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Neuer Geist im Sonnenschloss

Tausend Jahre Geschichte, mitten im alten Kulturland, den Harz in Sichtweite: Das Mansfelder Land war vom Mittelalter bis zur Neuzeit als Bergbauregion bekannt: Kupferschiefer und Kohle. Längst ist damit Schluss, nur Museen und Traditionsvereine zeugen vom einstigen Stolz der Bergleute, vom „Glückauf“.

Die Region östlich des Harzes ist so etwas wie das Ruhrgebiet des Ostens, mitten in Sachsen-Anhalt gelegen. Sie ist genauso abgehängt wie Gelsenkirchen oder Bochum, nur nicht so dicht besiedelt. „Für die Photovoltaik bieten sich hier hervorragende Chancen“, sagt Peter Endres, Solarunternehmer aus Baden-Württemberg. „Mittlerweile habe ich mein Solargeschäft komplett hierher verlegt. Denn hier sind die Rahmenbedingungen viel günstiger als in Süddeutschland.“

Teile der Schlossanlage sind bereits renoviert, andere nur notdürftig gesichert.

Foto: Heiko Schwarzburger

Teile der Schlossanlage sind bereits renoviert, andere nur notdürftig gesichert.
Ortstermin in Walbeck mit interessierten Kollegen aus der Solarbranche.

Foto: Heiko Schwarzburger

Ortstermin in Walbeck mit interessierten Kollegen aus der Solarbranche.
Dieser wertvolle Remter wurde bereits restauriert, um ihn für Kulturveranstaltungen zu nutzen.

Foto: Heiko Schwarzburger

Dieser wertvolle Remter wurde bereits restauriert, um ihn für Kulturveranstaltungen zu nutzen.

Der Zufall hatte seine Hand im Spiel

Schon vor zehn Jahren hat er hier Solardächer installiert, damals vor allem für die EEG-Vergütung. Auf der Suche nach geeigneten Flächen kam er in Walbeck vorbei, einer zu Hettstedt gehörenden Gemeinde. Dort moderte ein uraltes Schloss vor sich hin.

Die Gebäude verrotteten und verfielen, obwohl hier tatsächlich 1.000-jährige Geschichte atmet. Das Schloss geht auf die Ottonen und Salier zurück, die vor der ersten Jahrtausendwende bereits die ersten Kaiser wurden. Otto I. (912–973) ließ sich nach seinem Sieg gegen die Ungarn auf dem Lechfeld bei Augsburg zum Kaiser krönen. Später – im 17. Jahrhundert – übernahmen die Familien Eltz und von dem Bussche das große Anwesen.

Stark verfallene Gebäude

In der DDR war im Schloss Walbeck eine Landwirtschaftsschule untergebracht. Nach der Wende verfiel das Anwesen, wechselte mehrfach den Besitzer. An der Bausubstanz wurde wenig gemacht, der Verfall setzte sich fort. „Als ich 2011 das Schloss eher zufällig fand, war es faktisch völlig heruntergekommen“, erzählt Peter Endres. „Wir haben 2011 und 2012 insgesamt 730 Kilowatt Photovoltaik installiert, um mit den Einnahmen die Dächer zu sanieren. Das war der erste Schritt.“

Insgesamt gut zwei Hektar umfasst das Areal, das Endres seinerzeit kaufte. Die Sanierung der Solardächer erfolgte in enger Absprache mit dem Denkmalschutz. „Die Behörden haben sich sehr kooperativ gezeigt“, schätzt er ein. „Wir haben stets gute Kompromisse gefunden.“

Doch 2014 kam die Krise des Solargeschäfts, weil Berlin die EEG-Vergütung drastisch kürzte. „Ich konnte damals gerade noch die Notbremse ziehen, um meine Solarfirma zu retten“, erinnert sich Peter Endres. „Wir mussten alle Bauaktivitäten in Walbeck einstellen, das konnten wir nicht vorhersehen.“

Viele Flächen verfügbar

Der heute 55-Jährige ist seit 20 Jahren im Solargeschäft. Ursprünglich begann er in Baden-Württemberg, später kamen Projekte in Sachsen-Anhalt hinzu. „Hier sind viele Flächen noch zu vernünftigen Preisen verfügbar“, erläutert er. „Mittlerweile habe ich mein komplettes Geschäft nach Sachsen-Anhalt verlagert. Zurzeit entwickle und baue ich für meine Kunden Anlagen mit 300 Kilowatt auf Dächern oder Anlagen auf Freiflächen. Zunehmend spielen PPA eine Rolle.“

Das Sonnenschloss Walbeck verfügt über 12.000 Quadratmeter Nutzfläche. Bisher sind im Südflügel vier Wohnungen saniert und ausgebaut. Eine Wohnung wurde kürzlich von der Münsteraner Firma Solarblick angemietet, die hier eine Filiale für ihre Projekte in Ostdeutschland aufbauen will. Das junge Unternehmen besteht erst seit 2020, hat aber bereits eine beachtliche Projekt-Pipeline in ganz Deutschland entwickelt. Solarblick baut vorrangig Freiflächenanlagen, setzt sich aber auch stark für Innovationsprojekte in der Branche ein.

Das Team kombiniert langjährige Erfahrung mit frischen Ideen und steht vor allem für Nachhaltigkeit auf allen Ebenen, ebenso wie für eine faire Beteiligung der Bürger.

Peter Endres mit photovoltaik-Redakteur Sven Ullrich (ganz rechts) bei der Besichtigung.

Foto: Heiko Schwarzburger

Peter Endres mit photovoltaik-Redakteur Sven Ullrich (ganz rechts) bei der Besichtigung.
Peter Endres (links) mit Marko Vogt, Geschäftsführer von Solarblick (Mitte), und dessen Mitarbeiter aus Münster. Die Gäste aus NRW wollen ein Büro im Schloss eröffnen.

Foto: Heiko Schwarzburger

Peter Endres (links) mit Marko Vogt, Geschäftsführer von Solarblick (Mitte), und dessen Mitarbeiter aus Münster. Die Gäste aus NRW wollen ein Büro im Schloss eröffnen.

Verbündete finden sich

Mit Peter Endres haben sie einen Verbündeten gefunden, der sich ebenso für Innovation vor Ort und für die Energiewende einsetzt. Das Sonnenschloss ist das perfekte Ostbüro für das solare Start-up: Es zeigt, wie durch Erfindergeist neue Energien mit alten Gebäuden kombiniert und Synergien genutzt werden können. Genau wie es beispielsweise Agri-PV-Projekte schaffen, durch Synergien eine Win-win-Situation für Landwirtschaft und die Energiebranche entstehen zu ­lassen.

Solarblick wird aus dem neuen Schlossbüro nicht nur Innovationsprojekte und Anlagen im Osten planen, sondern es auch als Ort der Inspiration für das Team nutzen. Im Juli soll bereits ein erstes Event vor Ort stattfinden, inklusive Schlossbesichtigung.

Marko Vogt, Geschäftsführer von Solarblick, war beim Vor-Ort-Termin der Redaktion in Walbeck dabei. Auch er sieht enorme Chancen, will nun mit Peter Endres gemeinsam das Sonnenschloss zum Solarcluster entwickeln, um den Kreis der Gleichgesinnten weiter zu öffnen und Ideen wachsen zu lassen.

Gelder aus dem Kohleausstieg

Hilfe kommt zudem vom Förderverein des Schlosses, in den bislang ein Dutzend Freunde eingeschrieben sind – lokale Politiker und Verwaltungsbeamte oder einfach Leute, die für die Solarenergie brennen, wie Peter Endres.

Gegenwärtig ist geplant, das Sonnenschloss Walbeck offiziell zum „Zentrum für erneuerbare Energien“ auszubauen, zu sanieren und zu entwickeln.

Dafür sind Millionen Euro nötig, denn der Sanierungsaufwand des Hauptgebäudes oder des Nordflügels ist sehr hoch. Andererseits lockt ein einzigartiges Gebäudeensemble, dessen Erhaltung nicht nur Geld und Fördermittel, sondern vor allem guter Ideen bedarf.

Ideen für die Region gesucht

Denn es geht um die Revitalisierung einer ganzen Region. So soll das Sonnenschloss in Walbeck zur Ideenschmiede werden, wie die Energiewende lokal umgesetzt werden kann. Wie sie Arbeitsplätze schafft – in einer Region, die von dramatischer Abwanderung betroffen ist.

Die solare Sanierung in enger Abstimmung mit dem Denkmalschutz macht das Schloss zum Reallabor für neue Technologien. Elektrische Wärmebereitstellung (Wärmepumpen, Infrarotheizungen) baut Peter Endres bereits in den Wohnungen ein.

E-Mobilität, Stromspeicherung und viele andere Innovationen könnten in Walbeck zur Anwendung kommen, um die Leistungsfähigkeit und den Nutzen der Energiewende zu zeigen. Wer im Osten Deutschlands mit Solarenergie tätig ist, könnte hier Ansprechpartner und Unterstützung finden.

Offene Werkstatt für Sonnenbürger

Zudem bietet das Schloss – wenn es saniert ist – ansprechende Räumlichkeiten für Treffen, Gespräche, Schulungen und Präsentationen. Das Sonnenschloss Walbeck mit dem Zentrum für erneuerbare Energien steht noch am Anfang. Nun werden Partner und Ideen gesucht, um es zu einem regionalen Leuchtturm zu entwickeln.

Denn letztlich geht die Energiewende, geht jedes Kilowatt installierter Solarleistung oder jede Kilowattstunde Batteriekapazität vorher durch die Köpfe der Menschen, die sich für die Energiewende interessieren. So gesehen, könnte das ehrwürdige Schloss südlich des Harzes – rund 1.000 Jahre nach seiner Gründung – vor einer solaren Wiedergeburt stehen.

Klug investiert: In einem Seitenhof wurde diese Solaranlage installiert, um eine überdachte Freifläche für Feste wie zum Beispiel Hochzeiten zu schaffen.

Foto: Heiko Schwarzburger

Klug investiert: In einem Seitenhof wurde diese Solaranlage installiert, um eine überdachte Freifläche für Feste wie zum Beispiel Hochzeiten zu schaffen.
Viele Dächer wurden mit Solartechnik veredelt. Leider war das aus Gründen des Denkmalschutzes nicht überall möglich. Die Behörde zeigte sich aber sehr kooperativ und unterstützt das Projekt.

Foto: Heiko Schwarzburger

Viele Dächer wurden mit Solartechnik veredelt. Leider war das aus Gründen des Denkmalschutzes nicht überall möglich. Die Behörde zeigte sich aber sehr kooperativ und unterstützt das Projekt.
Hier ahnt der Betrachter, wie schön die Ausstattung des mittelalterlichen Anwesens einst gewesen sein muss.

Foto: Heiko Schwarzburger

Hier ahnt der Betrachter, wie schön die Ausstattung des mittelalterlichen Anwesens einst gewesen sein muss.
Jetzt sind Partner gefragt, denn ein solches Mammutprojekt kann niemand allein stemmen.

Foto: Heiko Schwarzburger

Jetzt sind Partner gefragt, denn ein solches Mammutprojekt kann niemand allein stemmen.
Die Dacheindeckung und die Unterkonstruktion wurden nur teilweise saniert.

Foto: Heiko Schwarzburger

Die Dacheindeckung und die Unterkonstruktion wurden nur teilweise saniert.
Das malerische Treppenhaus erzählt Geschichte ...

Foto: Heiko Schwarzburger

Das malerische Treppenhaus erzählt Geschichte ...
Blick auf das Haupthaus und den Schlosshof, von zahlreichen Gebäuden flankiert: Remter, Ställe, Wohnungen.

Foto: Heiko Schwarzburger

Blick auf das Haupthaus und den Schlosshof, von zahlreichen Gebäuden flankiert: Remter, Ställe, Wohnungen.
Die Solardächer dienten der ersten Sicherung der Gebäudesubstanz. Nun geht es um ein modernes Nutzungskonzept.

Foto: Heiko Schwarzburger

Die Solardächer dienten der ersten Sicherung der Gebäudesubstanz. Nun geht es um ein modernes Nutzungskonzept.
Zum Ensemble gehören etliche Nebengebäude. Früher war hier eine Landwirtschaftsschule ansässig.

Foto: Heiko Schwarzburger

Zum Ensemble gehören etliche Nebengebäude. Früher war hier eine Landwirtschaftsschule ansässig.

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