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„Gestärkt aus der Krise“

Wie stellt sich die Coronakrise bei der Sonnenstromfabrik von CS Wismar dar?

Bernhard Weilharter: Wir haben ein hohes Auftragsvolumen und wir konnten den Betrieb bislang voll aufrechterhalten. Das stellt das tägliche Management natürlich vor besondere Herausforderungen, wir mussten die Prozesse im Werk anpassen. So erlauben wir derzeit keine Besuche von Außenstehenden im Werk. Mecklenburg-Vorpommern hat seine Landesgrenzen ohnehin für Reisende aus anderen Bundesländern gesperrt. Und wir haben besondere Hygienevorschriften eingeführt, insbesondere in den Pausenzeiten. Damit sind wir bislang gut durchgekommen.

Welche Risiken müssen Sie bewältigen?

Es gibt zum Glück wenig Unsicherheiten bei den Kunden, wie die Auftragslage beweist. Nur der französische Markt liegt derzeit am Boden, dort ist wirklich Shutdown. Andere Märkte laufen hingegen sehr gut. Österreich hat nach Ostern beispielsweise begonnen, seine Auflagen zu lockern. Unsicher ist eher die Zulieferseite. Unsere Lieferanten in Spanien und Italien sind durch die dortigen Verfügungen zum Stillstand verurteilt, deshalb müssen wir zeitweise auf andere Zulieferer ausweichen.

Wann wird sich die Lage Ihrer Meinung nach normalisieren?

Ich denke, im Sommer werden wir wieder einigermaßen normale Bedingungen haben. Immerhin konnten wir unseren Betrieb aufrechterhalten. Mehr noch, wir haben unsere Kapazität sogar um weitere drei bis vier Megawatt pro Monat gesteigert. Weiter aufdrehen wollen wir nicht, wegen der erwähnten Risiken beim Materialeinkauf. Ich bin sehr zufrieden, wir werden gestärkt aus dieser Krise hervorgehen.

Wächst der Druck aus dem Markt, schneller zu liefern?

Vor der Krise hatten wir Vorläufe von drei bis vier Wochen. Mitten in der Krise waren es bis zu zwölf Wochen, derzeit sind wir wieder bei acht bis neun Wochen. Die gute Nachricht ist, dass die Bestellungen der Händler trotzdem nicht abgerissen sind. Im Gegenteil: Zurzeit bauen die Händler größere Lagerbestände auf, um die Unsicherheiten in den einzelnen Märkten zu puffern. Klar ist aber, dass der Zubau weiter gut vorankommt. Viele Kunden, Endkunden wie Unternehmer, erkennen jetzt, dass die Photovoltaik eine krisenfeste Investition ist. Das wird sich auszahlen.

Wie entwickeln sich die Preise?

Wir haben die Krise auch bei den Preisen geschluckt. Natürlich haben wir zurzeit Mehrkosten beim Transport – sowohl im Warenein- als auch im ­Warenausgang. Auch einzelne Materialkomponenten sind derzeit verteuert. Trotzdem haben wir die Preise nicht erhöht. Denn bei den Wafern haben die Preise etwas nachgegeben, das gleicht sich ungefähr aus. Unsere Kunden können sich darauf verlassen: Wir tauchen durch die Krise durch, mit den bekannten Preisen. Die sichere Versorgung der Kunden mit Ware ist uns wichtiger, um sie bei der Stange zu halten.

Nun fällt die Intersolar in diesem Sommer aus. Welche Neuheiten wollten Sie vorstellen?

Wir wollen und werden sie vorstellen, dazu wird es geeignete Wege geben. Eine Neuheit sind unsere Indachmodule für das bewährte Solrif-System. Dafür haben wir bisher drei Modelle: mit 48, 54 und 60 Sechs-Zoll-Zellen, als Glas-Glas-Formate oder mit Rückseitenfolie. Diese Modelle laufen in der Schweiz außerordentlich gut, in Deutschland kommt der Markt langsam in Gang. Nun wollen wir bei dem 48er- und dem 54er-Modul auch die M6-Wafer einbauen, wie wir das schon bei den 60-Zellern machen. Das neue Indachmodul mit 48 Zellen wird 255 Watt leisten, das 54er immerhin 290 Watt, zehn Watt mehr als mit den Standardzellen.

Ab wann sind die neuen Indachmodule lieferbar?

Bis Jahresende führen wir die Module mit den Standardzellen fort, danach wird es nur noch solche mit den größeren Zellen geben. Auch die Module unserer BIPV-Serie Brilliant werden wir demnächst mit größeren Zellen ausstatten. Das sind semitransparente Glas-Glas-Module mit oder ohne Rahmung, je nach Wunsch des Kunden mit 50-prozentiger Lichtdurchlässigkeit.

Planen Sie Neuheiten bei den Standardmodulen für die Aufdachmontage?

Ja, in diesem Segment werden wir ein Glas-Glas-Modul mit 54 Zellen anbieten. Es wird mit dem 60-Zeller kombinierbar sein, um die Dächer möglichst vollflächig zu belegen. Auch dieses Modul wird selbstverständlich die größeren Wafer haben.

Und für Freilandanlagen?

Da haben wir ein Modul mit 72 Zellen, das wir gleichfalls auf M6-Zellen umstellen. Es wird dann 390 Watt leisten. Dieses Modul wird als Glas-Glas-Modul oder mit Folie angeboten. Allerdings fragen die Kunden vor allem Glas-Folie fürs Freiland nach. Dieses leistungsstärkere Industriemodul wird nach aktueller Planung ab dem dritten Quartal lieferbar sein.

Im vergangenen Jahr haben Sie in München ein AC-Modul angekündigt, gemeinsam mit Enphase. Wie weit ist dieses Produkt fortgeschritten?

Damit werden wir die Ersten auf dem Markt in Europa sein. Das AC-Modul ist technisch fertig. Aktuell laufen noch abschließende Zertifizierungstests beim TÜV Rheinland. Wenn alles nach Plan verläuft, haben wir bis Jahresmitte alle Zertifizierungen abgeschlossen und damit ein umfänglich IEC-konformes AC-Modul auf dem Markt inklusive IEC 62109-3.

Gibt es schon Referenzen?

Die ersten Installationen werden sich in den Niederlanden und in Belgien befinden, dort profitieren wir vom Enphase-Vertriebsnetz. Zudem sind die Mikrowechselrichter in diesen Märkten bereits viel stärker verbreitet als bei uns in Deutschland. Ich denke, dass uns die AC-Module auch im französischen Markt einen Schub verleihen werden.

Glauben Sie, dass AC-Module auch in Deutschland eine Zukunft haben?

Zweifellos. Wir sehen ein großes Potenzial bei den klassischen Photovol­taikinstallateuren. Die Vorteile der AC-Technologie liegen klar auf der Hand. Da jedes Modul seinen eigenen Mikrowechselrichter hat, entfällt die Stringplanung komplett. Die von Enphase angebotene einfache Plug-and-play-Lösung durch vorkonfektionierte Kabel mit patentiertem Stecksystem ermöglicht eine schnelle Installation auf dem Dach.

Das spart Kosten und Zeit …

Bei vollen Auftragsbüchern und limitierten Installationskapazitäten ist das ein deutlicher Vorteil. Darüber hinaus können die Systeme bei steigendem Energiebedarf ganz leicht erweitert werden. Das ist auch ein Pluspunkt für den Anlagenbesitzer. Das cloudbasierte Monitoring Enlighten von Enphase ermöglicht die Überwachung auf Solarmodulebene. Ein starkes Argument ist natürlich auch die Garantiezeit im Vergleich zu Stringinvertern: Mit 25 Jahren auf den Mikrowechselrichter und 20 beziehungsweise optional 30 Jahren auf das Modul sind der Installateur und der Anlagenbesitzer auf der sicheren Seite.

Könnte die AC-Technik auch neue Gewerke ansprechen, wie zum Beispiel Dachdecker?

Ja. Auch bei solchen Zielgruppen, die vielleicht nicht täglich Photovoltaiksysteme verkaufen, wie Sanitärinstallateure und Dachdecker, sehen wir mit der vereinfachten Technologie sehr gute Absatzchancen. Im Januar dieses Jahres ist eine Kooperation mit Creaton, Enphase und Renusol für Indach-Kit-Systeme gestartet. Die Mengen entwickeln sich sehr vielversprechend. Bislang werden die Module und Mikrowechselrichter als separate Komponenten installiert.

Wann kommen die AC-Module?

Sobald alle IEC-Zertifizierungen final durch sind, werden wir die aktuellen Einzelkomponenten durch ein AC-Modul ersetzen und so die Installation für die Dachdecker noch weiter vereinfachen. Auch bei klassischen Elektroinstallateuren sehe ich Potenzial. Auch wenn das noch einige Zeit dauern wird, bis sich die Vorteile herumgesprochen haben.

Wo sehen Sie zusätzliche Chancen?

Ich sehe sie beispielsweise für Solarfassaden, wo es immer um teilweise Verschattung geht. Mit den AC-Modulen hat man nur noch eine AC-Leitung, die aus dem Modulfeld ins Gebäude geführt werden muss. Auch darf man ihre Anwendung in den Balkonmodulen nicht unterschätzen. Wir wollen deshalb ein eigenes Balkonmodul auf den Markt bringen. Viele unserer Kunden werden das privat ausprobieren. Später bauen sie dann eine Solarfassade am Eigenheim oder an der Firma. Ich denke auch, dass solche Balkonmodule die üblichen Dachgeneratoren ergänzen werden, als Zusatzgeschäft für die Installateure, als zusätzliche Strings für die Dachanlage.

Mit welchen Wechselrichtern bieten Sie die Balkonmodule an?

Dafür nehmen wir die Modulwechselrichter von AE Conversions. Aktuell stellen wir ein OEM-Fabrikat unter Fremdmarke her. Im zweiten Halbjahr 2020 ist angedacht, ein Balkonmodul unter unserer eigenen Marke, der Sonnenstromfabrik, auf den Markt zu bringen. Mit Modulwechselrichter und Rahmen, das ist ein sehr schönes Zusatzprodukt – auch für unsere Elektrofachinstallateure.

Welchen weiteren Trend sehen Sie im Modulgeschäft?

Die Nachfrage nach ungewöhnlichen Formaten steigt, beispielsweise nach Trapezen oder Dreiecken. Wir haben in Holland mehrere Wohnblocks mit Walmdächern ausgestattet. Dazu brauchten wir Sonderformate, um die Dächer voll zu nutzen und optisch gut zu gestalten. Wir arbeiten mit einer kleinen Manufaktur zusammen, die solche Formate nach unseren Spezifikationen fertigen kann, und zwar mit identischen Materialien wie die Sonnenstromfabrik, sodass die Module aus einer Hand wirken. Das machen wir nicht bei uns in der Fabrik, da wollen wir unsere Maschinen, Mitarbeiter und Prozesse nicht quälen. Aber ich bin sicher, dass die Anforderungen der Kunden, solche Herausforderungen zu bewältigen, steigen werden.•

Das Gespräch führte Heiko Schwarzburger.

Solar Cluster Baden-Württemberg

Verstärkte Investitionen in Photovoltaikausbau bringen Tausende neue Jobs

Die installierte Leistung der in Deutschland errichteten Photovoltaikanlagen hat im ­April 2020 die 50-Gigawatt-Grenze überschritten. Ein beschleunigter Ausbau würde nicht nur dem Klima helfen, sondern auch der derzeit schrumpfenden Wirtschaft. Darauf weist das Solar Cluster Baden-Württemberg hin. Ein Beispiel des südwestdeutschen Branchenver­bandes zeigt: Würden über den aktuellen Zubau hinaus zusätzlich fünf Gigawatt Leistung pro Jahr von 2020 bis 2030 installiert, hätte dies hierzulande 30.000 neue Arbeitsplätze ­alleine in der Planung und Installation von Anlagen zur Folge.

Wertschöpfung im Land steigt

Zusätzliche Kosten im Vergleich etwa zum Betrieb von Kohlekraftwerken entstehen praktisch keine. Die inländische Wertschöpfung wäre jedoch deutlich höher als bei den fossilen Energien. „Dass die Barrieren für den Solarstromausbau nicht schleunigst beseitigt werden, ist nicht nur angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Situation aufgrund der Coronapandemie unverständlich“, sagt Franz Pöter, der Geschäftsführer des Solar Clusters. Den Klimaschutz würde ein verstärkter Ausbau ebenfalls voranbringen.

Der Weg aus der Krise

Ein weiterer Solarstromausbau ist angesichts des Kohle- und Atomausstiegs auch zur Versorgungssicherheit dringend erforderlich. Ein Blick auf die Kostenseite zeigt, dass dies nicht mit erhöhten Preisen verbunden ist: Investition und Betrieb der neuen Solaranlagen kosten durchschnittlich 6,5 Cent pro erzeugter Kilowattstunde. Das ist günstiger als Strom aus abgeschriebenen Braun- und Steinkohlekraftwerken, selbst wenn der CO2-Preis lediglich
30 Euro pro Tonne beträgt.

Die Wertschöpfung in der Photovoltaik hierzulande ist freilich deutlich höher als bei fossilen Energien, bei denen viel Geld ins Ausland abfließt: Derzeit arbeiten rund 50.000 Beschäftigte in der deutschen Solarbranche. Dazu gehören Hersteller von Modulen, Wechselrichtern, Produktionsanlagen und Komponenten sowie Forschungsinstitute, Projektierer, Großhändler und Installateure.

Viel mehr Beschäftigte in der Solarwirtschaft

Zum Vergleich: In der Braun- und Steinkohlebranche, die aktuell rund dreimal so viel Strom liefert, arbeiten höchstens noch rund 30.000 Beschäftigte. Mit zusätzlichen 50 Gigawatt Solarleistung über den aktuellen Zubau hinaus kämen noch einmal 30.000 Arbeitsplätze alleine für Planung und Installation in der Solarbranche hinzu.

Der Einfluss von mehr Solaranlagen auf die EEG-Umlage ist übrigens gering: 50 Gigawatt zusätzlich über den aktuellen Zubau hinaus installierte Photovoltaikleistung führen lediglich zu einer EEG-Umlage von 0,35 Cent pro Kilowattstunde. Erhöht sich der CO2-Preis um zehn Euro pro Tonne, sinkt die Umlage sogar um 0,7 Cent pro Kilowattstunde. Da viele teure Altanlagen bald aus der Einspeisevergütung fallen, wird die Umlage insgesamt auf rund vier Cent pro Kilowattstunde im Jahr 2030 und auf zwei Cent im Jahr 2035 sinken. Es besteht also kein Grund zur Sorge vor einer höheren EEG-Umlage.

Endkontrolle von Solarwechselrichtern bei Kaco New Energy in Neckarsulm.

Foto: Kaco New Energy

Endkontrolle von Solarwechselrichtern bei Kaco New Energy in Neckarsulm.

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