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“Wir brauchen eine praktikable Lösung.“

Anfang des Jahres ist das Forschungsprojekt zur Standardisierung der Hybridmodule angelaufen. Welche Ziele verfolgen Sie?

Peter Brönner: Wir untersuchen die Möglichkeiten zur Standardisierung und Normung von so genannten multifunktionalen PVT-Solarkollektoren. Diese Kollektoren kombinieren Photovoltaik (PV) und Solarthermie (T) mit dem Ziel, Sonnenenergie noch effizienter nutzen zu können. Das Projekt zielt zunächst auf die Entwicklung von Prüfverfahren für PVT-Kollektoren, die bislang unter anderem wegen mangelnder Prüf- und Zertifizierungsmöglichkeiten kaum im Markt etabliert sind. Das Ziel ist es, die Ergebnisse des Forschungsprojektes in die Arbeit der nationalen und internationalen Normungsgremien einfließen zu lassen.

Was verstehen Sie unter einem solchen Hybridmodul?

Da fangen die Probleme schon an. Was zählt man zu den PVT-Kollektoren? Handelt es sich bei dem jeweiligen Produkt um einen abgedeckten oder unabgedeckten Kollektor? Das ist längst nicht klar, da gibt es schon unter den Herstellern sehr unterschiedliche Meinungen. Im Rahmen des Marktanreizprogramms zur Förderung erneuerbarer Energien im Wärmemarkt (MAP) werden Mindestanforderungen an die Qualität der Anlagen gestellt. Für solarthermische Anlagen gilt unter anderem ein Kollektormindestertrag von 525 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr, dies unter der Randbedingung 45 Grad Warmwassertemperatur. Dieses Kriterium gilt bisher auch für PVT-Kollektoren. Bei den meisten erhältlichen PVT-Kollektoren handelt es sich um aus unserer Sicht unabgedeckte Kollektoren, die die geforderten 525 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr in Deutschland eigentlich nicht erreichen können.

:„Vor einigen Wochen hatte ich ein Gespräch beim Bafa in Frankfurt am Main. Ich hatte den Eindruck, dass die verantwortlichen Personen einer Förderung von PVT Kollektoren sehr positiv gegenüberstehen. Allerdings muss geklärt werden, welche Randbedingungen erfüllt sein müssen.“Peter Brönner

Wie ist denn Ihre Definition von abgedeckt und unabgedeckt?

Ein unabgedeckter Kollektor ist sehr windempfindlich, das heißt der Wärmeverlust steigt stark mit der Windgeschwindigkeit der Umgebungsluft. Bei einem reinen Photovoltaikmodul wirkt sich dieser Effekt positiv aus, da dadurch die Modultemperatur niedrig bleibt und der elektrische Wirkungsgrad sich erhöht.

Wie sind die PVT-Kollektoren einzuordnen?

Viele PVT-Kollektoren bestehen technisch gesehen aus einem unabgedeckten Kollektor, auf dem ein verglastes Photovoltaikmodul möglichst gut wärmeleitend aufgeklebt wird. Man könnte also durchaus das Gesamtprodukt als abgedeckten Kollektor bezeichnen. Aber aus unserer Sicht ist dies kein abgedeckter Kollektor im Sinne einer Bafa-Förderung. Bei einem echten abgedeckten Solarkollektor befindet sich zwischen Absorber und Abdeckung immer eine Luft- oder Vakuumschicht, die eine direkte Wärmeleitung zur Abdeckung und damit zur Außenwelt verhindert. Dadurch wird es möglich, hohe Temperaturdifferenzen zwischen Absorber und Umgebungstemperatur zu erzielen und zum Beispiel thermische Verluste und die Windempfindlichkeit zu verringern.

Das heißt, Sie schlagen in Ihrem Projekt als Unterscheidungsmerkmal das Vorhandensein eines Luft- oder Vakuumspalts vor, damit ein Kollektor als abgedeckter Kollektor gilt?

Nicht zwingend. Da dies die konstruktiven Lösungen der Hersteller stark einschränken würde, diskutieren wir, ob die Windabhängigkeit als Unterscheidungsmerkmal geeignet ist. Die Herausarbeitung klarer Kriterien ist ein Ziel unseres Vorhabens. Wir sind Anfang dieses Jahres an den Start gegangen, unterstützt vom Bundeswirtschaftsministerium. Bis Ende September 2014 wollen wir geklärt haben, welche Tests für PVT-Kollektoren wichtig sind und welche Kriterien eingehalten werden müssen, um einen Mindeststandard an Qualität zu gewährleisten. Die physikalischen Tests der Kollektoren der beteiligten Hersteller sollen bis Ende dieses Jahres oder Anfang nächsten Jahres abgeschlossen sein.

Wo finden die Tests statt?

Beim TÜV Rheinland in Köln und am Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme in Freiburg. Die Fachhochschule Düsseldorf übernimmt die theoretische Begleitung, um zum Beispiel die Erträge berechnen und simulieren zu können. Wer welche Tests vornimmt, steht bis Ende Juli fest.

Sie erwähnten Tests und Normen. Reichen die bestehenden Normen der Photovoltaik und der Solarthermie nicht aus?

Derzeit gibt es etwa 60 verschiedene Prüfungen für Photovoltaikmodule und solarthermische Kollektoren. Ob sie ausreichen, muss ich mit einem klaren Jein beantworten. Wir brauchen sicher keine neuen Prüfprozeduren, aber wir müssen sie neu kombinieren. So wie der PVT-Kollektor eine Kombination aus zwei bestehenden Technologien in einem Bauteil ist, muss man eben auch die Gerätetests kombinieren und/oder gegebenenfalls erweitern

Haben Sie dafür ein Beispiel?

Nehmen wir die thermische Innenschockprüfung, die bei solarthermischen Kollektoren angewendet wird. Mit kaltem Wasser wird der heiße Kollektor geschockt, um zum Beispiel die Zuverlässigkeit der Materialverbindungen zu prüfen. Sie haben bei einem Kollektor ja meist Verbindungen zwischen unterschiedlichen Materialien mit unterschiedlichen Ausdehnungskoeffizienten. Diese könnten reißen oder sich zumindest verformen. Wenn Sie diesen Test auf einen PVT-Kollektor übertragen, entsteht sofort die Frage, ob nach einem solchen Schock Mikrorisse in den Solarzellen auftreten. Also müsste man diesen Test um eine Messung der elektrischen Leistung vorher oder nachher erweitern. Nur so findet man heraus, ob alle Solarzellen noch elektrisch aktiv oder einzelne beschädigt sind.

Gibt es auch mechanische Probleme?

Beim Photovoltaikmodul wird zum Beispiel auf Schneelast geprüft. Dabei biegen sich die Module sehr stark durch. Stellen Sie sich einen PVT-Kollektor auf diesem Prüfstand vor. Hinter den Solarzellen liegen weitere Schichten, Kunststoff- oder metallische Absorber und die Isolation. Inwieweit bleiben diese nach Durchlauf mehrerer Testzyklen formstabil, oder lösen sich gar ab? Hat der PVT-Kollektor nach diesem Test dieselbe mechanische Stabilität und dieselben thermischen Eigenschaften wie vor dem Test? Solche Tests gibt es schon, man müsste sie aber zusätzlich auf den PVT-Kollektor anpassen. Anders ist die Qualität der Bauteile nicht zu gewährleisten.

Wieviele Hersteller beteiligen sich an dem Forschungsprojekt?

Neben den genannten Partnern haben eine Handvoll Hersteller von PVT-Kollektoren ihre Unterstützung zugesagt. Sie liefern Prüfmuster und werden aktiv in den Arbeitskreis eingebunden und informiert. Anfangs haben wir 21 Hersteller angeschrieben. Die Skepsis ist groß, sicher auch die Angst vor Patentstreitigkeiten oder schlechten Prüfergebnissen, obwohl wir diese nicht bzw. anonym veröffentlichen würden. Aber an der Standardisierung und der Normung zur verlässlichen Prüfung der Sicherheit führt kein Weg vorbei. Sonst sind die PVT-Kollektoren weder förderfähig, noch haben die Solarkunden objektive Kriterien für ihre Entscheidung zur Hand.

Nun zur Förderung durch das Bafa, im Rahmen des Marktanreizprogramms für erneuerbare Wärmetechnik. Wie könnte eine Förderung der PVT-Kollektoren aussehen?

Verstehen Sie bitte, dass wir uns noch in der Diskussion befinden. Deshalb kann ich Ihnen kein fertiges Instrumentarium anbieten. Vor einigen Wochen hatte ich ein Gespräch beim Bafa in Frankfurt am Main. Ich hatte den Eindruck, dass die verantwortlichen Personen einer Förderung von PVT-Kollektoren sehr positiv gegenüberstehen. Allerdings muss geklärt werden, welche Randbedingungen erfüllt sein müssen. Ein Ansatz wäre, die PVT-Kollektoren ähnlich den abgedeckten solarthermischen Kollektoren zu fördern. Nach DIN EN 12975 müssten die Kollektoren einen Wärmeertrag von 525 Kilowattstunden je Quadratmeter und Jahr bringen. Klassische thermische Kollektoren schaffen das. Unabgedeckte PVT-Kollektoren haben praktisch keine Chance, unter den vorgegebenen Randbedingungen die 525 Kilowattstunden je Quadratmeter und Jahr zu schaffen.

Könnte man nicht eine neue spezielle Förderkategorie eröffnen?

Bei dem Treffen wurde dies ebenfalls diskutiert. Bei den Solar-Luftkollektoren wurde es ja auch so gemacht, das stimmt. Auch sie werden vom Bafa gefördert. Möglicherweise wird tatsächlich als Ergebnis unserer Arbeit eine eigene Kategorie entstehen. Sicher wird die Förderfähigkeit von der thermischen Leistung und nicht von der elektrischen Leistung abhängen. Ein Kriterium könnte der Collector Annual Output, also der Jahresertrag sein. Ein weiteres hartes Kriterium könnte sein, dass der PVT-Kollektor Solar Keymark zertifiziert werden muss. Der elektrische Ertrag ist für eine Bafa-Förderung im Rahmen des MAP uninteressant, er wird über das Erneuerbare-Energien-Gesetz gefördert.

Wann wird es konkret?

Das Bafa ist an einer schnellen und praktikablen Lösung interessiert. Ende August legen wir die ersten Vorschläge auf den Tisch, die danach sicher noch mit den Verbänden abgestimmt werden müssen. Wir müssen sehr genau sein, denn die Förderfähigkeit wird neuen Schwung in diesen Markt bringen. Man darf die Förderziele und die hohen Ansprüche an die Qualität der Kollektoren nicht verwässern.

Das Gespräch führte Heiko Schwarzburger.

Eura Innovation

Netzwerker aus Thüringen

Die Eura Innovation ist eine Tochtergesellschaft der Eura Consult AG mit Sitz im thüringischen Zella-Mehlis. Das Verbundunternehmen greift auf die Expertise und personellen Ressourcen der Muttergesellschaft aus Ellwangen in Baden-Württemberg zurück und kann sich auf weitreichende Branchenerfahrung mit folgenden Schwerpunkten stützen: Maschinen- und Anlagenbau, Industrieautomation, Kunststoffindustrie, Nahrungs- und Genussmittel, Pharmaindustrie, Informations- und Kommunikationstechnologien, Nano- und Biotechnologie, Cleantech, Neue Werkstoffe, Medizin und Healthcare, sowie Sensor- und Prüftechnologien. In der Solarbranche ist Eura Innovation bekannt, weil das Unternehmen das Netzwerk Solarthermie koordiniert. Das Kerngeschäft ist die Innovations- und Fördermittelberatung und das Projekt- und Netzwerkmanagement.

Aufgrund der dreizehnjährigen Beratungserfahrung in nahezu allen Bereichen der Unternehmensentwicklung sind die Experten mit den Besonderheiten vieler Branchen vertraut. Durch die Akkreditierung der Eura Innovation GmbH gehört auch EurA Innovation zum engen Kreis der vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie autorisierten Technologie- und Innovationsberatungsunternehmen. Die Eura-Unternehmensgruppe beschäftigt an allen Standorten rund 50 Mitarbeiter, davon neun Mitarbeiter in Zella-Mehlis.

http://www.eurainnovation.de

Auf einen Blick

Beteiligte Projektpartner

  • Eura Innovation
  • TÜV Rheinland
  • Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme
  • Fachhochschule Düsseldorf
  • PA-ID
  • 3S Photovoltaics (Schweiz)
  • Solarzentrum Allgäu
  • Aleo Solar AG
  • GeoClimaDesign AG

Peter Brönner

leitet das Kooperationsnetzwerk „Thermie“ welches vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie in Deutschland gefördert wird. Er koordiniert die Projektpartner und Teilvorhaben. Das Verbundvorhaben „Normung von multifunktionalen Solarkollektoren (PVT-kombinierte PV-Thermie-Hybridmodule“) wurde von der Eura Innovation in Zella-Mehlis initiiert und entstand aus dem ZIM Nemo Netzwerk „Thermie“. Bei Eura Innovation arbeitet er seit 2013. Zuvor war er vier Jahre lang für den Vertrieb und die Schulungen des Simulationsprogramms Polysun in Deutschland zuständig.

peter.broenner@eurainnovation.de

Foto: Eura Innovation

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