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Kleinwind

Richtig planen mit Windkarte

Das Windangebot hierzulande variiert stark, je nachdem welche Region man betrachtet. Das hat wiederum direkte Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit einer Windturbine. „Um das Potenzial einer solchen Anlage voll auszuschöpfen, ist es fast unerlässlich, verfügbare Windkarten zu studieren“, rät Kleinwindexperte Patrick Jüttemann. Dabei sollte der Kartennutzer allerdings die Stärken und Grenzen der verschiedenen kostenlosen Windkarten unbedingt kennen und richtig verstehen.

Ohne Wind droht eine Fehlinvestition

Der erste und wichtigste Schritt bei der Planung einer Kleinwindanlage ist die Überprüfung des Standorts auf ausreichend Wind. Der Traum von einer eigenen kleinen Windanlage im Garten oder Betriebsgelände kann nur Wirklichkeit werden, wenn genügend Wind vorhanden ist, um eine effiziente Energieerzeugung zu ermöglichen. Das klingt erst mal sehr logisch und auch einfach – ist es aber nicht immer.

Denn die Wirtschaftlichkeit einer Windkraftanlage hängt vor allem von der Windstärke ab: Je mehr Wind, desto mehr Strom kann erzeugt werden. „Bei schlechten Windverhältnissen kann eine Kleinwindanlage schnell zur Fehlinvestition werden“, weiß Jüttemann aus vielen Praxisfällen.

Um das regionale Windpotenzial richtig abzuschätzen, bieten kostenfreie Windkarten eine gute Orientierungshilfe. Beispielsweise, mit welcher Windstärke typischerweise in einer bestimmten Region zu rechnen ist. Demnach ist das Windangebot an Küsten in der Regel meist viel stärker als im Landesinneren – und auch windstarke Höhenlagen können identifiziert werden.

Küstenregionen in der Regel windstark

Wichtig ist jedoch zu beachten, dass eine Windkarte allein nicht die Frage beantworten kann, ob der spezifische Standort vor Ort ausreichend Wind für den Betrieb einer Kleinwindanlage bietet, rät der Experte. Zusätzlich müsse daher überprüft werden, ob das Betriebsgelände oder das Grundstück eine freie Anströmung aus der Hauptwindrichtung erfährt. Denn Windkarten zeigen zwar das übliche Windpotenzial in einer Region auf, können jedoch andere wichtige Faktoren wie die Landnutzung – also Waldgebiete, Ackerflächen, bebaute Gebiete oder Wasserflächen – nur unzureichend oder nicht detailreich genug abbilden.

Es lässt sich also festhalten, dass eine Windkarte eine wertvolle erste Orientierung bietet, um das Windaufkommen in einer Region zu prognostizieren. Der Experte empfiehlt jedoch, die tatsächlichen Bedingungen am geplanten Installationsort der Kleinwindanlage zusätzlich zu überprüfen, um eine fundierte Entscheidung zu treffen.

Windgeschwindigkeit in zehn Metern Höhe

Windkarten basieren in der Regel auf jährlichen Durchschnittswerten, die aus Millionen von einzelnen Messwerten über viele Jahre hinweg gewonnen wurden. Diese Messungen stammen von Messstationen, die über das gesamte Land verteilt sind. Sie dienen dazu, aus den gesammelten Daten durchschnittliche Windverhältnisse abzuleiten.

Eine maximal präzise Einschätzung des Windpotenzials eines Standorts erfolgt über die Nutzung eines Windmessgeräts, um lokale Messungen durchzuführen. „Diese erfordert jedoch eine Investition in gute Messtechnik und ist zudem zeitintensiv, da mindestens über die windstarken Monate im Herbst und Winter Messungen durchgeführt werden sollten“, sagt Jüttemann.

Die in den Windkarten angegebene mittlere Windgeschwindigkeit eines Jahres gibt einen guten Anhaltspunkt über das Windpotenzial eines Standorts. Dabei ist zu beachten, dass die Windstärke über die einzelnen Monate variiert; im Sommer ist sie im Durchschnitt schwächer, im Winter stärker. Der jährliche Mittelwert bietet daher ein umfassendes Bild der Windverhältnisse.

Anlagenhöhe entscheidend

Ein besonders wichtiger Aspekt: Bei der Nutzung von Windkarten muss die richtige Höhe des Generators angenommen werden. Denn die Windstärke nimmt mit der Höhe zu. So ist beispielsweise der Wind in 100 Metern sehr viel stärker als in zehn Metern über dem Erdboden. Der Tipp: Wenn die geplante Windturbine eine Gesamthöhe zwischen zehn und 20 Metern hat, sollte man die Werte der Windgeschwindigkeiten in zehn Metern Höhe betrachten. Für Anlagen mit einer Gesamthöhe von 40 Metern kann es daher sinnvoll sein, sowohl die Werte für zehn als auch für 50 Meter zu kalkulieren.

Um eine kleine Windkraftanlage wirtschaftlich betreiben zu können, sollte die Windgeschwindigkeit in Rotorhöhe mindestens vier Meter pro Sekunde im Jahresmittel betragen. Oft wird eine Wirtschaftlichkeit allerdings erst ab einer durchschnittlichen Windgeschwindigkeit von fünf Metern pro Sekunde erreicht.

DWD stellt Winddaten bereit

Der Deutsche Wetterdienst, kurz DWD, bietet Infodateien für alle, die sich über das Windpotenzial in Deutschland informieren möchten. Diese Karten zeigen die mittleren jährlichen Windgeschwindigkeiten in ganz Deutschland, in den einzelnen Bundesländern sowie für die Nord- und Ostsee. Die Daten für diese Karten basieren auf langjährigen Messungen an 218 Stationen.

Jüttemann empfiehlt: „Wer detaillierte Informationen für ganz Deutschland benötigt, sollte sich die Deutschlandkarte mit dem 200-Meter-Raster herunterladen, die eine hohe Auflösung und damit ­eine detaillierte Darstellung bietet.“ Für die Einschätzung des Windpotenzials am eigenen Standort sei die entsprechende Karte des ­Bundeslandes ausreichend.

Faustregel: Standort in einer gelben Fläche

Dabei gilt es, die Karte mit der richtigen Höhe von zehn Metern auszuwählen. Das Jahresmittel der Windgeschwindigkeit lässt sich leicht anhand der farbigen Legende auf der Karte ablesen. Ein Beispiel: So kann man an einem Ausschnitt der Zehn-Meter-Karte von Niedersachsen erkennen, dass die windstärksten Gegenden an der Küste liegen. Das Windpotenzial nimmt dann zum Landesinneren hin ab.

Als Faustregel gilt: Für die Errichtung einer kleinen Windkraftanlage ­sollte der Standort möglichst in einer gelben Fläche liegen, was einer Windgeschwindigkeit von vier Metern pro Sekunde entspricht. Noch besser sind rosa Flächen mit noch höheren Werten.

Globaler und digitaler Windatlas

Für die Planung einer Kleinwindkraftanlage bieten digitale Windatlanten eine benutzerfreundliche Alternative zu den PDF-Karten des DWD. Jüttemann rät daher zur Verwendung des Global Wind Atlas. Dieser digitale Windatlas ist das Ergebnis einer Partnerschaft zwischen der Abteilung für Windenergie der Technischen Universität Dänemark (DTU Wind Energy) und der Weltbankgruppe. Nutzer können mit nur wenigen Klicks die Windressourcen für einen Standort sowie viele weitere relevante Informationen abrufen – nicht nur für Deutschland, sondern für viele Länder weltweit. Es stehen verschiedene Höhen ab zehn bis 200 Meter bereit. Auch hier gilt: die passende Höhe einstellen, in der Regel zehn Meter.

Windradar: aktuelle Messwerte

Ein großer Vorteil des Global Wind Atlas: Es lässt sich auch die häufigste Windrichtung für eine Region ermitteln. Diese Information ist von entscheidender Bedeutung, da für die effiziente Nutzung eines Kleinwindrades die Hauptwindrichtung bekannt sein muss. Nur so wird sichergestellt, dass am konkreten Standort eine freie Anströmung des Windes stattfindet. Der Windatlas bietet zudem weitere Parameter an, die in statischen PDF-Karten nicht enthalten sind. Auch können Berechnungen durchgeführt werden, beispielsweise zur Windenergieerzeugung.

Aktuelle Daten zu Wetter und Windverhältnissen wie über einen Windradar sind nicht hilfreich für die Standorteinschätzung. „Sie sind nur eine Momentaufnahme und besagen nichts über den möglichen Energieertrag einer Anlage über das ganze Jahr betrachtet“, sagt Jüttemann. Man sollte sich in diesem Sinne auch nicht von einer „gefühlten Windstärke“ täuschen lassen. Ein häufiger Fehler sei, dass manche Menschen glauben, an ihrem Standort wäre immer viel Wind, weil es ab und zu stürmt. Der Blick in eine Windkarte ist da deutlich aussagekräftiger.

Wichtig für die Planung: Die Windstärke nimmt mit der Höhe des Generators zu.

Foto: Ryse Energy

Wichtig für die Planung: Die Windstärke nimmt mit der Höhe des Generators zu.
Der Standort braucht eine freie Anströmung aus der Hauptwindrichtung.

Foto: Ryse Energy

Der Standort braucht eine freie Anströmung aus der Hauptwindrichtung.

Aktueller Marktreport

Nur empfehlenswerte Kleinwindgeneratoren

Der Kleinwind-Marktreport geht in die achte Auflage. Das Standardwerk der Branche von Kleinwindexperte Patrick Jüttemann ist damit wieder auf dem allerneusten Stand. Vorgestellt werden jedoch nur empfehlenswerte Kleinwindanlagen. Das hat seinen guten Grund.

Das bleibende Problem: Die Marktlage bei kleinen Windanlagen ist durch eine große Anzahl von Anbietern mit großen Unterschieden bei der technischen Qualität gekennzeichnet. Doch nur eine hochwertige Windanlage wird dauerhaft und zuverlässig Strom erzeugen. Kleinwindkraftanlagen werden auf eigenem Betriebsgelände oder Grundstück installiert mit dem Ziel, den Windstrom möglichst selbst zu verbrauchen. Betreiber sind Gewerbebetriebe und stromintensive Unternehmen, aber auch private Hausbesitzer in windstarker Lage. Die Rolle der Kleinwindkraft bei der dezentralen Energieversorgung: Ergänzung der Photovoltaik im sonnenschwachen Herbst und Winter. Gleichzeitig sind Kleinwindanlagen die perfekten Stromerzeuger für Wärmepumpen. Anlässlich des zehnjährigen Jubiläums wurde der Marktreport nicht nur aktualisiert, sondern auch weiterentwickelt. Die Herstellerprofile sind jetzt übersichtlicher und umfassen mehr Fotos. Zusätzlich werden fünf Start-ups in einem Faktencheck unter die Lupe genommen.

Im aktuellen Marktreport 2023 werden 67 Windanlagen von 26 Herstellern vorgestellt. Die Leistung der Windräder reicht von zwölf Watt bis 250 Kilowatt. Also von der Mikrowindanlage fürs Segelschiff bis zur 50 Meter hohen Windanlage fürs Großgewerbe.

Foto: Patrick Jüttemann

Kurz Nachgefragt

„Die Umweltabgabe ist nicht mehr zeitgemäß“

Wie ist das vergangene Jahr für die Kleinwindbranche gelaufen?

Patrick Jüttemann: Das Jahr 2023 war für die Kleinwindbranche deutlich ruhiger als das Vorjahr. Die Energiekrise war größtenteils überwunden und die Energiepreise sind gesunken. Infolgedessen hat die Nachfrage nach Kleinwindkraftanlagen im Vergleich zu 2022 nachgelassen. Ich sehe dies als gesunde Entwicklung an, die den Markt stabilisiert. Positiv ist zudem, dass es eine Entspannung bei den Lieferketten gab. Auch im Bereich der Kleinwindanlagen gab es Probleme bei der Verfügbarkeit diverser Komponenten. Diese sind nun behoben, sodass die Hersteller wieder im normalen Rhythmus ausliefern.

Welche Hindernisse gibt es für Kleinwind?

Das größte Hindernis ist nach wie vor die Baugenehmigung. Das betrifft sowohl die lokalen Bauämter als auch die beteiligten Fachbehörden. Ein besonders schwieriger Aspekt ist, dass jedes Amt unterschiedliche Anforderungen an die Bauherren stellt. Das lässt den gesamten Prozess willkürlich erscheinen. Allerdings ist nach Aussagen einiger Hersteller bereits eine Besserung in Sicht, da die Mitarbeiter in manchen Behörden offener für Kleinwindkraftanlagen werden. Um die Entwicklung zu fördern, sollten insbesondere im Außenbereich, also in ländlichen Gebieten, kleine Windkraftanlagen bis zu einer Gesamthöhe von 20 Metern genehmigungsfrei sein. Diese Maßnahme würde den Ausbau der Kleinwindenergie vereinfachen und beschleunigen.

Auch Ausgleichszahlungen für den Naturschutz sind ein Problem.

Das stimmt. Es erscheint paradox, dass für den Bau eines klimafreundlichen Kraftwerks, bei dem lediglich ein kleines Fundament für die Windturbine gesetzt wird, eine Art Umweltabgabe gezahlt werden muss. Für größere gewerbliche Anlagen kann das eine vierstellige Summe sein. Diese Praxis ist meiner Meinung nach nicht mehr zeitgemäß und bedarf dringend einer Überarbeitung.

Gibt es Bundesländer, die es besser machen?

Ein gutes Beispiel ist Niedersachsen. In diesem Bundesland dürfen auf dem Land kleine Windkraftanlagen bis zu einer Höhe von 15 Metern ohne spezielle Genehmigung aufgestellt werden. Diese Regelung ist ein vorbildliches Modell für andere Flächenländer und zeigt, wie durch angepasste Vorschriften der Ausbau erneuerbarer Energien vereinfacht werden kann.

Lohnen kleinere Generatoren mit fünf Kilowatt Leistung überhaupt?

Wenn wir von netzgekoppelten Kleinwindkraftanlagen reden, dann müssen diese mit dem Strompreis konkurrieren können. Bei einer Anlage mit fünf Kilowatt Leistung muss der Wind schon stark blasen, damit günstig Strom produziert wird. Mit Blick zur Hauptwindrichtung West oder Südwest müsste man mindestens 200 Meter freie Sicht haben, zum Beispiel eine Weide. Kleine Windkraftanlagen sind generell eher etwas für Gewerbebetriebe, die einen höheren Stromverbrauch haben. Dort können Anlagen ab zehn Kilowatt Leistung eingesetzt werden – mit höheren Masten und größeren Rotoren. Mit solchen Anlagen ist es viel einfacher, wirtschaftlich Strom zu erzeugen. Aber auch hier muss man den Standort genau prüfen.

Worauf sollten Kaufinteressenten unbedingt achten?

Sie sollten nicht alle Werbeversprechen glauben. Das gilt vor allem für die Mikrowindanlage auf dem Dach mitten im Wohngebiet. Das ist in der Regel eine Fehlinvestition, weil dort die Energie des Windes viel zu schwach ist. Teilweise wird in diesem Segment mangelhafte Technik verkauft. Da müssen die Hausbesitzer aufpassen. Das Solarmodul auf dem Dach funktioniert wunderbar, die kleine Windkraftanlage in den allermeisten Fällen jedoch nicht, weil sie keinen oder viel zu wenig Strom produziert. Das hat mit Umweltschutz und Klimaschutz nichts zu tun. Was die Auswahl eines Herstellers angeht, empfehle ich: nach unabhängigen Referenzen schauen wie beispielsweise Erfahrungsberichten von Käufern.

Das Interview führte Niels H. Petersen.

Patrick Jüttemann
ist neutraler Experte für Kleinwindkraftanlagen und Autor diverser Fachpublikationen. Er ist Gründer und Inhaber des 2011 gestarteten Kleinwindkraft-Portals und des dazugehörigen Youtube-Kanals Kleinwindkraft.

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