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Eine Megawattstunde pro Tag

Seit Anfang April arbeitet die Gigafabrik von Tesvolt. Auf rund 12.000 Quadratmetern entstehen in Wittenberg gewerbliche Speichersysteme in verschiedenen Größenklassen. Mit der neuen Fertigungslinie werden pro Tag Stromspeicher für Gewerbe und Industrie mit einer Gesamtkapazität von bis zu einer Megawattstunde produziert. Im Jahr liegt die Produktionskapazität bei 255 Megawattstunden. Die Speicherkapazität der Systeme reicht von 9,6 Kilowattstunden bis in den Megawattbereich.

Alles verlief planmäßig, trotz Covid-19. „Auch in Anbetracht von Corona kam die neue Anlage zum richtigen Zeitpunkt, dadurch konnten wir unsere Quarantänemaßnahmen mit gleichem Personal einhalten – bei gleichzeitig erhöhter Fertigungsleistung“, erläutert Daniel Hannemann, einer der beiden Gründer und Geschäftsführer von Tesvolt. Es gibt sogar noch Luft: Die Fertigungsleistung könnte noch um 40 Prozent im Vergleich zu den Vormonaten erhöht werden.

Mitarbeiter vor Virus schützen

Im Produktionsprozess kann Tesvolt seine Lithiumspeicher sehr flexibel und effizient in Serie fertigen. Die Produktion läuft unter strengen Sicherheitsvorkehrungen, um die Mitarbeiter vor dem Virus zu schützen. Das Werk ist so ausgelegt, dass die Produktionskapazität auf ein Gigawatt erweitert werden kann. Da sich das Auftragsvolumen im Vergleich zum Vorjahresquartal beinahe verdreifacht hat, muss Tesvolt es schon jetzt mit auf dem Schirm haben, die Produktionskapazität sukzessive zu erweitern.

Die Batteriemodule werden vollständig be- und entladen und auf Unregelmäßigkeiten geprüft.

Foto: Tesvolt

Die Batteriemodule werden vollständig be- und entladen und auf Unregelmäßigkeiten geprüft.
Die Tesvolt-Gigafactory für Batteriespeicher in Wittenberg.

Foto: Tesvolt

Die Tesvolt-Gigafactory für Batteriespeicher in Wittenberg.

Digitalisiert in der Wolke

Eine wichtige Innovation der neuen Fertigung: Jedes Batteriemodul wird vollständig be- und entladen und auf Unregelmäßigkeiten bezüglich Temperatur, Spannung und Innenwiderständen geprüft. Das alles passiert bereits teilautomatisiert. Für die von den Kunden erwartete Qualität sorgt eine automatisierte Prüfung am Ende der Fertigung. Alle Batteriezellen werden so noch einmal geprüft – und die weniger leistungsstarken Batteriemodule gehen noch einmal zurück.

Noch wird die Fabrik im Ein-Schicht-Betrieb gefahren. Die Produktion selbst wurde allerdings vom Büro entkoppelt, um eine Infektion zu vermeiden. Die Teams aus IT, Planung, Service und vom Innendienst arbeiten derzeit flexibel aus dem Homeoffice. Das kam nicht von ungefähr: „Tesvolt war vor der Krise bereits umfangreich digitalisiert“, erklärt Informatiker Hannemann.

Jedes Modul genau testen

Alle Systeme seien cloudbasiert, sodass alle Kollegen von zu Hause arbeiten könnten. „Die Fertigung wurde natürlich isoliert, fertigt aber bis heute unterbrechungsfrei“, frohlockt der Tesvolt-Chef.

Corona-bedingte Lieferverzögerungen gab es bis heute nicht. „Wir beziehen unsere Lithiumzellen ausschließlich von Samsung SDI.“ Die Süd­koreaner hatten bereits mit dem Ausbruch im eigenen Land schnell auf die Situation reagiert und auch die eigenen Lieferketten abgesichert.

„Unsere Prüfungen und Dokumentationen führen wir sogar bis auf Zellebene durch, dadurch können wir jede ausgelieferte Batteriezelle jederzeit bis zur Herstellung bei Samsung zurückverfolgen“, verrät Hannemann. So kann die von den Kunden erwartete Qualität sichergestellt werden. Wie für Europas größten Ladepark für Elektrofahrzeuge am Autobahnkreuz Hilden zwischen A3 und A46 in Nordrhein-Westfalen. Hier stehen künftig 114 Ladeplätze verschiedener Betreiber bereit.

Rund 235.000 Fahrzeuge passieren täglich das Autobahnkreuz. Der nötige Strompuffer für zwei Megawattstunden Energie kommt aus dem Hause Tesvolt. An 62 Schnellladeplätzen der Marken Tesla und Fastned können Elektrofahrzeuge ihren Akku mit einer Ladeleistung von bis zu 350 Kilowatt aufladen.

Alle Plätze im Ladepark Seed & Greet werden komplett mit grünem Strom versorgt, den unter anderem eine Photovoltaikanlage auf den Carports des Ladeparks liefert.

Schallschutzkabinen bieten Rückzugsräume ­innerhalb der Produktionshalle.

Foto: Tesvolt

Schallschutzkabinen bieten Rückzugsräume ­innerhalb der Produktionshalle.

Strom tanken am Autobahnkreuz

Dazu kommen weitere acht öffentliche Ladeplätze mit einer Ladeleistung von bis zu 22 Kilowatt und 44 Ladeplätze für Mitarbeiter und Mieter, die der Bio-Bäcker Roland Schüren selbst betreibt. Der Unternehmer hat bereits vor zwölf Jahren seine Backstube am Standort Hilden auf ein ausgeklügeltes, ganzheitliches Energiekonzept umgestellt. Mit Erdgas- und Elektroautos beliefert er 20 Filialen mit seinen Bio-Backwaren und beschäftigt insgesamt 260 Mitarbeiter.

Die Batteriespeicher des Wittenberger Herstellers Tesvolt werden einerseits Strom aus der über 700 Kilowatt großen Photovoltaikanlage und zwei kleinen Windkraftanlagen zwischenspeichern, um teure Lastspitzen zu kappen. Sie sollen aber auch grünen Strom aus dem Netz speichern, wenn er besonders günstig ist, und das Stromnetz entlasten, wenn mehr Strom im Netz ist, als abgenommen wird.

Viel Leistung auf wenig Raum

Gregor Hinz ist Energieberater, und er hat das Projekt technisch geplant. Er geht davon aus, dass sich die beiden Speicher bereits nach wenigen Jahren amortisiert haben werden. Im Rahmen des Förderprogramms Progres-NRW wird das Land Nordrhein-Westfalen zudem einen Teil der Investitionskosten übernehmen. Hersteller Tesvolt habe sich am Ende mit seinem Angebot durchgesetzt, weil der Speichercontainer TPS flex sehr viel Leistung auf verhältnismäßig kleinem Raum biete und Tesvolt als einer der wenigen Anbieter auf dem Markt die technischen Anforderungen erfülle, begründet Berater Hinz die Entscheidung.

„Sogenannte Multi-Use-Anwendungen für Speichersysteme, die mehrere Business-Cases in einem System verbinden, erhöhen insgesamt die Einnahmen“, weiß auch Daniel Hannemann. Das macht einen Speicher für immer mehr Standorte wie beim Bio-Bäcker am Autobahnkreuz attraktiv.

Erst planen, dann optimieren

Eine Lösung muss aber immer passend auf die Firma und den Standort zugeschnitten sein, das erfordert Planung. Allein in Deutschland gibt es mehr als 500.000 stromintensive Unternehmen, die Interesse an einem Batteriespeicher zur Optimierung ihrer Netzentgelte haben, schreiben die Marktforscher von EuPD Research.

Millionen Firmen warten

Für weitere gut zwei Millionen Betriebe kommen Batteriespeicher für zusätzliche Einsatzbereiche wie Eigenverbrauchsoptimierung oder eine Notstromversorgung in Betracht. Das Fazit: Die Gigafabrik wird wohl in Zukunft gut ausgelastet sein, auch wenn das Coronavirus derzeit noch einige Projekte verzögert.•

Foto: Bluesky Energy

Bluesky Energy

Zellfabrik für Salzwasserbatterie

Der österreichische Hersteller von Salzwasserbatterien Bluesky Energy will die Zellen für sein Batteriesystem ab 2021 in Oberösterreich oder Bayern fertigen. Die Standortentscheidung soll spätestens im Juni 2020 fallen, teilt das Unternehmen mit. Der Aufbau der Produktion sei ab Herbst 2020 geplant. Bislang wurden die Stacks für die Heim- und Gewerbespeicher des Unternehmens in China gefertigt und in Oberösterreich zu Speichern verbaut. Wegen der großen Nachfrage reichen die aktuellen Kapazitäten von 3.000 Batteriestacks pro Jahr jedoch nicht mehr aus.

Durch die neue Produktionsstätte verzehnfacht Bluesky nun die Kapazität auf 30.000 Stück pro Jahr. Damit ließen sich 7.500 Stromspeicher für private Haushalte fertigen. „Mit der neuen Fertigung reagieren wir auf die steigende Nachfrage nach unseren umweltfreundlichen Salzwasserspeichern“, erklärt Bluesky-Geschäftsführer Thomas Krausse.

Die Transportzeiten verkürzen sich durch die Verlegung von durchschnittlich acht Wochen auf eine Woche und Lieferengpässe werden verringert. „Die Corona-Pandemie hat uns darin bestärkt, die Zellen regional zu fertigen“, betont Krausse. Die Kosten für die Speicherung von Solarstrom werden dank der Skaleneffekte in naher Zukunft auf unter 0,1 Euro pro Kilowattstunde gesenkt. „Wir haben das Ziel, auf weniger als 0,05 Euro pro Kilowattstunde zu kommen“, hofft Krausse.

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