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Zur Miete aufs Dach

Die Energiewende ist in vollem Gange. Inzwischen erzeugen weit über acht Millionen Bundesbürger Solarenergie zur Strom- oder Wärmeversorgung. Mehr als 32 Gigawatt Photovoltaikleistung sind am Netz. Aber nach Schätzungen des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW-Solar) wird bisher nur gut ein Zehntel der geeigneten Dächer hierzulande für die Solarenergie genutzt. Ein erhebliches Potenzial liegt immer noch brach. Gewerbe- und Industriegebäude, Scheunen und Ställe – viele von ihnen können Solaranlagen tragen. Oftmals wissen die Gebäudeeigentümer gar nicht, dass ihr Dach geeignet ist. Die allgemeine Meinung ist, dass nur Dächer mit einer Südausrichtung zu einer Solaranlage taugen. Oder die Hausbesitzer haben gerade viel Geld in die Dachsanierung gesteckt. Da bleibt oft nichts übrig für die Anfangsinvestitionen in eine Solarstromanlage, die sich erst nach mehreren Jahren amortisiert. So ging es auch Jörg Simon. Der Landwirt und Betreiber eines Bioladens im westfälischen Büren hatte neue Ställe gebaut. Die Dächer sind gen Westen ausgerichtet. „Ich dachte, da ist die Installation einer Photovoltaikanlage nicht möglich“, erinnert sich der Landwirt.

Doch weit gefehlt. Auf dem Stalldach stromt jetzt ein Photovoltaikgenerator mit einer Leistung von 54 Kilowatt. „Oft werden die Photovoltaikanlagen erst nach einer Dachsanierung oder einem Neubau installiert“, weiß Jens Dörbaum. Er ist Projektentwickler bei Solartechnik Stiens in Kaufungen. Die Installateure aus dem Norden Hessens haben die Solarstromanlage auf dem Stalldach von Jörg Simon geplant und errichtet. Auch für solche Fälle, in denen ein Handwerker, ein Gewerbetreibender oder ein Landwirt der Hauseigentümer ist, aber die Installation einer Solaranlage scheut oder finanziell nicht stemmen kann, muss das Dach nicht ungenutzt bleiben. Installationsbetriebe wie Solartechnik Stiens bringen Gebäudeeigentümer und Investoren in eine Solaranlage ohne eigenes Dach zusammen. Am Ende steht ein Vertrag, der beide Seiten belohnt: den Investor mit einer angemieteten Dachfläche und den Hauseigentümer mit einer Vermarktung eines Hausteils, der andernfalls ungenutzt bliebe.

Untiefen umschiffen

Bei einer solchen Vereinbarung gilt es aber, einige Untiefen zu umschiffen. In dem Fall, dass die Photovoltaikanlage von einer Person betrieben wird, die nicht Eigentümerin des Gebäudes ist, muss ein Nutzungs- oder Pachtvertrag abgeschlossen werden. In diesem sogenannten Dachnutzungsvertrag wird das Recht des zukünftigen Anlagenbetreibers festgeschrieben, dass er eine Photovoltaikanlage auf dem Dach des Gebäudeeigentümers installieren und betreiben darf. Ein solcher Pachtvertrag reicht grundsätzlich aus, um das Rechtsverhältnis zwischen dem Anlagenbetreiber und dem Gebäudeeigentümer zu regeln. Er schreibt die Rechte und Pflichten beider Vertragspartner fest.

Darin wird nicht nur festgehalten, um welches Gebäude es sich handelt und wie groß die Solarstromanlage werden soll, sondern auch das Zugangsrecht des Anlagenbetreibers zum Grundstück, sein Recht, auch die Nebenanlagen wie Wechselrichter am oder im Gebäude zu installieren, und vor allem das jährliche Nutzungsentgelt, das der Gebäudeeigentümer bekommt. Denn das ist der Gewinn, den der Gebäudeeigentümer aus der Verpachtung seines Daches zieht. „Die Höhe des Nutzungsentgeltes hängt dabei von vielen Faktoren ab“, erklärt Jens Dörbaum. „So muss man dabei unter anderem beachten, wie die Möglichkeiten der Installation der Anlage und die Anschlussmöglichkeiten sind. Wenn man sie direkt an den Hausanschluss anschließen kann, wird die Installation billiger und der Pachtzins kann dann durchaus höher ausfallen.“ Sträubt sich der Netzbetreiber, zwei Kunden an einem Anschluss zuzulassen, muss für das Solarstromsystem ein separater Netzanschluss gelegt werden. Das kostet Geld, der Pachtzins sinkt.

Er hängt aber auch von der Dachausrichtung und der Dachneigung ab, die die Wirtschaftlichkeit der Anlage mitbestimmen. Je höher diese Wirtschaftlichkeit ist, desto höher können beide Vertragspartner die Pacht vereinbaren. Insgesamt beziffert Dörbaum die durchschnittliche Pacht derzeit auf acht Euro pro installiertem Kilowatt und Jahr. Alternativ können beide Vertragspartner den Pachtzins auch an der bebauten Fläche ausrichten. Eine riskantere Möglichkeit ist die Anlehnung der Höhe des Pachtzinses an den Ertrag der Anlage. Dann trägt der Gebäudeeigentümer das Risiko eines Ertragsausfalls etwa bei einem Defekt am Generator mit. Er kann aber auch von einem eventuellen Ertrag mitprofitieren, der über die Prognose hinausgeht.

Dachsanierung mit Pachtzins bezahlen

In welcher Form der Pachtzins gezahlt wird, bleibt den Vertragspartnern überlassen. Neben der regelmäßigen Zahlung pro Monat oder Jahr gibt es die Möglichkeit, die Pacht als Einmalzahlung am Anfang der Laufzeit an den Gebäudeeigentümer abzugelten. „Das wird sehr häufig in Anspruch genommen, weil das Dach vor der Installation noch saniert wurde“, sagt Jens Dörbaum. In dem Falle kann der Gebäudeeigentümer einen Teil der Dachsanierung über den Pachtzins bezahlen. Auch Jörg Simon hat diese Variante gewählt.

Schließlich hat der Bau des Stalls viel Geld gekostet, und weitere Investitionen in den Hof standen an. „Bis vor zwei Jahren haben wir es so gemacht, dass wir gar keine Pacht bezahlt haben, sondern dem Eigentümer die kompletten Dachflächen saniert haben“, erklärt Jens Dörbaum. Viele Dächer waren noch mit Asbest belastet, oder alte Eternitplatten mussten raus. Außerdem ist die Haltbarkeit eines Daches nach einer gewissen Zeit erschöpft, und es muss erneuert werden. Der Vorteil dabei ist, dass während einer Sanierung die Photovoltaikanlage bei der statischen Auslegung gleich mitberücksichtigt werden kann. „Dafür durften wir für die kompletten 20 Jahre die Photovoltaikanlage auf dem Dach betreiben. Das geht jetzt leider nicht mehr“, bedauert Dörbaum. Denn die Einspeisevergütung, über die der Anlagenbetreiber seine Investition amortisiert und seine Rendite erwirtschaftet, ist seither stetig gesunken. „Damit bekommen wir keine komplette Sanierung mehr hin“, sagt der Projektentwickler von Solartechnik Stiens.

Stromabnahme im Haus

Eine zweite Hürde hat die Politik mit der Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes im vergangenen Jahr aufgestellt. Denn seither müssen Betreiber von kleinen Dachanlagen zehn Prozent des erzeugten Stroms selbst verbrauchen. Was im Normalfall kein Problem ist, wenn der Anlagenbetreiber und der Hauseigentümer identisch sind, kann beim Modell der Dachverpachtung zum Problem werden – muss es aber nicht. Denn der Gebäudeeigentümer kann den Solarstrom, der auf seinem Dach produziert wird, gleich nutzen, statt teuren Strom vom Energieversorger zu beziehen. Vor allem wenn er einen Handwerksbetrieb betreibt, der tagsüber einen hohen Stromverbrauch hat, also dann, wenn die Solaranlage zur Höchstleistung aufsteigt. In dieser Zeit ist der Strom aus der Photovoltaikanlage selbst für Gewerbekunden viel billiger als der Strom aus der Steckdose. Immerhin liegen die Stromgestehungskosten von Solarstrom inzwischen bei etwa zwölf Cent pro Kilowattstunde. Sie sind aber sehr stark abhängig vom Preis der Anlage und von der Sonneneinstrahlung. „Wenn wir ein Objekt anpachten und der Gebäudeeigentümer kauft zehn Prozent des Solarstroms, analysieren wir vorher die Stromverträge mit dem Energieversorger“, sagt Dörbaum. „Oft haben Gewerbekunden gewisse Mindestabnahmemengen. Wenn der Hauseigentümer aber einen großen Teil seines Stroms aus der Photovoltaikanlage bezieht, also gar nicht mehr so viel vom Energieversorger benötigt, aber trotzdem eine Mindestabnahmemenge hat, dann bekommt man schon Probleme.“ Denn dann ist der gute Tarif vom Energieversorger schnell dahin, und der Dachverpächter wird mit einem höheren Strompreis bestraft. Liegt der Strompreis für den Gebäudebesitzer aber ohnehin auf dem hohen Level von derzeit durchschnittlich 27 Cent pro Kilowattstunde, ist er mit der Abnahme des Solarstroms aber auf jeden Fall besser dran. Auf diese Weise kann der Betreiber der Anlage auf dem Dach auch den Pachtzins abgelten, wenn er das so mit dem Hauseigentümer im Pachtvertrag vereinbart hat.

Wird der Betreiber der Solarstromanlage so vom ausschließlichen Stromerzeuger zusätzlich zum Stromverkäufer, muss er einen Stromliefervertrag mit seinem „Kunden“ abschließen. Das gilt sowohl für den Fall, dass der Hauseigentümer Strom aus der Anlage auf dem Dach bezieht, als auch für den Fall, dass ein Mieter im Haus den Solarstrom abnimmt. Wichtig dabei ist: Der Strom darf niemals ins öffentliche Netz fließen, sondern muss im Haus bleiben. Denn sonst werden die üblichen Netznutzungsgebühren und die volle EEG-Umlage fällig. Dann ist der Preisvorteil dahin. Befindet sich der Stromkunde aber im Haus, dann muss der Anlagenbetreiber zwar auch eine EEG-Umlage bezahlen, aber die ist um zwei Cent pro Kilowattstunde niedriger als die normale EEG-Umlage.

Pacht- und Stromliefervertrag trennen

Der BSW-Solar rät zu einer solchen Vereinbarung, empfiehlt aber, den Stromliefervertrag und den Pachtvertrag separat aufzusetzen. Der Pachtvertrag sollte dabei nicht nur die üblichen vertraglichen Regelungen zu Laufzeit, Kündigung, Haftung, Vertragsanpassung oder Pachtzins enthalten. Er muss darüber hinaus auf die spezifischen Anforderungen ausgelegt sein, die mit dem Bau und Betrieb einer Photovoltaikanlage zusammenhängen. Das betrifft unter anderem, wer die Verantwortung dafür übernimmt, dass das Dach statisch überhaupt eine solche Anlage trägt.

Auch eine eventuelle nachträgliche Bebauung, durch die die Module der Solarstromanlage verschattet werden, muss im Nutzungsvertrag geregelt werden. Ebenso muss das Recht des Anlagenbetreibers, im Falle einer Reparatur oder der Wartung der Anlage das Grundstück und das Dach betreten zu dürfen, ganz klar im Dachnutzungsvertrag festgehalten sein. Schließlich muss die Laufzeit des Vertrages auf die Zahlung der Einspeisevergütung abgestimmt sein. Denn damit erwirtschaftet der Anlagenbetreiber seine Rendite, wenn der Handwerker im Gebäude den Strom nicht abnimmt. Diese Dauer der Zahlung der Einspeisevergütung beträgt 20 Jahre, sodass der Vertrag auch über mindestens diesen Zeitraum vereinbart werden muss. Im Gegenzug verpflichtet sich der Anlagenbetreiber, entsprechende Versicherungen abzuschließen, die Schäden abdecken, die aus dem Betrieb der Anlage entstehen können.

Um die Investition für den Solaranlagenbetreiber abzusichern, muss der Gebäudeeigentümer den Gang zum Grundbuchamt antreten. Wenn er dort auf seinem Grundstück eine sogenannte erstrangige Dienstbarkeit eintragen lässt, ist der Betreiber auf der sicheren Seite, dass er das Nutzungsrecht auch behält, wenn der Vertragspartner das Gebäude verkauft. Wichtig ist, dass diese Dienstbarkeit im Rang vor allen anderen im Grundbuch eingetragenen Rechten wie einer eventuellen Hypothek steht. Denn nur dann behält der Anlagenbetreiber sein Nutzungsrecht, wenn der Gebäudeeigentümer Insolvenz anmeldet oder das Haus zwangsversteigert wird. „Das ist in den meisten Fällen kein Problem“, sagt Dörbaum. „Denn die Eintragung für die Photovoltaikanlage ist keine geldwertige Eintragung. Bei einer Versteigerung oder einem Insolvenzverfahren bekommt der Anlagenbetreiber kein Geld aus der Insolvenzmasse, sondern einfach das Recht, seine Anlage weiter zu betreiben.“

Ever Energy Group

Berlin vermietet Schuldächer

Schon seit Jahren vermietet das Land Berlin die Dächer öffentlicher Gebäude an private Investoren. Damit will die Stadt dem Bau von Solarstromanlagen den Weg ebnen und nebenbei noch Geld einnehmen. Denn über die Verpachtung der Dächer zum Bau von Photovoltaikanlagen bessert die Stadt nicht nur ihre Klimabilanz auf, sondern auch ihren Landeshaushalt. Über die Solardachbörse als gemeinsames Dächerangebot der Senatsverwaltung und der Bezirksämter hat die Stadt in jüngster Zeit Investoren für den Bau von Solarstromanalgen auf den Dächern von Schulen in Pankow, Charlottenburg-Wilmersdorf und Friedrichshain-Kreuzberg gesucht. Seit Juni baut der Berliner Projektentwickler Ever Energy etwa 7.700 Module auf insgesamt 40.000 Quadratmetern Dachfläche von 29 Schulgebäuden. Die Gesamtleistung der Anlagen wird 1.390 Kilowatt betragen. Die Anlagen werden jährlich 1,25 Millionen Kilowattstunden Strom liefern, prognostiziert der Projektentwickler. Der Strom wird ins öffentliche Netz eingespeist. „Allein durch die garantierte Einspeisevergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz können Anleger mit diesem Investment eine hohe Rendite erwirtschaften“, verspricht Matthias Streibel, Geschäftsführer der Ever Energy Group, die die Vermarktung der Dachflächen übernommen hat. „Hinzu kommen interessante Steuervorteile, denn Photovoltaikanlagen können linear abgeschrieben werden. Und dadurch, dass wir den kalkulierten Mindestertrag der Anlage über eine Versicherung abdecken, ist den Anlegern ihre Rendite auch dann sicher, wenn es so viel regnet wie letztes Jahr im Juli.“ Das Land Berlin verdient allein mit der Verpachtung der Schuldächer rund 15.000 Euro pro Jahr.

https://everenergy.de/

Deutsche Dachbörse

Gute Gründe für die Vermietung

Für die Verpachtung eines Daches gibt es gute Gründe. Neben der attraktiven Vergütung für den Dachgeber in Form einer jährlichen oder einmaligen Pachtzahlung hat der Gebäudeeigentümer für die nächsten 20 Jahre einen zusätzlichen Nutzen für eine Fläche, die sonst brach liegt. Das gilt nicht nur für Industrie- und Gewerbedächer, sondern auch für den Einfamilienhausbesitzer. Der kann auch sein Dach verpachten und den Solarstrom vom Eigentümer der Photovoltaikanlage kaufen. Dadurch muss er sein Kapital nicht an die Anlage binden. Denn der Betreiber der Anlage zahlt alle Kosten für die Installation und Wartung der Anlage. Auch die Versicherung der Anlage ist Sache des Betreibers. Der Hauseigentümer bezahlt wie bisher seine monatliche Stromrechnung. Nur dass diese geringer ausfällt, weil der Solarstrom inzwischen viel billiger ist als der Strom vom Energieversorger. Einen zusätzlichen Nutzen hat der Hauseigentümer auch noch. Wenn die Anlage gut installiert ist, wirken die Photovoltaikmodule wie eine zweite Dachhaut. Sie schützen gegen Witterungseinflüsse und reflektieren die Wärmestrahlung.

Die inzwischen zahlreichen Dachvermietungsbörsen bringen Hauseigentümer mit den Investoren zusammen. Dabei sollte der Dachverpächter nicht nur den Gebäudestandort, sondern auch die genauen Lichtverhältnisse beschreiben. Denn Verschattungen durch Nachbargebäude, Schornsteine oder Bäume mindern nicht nur den Ertrag, sondern auch die Attraktivität des Daches für einen Investor. Danach wird sich auch die Pacht richten. Nach Angaben der Deutschen Dachbörse ist derzeit ein Pachtzins von etwa fünf Prozent des Jahresertrags der Photovoltaikanlage üblich. Will sich der Dacheigentümer nicht vom Ertrag der Solarstromanlage abhängig machen, hat die Deutsche Dachbörse die Erfahrung gemacht, dass je nach Standort und Qualität des Generators zwischen zwei und vier Euro pro Quadratmeter und Jahr geboten werden. Das Entscheidende ist aber, dass Dacheigentümer und Investor eine für beide Seiten befriedigende Lösung finden und darüber hinaus auch eine klare Regelung treffen, was nach Ablauf der vereinbarten Laufzeit mit der Photovoltaikanlage geschieht.

http://www.deutsche-dachboerse.de

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