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Kampf um EEG-Novelle

Rund acht Stunden brauchten die Unterhändler von SPD und CDU im Koalitionsausschuss am 29. Mai, um sich ein weiteres Mal über die Solarstromförderung zu einigen. Danach wird die Einspeisevergütung zwar stärker sinken als bisher, doch nicht so drastisch, wie es Stimmen aus der Union gefördert haben.

Für Anlagen auf Gebäuden mit einer Leistung unter 100 Kilowatt wird soll die Vergütung in den nächsten beiden Jahren nun um acht Prozent sinken, danach jährlich um neun Prozent. Zwar hat Umweltminister Sigmar Gabriel seine Position einigermaßen halten können (siehe Interview Seite 18). Doch Carsten Körnig, Geschäftsführer des Bundesverband Solarwirtschaft BSW-Solar warnt: „Das Anziehen der Förderschrauben setzt die Solarbranche unter härtesten Entwicklungsdruck.“ Besonders für die großen Freiflächenanlagen, die zehn Prozent des Marktes ausmachen, sieht Körnig schwarz, sollte es bei der Einigung bleiben. Die jährliche Reduktion beträgt hier nun zehn Prozent im Vergleich zu 6,5 Prozent bisher. Diese Anlagen ließen sich vermutlich nicht mehr rentabel betreiben.

Von großem Aufatmen kann in der Solarbranche deshalb noch keine Rede sein. Auch nicht, weil die Gesetzesnovelle noch nicht in trockenen Tüchern ist. Fraktionen und am 6. Juni der Bundestag müssen der Einigung noch zustimmen. Dass Einigungen nicht unbedingt etwas heissen, zeigt ein Blick auf die abenteuerliche Geschichte um die EEG Diskussion aus den vergangenen Wochen.

Denn auch die Einigkeit, die nach einem Kabinettsbeschluss im letzen Dezember zwischen dem Bundeswirtschaftsministerium und dem Bundesumweltministerium in Sachen Solarförderung herrschte, erwies sich als brüchig. Obwohl sich die beiden nicht gerade als Busenfreunde bekannten Minister Michael Glos (CSU) und Sigmar Gabriel (SPD) auf einen inheitlichen Kurs verständigt hatten, bemühte der Wirtschaftsminister scheinbar aus heiterem Himmel das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsförderung (RWI), um Unionsforderungen nach einschneidenden Senkungen auf ein fachliches Fundament zu setzen.

Schreckgespenst des RWI

Die westfälischen Gutachter meinten feststellen zu können, dass eine sofortige Kürzung der garantierten Preise um sage und schreibe 30 Prozent angezeigt sei. Das RWI rückt in seiner Einschätzung die bislang geltende, von den Stromkunden getragene Umlagefinanzierung gar in die Nähe der Steinkohle-Subventionierung und rechnet der aufgeschreckten Öffentlichkeit vor, dass sich die Kosten für die Förderung ohne die geforderte Kappung bis 2035 auf ein Gesamtkostenvolumen vom satten 120 Milliarden Euro anhäufen würden. Zahlen die keine zuverlässige Quelle bestätigen konnte.

Ob durch solche Gutachten enthemmt oder einfach nur kurz vor Torschluss aufgewacht, werden derzeit immer mehr Vorwürfe gegen die Solarbranche laut: Joachim Pfeiffer (CDU), Koordinator in Energiefragen der Unions-Bundestagsfraktion, wirft beispielsweise den Produzenten solarer Technologien vor, ihnen würde – durch die überhöhte Vergütung – schlicht der Anreiz fehlen, Effizienzgewinne an die Kunden weiter zu geben. Holger Krawinkel Energieexperte vom Verbraucherzentrale-Bundesverband hält eine deutliche Degression ebenfalls für angezeigt: „Wir wollen einen technologischen Fadenriss vermeiden, sehen aber, dass die deutlich gestiegene Kosteneffizienz bei der Herstellung von Solarzellen nicht ausreichend bei den Verbrauchern angekommen ist.“

Tenor bei allen Vorwürfen gegen die angeblich mit zu hohen Gewinnmargen ausstaffierten Solar-Unternehmen: Die Solar-Bosse packen sich die Taschen voll – und: die stark steigenden monatlichen Energiekosten würden in nicht unerheblichen Maße durch den Anteil an umlagefinanzierten Solarstrom verursacht. Kein Wunder, dass ein Aufschrei durch die angegriffene Branche hallt!

„Nach vier Monaten am Ende“

So Wolfgang Schmitt, Vorstandsmitglied des Zentralverbands der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerks: „Die Politik darf uns jetzt nicht im Regen stehen lassen. Es ist nicht zu verstehen, dass die Bundesregierung einerseits die Technologieführerschaft bei Erneuerbaren Energien für sich beansprucht und vom Handwerk Innovationsfreude fordert und andererseits den Unternehmen die Geschäftsgrundlage entzieht.“

Die rund 10.000 mittelständischen Industrie- und Handwerksbetriebe sind am stärksten von möglichen Einschnitten betroffen. Ein Beispiel: Thomas Rakow hat vor sieben Jahre in seinem Keller die Firma SRU Solar gegründet. Aus dem zwei Mann-Betrieb hat sich der Solar-Unternehmer inzwischen auf einen stolzen 38 Mann-Betrieb vergrößert. Er wurde sogar mit dem Innovationspreis Sachsen-Anhalt 2008 ausgezeichnet. Vor würfe, dass es sich die Solarunternehmer mit der Förderung gut gehen ließen, kann er nicht nachvollziehen: „Wir haben alle Gewinne wieder ins Unternehmen investiert". Was Rakow und seine Mitarbeiter bei einer überhöhten Degression machen würden? „Wir wären nach spätestens vier bis sechs Monaten am Ende. Deshalb würden wir unseren Betrieb ins Ausland verlagern“. Gerade noch für vertretbar hält er die Reduktion um jährlich fünf Prozent, die im noch gültigen EEG vorgesehen ist, das jetzt novelliert werden soll.

Dicke Luft in Koalition

Schon nach dem Regierungsentwurf für die Novelle vom Dezember sollte die Förderung deutlich stärker reduziert werden: Danach würde die Einspeisevergütung für Solarstrom 2009 um sieben Prozent plus einen Cent, das entspricht rund neun Prozent. Ein Jahr später soll sie erneut um sieben Prozent reduziert werden, ab 2011 jährlich um acht Prozent.

Nach den Querschüssen aus den eigenen Reihen revidierte die Union ihre Zustimmung und wollte 2009 gleich mit neun Cent die Sense ansetzen und in den folgenden Jahren um zehn Prozent kürzen. In der Großen Koalition wurde die sowieso schon dicke Luft immer dicker. Auch halbherzige Mahnungen von Kanzlerin Merkel, man möge doch bitte schön das Regieren nicht vergessen, kühlten die erhitzten Gemüter nur wenig ab. Hoffnung auf einen Umkehrschwung in der Unionsfraktion in Richtung Vernunft machten der am Pranger stehenden Solarbranche eigentlich nur noch die Fürsten der unionsgeführten Länder, die sich der Attacke ihrer Amok laufenden Parteigenossen auf ihre einzigen blühenden Landschaften entgegenstellten.

Da die SPD an dem Regierungsentwurf weitgehend festhalten wollte und die Front in der Unionsfraktion bröckelte, war zwar trotzdem nicht damit zurechnen, dass die Maximalforderung Erfolg haben wird. Doch auch nach dem Beschluss im Kolaitionsausschuss bleibt es spannend. Die Arbeit hinter den Kulissen wird bis zu einem Bundestagsbeschluss weiter gehen. BSW-Solar Chef Körnig fordert vor allem Nachbesserungen bei der vorgesehenen Schlechterstellung von Freiflächenanlagen und dem Streichen der Fördeung für gebäudeintegrierte PV. „Sonst verabschiedet sich Deutschland aus wichtigen Zukunftsmärkten.“

Jessica Kaup/KW/MF

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