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DC-Technik

Wasserstoff für Bus und Bahn

Der Kreis Düren in Nordrhein-Westfalen möchte bis 2035 klimaneutral werden. Ein Schlüssel dafür ist der öffentliche Personennahverkehr. Busse und Bahnen sollen in Zukunft mit Wasserstoff fahren. Das leichte Element wird aus Wasser gewonnen, das ein Elektrolyseur zu Wasserstoff und Sauerstoff spaltet.

170 Tonnen Wasserstoff im Jahr

Klimaneutral ist das aber nur, wenn der Strom für den Elektrolyseur aus erneuerbaren Quellen kommt, vorzugsweise aus Sonnenlicht oder Windkraft. Der Grundstein dafür wurde am 27. Oktober 2021 gelegt: An diesem Tag erfolgte der Spatenstich für den Solarpark Merscher Höhe in Jülich. Etwa 17.000 Solarmodule auf 9,5 Hektar Fläche sollen 9,2 Megawatt leisten und über das Jahr rund 9,7 Gigawattstunden Solarenergie erzeugen, die den Elektrolyseur speist. „Wir erleben eine historische Stunde in Sachen Klimaschutz“, lobte Landrat Wolfgang Spelthahn.

Mit dem Strom aus dem Solarpark lassen sich jährlich 170 Tonnen Wasserstoff erzeugen. Dieser wird in der ersten Ausbaustufe für die Versorgung der vom Kreis bestellten Busse und Züge verwendet. Insgesamt sollen einmal bis zu 20 Züge und 170 Busse damit fahren.

Das sehr leichte Wasserstoffgas hat eine geringe Dichte, daher wird es komprimiert und mit bis zu 350 bar Druck in vier Tanks gepresst, die auf mobilen Trailern sitzen. Diese werden anschließend zu umliegenden Tankstellen transportiert, um Busse und Bahnen zu beliefern.

Auch im Gewerbegebiet genutzt

In Zukunft kann der Wasserstoff auch auf dem Brainergy-Gelände verbraucht werden, zum Beispiel als Zumischung zu Erdgas für Gebäudeheizungen. Brainergy ist ein Gewerbe- und Innovationspark im Kreis Düren mit einem Schwerpunkt auf erneuerbaren Energien. Der Park liegt inmitten einer früheren Braunkohleregion und soll helfen, den Strukturwandel durch das Ende der Kohleförderung zu bewältigen.

Das Interesse ist groß. Einige Unternehmen, die sich dort ansiedeln wollen, haben zum Beispiel bereits Bedarf für den Sauerstoff angemeldet, der bei der Elektrolyse anfällt. Außerdem soll die Abwärme in ein Rohrnetz des Brainergy-Parks eingespeist und zur Gebäudeheizung genutzt werden.

Betreiber des von der F&S Solar Service GmbH gebauten Solarparks ist die Rurenergie GmbH. Die F&S Solar Service entwickelt, finanziert und baut schlüsselfertige Solarparks weltweit. Trotz jahrzehntelanger Erfahrung im Bau von immer größeren Solarkraftwerken ist das Jülicher Projekt in mehrfacher Hinsicht eine Herausforderung.

Verdacht auf Kampfmittel im Boden

Zum einen ist es das erste Projekt dieser Größe, wo der Solarstrom über eine direkte Kabelverbindung zur Produktion von Wasserstoff fließt. Zum anderen werden hier speziell angefertigte Schraubanker verwendet, um die Gestelle für die Module zu montieren.

Denn das Gelände, auf dem bis vor Kurzem Funkmasten der Deutschen Welle standen, steht unterm Verdacht der Kampfmittelbelastung. Hier wurde der Boden in den 1960ern meterdick mit Erde aufgeschüttet und mit allerlei metallenen Strukturen durchsetzt, sodass eine vorherige Sondierung nicht ausreichend möglich ist.

Schrauben statt Rammen

Um trotzdem Schutz vor den eventuellen Kampfmitteln für die Montageteams zu gewährleisten, wurde auf klassische Rammpfosten wegen der Vibrationen durch die Schlageinwirkung verzichtet. So entstand die Lösung, für die rund 7.000 Verankerungen auf Schraubfundamente zurückzugreifen.

Sie werden ferngesteuert etwa anderthalb Meter tief in den Boden geschraubt und tragen die Modultische. Für F&S Solar Service ist dieses Solarkraftwerk nicht das erste mit Schraubfundamenten. Auch das Solarkraftwerk Inden errichteten die Euskirchener für die Rurenergie im Jahr 2011 schlüsselfertig. Auf dem dortigen Deponiekörper wurden gleichfalls Schraubfundamente verwendet.

Die Photovoltaikmodule im Solarpark Merscher Höhe stammen aus Asien, alle weiteren Komponenten kommen aus Deutschland. Die Wechselrichter werden von SMA und der Elektrolyseur wird von Siemens geliefert. Sämtliche Kabel und Leitungen stammen von Lapp.

Lapp liefert beispielsweise 210 Kilometer Stringleitungen auf die Baustelle. Sie verbinden immer 27 Solarmodule, die jeweils rund 42 Volt Ausgangsspannung haben. Jeweils 22 Strings sind an einen der 29 DC-Schaltkästen parallel verknüpft, von dort geht es über 21 Kilometer lange DC-Hauptleitungen zu den Wechselrichtern. Für den Übergang von den Wechselrichtern ins Mittelspannungsnetz sorgen 5,5 Kilometer AC-Kabel.

Ebenfalls von Lapp stammen 3,5 Kilometer Lichtwellenleiter zur Überwachung der Wechselrichter und zur Datenübertragung von der Wetterstation. Jeder String wird einzeln überwacht.

Die gesamte Anlage ist kommunikationstechnisch den Anforderungen der Netzbetreiber entsprechend ausgestattet. Das ist notwendig, damit der Netzbetreiber den Solarpark aus der Ferne regeln kann, etwa zur Stabilisierung des Netzes. Die gewaltigen Kabellängen veranschaulichen, wie wichtig die pünktliche Lieferung dieser Komponenten zur Baustelle war. „Mit Lapp haben wir sehr gute Erfahrungen gemacht, deshalb nutzen wir diese Kabel in allen unseren Solarparks weltweit“, urteilt Jens Brücken, technischer Geschäftsführer von F&S Solar Service. Vor allem die Lieferfähigkeit sei ein großes Plus des Lieferanten.

Langer Planungsvorlauf

Während die Planung eines Solarparks Jahre dauern kann – in Jülich waren es sechs Jahre –, geht der eigentliche Bau vergleichsweise schnell. Im Durchschnitt steht die Anlage nach drei bis sechs Monaten. Das klappt aber nur, wenn die Komponenten pünktlich auf der Baustelle eintreffen.

Durch die Coronakrise gibt es einige Engpässe, etwa bei Modulen aus Asien. Nie ein Lieferproblem gab es dagegen bei den Kabeln von Lapp. „Es gibt ohnehin nicht viele Hersteller, die so große Mengen Kabel überhaupt liefern können“, meint Brücken. „Wir schätzen es, dass wir bei Lapp alles aus einer Hand bekommen.“ Der Solarpark Merscher Höhe in Jülich ist für F&S Solar der Startschuss für ähnliche Solarprojekte, die Wasserstoff erzeugen. Auch dort werden die Kabel von Lapp kommen.

Mit Solarparks speziell für die Stromversorgung von großen Elektrolyseuren öffnet sich ein neues Geschäftsfeld. Seine Wirtschaftlichkeit hängt ganz wesentlich von der Verfügbarkeit der Komponenten und ihrer Zuverlässigkeit ab.

Strahlenvernetzung der Ölfex-Solarleitungen von Lapp. Das macht die Kabel besonders widerstandsfähig.

Foto: Lapp

Strahlenvernetzung der Ölfex-Solarleitungen von Lapp. Das macht die Kabel besonders widerstandsfähig.

Brainergy Park Jülich

Innovative Firmen auf 52 Hektar

Im März 2021 haben die Bauarbeiten für das Gewerbegebiet begonnen, im Endausbau wird es 52 Hektar umfassen. Dort wollen die Kommunen Jülich, Niederzier und Titz innovative Unternehmen ansiedeln. Sieben Hektar sind für die Themen neue Energie und Energiewende reserviert. Der Zentralbau – das Brainergy Hub – dient zur Demonstration für zukunftsträchtige Technologien rund um saubere Energie, Wärme, Kälte und Wasserstoff.

Grünschnitt

Tierische Rasenmäher

Auch die Landwirtschaft soll vom Solarpark Merscher Höhe profitieren. So gibt es Anfragen von Schäfern, die ihre Tiere zwischen den Modultischen weiden lassen möchten. Das lohnt sich für beide Seiten. Der Solarpark ist umzäunt, die Schafe sind darin vor Feinden geschützt. Außerdem finden sie saftiges Gras, und die Module spenden im Sommer Schatten. Der Betreiber des Parks spart sich die aufwendige Mahd. Auch andere Tiere fühlen sich wohl: bodenbrütende Vögel etwa, die unter den Modulen nisten, oder Eidechsen, für die eigens Steinhaufen angelegt werden. Wie schon im Solarpark Inden werden auch auf der Merscher Höhe Bienenstöcke aufgestellt.

Broschüre zum Download

Kommunaler Artenschutz durch Solarparks

Mit einer beschleunigten Energiewende wird der Bau von Solarparks im ländlichen Raum weiter zunehmen. Werden die Solarparks naturverträglich gestaltet, leisten sie einen wertvollen Beitrag zum Natur- und Artenschutz und sichern den Kommunen eine klimaneutrale und zukunftssichere Energieversorgung. Das ist Herausforderung und Chance zugleich: „Denn die Kommunen verfügen über viele Möglichkeiten, die naturverträgliche Gestaltung von Solarparks zu fördern”, erläutert Torsten Raynal-Ehrke, Direktor des Kompetenzzentrums Naturschutz und Energiewende (KNE) in Berlin.

Die neue Broschüre gibt praktische Hinweise, wie die Kommunen bereits bei der Planung und Genehmigung der Solaranlagen darauf hinwirken können, dass mit dem Bau der Anlage auch ein Beitrag zur biologischen Vielfalt geleistet wird.

Die Broschüre zeigt die Potenziale von Solarparks für den Artenschutz auf. Mit einem Entwicklungskonzept werden die zuvor häufig intensiv genutzten oder versiegelten Flächen ökologisch erheblich aufgewertet. Hinweise zur Standortwahl sollen helfen, möglichst konfliktarme Flächen zu finden und geeignete Standorte zu identifizieren.

Wie und mit welchen Instrumenten bereits im Bebauungsplanverfahren der Naturschutz berücksichtigt werden kann, darüber gibt ein weiteres Kapitel Auskunft. Die Broschüre gibt außerdem Hinweise, was die Kommunen tun oder mit dem Projektierer vereinbaren können, um Flora und Fauna zu verbessern und störungsarme Lebensräume zu entwickeln. Werden diese Tipps umgesetzt, gehen Energiewende und Naturschutz Hand in Hand.

Foto: KNE

Die Autorin

Irmgard Nille
unterstützt die Pressearbeit der Firma U.I. Lapp GmbH in Stuttgart. Ihre Agentur hat ihren Sitz in Hamburg.

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