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„Optimizer können stören“

Wie auffällig sind Solaranlagen bezüglich Störfrequenzen?

Emmanuel de Raemy: Solaranlagen mit ­Power Optimizern verursachen Störungen, die uns meist durch Radioamateure gemeldet werden. Wenn wir die Anlage messen, stellt sich aber heraus, dass nicht nur das Band der Radioamateure gestört ist, sondern fast der ganze Kurzwellenbereich betroffen ist.

Also geht es nicht nur um die Funkamateure?

Es ist anzunehmen, dass viel mehr Dienste gestört werden, die Betroffenen dies aber aufgrund fehlender Kenntnisse nicht als Störung erkennen und uns deshalb nichts melden.

Wie viele Anlagen wurden bisher gemeldet?

Bislang sind neun Photovoltaikanlagen mit Optimizer eindeutig als Störquelle identifiziert worden. Zwölf weitere sind in Abklärung.

Geht es nur um die Optimizer oder sind auch Anlagen mit der üblichen Stringverschaltung betroffen?

Mit üblichen Photovoltaikanlagen mit Wechselrichter und Strings hatten wir nie Probleme.

Wie kommen die Störfrequenzen zustande?

Die Power Optimizer arbeiten wie getaktete Netzteile. Dazu werden leistungselektronische Bauteile verwendet, die sehr schnell takten. Dies ist eine Störungsursache. Optimizer müssen zusätzlich kommunizieren, um richtig arbeiten zu können. Dazu wird zum Teil Power Line Communication (PLC) verwendet. Das heißt, auf den DC-Leitungen der Photovoltaikanlage wird noch ein Kommunikationssignal überlagert. Dieses muss genügend stark sein, damit die durch die Optimizer verursachte Störung die Kommunikation nicht beeinträchtigt. Dies ist eine weitere Störungsquelle.

Wie verhalten sich Optimizer ohne PLC?

Mit Anlagen, die kein PLC für die Kommunikation der Optimizer verwenden, haben wir weniger Probleme, aktuell aber zwei Fälle.

Welche Rolle spielt die DC-Verkabelung? Genügt es, gut abgeschirmte Kabel zu verwenden?

Geschirmte Kabel könnten helfen. Aber dann müsste das Paneel vermutlich auch abgeschirmt werden, was nicht möglich ist. Deshalb muss der Optimizer richtig gefiltert sein, damit die Anlage nicht abstrahlt. Die Verlegung der Kabel kann auf die gestrahlte Emission einen gewissen Einfluss haben. Installateure müssen die Anweisungen des Herstellers strikt befolgen und mittels Fotos protokollieren. Bei Verantwortlichkeitsfragen können die Fotos hilfreich sein.

Tritt das Problem auch bei Mikrowechselrichtern auf?

Bislang sind bei uns keine Störmeldungen von Photovoltaikanlagen mit Mikrowechselrichter eingegangen. Der Grund könnte sein, dass in der Schweiz keine solchen Anlagen gebaut worden sind oder dass die Mikrowechselrichter weniger Störungen verursachen. Die zweite Annahme ist wahrscheinlicher. Da die Mikrowechselrichter an das normale Energienetz (AC 230 Volt) angeschlossen werden, können sie nicht von Normungslücken profitieren, um weniger EMV-Maßnahmen umsetzen zu müssen.

Bei den DC-Optimizern gibt es solche Lücken in der Normung?

Die Normung ist immer im Rückstand gegenüber der schnellen technischen Entwicklung. Die Power Optimizer fallen zwischen alle Stühle, die Prüfanforderungen entsprechen nicht der Realität.

Was bedeutet das genau?

Die Hersteller sollten sich bewusst sein, dass die Einhaltung der harmonisierten Normen nur eine Konformitätsvermutung erlaubt. 100-prozentige Konformität ließe sich nur erreichen, wenn alle Geräte verschärfte Grenzwerte erfüllen müssten. Dies wäre mit zusätzlichen Kosten verbunden und würde somit die Marktfähigkeit des Produkts beeinträchtigen.

Wie gehen Sie vor, wenn bei Ihnen eine Störmeldung eingeht, beispielsweise durch einen Amateurfunker?

Bei unseren Messungen ermitteln wir die abgestrahlte Feldstärke der potenziellen Störquelle in Richtung des Klägers. Durch zusätzliche Abklärungen, meistens durch Abschalten der Anlage, wird sie eindeutig als Störquelle identifiziert. Es ist nicht unsere Aufgabe, die genauen Ursachen der Störungen ausfindig zu machen und Verbesserungsmaßnahmen vorzuschlagen. Dazu gibt es spezialisierte EMV-Labore, die aber auch auf die Kooperation des Herstellers angewiesen sind.

Erkennen Sie typische Störmuster, die auf die Optimizer hinweisen?

Jeder Anlagetyp hat sein eigenes Störspektrum. Damit lässt sich sehr schnell identifizieren, welcher Anlagetyp die Störquelle sein könnte. In einem Quartier mit vielen Photovoltaikanlagen muss man dann nur noch nach diesem speziellen Anlagetyp suchen.

Woran erkennen Sie, dass die Optimizer die Ursache der Störungen sind und nicht beispielsweise der Umrichter?

Auch wenn die Wechselrichter ausgeschaltet werden, laufen die Optimizer durch den Sonnenstrom weiter. Da sieht man meistens noch die Störung, das weist deutlich auf die Optimizer als Quelle hin. Erst nachts oder bei starker Bewölkung verschwindet die Störung komplett.

Wie gehen Sie rechtlich mit gestörten Anlagen um?

Wir betrachten die Photovoltaikanlagen als ortsfeste Anlagen. Diese müssen gemäß der EMV-Direktive 2014/30/EC kein Konformitätsbewertungsverfahren durchlaufen, das heißt Prüfungen entsprechend harmonisierter Normen erfüllen. Aber trotzdem müssen sie die wesentlichen Anforderungen gemäß Anhang 1 der Direktive einhalten.

Was ist dort genau festgelegt?

Darin steht unter anderem: Betriebsmittel müssen nach dem Stand der Technik so entworfen und gefertigt sein, dass die von ihnen verursachten elektromagnetischen Störungen keinen Pegel erreichen, bei dem ein bestimmungsgemäßer Betrieb von Funk- und Telekommunikationsgeräten oder anderen Betriebsmitteln nicht möglich ist. Erhalten wir mehrere Störmeldungen zum gleichen Anlagentyp, haben wir den Beweis, dass die Anlage die wesentlichen Anforderungen nicht einhält, und zwar unabhängig von der Konformität der Komponenten der Anlage.

Was tun Sie dann?

Als Aufsichtsbehörde können wir uns im Störfall nur gegen den Besitzer der Anlage wenden. Der Besitzer muss den Installateur kontaktieren, der wiederum den Lieferanten und dieser den Hersteller, falls kein lokaler Importeur existiert. Muss jedes Mal die Justiz einbezogen werden, wird dies sehr aufwendig für alle Parteien, insbesondere, wenn sich der Hersteller im Ausland befindet. Der Hersteller ist der Einzige, der über die technischen Kenntnisse verfügt, um sein Produkt zu verbessern. Uns sind Fälle bekannt, in denen der Hersteller trotz unserer Aufforderung an den Besitzer, seine Anlage zu sanieren, keine Unterstützung bot.

Die Fragen stellte Heiko Schwarzburger.

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