem Solarspitzengesetz ist nicht mehr nur eine Einnahme- und eine Ausgabenseite zu beachten. Die Anlagenbetreiber müssen sich auch darum kümmern, wann die Einnahmen eintreffen.
Schließlich ist im neu formulierten Paragrafen 51 des EEG festgelegt, dass die Betreiber für den eingespeisten Strom dann keine Vergütung mehr bekommen, wenn die Preise an der Strombörse negativ sind. Diese Regelung galt zwar auch schon vorher. Doch seit Jahresbeginn gibt es schon in der ersten Viertelstunde mit negativen Strompreisen keine Vergütung mehr.
Zeitgleich wurde die Regelung eingeführt, dass die nicht vergüteten Zeiten an die 20-jährige Einspeisevergütung oder Marktprämienzahlung angehängt werden. Dies wiederum geschieht auf Basis eines komplexen Schlüssels, der dafür sorgen soll, dass die insgesamt vergüteten Strommengen gleich bleiben.
Der Markt wird wichtiger
Dies muss in der kaufmännischen Betriebsführung berücksichtigt werden. „Solche Regelungen wie das Solarspitzengesetz verändern die Betriebsführung grundlegend. Technische Betriebsführung allein reicht nicht mehr, das Geschäftsmodell ist inzwischen marktgetrieben“, erklärt Matthias Karger.
Zudem steigt die Komplexität. Mit Excel-Tabellen werden die Assetmanager das nicht mehr in den Griff bekommen. Hier sind automatisierte Softwarelösungen wichtig, mit denen der Betriebsführer solche komplexen Zahlungsströme mit wenigen Klicks verwalten kann.
Ausgabenseite wird komplexer
Denn auch die Ausgabenseite wird komplexer. So ist zwar laut EEG die Beteiligung von Kommunen eine freiwillige Angelegenheit. Doch viele Bundesländer haben eigene Regelungen erlassen, die diese Beteiligung verpflichtend machen. „Dies war vor fünf Jahren für die Anlagenbetreiber kein üblicher Prozess“, sagt Matthias Karger mit Blick auf die zusätzlichen Geldströme. Entscheidend ist hier vor allem, die Zahlung der Beteiligungen richtig zu terminieren.
Die Anteile der Kommunen an den Erträgen sind nämlich teilweise erstattungsfähig. Sie müssen aber rechtzeitig beim Netzbetreiber angemeldet werden – in der Regel bis Ende Februar für die Zahlungen des Vorjahres. Werden sie zu spät gemeldet, müssen die Anlagenbetreiber ein Jahr lang bis zum nächsten Termin warten. „Wer Antragsfristen übersieht, riskiert Liquiditätslücken, weil er zu lange auf die geplanten Erstattungsbeträge warten muss“, warnt Matthias Karger.
Erlöse richtig abrechnen
Auch diese Beträge sind wieder mit den Zeiten abzugleichen, in denen die Strompreise negativ sind. Denn dann bekommen die Anlagenbetreiber für den eingespeisten Strom keine Marktprämie, müssen aber – je nach Ausgestaltung der vertraglichen Regelungen – trotzdem Beteiligungen an die Kommune zahlen. Diese sind dann aber nicht erstattungsfähig, was die Liquidität zusätzlich belasten kann.
Die nicht eingespeisten und nicht vergüteten Mengen sind wiederum von den Strommengen abzugrenzen, die durch Redispatch-Maßnahmen der Netzbetreiber nicht eingespeist, aber dennoch vergütet wurden. Noch komplexer wird es, wenn der Redispatch auf Zeiten mit negativen Strompreisen fällt.
Zahlungsströme nehmen zu
Die Menge an Zahlungsströmen nimmt auch aufgrund unterschiedlicher Vermarktungsmöglichkeiten für den Strom zu. Es ist ein Unterschied, ob die Erlöse aus einer festen Einspeisevergütung oder Marktprämie kommen oder aus einem direkten Stromliefervertrag (Power Purchase Agreement, PPA).
Hier spielt es wiederum eine Rolle, ob der Strom so abgenommen wird, wie er in der Anlage erzeugt wird, oder nur die Strommengen bezahlt werden, die von PPA-Partnern tatsächlich verbraucht wurden. „PPA schaffen Planbarkeit, machen die Betriebsführung aber nicht unbedingt einfacher“, weiß Matthias Karger unter anderem mit Blick auf diese verschiedenen Vertragsmodelle. „Und auch hier greifen Abregelungen oder Regelungen zu negativen Preisen“, sagt er.
Verträge neu gestalten
In Zukunft könnte die Komplexität noch zunehmen: Ab 2027 muss im EEG ein sogenannter Clawback-Mechanismus eingeführt werden. Das bedeutet, dass eventuelle Zufallsgewinne der Anlagenbetreiber abgeschöpft werden. Wie das konkret aussieht, ist bisher nicht klar. In der Regel geschieht es aber über sogenannte Contracts for Difference. Dabei bekommt der Anlagenbetreiber einen festen Preis für seinen Strom zugesichert, den er an der Börse vermarktet.
Liegen die Markterlöse unter dem zugesicherten Preis, bekommt er einen staatlichen Zuschuss, wie dies bisher bei der Marktprämie auch der Fall ist. Liegt der Markterlös allerdings über dem zugesicherten Preis, muss der Anlagenbetreiber den durch diesen hohen Preis erwirtschafteten Zusatzgewinn an den Staat zurückzahlen. Für den Betreiber bedeutet das: Er muss noch mehr Aufmerksamkeit auf seine Vermarktungsstrategie und die Vertragsgestaltung richten.
Finanzen im Blick behalten
All die komplexen und unübersichtlichen Finanzströme kann die Software sauber durch- und abrechnen. Sie zeichnet die gesamten möglichen Erlöse und notwendigen Ausgaben auf. „Dieses Erlösmonitoring ist eine Kernfunktionalität von Optinode“, erklärt Matthias Karger. „Aus diesem Monitoring erstellen wir eine Art Schattenabrechnung: Das System verfolgt, welche Erlöse tatsächlich entstehen müssten, und deckt so Abweichungen oder Fehler auf.“
Diese Transparenz ist entscheidend für Investoren. Denn sie zeigt den tatsächlichen wirtschaftlichen Wert einer Anlage. Gleichzeitig liefert das Erlösmonitoring Entscheidungshilfen für Investitionen, etwa in einen Batteriespeicher, der die negativen Strompreise abfedern kann.
Bundesländer
Mehr Zahlungen an die Kommunen
Paragraf 6 des EEG sieht auf Bundesebene eine freiwillige Beteiligung von 0,2 Cent pro Kilowattstunde vor. Außerdem haben fast alle Bundesländer eigene Gesetze eingeführt, um die Betreiber zu Zahlungen zu verpflichten.
Beispielsweise drohen in Nordrhein-Westfalen bei Nichteinhaltung Strafzahlungen von bis zu 0,8 Cent pro Kilowattstunde. Die neuen Regelungen gelten ausschließlich für Neuanlagen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Landesgesetze noch nicht genehmigt waren.
Für Bestandsanlagen bleibt es bei der freiwilligen Beteiligung. Betreiber, die die Zahlungen gemäß Paragraf 6 EEG umsetzen, können sich einen Großteil der Abgaben über den Bundesmechanismus erstatten lassen – und vermeiden so Sanktionen.
Immer mehr Bundesländer orientieren sich bei der Ausgestaltung ihrer Gesetze am Mechanismus im EEG. Die kilowattstundenbasierte Abrechnung etabliert sich als Standard. Betreiber können die gesetzlichen Anforderungen in der Regel durch eine Umsetzung nach Paragraf 6 EEG erfüllen.
Foto: Velka Botička