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„Die Investoren stehen mittlerweile Schlange“

Sie blicken auf 20 Jahre zurück, hatten im Herbst das Firmenjubiläum der Enen Endless Energy. Erzählen Sie uns bitte, wie Sie in die Branche kamen.

Jürgen Mäurer: Schon als 13-Jähriger habe ich den bekannten Report des Club of Rome gelesen, über die Grenzen des Wachstums. Das war 1972, ziemlich genau vor 50 Jahren. Mich hat diese Lektüre sehr tief und emotional berührt. Ich bin in Oberfranken groß geworden und hatte meine Lebensaufgabe gefunden. Ab 1978, nach der Schule, studierte ich technischen Umweltschutz an der Fachhochschule in München.

Damals gab es noch keine Solarbranche, höchstens einige Pioniere, meist als Spinner verschrien. Wo fanden Sie Ihren beruflichen Einstieg?

Ich machte 1983 meinen Diplomingenieur und begann zunächst in der ökologischen Abfallwirtschaft. So habe ich unter anderem ein Konzept für München entworfen, um so viel Müll wie möglich zu recyceln. Zehn Jahre blieb ich in der ökologischen Abfallwirtschaft, bis Anfang der 1990er-Jahre. Ich habe viele Projekte in den neuen Bundesländern betreut, um verseuchte oder vergiftete Böden oder Grundwasser zu sanieren. Das war damals ein brennendes Thema.

Wann sind Sie in die erneuerbaren Energien eingestiegen?

Etwa ab 1993 flauten die Sanierungsprojekte in den neuen Bundesländern ab, dafür kamen die erneuerbaren Energien als neues Thema auf. Mich hat die Idee fasziniert, dass wir unsere Versorgung von den endlichen fossilen Energieträgern auf die unendlichen Quellen von Wind und Sonne transformieren können. 1995 habe ich mit Partnern den ersten Windpark in Portugal entwickelt, mich um Gelder gekümmert und die Realisierung betreut. Damals haben wir die größten im Markt verfügbaren Windturbinen E44 von Enercon mit 500 Kilowatt Leistung installiert.

Die Windkraft kam ab Mitte der 1990er-Jahre besser in Schwung als die Solarbranche, die noch gänzlich in den Kinderschuhen steckte. Wie ging es bei Ihnen weiter?

Ich wurde Direktor für internationale Projekte bei der Firma Umweltkontor, habe seinerzeit auch den Börsengang begleitet. 2002 habe ich mich mit Enen Endless Energy aus dem Umweltkontor heraus selbstständig gemacht. Die Windkraft erlebte danach europaweit beim Zubau eine Delle, dafür stieg die Photovoltaik zunächst steil an, bis 2007 oder 2008. Enen hat EPCs beim Eintritt in ausländische Märkte beraten. Wir hatten also keine eigenen Projekte, sondern waren als Berater bei den EPCs eingebunden.

Wann kam die ersten eigenen Solarprojekte?

Damit haben wir 2017 begonnen, vor allem mit Solardächern ab 100 Kilowatt bis 750 Kilowatt, später bis 1,5 Megawatt. Das ergab sich aus dem EEG. Mittlerweile haben wir 43 Aufdachanlagenprojekte in Deutschland erfolgreich entwickelt und weitgehend ans Netz angeschlossen. Diese weisen eine Gesamtleistung von um die 24 Megawatt auf. Die Projekte haben wir von der Eigenkapitalseite her weitgehend selbst finanziert. Damit sind diese in unserem eigenen Portfolio. Seit 2021 entwickeln wir auch Solarparks auf Freiflächen.

Welche Eigenschaften waren ausschlaggebend für den Erfolg Ihrer Unternehmung?

Wer lange genug in unserer Branche ist, kann sich sehr gut an die Höhenflüge erinnern, aber auch an die Abstürze und Tiefen. Wir haben den Markteinbruch ab 2012 recht gut verkraftet, weil wir damals hauptsächlich freie Berater hatten, also keine festen Mitarbeiter und somit geringe Fixkosten. Die Herausforderung beim Auf und Ab war immer, positiv zu bleiben. Zu schauen, dass es gut weitergeht, und sich nicht in negative Szenarien zu verstricken. So haben wir beispielsweise versucht, uns an EU-Projekten zu beteiligen. Der bürokratische Aufwand ist völlig unsinnig, die Dokumentation eines einzelnen Projekts füllt zehn Regalmeter. Für ein Projekt musste ich Tausende Seiten persönlich abzeichnen.

Wie konnten Sie sich trotz Rückschlägen und Krisen motivieren weiterzumachen?

Ich habe das starke innere Gefühl, dass immer mehr Menschen die notwendige Erkenntnis erlangen, dass wir zum Erhalt unserer Umwelt erneuerbare Energien einsetzen müssen und dass sich dadurch die Märkte entwickeln. Schauen Sie sich an, wo wir heute stehen. Im Jahr 2000 fand die erste Konferenz der EU zu erneuerbaren Energien in Toulouse in Frankreich statt – damals hatte das Umweltkontor dort einen Stand. Jahr für Jahr wurden es mehr Projekte, und die Nachfrage wuchs in Deutschland und Frankreich. Nicht nur wir, auch Firmen wie Energiequelle haben an die Photovoltaik geglaubt.

Als Beratungsunternehmen haben Sie vorwiegend mit freien Partnern gearbeitet. Das lässt sich im Projektgeschäft aber nicht durchhalten, oder?

2018 haben wir Projekte für Kunden als Generalunternehmer gebaut. Dafür braucht man schon einen gewissen Stamm. Dann haben wir Geld über Crowdfunding eingeworben. Mittlerweile bauen wir Aufdachanlagen nur noch für das eigene Portfolio, gemeinsam mit unseren Investoren.

Wie viele Mitarbeiter haben Sie heute?

2022 waren es 25, 2023 werden wir auf 40 Mitarbeiter wachsen. Darüber hinaus sind bedarfsbezogen freie Mitarbeiter eingebunden.

Wie hat sich Ihr Geschäft zuletzt entwickelt?

Seit Anfang 2022 stehen die Investoren bei uns Schlange. Das hat gute Gründe: Unsere Freiflächen-Projektpipeline beträgt derzeit rund 500 Megawatt, die wir in den kommenden Jahren umsetzen wollen. Die Dächer akquirieren wir über freiberufliche Scoutingteams. Ab 2021 wurden uns vermehrt Freiflächen zur Pacht angeboten. Das war eine Riesenwelle. Nun müssen wir die Projekte nach und nach abarbeiten. Pachtverträge haben wir, danach geht es um die Netzanschlusspunkte und um die Aufstellungsbeschlüsse. Den ersten Beschluss über 55 Megawatt haben wir erwirkt, drei bis vier werden 2023 folgen.

Wie gelingt es Ihnen, Investoren zu interessieren und zu gewinnen?

Gerade in Zeiten hoher Geldentwertung und unsicherer Anlagemöglichkeiten ergibt sich die Chance, mit hoher Rendite in saubere, nachhaltige Technologie zu investieren. Sobald dies den Investoren klar wird, ist die Bereitschaft zur Investition gegeben. Die Enen Endless Energy GmbH wurde nach 2021 zum zweiten Mal in Folge mit dem Bonitätszertifikat Crefozert der Creditreform ausgezeichnet. Damit gehört sie zu den bonitätsstärksten Firmen in Deutschland. Das eröffnet Investoren die Möglichkeit, renditeorientiert und krisensicher Geld anzulegen und sich gleichzeitig für den Erhalt unserer Umwelt einzusetzen.

Und bei den Solardächern?

Zehn Megawatt haben wir aktuell im fortgeschrittenen Bau. 14 Megawatt übernehmen wir gerade als neue Projekte für 2023.

Das Interesse der Investoren wächst. Das war nicht immer so, oder?

Sehr gut erinnere ich mich an andere Zeiten. Als wir überall anklopfen mussten, um den Investoren zu erklären, was Photovoltaik ist und welche Chancen sie bietet. Damals haben wir uns den Mund fusselig gequatscht. Ab dem vierten Quartal 2021 drehte sich plötzlich der Wind. Das enorme Interesse macht es uns natürlich viel leichter. Es ist eine wunderbare Zeit. In der Finanzwelt und bei den Investoren hat sich spürbar etwas verändert.

Welche Herausforderungen sind Ihrer Meinung nach in den kommenden Jahren zu meistern, um die solare Energiewende zu stemmen?

Wir müssen uns solide aufstellen, um die vielen Projekte tatsächlich zu entwickeln und zu bauen. Die Enen Endless Energy GmbH wird zurzeit in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Denn wir wollen Minderheitsanteile verkaufen, um unser Eigenkapital zu stärken. Mehrere Dutzend Investoren haben bereits Interesse angemeldet.

Bleiben Sie dabei, sich auf große Dächer und Freiflächen zu konzentrieren?

Wir haben in diesem Jahr ein neues Unternehmen gegründet – die Firma Enklu –, um Anlagen bis 30 Kilowatt für Eigenheime zu bauen, auch mit Stromspeichern. Denn dieses Segment wächst sehr stark. Auch wenn die kurzzeitig sehr hohen Preise an den Energiemärkten wieder abflauen, wird die Nachfrage hoch bleiben. Die Leute haben verstanden, dass sie sich nahezu unabhängig machen können.

Bauen Sie schon solche Anlagen für private Kunden?

Ja, das tun wir. Zunächst hatten wir eine Anfrage pro Tag. Als wir in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Hessen Werbung geschaltet haben, wurden wir von einer Flut von Anfragen überrollt. Wir mussten die Werbung stoppen, weil wir so viele Anfragen gar nicht bewältigen konnten. Nach den notwendigen Absprachen mit den Energieversorgern lassen wir die Anlagen von zuverlässigen Subunternehmern bauen, sowohl auf der DC-Seite als auch AC. Zug um Zug übernehmen nun eigene Mitarbeiter die Gewerke. Meine Vision sind autonome Wohngebäude, die ihre Überschüsse ins Netz einspeisen.

Brummt es bei den großen Dächern genauso?

Noch nicht, aber dieses Segment ist auf gutem Weg. Wenn man durch Deutschland fährt, findet man sehr viele große Industriedächer, die seinerzeit zu leicht gebaut wurden. Sie tragen zwar die Schneelasten und die Windlast, sind mit Photovoltaik jedoch statisch überfordert. Die Eigentümer scheuen die statische Rekonstruktion, die sehr teuer werden kann. Solche Dächer kann man mit leichten Folienmodulen nutzen, allerdings muss sich die Technik noch weiterentwickeln. Ich sehe auch große Chancen bei Überdachungen von Schienensträngen oder Autobahnen.

Derzeit besteht die Herausforderung eigentlich weniger darin, neue Aufträge einzuwerben – egal, in welchem Marktsegment. Sondern sie zügig zu bauen. Wie wirken sich die Probleme in der Lieferkette bei Ihnen aus?

Der Einbruch der Lieferkapazitäten aus Asien scheint sich zu entspannen. Das erkenne ich an den Kosten für den Transport, die rückläufig sind, was auf verstärkten Wettbewerb in der Logistik hindeutet. Die Modulpreise haben sich eingependelt. Wir spüren natürlich Engpässe, bei den Wechselrichtern, deren Lieferzeit sich mitunter bis 2023 streckt. Die deutschen Großhändler konnten nicht liefern oder haben Lieferzusagen zum April 2022 erst im Oktober erfüllt. Aber auch bei den Wechselrichtern zeichnet sich eine Stabilisierung ab.

Das Gespräch führte Heiko Schwarzburger.

Hier finden Sie einen interessanten Podcast mit Jürgen Mäurer:

Enen Gruppe

Zwei Jahrzehnte Erfahrung

Die Enen Gruppe befasst sich seit 20 Jahren mit der Finanzierung und Umsetzung von Projekten aus erneuerbarer Energie. Die Entwicklung, die Finanzierung sowie der Bau und der Betrieb von ertragsstarken Freiflächen- und Aufdachanlagen in Deutschland sind seit 2008 das Kerngeschäft. Seit 2022 ist Enen mit der Tochtergesellschaft Enklu im Segment der Einfamilienhäuser tätig, inklusive Speichern.

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