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Nachweis von Schäden

Fehler bergen Risiken

Die Photovoltaik ist den Kinderschuhen entwachsen. Und doch treten immer wieder Probleme auf, die dem Anlagenbetreiber große Sorgen bereiten und bei denen er oft mit rechtlichen und tatsächlichen Hürden konfrontiert ist. So passiert es, dass ein Anlagenbetreiber nach Installation der Anlage Kenntnis davon erhält, dass die Solarmodule Unregelmäßigkeiten aufweisen, die sich zwar noch nicht aktuell, möglicherweise aber zukünftig auf die Funktionsfähigkeit auswirken können.

Ein Beispiel sind Mikrorisse in den Solarmodulen. Das Problem ist, dass sich möglicherweise erst nach vielen Jahren zeigt, ob sich das Risiko der Mikrorisse tatsächlich in einem niedrigeren Ertrag der Anlage auswirkt. Dann allerdings kann es zu spät sein, weil die Gewährleistungsfrist für die Anlage bereits abgelaufen ist.

Fehler nicht unterschätzen

Aus Sicht des Anlagenbetreibers ist es daher sehr unbefriedigend, wenn er von seinem Vertragspartner darauf verwiesen wird, dass die Mikrorisse sich noch nicht negativ auf den Ertrag auswirken.

Dreh- und Angelpunkt der rechtlichen Bewertung ist die Frage, ob die Photovoltaikanlage einen Fehler aufweist. Ist ein solcher Fehler vorhanden, kann der Anlagenbetreiber seine Beseitigung verlangen und wenn diese unterbleibt, sogar Schadensersatz.

Risiko eines Schadens

Die Rechtsprechung hat in verschiedenen Urteilen anerkannt, dass ein Fehler schon dann vorliegt, wenn die Sache im Moment der Übergabe ein erhöhtes Risiko aufweist, dass zu einem späteren Zeitpunkt ein Schaden eintritt. So hat zum Beispiel das OLG Frankfurt festgestellt, dass Betonteile fehlerhaft sind, wenn sich in ihnen Mischkristalle bilden. Sie können – möglicherweise erst nach Jahren – einen Balkon zersetzen (OLG Frankfurt vom 15. September 2017, Aktenzeichen 25 U 87/16).

Überträgt man diese Wertung auf das Beispiel mit den Mikrorissen der Module, kommt es darauf an, ob hiermit tatsächlich das Risiko verbunden ist, dass die Lebensdauer oder zukünftige Leistung der Module absinkt.

Nachweis für jedes einzelne Modul?

Dies ist allerdings nicht die einzige Klippe, die Anlagenbetreiber umschiffen müssen. Gerade bei Moduldefekten wird von ihnen immer wieder verlangt, für jedes einzelne Modul den Nachweis zu erbringen, dass es einen Fehler hat.

Hat die Anlage zum Beispiel einen Minderertrag von 20 Prozent und hat der Anlagenbetreiber Module stichprobenhaft untersuchen lassen, so wird ihm mitunter vorgehalten, das reiche nicht aus. Denn eine Stichprobenkontrolle liefere keinen Beweis, dass die gesamte Anlage mit allen Modulen fehlerhaft sei.

Elf aus 335 reichen aus

Auch Gerichte oder gerichtlich bestellte Sachverständige stellen mitunter die Option in den Raum, dass jedes einzelne Modul demontiert, gemessen und wieder neu montiert werden muss. Ist hierzu die Einsendung an ein Prüfinstitut notwendig, übersteigen die Kosten der Mangeluntersuchung, die in einem Prozess der Anlagenbetreiber vorzuschießen hat, manchmal sogar den Wert der gesamten Anlage.

Gerichte haben zwar grundsätzlich einen Ermessensspielraum, welche Anforderungen sie an die Beweisführung stellen. Allerdings ist es in solchen Fällen hilfreich, darauf hinzuweisen: Selbst der Bundesgerichtshof hat anerkannt, dass eine stichprobenartige Untersuchung einzelner Module ausreicht, um einen Fehler aller Module in einer Photovoltaikanlage sicher zu belegen.

In ihrem Urteil vom 2. Juni 2016 (Aktenzeichen VII ZR 348/13) stellten die obersten Richter fest, dass es nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoße, wenn aus der Untersuchung von elf aus 335 Modulen auf eine Fehlerhaftigkeit aller Module geschlossen wird. Soll heißen: Die Stichprobe reichte aus.

Gewährleistungsfrist beachten

Was kann also der Anlagenbetreiber tun, wenn er nach Übergabe der Anlage einen Mangel feststellt? Wichtig ist in jedem Fall, die Gewährleistungszeit im Auge zu behalten. Im genannten Urteil vom 2. Juni 2016 geht der BGH von einem fünfjährigen Verjährungszeitraum aus. Allerdings kann dies nicht auf alle Photovoltaikprojekte übertragen werden. Denkbar sind – je nach Vertragsgestaltung – auch kürzere Fristen.

Lässt sich die Gegenseite nicht auf Verhandlungen ein, dann hemmt eine Mitteilung des Fehlers alleine noch nicht die Verjährung. Hierzu sind gerichtliche Maßnahmen erforderlich. Neben der Klage kommt insbesondere ein selbstständiges Beweisverfahren infrage, bei dem das Gericht nicht in der Sache entscheidet, sondern nur einen Sachverständigen einsetzt.

Konflikte einvernehmlich lösen

Die beste Lösung ist jedoch fast immer, wenn beide Parteien es schaffen, ohne Einschaltung eines Gerichts die Angelegenheit einvernehmlich zu regeln. Dies spart nicht nur Kosten, Zeit und Arbeit, sondern ermöglicht in der Regel auch weiterhin eine Zusammenarbeit mit dem Ziel, den bestmöglichen Ertrag zu sichern.

Der Autor
Dr. Thomas Binder
ist Rechtsanwalt. Seine Kanzlei in Freiburg im Breisgau ist auf das EEG und Solarenergie spezialisiert. Seit 2004 berät er seine Klienten deutschlandweit zu allen Rechtsfragen rund um die Photovoltaik. Er kennt die technischen und betriebswirtschaftlichen Hintergründe einer Solarinvestition ebenso wie die Geschäftspraxis zwischen Netzbetreibern, Anlagenbetreibern und Photovoltaikfachfirmen.

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