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Zertifikate

„Den Bauablauf beschleunigen“

Sie haben für das Vision 60M construct eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (abZ) bekommen. Welchen Vorteil hat das für die Kunden?

Norbert Betzl: Das Modul kann damit als Verglasung nach DIN 18008 wie ein Verbundsicherheitsglas eingesetzt werden. Die Norm legt die Bemessungs- und Konstruktionsregeln für Glas im Bauwesen fest. Eine für den Architekten, Planer und Bauherren aufwendige und teure Zulassung im Einzelfall ist dann nicht mehr notwendig.

Für welche Anwendungen ist das Modul zugelassen?

Nobert Betzl: Die abZ ist in der Regel eine notwendige Voraussetzung beispielsweise bei Überkopfanwendungen, bei denen besondere bauliche Anforderungen an den Glasverbund gestellt werden. Je nach konkretem Anwendungsfall und Ort des Projektes kommen allerdings weitere Anforderungen dazu. Da geht es in der Regel um Brandschutzauflagen oder Anforderungen hinsichtlich der Verkehrssicherheit.

Wen wollen Sie mit dem zertifizierten Modul als Kunden gewinnen?

Axel Lellau: Prinzipiell jeden, der eine Photovol­taiküberdachung plant, bei der man auch ohne Isolation bauen möchte. Denn dann kann das Vision 60M construct als Dachhaut mit gleichzeitiger Stromproduktion eingesetzt werden. Das kann der Architekt, ein Planer oder sogar ein Endkunde selbst sein, der dann wiederum seinen Planer oder Architekten auf die Möglichkeiten hinweist, die das Modul bietet. Denn es hat eine Transparenz von etwa zehn Prozent. Dadurch entstehen unter der Überdachung helle Räume, die mit einer konventionellen Kombination aus Trapezblechdach und Solaranlage nicht möglich wären.

Durch die Semitransparenz der Module entsteht unter ihnen kein dunkler Raum. Das ist vor allem bei großflächigen Installationen von Vorteil.

Foto: Solarwatt/Konrad Schmidt

Durch die Semitransparenz der Module entsteht unter ihnen kein dunkler Raum. Das ist vor allem bei großflächigen Installationen von Vorteil.

Sprechen Sie auch Installateure an?

Axel Lellau: Natürlich dürfen wir auch die vielen Installateure und Solarteure nicht vergessen, denen das zugelassene Modul ganz neue Geschäftsfelder eröffnet. Denn damit können sie zusätzlich zu der klassischen Solaranlage auf dem Hausdach die semitransparente Überdachung von Terrassen, Carports oder auch Großparkplätzen und Parkhausüberdachungen übernehmen.

Welches Segment wollen Sie mit dem Modul angehen –eher Fassaden oder eher Überkopfverglasung?

Axel Lellau: Da der Fassadenbereich gegenüber der klassischen Überkopfverglasung noch ein Nischenmarkt ist, natürlich den Bereich der Überkopfverglasung. Der wird in den nächsten Jahren enorm wachsen. Denn immer mehr Unternehmen, aber auch Politiker haben das große Potenzial von flächigen Überdachungen beispielsweise von Parkflächen und Parkhäusern erkannt. In Baden-Württemberg soll zum Beispiel ab 2022 jede neu gebaute Parkfläche mit mehr als 75 Stellplätzen mit einer Photovoltaikanlage überdacht werden. Dabei ist wichtig, dass in Deutschland eine Überdachung ohne Dachunterhaut ausschließlich mit Modulen gebaut werden darf, die vom Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt) zugelassen sind. Deshalb haben wir die langwierige Prozedur der abZ durchgeführt. Aber dennoch sollte man den zukünftig sicherlich wachsenden Markt mit Fassadenflächen nicht aus den Augen lassen.

Wie läuft ein solcher Zertifizierungsprozess ab?

Nobert Betzl: Wir haben zunächst einen Antrag auf Zulassung des Produkts als Verglasung im Sinne der DIN 18008 beim DIBt gestellt. Ein Sachverständigenausschuss hat schon vor einiger Zeit einen Katalog erstellt, welche Kriterien ein Modul als Verbundsicherheitsglas erfüllen muss. Wir mussten mittels Prüfungen nachweisen, dass das Modul als Produkt für die Anwendung geeignet ist. Die Tests müssen von einem akkreditierten Prüfinstitut durchgeführt und in einem Prüfbericht schriftlich protokolliert werden. Zusätzlich mussten wir eine gutachterliche Stellungnahme zur Eignung des Produkts für den beabsichtigten Anwendungszweck beibringen. Auf Basis der Testergebnisse und der gutachterlichen Stellungnahme hat das DIBt über die Zulassung entschieden. Das alles kostet natürlich viel Zeit und Geld.

Welche Kriterien stehen denn in dem Katalog?

Nobert Betzl: Zum einen muss das Modul das Bruchverhalten eines Verbundsicherheitsglases nach EN 12600 aufweisen. Dabei wird vor allem geprüft, welchen Einfluss die Solarzellen darauf haben. Denn sie stellen ja Fremdkörper innerhalb des Verbundglases dar. Zum anderen wird das Resttragverhalten unter statischer Beanspruchung entsprechend der EN 1288 geprüft. Außerdem muss das Modul eine Prüfung der Beständigkeit in der Feuchte und bei hoher Temperatur nach ISO EN 12543 bestehen. Zudem wird die Haftung des Verbundmaterials im Modul nach ASTM D903 getestet.

Die abZ für das neue Modul wurde schon auf der Intersolar des vergangenen Jahres angekündigt. Warum hat es am Ende so lange gedauert?

Nobert Betzl: Der Prüfprozess ist sehr umfangreich. Dazu müssen Probekörper in unterschiedlichen normierten Größen hergestellt und an das Prüfinstitut geliefert werden. Die Durchführung der Prüfungen sowie die Erstellung des Berichts und der gutachterlichen Stellungnahme dauert einige Wochen. Und nicht zuletzt hat das DIBt eine endliche Bearbeitungskapazität und Anträge werden nach Datum des Eingangs abgearbeitet. Zusätzlich dazu mussten wir den Aufbau des Moduls noch einmal modifizieren, um die erforderliche Stabilität und Qualität im Fertigungsprozess sicherzustellen. Daher war auch die Wiederholung des Zulassungsverfahrens inklusive einiger Prüfungen erforderlich.

Mit der abZ ersparen sich die Architekten und Planer die Zustimmung im Einzelfall. Mit welchen Zeit- und Kostenersparnissen können sie da rechnen?

Axel Lellau: Die Kosten für die Zustimmung im Einzelfall liegen erfahrungsgemäß zwischen 3.000 und 6.000 Euro. Zeitlich muss der Architekt und Bauherr mit drei bis sechs Monaten rechnen. Das ist ein nicht unwesentlicher Faktor, da mit diesen Projekten ohnehin eine lange Vorlaufzeit einhergeht. Mit dem Modul werden Verzögerungen im Bauablauf verhindert. Es gibt dem Architekten zusätzlich ein Höchstmaß an Sicherheit für seine eigene Planung. Er muss nicht bei jedem Projekt immer wieder neu anfangen, eine Zulassung einzuholen.

Das Modul wird zunächst als 60-Zeller auf den Markt kommen. Werden auch verschiedene Farben, Größen und Formen möglich sein?

Norbert Betzl: Nein, derzeit noch nicht. Wir wissen natürlich, dass gerade Architekten besondere Anforderungen hinsichtlich verschiedener Formate habe. Doch trotz der Optimierung ist unsere Flexibilität in der Produktion begrenzt. Wir prüfen dennoch, welche Variationen des Produkts in Zukunft möglich sind, wenn wir beispielsweise unsere neue Fertigung aufbauen. Doch im Moment ist es noch zu früh, um Optionen in Aussicht zu stellen. Parallel haben wir auch noch das Modul Vision 36M glass mit 36 Zellen im Portfolio. Das hat auch eine abZ. Als rahmenloses Modul ist es geeignet für ästhetisch sehr anspruchsvolle Anwendungen.

Müssen Sie eine neue abZ beantragen, falls Sie tatsächlich unterschiedliche Größen und Formate anbieten wollen?

Nobert Betzl: Bei der abZ ist der grundsätzliche Aufbau unseres Moduls zertifiziert. Damit ist festgeschrieben, mit welchen Glasdicken und Glasqualitäten wir arbeiten müssen. Auch das Polymermaterial, das zwischen die Gläser eingebracht wird, ist genau definiert. Damit ist auch ein konkretes Produkt beschrieben. Wenn wir ein abgewandeltes Produkt zulassen wollen, etwa eine neue Größe, müssen wir die abZ neu beantragen. Allerdings sind dann nicht alle Prüfungen notwendig wie bei der Erstzulassung.

Wie wirkt sich die abZ auf den Preis aus?

Axel Lellau: Natürlich müssen wir für ein vom DIBt zugelassenes Glas-Glas-Modul wie das Vision 60M construct einen anderen Preis verlangen als zum Beispiel für ein Glas-Folien-Modul. Das ist sicher nachvollziehbar. Aber da man bei einem Dach ohne Dachunterhaut die Kosten für das Material und die Montage einer zusätzlichen Dacheindeckung spart, ist eine Anlage mit dem zugelassenen Modul preislich mindestens vergleichbar mit einer Trapezblecheindeckung und einer zusätzlichen Dachanlage. Im besten Fall ist die Eindeckung mit dem Vision 60M construct sogar günstiger. Zusätzlich dazu wurden noch qualitativ hochwertigere Glas-Glas-Module verbaut.

Wissen das Ihre Kunden zu schätzen?

Axel Lellau: Ja, vor allem, wenn es um große Projekte geht. Denn die werden meist unter hohem Kostendruck geplant und kalkuliert. Da muss das Modul zwingend eine langfristig konstante Leistung und damit auch die gleichbleibende Rendite der Anlage gewährleisten. Das geht mit günstigen Glas-Folie-Modulen nicht. Dann ist unter Umständen der gesamte Finanzierungsplan gefährdet. Wir geben hingegen eine Produkt- und Leistungsgarantie von 30 Jahren. Damit ist die Investition des Kunden gesichert.

Welche ästhetischen Vorteile gewinnt der Architekt dadurch?

Axel Lellau: Eine solche semitransparente Anlage ist optisch wesentlich ansprechender. Stellen Sie sich eine große, durchgehende Parkplatzüberdachung von mehreren Tausend Quadratmetern mit einer Trapezüberdachung vor. Das wäre eine dunkle Höhle. Mit unseren Modulen schaffen wir hingegen mit der gleichen Dachfläche einen hellen Raum.

Wie werden Sie das Modul vertreiben – direkt an die Kunden oder über Montagepartner, die die Projekte abwickeln?

Axel Lellau: Im Zuge der Einführung des Produktes fahren wir eine groß angelegte Marketingkampagne. Dabei sprechen wir die Interessenten, wie zum Beispiel Architekten, Bauträger, Ingenieur- und Planungsbüros, direkt an, vermitteln die Anfragen an unser Netzwerk aus spezialisierten Firmen und unterstützen die Planung und Errichtung in den jeweiligen Regionen. Dazu gibt es bereits eine eigene Landingpage.

Das Interview führte Sven Ullrich.

Die allgemeine bauaufsichtliche Zulassung ist vor allem entscheidend bei Überkopfverglasungen im öffentlichen Raum.

Foto: Solarwatt

Die allgemeine bauaufsichtliche Zulassung ist vor allem entscheidend bei Überkopfverglasungen im öffentlichen Raum.
Nobert Betzl
ist für das Produktmanagement der Modulportfolios bei Solarwatt zuständig. Er hat die Zulassung des neuen Moduls eng begleitet und kennt die -Voraussetzungen für eine abZ.

Foto: Ben Gierig

Axel Lellau
ist Vertriebsleiter von -Solarwatt und in dieser Funktion im engen Kontakt mit -Architekten. Er kennt dadurch deren Bedürfnisse im Hinblick auf das neue Produkt sehr genau.

Foto: Solarwatt

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