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Ein Relais statt vier

In Wandladestationen für Elektroautos werden in der Regel Relais verbaut, die in Fehlerfällen als Trennschalter zum Hausnetz fungieren und Schäden – etwa Überhitzung der Wallbox oder durch DC-Fehlerstrom des Fahrzeugs verursachte Schäden – verhindern.

Aufgrund der in Europa üblichen Drehstromanschlüsse sind die Relais pro Ladestation für das Öffnen und Schließen von vier Polen verantwortlich, weshalb bislang entweder vier einpolige oder zwei zweipolige Modelle verbaut wurden.

Dies birgt jedoch ein Risiko: Befinden sich die Relais in unterschiedlichen Schaltzuständen, kann es bei Arbeiten an der Ladestation zu lebensgefährlichen Unfällen kommen. Um diese Gefahr zu minimieren, hat die Firma Gruner – in Übereinstimmung mit den Anforderungen der IEC 62955 – ein vierpoliges Relais mit mechanischer Kopplung entwickelt.

Wallboxen mit 22 Kilowatt

Viele Fahrer sind darauf angewiesen, ihr Auto zu Hause aufzuladen. Im besten Fall geschieht dies über eine spezielle Wallbox: Sie ermöglicht das schnelle, sichere und komfortable Aufladen von Elektro- und Plug-in-Hybrid-Fahrzeugen. Dank einer Leistung von bis zu 22 Kilowatt laden diese Wallboxen bis zu zehn Mal zügiger als Haushaltssteckdosen, die für eine derartige Dauerbelastung ohnehin nicht ausgelegt sind.

Um die Sicherheit der Wandladestationen zu gewährleisten, muss ein Relais verbaut werden, das als netzseitiger Trennschalter fungiert. Es sorgt dafür, dass sich die Wallbox im sicheren Zustand – spannungsfrei bei geöffnetem Relais – befindet, solange kein Fahrzeug aktiv aufgeladen wird.

Das neue, vierpolige Relais 800 der Gruner AG.

Bild: Gruner

Das neue, vierpolige Relais 800 der Gruner AG.

Entwicklung gemäß IEC 62955

Das für diesen Zweck verwendete Relais muss eine Reihe grundlegender Anforderungen erfüllen – beispielsweise aus der neuen Norm IEC 62955 von 2018, die unter anderem eine mechanische Kopplung aller Pole, einen Rückmeldekontakt sowie eine hohe Kurzschlussfestigkeit empfiehlt. Bei den ersten Wallboxen gab es noch keine spezifischen Vorgaben, wodurch viele Bastellösungen auf den Markt kamen. Die neue Regelung hat der Entwicklung einen enormen Schub gegeben, da sich Hersteller von Wallboxen und deren Lieferanten nun nach ihren Vorgaben richten können.

Webasto als Pilotkunde

Die Gruner AG konnte beispielsweise ableiten, welche Anforderungen in Zukunft für Relais in Wallboxen verpflichtend sein würden. Davon ausgehend entschied sich das Unternehmen, ein neues Relaismodell zu entwickeln. Es wurde dem Pilotkunden, Webasto in Gilching/Stockdorf, und weiteren Kunden vorgestellt.

Ergebnis war das Relais 800, das direkt auf eine Leiterplatte montiert und gelötet werden kann. Auch für das 800 gilt, dass es im unbestromten Zustand geöffnet ist. Sobald ein Fahrzeug zum Laden angeschlossen wird, kommuniziert das Auto mit der Wallbox und meldet, dass es zum Laden bereit ist.

Anschließend wird der Steuerkreis des Relais angesteuert und bestromt, wodurch sich der Lastkreis des Relais schließt und der Stromfluss ins Fahrzeug ermöglicht wird. So kann das Relais als galvanischer Trennschalter zum Hausnetz agieren und beispielsweise Personenschäden aufgrund eines DC-Fehlerfalls des Fahrzeugs oder einen Brandfall verhindern, der durch Überhitzen der Wallbox entstehen könnte.

Mechanische Kopplung aller Pole

Das Relais 800 ist als mono- sowie bistabile Variante verfügbar. Für den europäischen Markt wurde es vierpolig konzipiert, für China und Nordamerika ist jedoch auch eine zweipolige Variante – das Relais 801 – erhältlich. Eine wesentliche Besonderheit beider Neuentwicklungen besteht darin, dass alle Pole mechanisch gekoppelt sind.

Dieses Feature besitzt bisher noch kein vierpoliges Relais auf dem Markt, wird von der IEC 62955 aus Sicherheitsgründen aber zwingend gefordert. Durch die mechanische Kopplung haben beim 800 alle vier Pole immer denselben Zustand. Somit sind alle Pole entweder geschlossen oder geöffnet und der Rückmeldekontakt detektiert die Schaltstellung. Bei zwei oder vier einzelnen Relais besteht dagegen die Gefahr, dass die Relais sich in unterschiedlichen Schaltzuständen befinden.

Besserer Schutz für Installateure

Dies kann beispielsweise dann vorkommen, wenn über die Relais Kurzschlussströme fließen und durch die hohe Erwärmung und anschließende Abkühlung verschweißen. Geht in diesem Fall ein Techniker auf Basis einer Spannungsmessung an einer der Phasen davon aus, dass alle Phasen offen – also spannungsfrei geschaltet – sind, kann es bei Arbeiten an der Wallbox zu lebensgefährlichen Unfällen kommen.

Die mechanische Kopplung der Pole ist jedoch nicht nur sicherheitsrelevant, sondern hat auch den Vorteil, dass Relais eingespart werden können, da das 800 vier einpolige sowie zwei zweipolige Relais ersetzt. Zudem wird nur eine Ansteuerung benötigt, sodass sich nicht nur die Anzahl der Bauteile reduziert, sondern auch die Verlustleistung und die Erwärmung an der Spule.

Einfaches Handling

Insgesamt vereinfacht sich das Handling und der Energieverbrauch nimmt ab, wodurch sich die Kosten deutlich senken lassen. Darüber hinaus verfügt das 800 über eine Kurzschlussfestigkeit beim Einschalten und Führen von mindestens drei Kiloampere – was ebenfalls zur Sicherheit im Fehlerfall beiträgt – und über einen integrierten Rückmeldekontakt, der die Nutzung einer Schaltstellungserkennung erlaubt.

Hinzu kommen Kontaktabstände von mehr als drei Millimetern (normativ gefordert) und niedrige Kontaktkreiswiderstände, durch die die Verlustleistung über jeden Pol reduziert und die Wärmeentwicklung weiter verringert wird. Wesentlich ist auch die kompakte Bauform des Relais.

Das Relais ist mit Abmessungen von 98,5 mal 32,5 mal 29,5 Millimeter relativ schmal und flach, benötigt somit kaum Bauraum und lässt sich einfach in die Leiterplatte integrieren. Das 800 ist ebenso wie das 801 für die Lademodi Mode 3 und Mode 2 geeignet und somit auch für ICCB-Module interessant. Zudem werden beide Varianten eine VDE-Zulassung erhalten.

Individuelle Anpassungen

Wie bei allen anderen Relais im Portfolio bietet Gruner seinen Kunden auch beim 800 die Option, das Modell individuell anzupassen. So gibt es Wahlmöglichkeiten, für die keinerlei Zusatzkosten entstehen – etwa bei der Auslegung des Antriebs (mono- oder bistabil) oder des Rückmeldekontaktes (parallel oder invers). Auch eine Variante, bei der der Neutralleiter voreilend geöffnet oder nacheilend geschlossen werden kann, ist realisierbar.

Gruner AG

Weltweit agierender Spezialist für Relais

Das Unternehmen aus Wehingen wurde 1953 von Wolfgang Gruner gegründet und hat sich inzwischen zum Weltmarktführer bei gepolt bistabilen Schaltrelais von 8 bis 200 Ampere entwickelt. Das Produktprogramm des Unternehmens umfasst daneben kundenspezifische Magnete für die Sektoren Automotive, HLK, Mechatronik, IT sowie Stellantriebe für das Building Management.

Autor

Patrick Spreitzer
ist Vorstand bei der Gruner AG.

Bild: Dominik Obertreis/www.obertreis.de

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