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Fachhandwerk

„Wir bieten zunehmend die komplette Haustechnik“

Welche ist aktuell Ihre vordringlichste Herausforderung?

Wolfgang Kempfle: Das sind ganz eindeutig fehlende Solarmodule, Wechselrichter und Speicher. Unterkonstruktionen sind noch verfügbar. Wir waren bis Ende März lieferfähig, weil wir bereits im Sommer großzügig und auf Vorrat unsere Ware geordert hatten. Wir hatten für bis zu 1,5 Millionen Euro Ware am Lager. Aber seit dem Krieg in der Ukraine überrollt uns die Nachfrage.

Was bedeutet das konkret?

Voriges Jahr haben wir 800 Photovoltaikanlagen installiert und 50 weitere Mitarbeiter eingestellt, sodass wir jetzt 120 Leute in Leipheim und Augsburg sind. Wir wollen bis Ende dieses Jahres 1.200 Anlagen installieren, zu 90 Prozent bei Privatkunden. Wer aber jetzt bestellt, wird frühestens in einem halben Jahr beliefert. Manche Hersteller sind nicht mehr lieferfähig, manche nur bedingt.

Da ist Geduld gefragt, nicht wahr?

Die Israelis wollen ihr Material einfliegen, weil auf dem Seeweg keine Kapazitäten verfügbar sind. Die Taiwanesen liefern nur reduziert, weil die Bestellungen die Kapazitäten übertreffen. Andere sind beeinträchtigt, weil Lieferketten gerissen sind, Vorprodukte fehlen oder Belegschaften in Quarantäne stecken.

Sie sind 2009 als Agrarbetriebswirt ins Solargeschäft eingestiegen. Warum?

Meine Frau Bettina, eine Technikerin für Ernährung und Hauswirtschaft, und ich haben damals das Potenzial der Photovoltaikbranche erkannt. Wir haben die Firma Energie Service Schwaben (ESS) für die Montage und Inbetriebnahme von Solarmodulen gegründet. Binnen fünf Jahren wurde aus einem kleinen Handwerksbetrieb ein mittelständisches Unternehmen, das mit Kundenorientierung, Prozessmanagement und Fleiß seinen Umsatz und das Personal zunächst verzehnfacht hat. Nach den Einschnitten bei der staatlichen Förderung brach der Umsatz 2013 aber um 90 Prozent ein.

Damals haben Sie sich wieder berappelt. Steigen Sie nun zum Komplettanbieter auf?

Ja, aber nur für Neubauten. Aktuell sammeln wir Erfahrung mit ein, zwei Komplettaufträgen pro Monat, die je ein Volumen von 80.000 bis 120.000 Euro haben. Da liefern wir neben dem Sonnenstrom auch die Elektrik, Heiz- und Lüftungstechnik. Das kommt bei den Bauherren sehr gut an, weil sie nur einen Ansprechpartner haben. Unsere Ergebnisse sind optimal, weil unser Planer alles zentral plant, die Schnittstellen definiert und die Gewerke koordiniert. Das spart Zeit und verhindert Murks.

Wie setzen Sie solche Komplettaufträge um?

Zum einen haben wir keinen Stress, sondern wachsen organisch mit den Aufträgen. Zum anderen kooperieren wir mit jungen Elektrikern, die sich selbstständig machen und als Dienstleister mit uns organisch wachsen. Aktuell erbringen wir ein Fünftel unserer Leistungen mit festen, externen Partnern, die Erfahrung aus der Haustechnik mitbringen. Das erhöht unsere Flexibilität, auf Nachfrage rasch reagieren zu können. Bei Solarthermie sprechen wir Empfehlungen aus.

2021 haben Sie 50 neue Monteure eingestellt. Woher kamen die Leute?

Aus ganz Deutschland und Osteuropa, teils über Empfehlung unserer Mitarbeiter. Aus Rumänien oder Kroatien kommen teils Brüder, Söhne oder Schwäger nach. Diese Leute wachsen sehr organisch in die Belegschaft hinein. Wir zahlen alle gleich nach dem Tarif der Baubranche. Und wir pflegen unsere Leute gut, haben stets ein offenes Ohr für ihre Anliegen.

Wie oft verkaufen Sie Speicher mit?

Die Quote stieg kontinuierlich von 30 und 40 auf zuletzt 78 Prozent. Mehr wird es wohl nicht mehr werden. Denn beim Rest sind entweder die Dachflächen zu klein oder die Grundlast hoch genug, um den gesamten Sonnenstrom sofort zu verbrauchen. Dazu gehören zum Beispiel manche Gewerbebetriebe.

Die Leistungselektronik spielt eine zentrale Rolle, wenn es um Stromspeicher, Ladetechnik und elektrische Wärme geht.

Foto: ESS Kempfle

Die Leistungselektronik spielt eine zentrale Rolle, wenn es um Stromspeicher, Ladetechnik und elektrische Wärme geht.

Wie werden Wallboxen zum Laden von E-Fahrzeugen nachgefragt?

Der Höchstwert lag bei 70 Prozent, solange es noch Förderung gab. Da hat mancher präventiv die Ladestation gekauft. Nun liegt der Wert bei 50 Prozent. Darin spiegelt sich, dass wir eben viel für private Endkunden mit eigenem Häusle arbeiten, die nun auch E-Auto fahren.

Sie installieren im Raum Leipheim und im Raum Augsburg. In welchem Radius sind Ihre Mitarbeiter bei den Kunden unterwegs?

Aktuell je 50 Kilometer um Leipheim bei Günzburg und um Augsburg. Die Distanz hat sich wegen der hohen Nachfrage reduziert, weil wir bereits in diesem Umfeld extrem gut ausgelastet sind. In Ausnahmefällen, etwa für treue Bestandskunden, fahren wir in die Gegend von Stuttgart oder München.

Die digitale Verwaltung der betrieblichen Prozesse wird  bei ESS Kempfle großgeschrieben.

Foto: ESS Kempfle

Die digitale Verwaltung der betrieblichen Prozesse wird  bei ESS Kempfle großgeschrieben.

Wie wirkt sich die hohe Nachfrage auf die Preise aus?

Die Preise sind binnen eines Jahres um gut 15 Prozent gestiegen und werden weiter steigen. Erst waren es höhere Materialkosten, dann höhere Energiekosten für Herstellung und Logistik. Nun folgen höhere Lohnkosten.

Leidet darunter die Wirtschaftlichkeit für Ihre Kunden?

Dank der Steuer auf Kohlendioxid, dank des Ausstiegs aus Atom und Kohle und durch den Krieg in der Ukraine verteuert sich Energie immer mehr. Da ist im Vorteil, wer sich autonom macht. Ich sage das seit zwölf Jahren. Aber jetzt glauben es die Leute auch. Bis zum Jahr 2030 wollen wir jährlich 30 Millionen Euro umsetzen und weitere Standorte entlang der Autobahnen A8 und A7 aufbauen.

Dazu werden Ihr Onlineshop und Ihr Geschäft mit Mietanlagen beitragen. Für wen sind gemietete Solaranlagen attraktiv?

Kommunen können Photovoltaikanlagen auf Schulen und Kindergärten betreiben, ohne sie kaufen zu müssen. Gleiches gilt für in die Jahre gekommene Bürgerkraftwerke, deren genossenschaftlich organisierte Besitzer die Anlagen nach 20 Jahren Laufzeit gerne abgeben. Diese Anlagen zu sanieren und an Kommunen zu vermieten, die daraus ein Beteiligungsmodell für ihre Bürger entwickeln können, ist ein weiterer strategischer Ansatz für unser Wachstum.

Das Gespräch führte Leonard Fromm.

Im Interview

Bettina und Wolfgang Kempfle

gründeten 2009 die Firma Energie Service Schwaben (ESS), mit Standorten in Leip­heim und Augsburg . Das Unternehmen hat derzeit rund 120 Mitarbeiter und will 2022 insgesamt rund 1.200 Solaranlagen installieren.

Foto: ESS Kempfle

Solarwatt

Stiebel Eltron wird Partner für Wärmepumpen

Foto: Heiko Schwarzburger

Solarwatt kooperiert in Zukunft mit dem Wärmepumpenhersteller Stiebel Eltron. Beide Unternehmen wollen ihren Fachpartnern die jeweils anderen Komponenten für die solare Sektorkopplung anbieten.

Bisher hat Solarwatt ein umfangreiches Paket für die Fachpartner: Von der Installation des Stromerzeugers, der aus hauseigenen Modulen besteht, und eines Speichers aus eigener Herstellung über das Energiemanagement im Gebäude, die Anbindung der Elektromobilität in Kooperation mit BMW und den Komplettservice konnten die Fachhandwerker alles aus einer Hand ordern. „Jetzt kommt noch die Wärme hinzu“, sagt Detlef Neuhaus, Geschäftsführer von Solarwatt. „Wir setzen mit der Kooperation mit Stiebel Eltron die Sektorenkopplung komplett um. Schließlich ist es nicht möglich, ohne den Bereich der Wärme, der die meiste Energie im Gebäude verbraucht, die Potenziale der CO₂-Reduktion zu heben.“

Dieses Potenzial ist riesig. „Allein wenn wir alle geeigneten Einfamilienhäuser mit einer Solaranlage ausstatten und die Wärmeerzeugung mit dem Solarstrom abdecken, können wir 160 Millionen Tonnen CO₂ einsparen“, rechnet Neuhaus vor. „Das sind 20 bis 25 Prozent des gesamten Ausstoßes in Deutschland.“

Hinzu kommen kleinere Gewerbebetriebe, die Solarwatt und Stiebel Eltron mit ihrer Kooperation gleichfalls im Blick haben. „Wir brauchen den geordneten Ausstieg aus der Wärmeversorgung mit Gas“, ergänzt Nicholas Matten, Geschäftsführer von Stiebel Eltron. „Wir müssen wegkommen von Energieimporten aus Ländern, deren Werte wir nicht teilen.“ Mit solar betriebenen Wärmepumpen sei es möglich, jedes Gebäude klimaneutral zu heizen, betont Matten.

Die beiden Unternehmen kooperieren zudem bei der Produktentwicklung, um die Wärmepumpen optimiert auf den Verbrauch anzusteuern. Solarwatt bindet das thermische Energiemanagement von Stiebel Eltron an seinen Energiemanager flex an. Ziel ist es, so viel Solarstrom wie möglich im Haus zu nutzen.

Im nächsten Schritt werden die Unternehmen ihre Fachpartner schulen. So werden die Partner von Solarwatt in die Installation und Einbindung der Wärmepumpen eingewiesen und bekommen ein entsprechendes Zertifikat. Die Partner von Stiebel Eltron erhalten Kenntnisse zur Auslegung und Installation von Solaranlagen vermittelt.

Viessmann

Eine Milliarde Euro für Wärmepumpen ­geplant

Die Viessmann Gruppe will in den kommenden drei Jahren ihr Geschäft mit grünen Lösungen für die Energiewende massiv ausbauen, unter anderem mit Wärmepumpen. 2021 wuchs die Firmengruppe um 21 Prozent. Der Gesamtumsatz der Gruppe erreichte 3,4 Milliarden Euro (Vorjahr: 2,8 Milliarden Euro). Das Wachstum wurde vor allem durch eine steigende Nachfrage nach Wärmepumpen getrieben, die sich um 41 Prozent verbesserten. Die geplanten Investitionen in Höhe von einer Milliarde Euro sollen in neue Fabriken fließen. Zudem werden Forschung und Entwicklung gestärkt.

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