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„Giro-E statt EMP“

Trifft es zu, dass das Umsatzsteuerrecht Auswirkungen auf den Betrieb von Ladestationen haben kann?

Seit letztem Jahr wird über offene umsatzsteuerrechtliche Fragen bei der Abrechnung von Ladestrom im Roamingbereich gesprochen, die dringend gelöst werden müssen. Für Betreiber von Ladestationen für Elektrofahrzeuge kann die Problematik von besonderer Bedeutung sein. Seit wir das Problem Ende 2018 entdeckt haben, versuchen wir, eine Lösung herbeizuführen.

Worin genau liegt das Problem?

Erst einmal muss man wissen, wie die Abrechnung von Ladestrom funktioniert. Aktuell wird diese im öffentlichen Bereich praktisch ausschließlich über das sogenannte Roamingsystem abgewickelt. Hier gibt es zwei Rollen. In der Regel ist der Eigentümer einer Ladestation auch der Betreiber (Charge Point Operator). Das kann zum Beispiel ein Hotel, Supermarkt oder ein Unternehmen sein. Der Strom wird an den E-Auto-Fahrer geliefert und verkauft. Die zweite Rolle nimmt der Elektromobilitätsprovider (EMP) ein. Er gibt Ladekarten an seine Kunden aus und ermöglicht ihnen, bestimmte Ladestationen aus seinem Ladenetzwerk zu nutzen. Über das Roaming sind dann sehr viele Ladenetze miteinander verbunden, leider nicht alle.

Welche Teile des Geldflusses übernimmt der Elektromobilitätsprovider?

Der EMP, mit dessen Karte geladen werden kann, übernimmt die Abrechnung. An dieser Stelle tritt das umsatzsteuerrechtliche Problem auf. Der EMP rechnet sowohl den Ladestrom des Betreibers als auch seine eigenen Leistungen ab. Das sind vor allem der Zugang zur Ladesäule über die Ladekarte und die Abrechnung. Auf der Rechnung weist er auf den Gesamtbetrag die Mehrwertsteuer aus, also auch für den Ladestrom. Dann führt er die vollständige Umsatzsteuer an den Fiskus ab. Den sich aus dem vom Betreiber festgesetzten Strompreis berechnenden Nettobetrag für den Strom zahlt er an diesen aus, also nicht auch die vereinnahmte Mehrwertsteuer. Diesen Betrag hat er ja als Umsatzsteuer abgeführt.

Klingt zunächst korrekt. Wo liegt der Haken?

Das deutsche Umsatzsteuerrecht besagt, dass die Umsätze aus Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt, der Umsatzsteuer unterliegen. Der EMP verkauft aber nicht den Strom. In den mir bekannten Verträgen der EMP ist jedenfalls nicht vorgesehen, dass sie vom Betreiber einer Ladesäule Strom beziehen und weiterverkaufen. Die EMP stehen mit den lediglich über Roaming vernetzten Betreibern auch in keinem vertraglichen
Kontakt.

Ist das nicht egal? Der EMP hat die Umsatzsteuer schließlich ans Finanzamt abgeführt ...

Nach den umsatzsteuerrechtlichen Grundsätzen darf der EMP den Strom, den ein Dritter, also hier der Betreiber, veräußert, nicht mit Mehrwertsteuer ausweisen. Macht er es dennoch, hat er für diese in der Rechnung ausgewiesene Leistung die Umsatzsteuer abzuführen. Dadurch wird aber die Stromlieferung des Betreibers nicht zu einer Stromlieferung des EMP. Er führt Umsatzsteuer für eine Leistung ab, die er gar nicht selbst erbracht hat. Der Betreiber, der den Strom geliefert hat, wird von der Verpflichtung zur Zahlung von Umsatzsteuer dadurch nicht befreit. Das kann für den Betreiber bedeuten, dass er 19 oder 16 Prozent Umsatzsteuer abführen muss, obwohl er nur den Nettobetrag für den Strom erhalten hat. Das kann sehr teuer werden.

Gibt es eine Lösung?

Die EMP müssten aus meiner Sicht bei der Rechnungslegung gegenüber dem E-Fahrzeug-Fahrer ihre eigene Leistung und den Ladestrom gesondert abrechnen. Die Eigenleistung können sie mit Mehrwertsteuer ausweisen und diese Umsatzsteuer abführen. Den Betrag für Strom müssen sie brutto in der Rechnung benennen und den Bruttobetrag auch an den Betreiber abführen.

Aber?

Das Problem ist aktuell wenig bekannt. Außerdem müssten die EMP ihre Kosten aufdecken. Damit wäre aber womöglich ihr Geschäftsmodell in Gefahr, denn E-Fahrzeug-Fahrer würden sich sicher nach einem günstigeren Anbieter umsehen, wenn sie feststellen, dass sie teilweise Aufschläge von bis zu 60 Prozent auf den Strompreis berechnet bekommen. Das hatten wir in der Vergangenheit feststellen müssen. Schon bei nur 25 Prozent würden Sie für 20 Euro Strom laden und zusätzlich fünf Euro an Abrechnungsleistung zahlen. Wir gehen davon aus, dass das auf Dauer von den Kunden nicht akzeptiert wird. Damit ist die Zeit der EMP endlich. Zudem können vom Kunden derartige Preise dem Betreiber, zum Beispiel dem Hotel oder dem Supermarkt, angelastet werden, obwohl diese nichts dafür können.

Was raten Sie dann Ihren Kunden?

Zunächst klären wir unsere Kunden, also die Unternehmen, die von uns Ladeinfrastruktur erwerben und errichten lassen und für die wir auch den technischen und kaufmännischen Betrieb übernehmen, über die Risiken auf. Außerdem bieten wir bereits seit 2018 Ladesysteme mit Giro-E an, bei denen der Kunde mit seiner kontaktlosen Girokarte laden kann und keinen EMP, also kein Roaming, benötigt.

Giro-E steht für die gängige EC-Karte. Brauche ich dann keine spezielle Zugangskarte mehr?

Wir sind davon überzeugt, dass sich dieses System durchsetzen wird, denn schon heute gibt es bereits mehr als 50 Millionen dieser Karten in Deutschland. Fast jeder hat heute eine und diejenigen, die noch keine haben, werden sie spätestens mit dem nächsten Kartentausch erhalten. Die kontaktlose Girokarte, umgangssprachlich EC-Karte genannt, wird für jeden Karteninhaber zur Ladekarte.

Wie hoch sind die Kosten für den Fahrer des E-Autos?

Der Kunde zahlt für einen Ladevorgang zusätzlich zu der Menge des Stroms, den er ins Auto lädt, nur einen kleinen Betrag, derzeit rund 35 Cent. Dieser Betrag ist fix und unabhängig von der geladenen Strommenge. Der größte Teil geht an die Bank für deren Leistungen inklusive der Übernahme des Ausfallrisikos. Wir erhalten für unsere Leistungen nur wenige Cent.

Kann man an jeder Ladestation mit Bankkarte zahlen?

Noch gibt es nur zwei Hersteller, die das mit ihren Produkten ermöglichen. Bei einem von beiden ist auch das Bezahlen mit Kreditkarte möglich. Derartige Geräte liegen allerdings im oberen Preissegment. Wir arbeiten daran, dass weitere Hersteller die Direktbezahlung ohne den teuren Umweg über einen EMP ermöglichen. Vermutlich werden wir in absehbarer Zeit von zwei weiteren Herstellern AC-Ladesysteme, also Normalladen bis 22 Kilowatt, mit Direct Payment anbieten können. Für DC-Laden bekommen wir diese Lösung von einem Hersteller eventuell bereits zum Ende des Jahres.

Wie funktioniert die Abrechnung?

Bei Giro-E werden die Preise im Display an der Ladesäule angezeigt. Die Kosten für den Ladevorgang werden im Lastschriftverfahren nach zirka zwei Werktagen vom Konto abgebucht. Der Kunde erhält in den Kontoumsätzen einen Weblink, mit dem eine detaillierte Abrechnung online abgerufen werden kann. Außerdem besteht die Möglichkeit, nach einer Registrierung alle vorherigen Ladevorgänge einzusehen und Rechnungen zu erzeugen.

Benötigt der Betreiber also ein weiteres Bankkonto?

Nein, denn die Abrechnung erledigen wir für ihn. Der Betreiber bekommt monatlich eine Gesamtabrechnung und er erhält den Kaufpreis für den Ladestrom brutto ausgezahlt. Einen weiteren Vorteil hat Giro-E also in jedem Fall: Der Ladeprozess wird für die Fahrer der E-Autos deutlich einfacher. Statt einer Vielzahl von Ladekarten und unübersichtlichen Tarifen gibt es nur noch eine Karte für alles. Das wäre für die Elektromobilität ein wirklich großer und wichtiger Schritt.

Das Gespräch führte Sascha Brandenburg.

Bild: EVBox

Im Interview

Dr. Andreas Zumschlinge

ist einer der beiden Geschäftsführer der Parkstrom GmbH aus Berlin, die seit 2012 als herstellerunabhängiger Verkäufer und Betriebsdienstleister von Ladesystemen deutschlandweit tätig ist.

Bild: Torsten George/Parkstrom

Valentin Software

PV Sol: Planungssoftware für Elektroautos erweitert

Die Firma Valentin Software aus Berlin hat ihre Software zur Auslegung von Photovoltaikanlagen überarbeitet und um neue Features erweitert. Mit der Planungssoftware PV Sol und einer weiteren Premiumversion werden auch Elektroautos bei der Berechnung des Eigenverbrauchsanteils einer Solaranlage berücksichtigt. Zur Nachbildung der Verbraucher gehört nun auch die detaillierte Eingabe von E-Fahrzeugen, die in mehrere Gruppen aufgeteilt werden können. Für jede Gruppe werden dabei der Fahrzeugtyp, die Anzahl und die zu erwartenden Fahrkilometer festgelegt. Die Zeiten an der Ladestation werden für jede Gruppe an den sieben Wochentagen unterschiedlich eingestellt. So bildet PV Sol ganze Fahrzeugflotten ab. Das Programm berechnet, wie viel solare Energie zur Ladung des Autos bereitsteht. Zusätzlich ermittelt die Software die Kosten pro 100 Kilometer mit und ohne Nutzung der Photovoltaik.

Bild: Valentin Software

Emobilitaet Business

Virtueller Assistent findet Ladepunkte

Immer mehr Menschen fahren elektrisch. Zum 1. Januar 2020 waren in Deutschland laut Kraftfahrt-Bundesamt 136.617 rein batteriebetriebene E-Pkw zugelassen, ein Plus von 64,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Hinzu kamen 102.175 Plug-in-Hybride, ein Plus von 52,5 Prozent. Infolge der in diesem Jahr erhöhten Kaufprämie für Elektroautos (Umweltbonus) sowie der steigenden Anzahl neuer E-Modelle wird der Trend sich weiter verstärken.

Diesen und allen kommenden E-Autos ist eines gemein: Sie benötigen eine adäquate Ladeinfrastruktur. Nicht nur eine öffentliche, sondern auch eine private oder im Unternehmen, denn rund 80 Prozent der Ladevorgänge finden zu Hause oder am Arbeitsplatz statt. Angesichts der zahlreichen neuen Hersteller und Produkte fällt es vielen Menschen schwer, die geeignete Ladelösung auszuwählen und zu installieren. Einen Ausweg will die Plattform „Emobilitaet Business“ bieten: Das auf Elektromobilität spezialisierte Onlineportal hat einen virtuellen Assistenten entwickelt, der bei der Auswahl der geeigneten Ladelösung hilft.

Der virtuelle Assistent leitet Interessierte in wenigen Schritten durch alle relevanten Punkte der Ladeinfrastruktur. Nach der Beantwortung einfacher Fragen ermittelt der Algorithmus bis zu drei qualifizierte Anbieter, die den Anforderungen entsprechen. Den Nutzern des Portals werden die Angebote nach kurzer Zeit unverbindlich und kostenfrei per E-Mail zugesandt. Das Onlinetool ermöglicht auch die gezielte Suche nach Beratern oder Installateuren. Der virtuelle Assistent kann für Installateure, Planer und Architekten ein interessantes Instrument bei der Planung darstellen sowie eine einfache Möglichkeit, den Service für die eigenen Kunden zu erweitern.

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