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Handelsgeschäft

„Nie Kompromisse gemacht“

Wie ist das Geschäftsjahr 2022 für EWS gelaufen?

Kai Lippert: Wir konnten unseren Absatz 2022 in allen Märkten Nordeuropas mehr als verdoppeln, vor allem in Deutschland. EWS hat hier also Marktanteile hinzugewonnen, sicher nicht zuletzt, weil die Installateure unsere besondere Ausrichtung als Großhändler mit Full Service immer mehr zu schätzen wissen.

Was verstehen Sie unter Full Service?

Mit unseren Softwareangeboten und einer inzwischen 15-köpfigen Planungsabteilung ersparen wir unseren Kunden sehr viel Arbeit. Die neue Online-Einkaufsberatung über unsere Planungstools macht die Produktauswahl schneller und sicherer. Damit schaffen wir nicht nur Mehrwert, sondern vor allem Effizienz in der gesamten Auftragsabwicklung. Die Handwerker haben dadurch den Rücken frei für die rasant wachsende Zahl an Installationen. Aufträge gibt es genug, Zeit ist knapp. Darüber hinaus verlassen sich immer mehr Photovoltaikprofis gerne auf unser zentral gesteuertes Qualitätsmanagement, das mit der Pflege der technischen Daten und Kompatibilitäten aller Produktdaten beginnt und Sicherheit bietet für alle Planungs- und Abwicklungsprozesse.

Welche Segmente des Solarmarktes haben sich besonders stark entwickelt?

Leider konnte das Potenzial an mittleren bis großen gewerblichen Anlagen weiterhin nicht gehoben werden. Hier brauchen wir bessere Rahmenbedingungen. Die extrem hohe Nachfrage im Bereich privater und kleiner gewerblicher Anlagen hat dazu geführt, dass unsere Kunden ihre Installationskapazitäten in diesen Segmenten konzentrieren. Hier sind die Margen zweimal bis dreimal höher als zum Beispiel bei Solarparks, nicht zuletzt wegen des Wettbewerbsdrucks durch Montagetrupps aus dem Osten.

Welche Rolle spielt die Sektorkopplung?

Im privaten Segment kann hier über den weiter zunehmenden Anteil an Speichern ein attrak­tives Zusatzgeschäft generiert werden. Auch hier geht der Trend bei den Profis nach der ersten ­Pionierzeit immer mehr zu den marktführenden Produkten und Brands, auch wenn das zum Teil hohe Lieferzeiten mit sich bringt und die Pro­dukte größtenteils aus China kommen.

Welche Strategie verfolgen Sie bei den Wechselrichtern, die bekanntlich nicht leicht zu bekommen sind?

Flexibilität, Lieferkapazität und Sicherheit sind die wesentlichen Entscheidungskriterien, nicht nur für unsere Kunden und uns, sondern auch für die Hersteller von Hybridwechselrichtern, mit denen die Speicher ja kompatibel sein müssen. Hier bilden sich Partnerschaften nur zwischen Herstellern auf Augenhöhe mit passendem Qualitätsanspruch. Auch hier geht niemand mehr unkalkulierbare Risiken ein.

Welche Ländermärkte zeigten besondere Dynamik?

In keinem der nordeuropäischen Märkte gibt es so lange Erfahrung wie unter den Installateuren in Deutschland. Wir haben viele Jahre Vorsprung, gerade beim Übergang von der Volleinspeisung zum Eigenverbrauch, was technisch und in der Beratung deutlich anspruchsvoller ist.

Spielen Speicher im Norden eine wachsende Rolle?

Langsam werden mehr Speicherlösungen angefragt. Mit zunehmender Professionalität legt man auch in den Nachbarmärkten mehr Wert auf Qualität, Flexibilität und Sicherheit in allen An­lagenbauteilen. Das zeigt sich bei uns ganz massiv bei der Montagesystemtechnik. Hier haben wir nie Kompromisse gemacht. Inzwischen wissen die meisten Installateure zu schätzen, wie viel Zeit und Sorgen ihnen ein hochwertiges Montagegestell erspart. Der Anteil an Komplettsystemen, die wir inklusive Montagesystem ausliefern dürfen, liegt mittlerweile doppelt so hoch wie vor drei Jahren.

Welchen Ausblick wagen Sie für dieses Jahr 2023?

Bekanntermaßen sind die Erwartungen an den Photovoltaikausbau in Politik und Gesellschaft hoch. Der limitierende Faktor bleiben die Ausführungskapazitäten. Wir selbst haben unser Lager­volumen 2022 verdoppelt, allerdings geht das bei einem Team von über 200 Leuten nicht so einfach. Fachkräftemangel, aber auch die Grenzen des Wachstums in Bezug auf die Entwicklung weiterer Gebäude und administrativer oder logistischer Strukturen setzt unserer Entwicklung Grenzen, an die auch unsere Kunden stoßen.

Wie stark wird EWS in diesem Jahr wachsen?

Eine weitere Verdopplung 2023 ist in Anbetracht der absoluten Zahlen für uns sicher das Höchste der Gefühle, auch wenn wir im ersten Quartal im Vergleich zum Vorjahr schon weit darüber liegen. Im vergangenen Jahr haben wir gut 400 Megawatt Systemleistung ausgeliefert, in mehr als 50.000 Einzellieferungen. Innerhalb von zwölf Monaten müssen wir Kapazitäten schaffen wie in fast 40 Jahren Firmengeschichte zusammengenommen. Wir nehmen die Herausforderung gerne an. Für eine noch schnellere Energiewende brauchen wir aber zusätzliche Player im Markt, die es ernst meinen Wettbewerb hin oder her.

Welchen besonderen Herausforderungen sehen Sie sich im Handelsgeschäft mit Komponenten der Photovoltaik und Stromspeichern gegenüber?

Natürlich hakt es in solchen Boomzeiten in den Lieferketten, aber wir haben uns mit unseren Lieferanten und Kunden inzwischen deutlich besser positioniert. Ohne die konsequente Digitalisierung aller Abwicklungsprozesse und unsere Softwaretools, die die Verfügbarkeiten aller Produkte berücksichtigen, wären solche Wachstumsraten gar nicht denkbar. Andererseits setzen wir großes Vertrauen in seit Jahren entwickelte Geschäftsbeziehungen. Wir liefern 80 Prozent an Stammkunden, die solche Zeiten seit Jahrzehnten mit uns meistern.

Wie klappt die Kooperation mit Ihren Lieferanten?

Mit einigen Lieferanten üben wir das auch schon sehr lange. Mit Fronius und REC zum Beispiel arbeiten wir seit gut 20 Jahren zusammen, mit SMA schon seit weit über 30 Jahren. Das gibt Sicher­heit und Stabilität. Was mir eher Sorgen macht, sind einige Newcomer im Markt, die sehr viel Wind machen, ohne dass dahinter entsprechende Erfahrungswerte und Substanz stecken. Diese Windbeutel, wie man bei uns im Norden sagt, könnten einiges an Vertrauen in unserer Branche verbrennen.

Welche Besonderheiten gelten für den internationalen Handel, innerhalb der EU und außerhalb?

Der innereuropäische Handel ist weitgehend unkompliziert, solange wir innerhalb der EU-Staaten agieren. Ansonsten werden die Zollabwicklungen immer bürokratischer. Eine positive Ausnahme bildet Norwegen, wo wir durch Handelsabkommen einen weitgehend unkomplizierten Warenverkehr pflegen.

Spielen Risiken durch die Währungen eine Rolle?

Größere Kursschwankungen begegnen uns insbesondere in Polen. Auch die norwegische Krone ist derzeit eher schwach, sodass sich Importe für unsere Kunden dorthin verteuern. Hier ist ein flexibler Umgang mit dem Zeitpunkt für Zahlungen eines Kunden manchmal ein Thema zur Einkaufsoptimierung.

Bauen Sie Ihre Lagerkapazitäten aus, um den Warenpuffer für Ihre Kunden zu vergrößern?

In Kürze beziehen wir ein zusätzliches Hochregallager für bis 90.000 Module direkt auf dem Firmengelände und verdoppeln unsere Kapazitäten für das Kommissionieren von Montagesystemen. Das schafft etwas Luft. Parallel laufen bereits Planungen für ein weiteres Speicherlager und Verhandlungen für den Kauf angrenzender Gewerbegrundstücke. Im Herbst weihen wir ein neues großes Verwaltungsgebäude ein, für das in Sichtweite meines Büros die Fundamentplatte entsteht. Noch können wir mit dem wachsenden Bedarf unserer Kunden gut Schritt halten. Ich hoffe, das bleibt so.

Vergrößern Sie das Team in Handewitt? Wenn ja, wie gewinnen Sie neue Mitarbeiter?

Bei der Gewinnung neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat sich die Lage zum Glück sehr zu unseren Gunsten verändert. Noch bis vor ­einem Jahr mussten wir für das Recruiting enormen Aufwand betreiben und uns quasi selbst aktiv bei Arbeitsuchenden bewerben. Inzwischen ist das gesellschaftliche Ansehen unserer Branche so positiv, dass wir wieder unter vielen interessierten und für die jeweiligen Fachbereiche gut qualifizierten Personen auswählen können. Teilweise bewerben sie sich aus guter Anstellung heraus bei uns. Ich finde aber, das steht der ­Photovoltaikbranche auch zu!

Wenn Sie einen Wunsch an die deutsche oder europäische Politik frei hätten, welcher wäre dies?

Unser Vertriebsleiter Stefan Ebert sieht in der sogenannten Photovoltaikstrategie von ­Robert Habecks Ministerium bereits erste Impulse zur weiteren Belebung des Marktes und zum Büro­kratieabbau in Deutschland. Es ist genugtuend mitzuerleben, dass sich die Photovol­taik in ihrer Wettbewerbsfähigkeit seit Längerem vollkommen unabhängig von staatlichen Zuwendungen sehr positiv entwickelt hat. Von der Politik wünsche ich mir in erster Linie, dass sie dieser natürlichen Entwicklung nicht im Weg steht. Das im März veröffentliche Strategie­papier zum Ausbau der Photovoltaik enthält sinnvolle, nun aber schleunigst zu konkretisierende Maßnahmen.

Zum Beispiel?

Es geht darum, bisherige, teils künstliche Investitionshürden abzubauen. Wir erleben aber leider noch immer Verunsicherungen aufgrund ungünstiger Rahmenbedingungen und der vielen Krisen in der Welt, vor allem bei potenziellen Photovoltaikprojekten im gewerblichen Mittelstand. Ich finde, dass steuerliche Sonderabschreibungen ein bewährtes Mittel wären, um dieses große Potenzial zu erschließen.

Die Fragen stellte Heiko Schwarzburger.

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