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Solardach trocknet Heu

Das Vöcklatal ist eine malerische Region Österreichs am Nordrand der Alpen und markiert über einen kleinen Teil die Grenze zwischen Oberösterreich auf der östlichen und Salzburg auf der westlichen Seite. Auf einer Anhöhe auf der oberösterreichischen Flussseite, auf dem Weg hoch hinauf in die Berge des Salzkammerguts, liegt Weißenkirchen im Attergau.

Die Menschen hier leben von der Landwirtschaft. Auch Johannes Lachner betreibt mit seiner Familie einen kleinen Milchviehhof. Er hat sich nicht nur auf die Biolandwirtschaft spezialisiert, sondern liefert auch zusammen mit anderen Landwirten die Milch für den weit über die Region hinaus bekannten Heumilchkäse – eine Nische, in der kleine Landwirte nicht mit der industriellen Massenviehhaltung mithalten müssen.

Denn der Heumilchkäse wird aus Milch von Kühen produziert, die im Sommer auf den Weiden und Almen stehen und im Winter in Laufställen ausschließlich mit Heu gefüttert werden. Vergorene Futtermittel wie ­Silage sind strengstens verboten. Umso wichtiger ist, dass Landwirte wie ­Johannes Lachner im Sommer genügend qualitativ hochwertiges Heu produzieren, das sie im Winter ihren Tieren füttern können. Dabei kommen modernste Methoden zum Einsatz. So betreibt auch er eine Heutrocknungsanlage.

Warme Luft ins Heu drücken

Das ist eine etwa 120 Quadratmeter große, gut vier Meter hohe Box, in die die angetrockneten Pflanzen eingefüllt werden, die Johannes Lachner auf seinen Wiesen erntet. In der Heutrocknung wird ihnen dann komplett die Feuchtigkeit entzogen, sodass bis zum Frühjahr ausreichend Futter vorhanden ist, bis die Kühe wieder nach draußen können.

Dazu füllt Lachner das angetrocknete Weidegras auf einen Gitterrost, der knapp einen halben Meter über dem Boden über die gesamte Fläche der Box gespannt ist. Außerhalb der Box steht ein großer Ventilator. Der drückt warme Luft unterhalb des Gitterrosts gleichmäßig von unten in den Heustock. Dabei wird viel Strom verbraucht – je nach Größe des Ventilators, der an die Dimensionen der Heubox angepasst werden muss. Um den Vorgang so effizient wie möglich zu gestalten, die Stromkosten zu begrenzen und gleichzeitig das Gras so schnell wie möglich zu trocken, sollte die Luft, die in den Heustock gedrückt wird, so warm wie möglich sein.

Am Anfang skeptisch

Deshalb hat Johannes Lachner ein Kanalsystem in seine Scheune und in den angrenzenden, neu errichteten Kuhstall gebaut. Durch dieses wird die erwärmte Luft unter der Dachhaut abgesaugt, die wiederum der Vorlauf für den Ventilator ist. Doch selbst damit sind die Stromkosten für die Heutrocknung noch sehr hoch. Um sie zu senken, setzt der Landwirt aus Weißenkirchen in Zukunft auf Solarstrom. Denn die Dachhaut der älteren Scheune besteht inzwischen fast vollständig aus Solarmodulen.

Von der Indachanlage war Lachner zwar nicht von Anfang an überzeugt. Allerdings musste er ohnehin das Dach neu eindecken. Auf einer Messe hat er Alexander Rabengruber getroffen. Er ist Geschäftsführer von Endorado, einem Unternehmen, das seit vielen Jahrzehnten Wintergärten baut und sich inzwischen auch auf die Auslegung von Indachphotovoltaikanlagen spezialisiert hat. „Wir haben dann vor Ort zusammen geschaut, ob sich ein solches Solardach für den Betrieb der Heutrocknungsanlage rechnen würde“, erinnert sich Lachner. „Denn ich war am Anfang skeptisch. Einerseits muss das Dach dicht sein und andererseits hatte ich Bedenken, dass die Leistung der Solarmodule aufgrund der Wärmeentwicklung sinkt.“

Alles gut abgedichtet

Die Dichtigkeit muss nicht nur gewährleistet sein, um den Regen abzuhalten, sondern auch, um keine kalte Luft von außen in den Kanal anzusaugen. Das löst Endorado mit einem selbst entwickelten System zur Dachintegration von Solarmodulen. „Das basiert auf bestehenden Komponenten und Techniken, die wir aufgrund unserer Erfahrungen im Wintergartenbau angepasst haben“, erklärt Alexander Rabengruber von Endorado. „Es besteht aus einer Rahmenkonstruktion aus Holz. Diese wird so gefertigt, dass der Unterbau den Rahmengrößen der Module entspricht.“ Um kein Risiko einzugehen, werden die Module bei der Installation seitlich mit Dichtgummi und Montageschienen fixiert.

Der Monteur installiert die Module von oben nach unten mit jeweils fünf Zentimetern überlappend. Auf diese Weise vermeidet Endorado Stoßkanten, die im Laufe der Zeit undicht werden könnten. „Denn dadurch erreichen wir, dass das Regenwasser wie bei einem konventionellen Dach abfließen kann“, sagt Rabengruber. Zwischen die sich überlappenden Module klebt der Handwerker zudem noch ein Dichtungsprofil aus EPDM. „Das sorgt dafür, dass das Indachsystem am Ende dichter ist als ein Ziegeldach“, betont Rabengruber.

Lüftungsebene geschaffen

Dadurch kann Endorado nicht nur die Sicherheit der Dacheindeckung gegen eindringendes Regen- oder Tauwasser versprechen. Dadurch verhindert das Unternehmen auch, dass Kaltluft von außen in den Kanal für die Luftzufuhr des Ventilators angesaugt wird. So kann das System seine ganzen Stärken ausspielen.

Die Modulrückseite wird warm, während die Paneele Strom erzeugen. Was eigentlich unerwünscht ist, weil Wärme die Leistung der kristallinen Module drückt, ist hier eine Quelle für die Effizienz der gesamten solarbetriebenen Heutrocknungsanlage.

Denn durch die Wärme unter den Modulen steigt die Temperatur der Luft, die vom Ventilator durch das gesamte Kanalsystem angesaugt wird, das Johannes Lachner gebaut hat. Dadurch können bis zu 50 Prozent der Sonnenenergie als Wärme genutzt werden, ein Mehrwert, den eine Aufdachanlage nicht hat. Gleichzeitig werden dadurch die Module gekühlt.

Um einen ausreichenden Luftstrom zu erzeugen, wurden die Module nicht direkt auf der Pfettendachkonstruktion aufgelegt. Die Handwerker haben vorher noch eine Konterlattung mit Kanthölzern mit einer Breite von fünf und einer Höhe von acht Zentimetern hochkant aufgebaut.

Die Module werden auf die Unterkonstruktion des Daches montiert. Vorher schaffen die Handwerker eine Hinterlüftungsebene, wo die Wärme gesammelt wird.

Foto: Endorado

Die Module werden auf die Unterkonstruktion des Daches montiert. Vorher schaffen die Handwerker eine Hinterlüftungsebene, wo die Wärme gesammelt wird.
Die semitransparenten Module erhöhen den Wärmeeintrag.

Foto: Velka Botička

Die semitransparenten Module erhöhen den Wärmeeintrag.

Transparente Module genutzt

Dadurch entstand eine zusätzliche, acht Zentimeter hohe Hinterlüftungsebene, über die die Warmluft der Module abgesaugt und durch einen Trichter aus USB-Platten nach unten in den Vorlaufkanal für den Ventilator geführt wird. „Wir haben außerdem semitransparente Solarmodule eingebaut, um den Licht- und damit auch den Wärmeeintrag noch zu erhöhen“, erklärt Alexander Rabengruber.

Da die Solaranlage auch Strom produziert, wenn die Heutrocknung nicht läuft, muss auch dann die Kühlung der Module funktionieren. Dafür hat sich Johannes Lachner eine eigene Lösung ausgedacht. Er hat einen Lüftungsfirst auf das Dach gebaut. Dadurch kann die warme Luft hinter den Modulen nach oben und dann nach draußen strömen. Lachner hat den Lüftungsfirst mit einem Schieber versehen. Den schließt er, wenn die Trocknungsanlage läuft, damit keine Kaltluft von außen angesaugt wird.

Stabile Doppelglasmodule

Außerdem wird auch die Luft unter einem weiteren Dach ohne Solaranlage vom Ventilator angesaugt. Damit die kühlere Luft aus dem Gebäudeteil mit der herkömmlichen Dacheindeckung die Warmluft nicht abkühlt, die unter den Modulen gesammelt wird, hat Johannes Lachner zwischen diesen beiden Gebäudeteilen noch einen zweiten Schieber eingebaut.

Er testet jetzt aus, wie weit der geöffnet sein muss, damit ein optimaler Luftstrom mit der maximalen Wärme zum Ventilator geleitet werden kann. Denn auch für die optimale Modulkühlung ist eine ausreichende Luftströmung notwendig. Die liegt bei einer Geschwindigkeit von vier bis sieben Metern pro Sekunde.

Die Module kommen von der Sonnenstromfabrik in Wismar. Es sind Doppelglasmodule mit 60 Zellen in normaler Größe. Die Zellen sind zwischen transparenten Folien und zwei jeweils zwei Millimeter dicken Modulgläsern einlaminiert. So kann ein Teil des einfallenden Sonnenlichts durch die Räume zwischen den Zellen ins Gebäude dringen und für mehr Wärme für den Ventilator sorgen. Um die Lichtdurchlässigkeit zu erhöhen, hat der Modulhersteller für die Paneele, die Endorado einsetzt, die gängigen, strukturierten Deckgläser durch Floatglas ersetzt. Dadurch steigt der Wärmeertrag weiter.

Die Glas-Glas-Module haben noch einen weiteren Vorteil. „Denn bei Glas-Folie-Modulen besteht die Gefahr, dass durch die herumfliegenden Partikel die Rückseitenfolien beschädigt oder stumpf werden“, erklärt Bernhard Weilharter, Geschäftsführer von CS Wismar. Das passiert bei Doppelglasmodulen nicht. Sie sind deshalb als Dacheindeckung für Scheunen besser geeignet.

Geringe Flächenlast

Endorado kann die Anlagen auf die jeweiligen Gegebenheiten anpassen. „Wir können auch Module mit 3,2 Millimeter dicken Gläsern verwenden, um die Schneelasttragfähigkeit der Anlagen noch zu erhöhen“, sagt Geschäftsführer Rabengruber. Diese Modulvariante hat CS Wismar eigens für Endorado entwickelt. Standardisiert bietet die Wismarer Sonnenstromfabrik die Module nur mit zwei Millimetern Glasdicke an, damit sie nicht zu schwer werden und auf dem Dach noch handhabbar sind.

Doch das ist bei Endorado kein Problem, da das Unternehmen die Module ausschließlich selbst installiert und sich auf die Anforderungen des höheren Gewichts eingestellt hat. „Außerdem erreicht unser System selbst mit den schwereren Glas-Glas-Modulen nur eine Flächenlast von 21 Kilogramm pro Quadratmeter.“ Dadurch wird die Dachlast nicht erhöht und Endorado kann die Anlagen auch in Dächern mit geringerer Traglastreserve installieren, wo andernfalls nur eine Dacheindeckung, aber keine zusätzliche Solaranlage möglich wäre.

Ein großer Ventilator bläst die warme Luft in den Heustock.

Foto: Velka Botička

Ein großer Ventilator bläst die warme Luft in den Heustock.

Auch im Winter schneefrei

So musste auch in Weißenkirchen der Dachstuhl nicht komplett erneuert werden – auch mit Blick auf die eigentlich sehr hohen Schneelasten in ­Österreich. „Denn wir sind hier in einer solch exponierten Lage, dass der Wind in der Regel den Schnee von den Dächern weht“, weiß Lachner.

Zudem erweist sich die von oben nach unten überlappende Installation der Module auch im Winter als Vorteil. „Denn die Zuluft wird auf der Unterseite der Module angesaugt“, erklärt Rabengruber. „Das sorgt unter anderem auch dafür, dass die unterste Modulkante über der Dachrinne immer schneefrei ist. Sobald die Luft mit Plusgraden an der Unterseite der Module entlangströmt, bildet sich auf der Oberseite ein dünner Wasserfilm zwischen Schnee und Modul, sodass der Schnee sofort vom Dach rutscht und nicht an Rahmenkanten hängen bleibt.“

Nicht nur hohe Schneelasten sind möglich, ohne dass Mikrorisse in den Zellen entstehen. Das Energiedach von Endorado hat auch den Test für die Hagelkategorie HW5 bestanden. Dabei werden die Module mit 50 Millimeter großen Hagelkörnern mit etwa 150 Kilometern pro Stunde beschossen. Dabei müssen Modulgläser und Zellen heil bleiben.

26 Prozent Eigenverbrauch

Die Anlage erzeugt nicht nur im Winter ausreichend Strom, weil sie früher schneefrei ist als eine Aufdachanlage. Vielmehr wäscht der abrutschende Schnee auch gleich noch Schmutz von den Modulen. „Eine zusätzliche Reinigung war bisher bei keiner Indachanlage notwendig, die wir gebaut haben“, betont Alexander Rabengruber.

Der Strom wird direkt ins Hausnetz eingespeist. Durch den Ventilator und alle anderen elektrischen Geräte rechnen Alexander Rabengruber und Johannes Lachner mit einem Eigenverbrauchsanteil von 26 Prozent. Der könnte in Zukunft steigen. Denn der Weißenkirchener Landwirt denkt derzeit über eine zweite Heubox nach, für die ein zusätzlicher Ventilator gebraucht wird. Ein höherer Eigenverbrauchsanteil könnte auch mit einem zusätzlichen Stromspeicher erreicht werden. Doch für dessen Wirtschaftlichkeit sind die Strompreise in Österreich für Landwirte noch zu gering.

Abgerechnet wird über den Zähler

Deshalb produzieren die 162 Module mit einer Leistung von 43,47 Kilowatt noch einen Überschuss. Den speist Johannes Lachner ins örtliche Verteilnetz ein. Abgerechnet wird über einen intelligenten Zähler, der den Ertrag und den Stromverbrauch im Viertelstundentakt miteinander abgleicht. Dadurch kann der Eigenverbrauch relativ einfach ausgerechnet werden und es bedarf keiner zusätzlichen Steuerung der Heutrocknungsanlage.

Für den eingespeisten Strom bekommt der Landwirt den Tarif der österreichischen Ökostromabwicklungsstelle Oemag. Der beträgt 7,67 Cent pro Kilowattstunde. Dazu kommt noch ein Zuschuss zu den Investitionskosten in Höhe von 250 Euro pro Kilowatt installierter Leistung.

Damit wird die Photovoltaikanlage wirtschaftlich – auch mit nur 26 Prozent Eigenverbrauch. „Außerdem hätte mich allein das Material für die konventionelle Dacheindeckung auch etwa 10.000 Euro gekostet. Dafür hätte ich aber keinen zusätzlichen Nutzen gehabt“, sagt Lachner.

Acht Prozent mehr Stromertrag

Denn er hätte dann eine zusätzliche Aufdachanlage gebraucht, die allerdings keine Wärme für die Heutrocknung liefert. Außerdem hätte er diese nicht auf dem Süddach seines Hofes anbringen können. Denn sie hätte dort einen Schatten auf den Dachabsorber für die Warmluft geworfen und damit dessen guten Wirkungsgrad reduziert. Lachner hat den Gesamtpreis für die Dacheindeckung und den normalen Solargenerator mit dem Preis für die Indachanlage verglichen. „Da ich die Luft unter dem gesamten Dach absauge und mit der Indachanlage eine höhere Vorlauftemperatur für die Heutrocknung bekomme, ist das für mich die interessantere und wirtschaftlichere Lösung“, betont er. Denn dadurch ist das Heu schneller trocken und der Ventilator muss nicht so lange laufen – eine zusätzliche Einsparung von Stromkosten. Außerdem wird durch die aktive Kühlung der Module während der Trocknung eine niedrigere Modultemperatur erreicht. Dadurch steigt die Stromproduktion um bis zu acht Prozent.

In der Heubox stellt Johannes Lachner das Winterfutter für seine Tiere her.

Foto: Endorado

In der Heubox stellt Johannes Lachner das Winterfutter für seine Tiere her.

CS Wismar

Module mit unterschiedlicher Transparenz

Die Sonnenstromfabrik in Wismar bietet die semitransparenten Glas-Glas-Module in unterschiedlichen Ausführungen an. Zwar werden in der Regel Module mit 60 Zellen verbaut. Aber in der gleichen Größe gibt es auch Module mit 32, 48 oder 54 Zellen. Das erreicht CS Wismar, indem die Zellen mit größeren Abständen zueinander zwischen die beiden Modulgläser laminiert werden. Auf diese Weise steigt die Transparenz der Paneele und sie können auch als Lichtfenster eingesetzt werden.

Da alle Module die gleiche Größe haben, können sie auch parallel installiert werden. Dann muss der Handwerker allerdings die Verkabelung so auslegen, dass er immer Paneele mit der gleichen Transparenz in einem String zusammenfasst. Denn durch die verschiedene Zellenanzahl variiert auch die Leistung der unterschiedlich transparenten Module.

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