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Das zweite Standbein

Kaum kommt die Photovoltaik aus den Kinderschuhen, kündigt sich bereits die nächste technische Revolte an: Kleinwindanlagen stoßen bei Hauseigentümern, Landwirten und Gewerbetreibenden zunehmend auf Interesse. Auf ideale Weise passen sie mit der Photovoltaik zusammen. „Hybridsysteme aus Photovoltaik, Windrädern und Batterien haben eine große Zukunft“, prophezeit Patrick Juettemann aus Bochum. Seit Mitte 2011 betreibt er das Webportal (http://www.klein-windkraftanlagen.com). „Die Ertragskurven ergänzen sich sehr gut. Mit solchen Hybridsystemen kann man die Batterie kleiner bauen, die der teuerste Teil ist. Für Photovoltaik allein müsste man die Batterie viel größer planen.“

Juettemann ist einer der wenigen Experten für Kleinwindanlagen in Deutschland. „In den USA und in England ist dieser Markt schon viel weiter“, erläutert er. „Neben Deutschland beobachte ich unter anderem auch diese Leitmärkte.“ Zwischen 2005 und 2011 hat sich der 42-Jährige intensiv mit Zukunftsenergien befasst, in einer Arbeitsgruppe des Wissenschaftsparks in Gelsenkirchen. Auch war er für die EnergieAgentur NRW tätig. 2011 beschloss er dann, sich mit Onlineinformationen über erneuerbare Energien selbstständig zu machen. „Mittlerweile habe ich im Monat rund 20.000 Zugriffe auf das Portal“, berichtet er. „Mehr als 2.300 Abonnenten haben sich für den regelmäßigen Newsletter angemeldet.“

Kleinwindkraft fristet in Deutschland weniger als ein Nischendasein. Unbestätigte Quellen sprechen von 10.000 Anlagen, die bisher verkauft wurden.

Am Katzentisch der großen Windparks

Ein Anlagenregister wie in der Photovoltaik, das die Bundesnetzagentur verwaltet, gibt es noch nicht. Während die Energiekonzerne großzügige Subventionen für die Offshore-Windparks abgreifen, werden die kleinen Turbinen an den Katzentisch verbannt. „Kleinwind hatte nie eine Lobby“, schätzt Juettemann ein. „Das sieht man schon daran, dass es im EEG dafür keine Einspeisevergütung gibt. In Großbritannien erhalten auch kleine Windgeneratoren einen Tarif von bis zu 25 Eurocent je Kilowattstunde, nach Leistung gestaffelt. Deshalb ist der Markt dort viel weiter.“

Die Abgrenzung zwischen großen und kleinen Windkraftanlagen wird international in der Regel bei einer Leistung von 100 Kilowatt gezogen. Kleinwindkraftanlagen werden neben dem Verbraucher aufgestellt und nicht auf Vorrangflächen. Der Windstrom dient vorwiegend dem Eigenverbrauch.

„Es gibt keine verbindliche Definition, welche Leistungen zur Kleinwind zählen“, sagt der Experte. „In der Regel geht in Deutschland die Masthöhe nicht über 30 Meter hinaus, die Leistungen liegen selten höher als 25 oder 30 Kilowatt.“ Das Baurecht ist Sache der Bundesländer, die das Thema sehr unterschiedlich handhaben. In Baden-Württemberg sind Masten bis zehn Metern Höhe genehmigungsfrei. Wird das Windrad dort auf dem Dach montiert, gilt der Abstand zum Dachfirst, nicht zum Boden. Es gibt Kleinwindanlagen, die nur 100 Watt leisten. Im Schwarzwald werden beispielsweise Hybridsysteme aus Photovoltaik und Windturbinen gebaut, um Richtfunkstationen zu versorgen. Solche professionellen Systeme nutzen Windturbinen mit 600 Watt Leistung, um die Spannung der Batterien auch im Winter aufrechtzuerhalten – wenn es die Solaranlage nicht mehr aus eigener Kraft schafft. Für 600 Watt beträgt der Rotordurchmesser rund 1,60 Meter, für 300 Watt rund 1,20 Meter.

Steigende Nachfrage

Die Nachfrage nach Informationen und Komponenten ist in den vergangenen ein bis zwei Jahren stark gestiegen. Der Eigenverbrauch treibt nicht nur den Photovoltaikmarkt, er wird auch den Kleinwindmarkt in Schwung bringen. Privatleute, Landwirte und Gewerbetreibende wollen ihre Stromkosten senken. Wozu sich auf die Photovoltaik beschränken? Mit der Windturbine bekommt der Installateur und Planer einen zweiten Generator in die Hand, der die Möglichkeiten der erneuerbaren Energien eindrucksvoll erweitert. Denn für das alte Leiden – fehlender Solarstrom in der Nacht oder im Winter – bietet der Windgenerator eine ideale Lösung.

Patrick Juettemann möchte die Energiewende aktiv mitgestalten. Er will der Kleinwindbranche auf die Sprünge helfen. Mitte Juli hat er die erste Marktübersicht über Kleinwindturbinen veröffentlicht, in der er neben technischen Aspekten auch die Qualität der Windgeneratoren und deren Verfügbarkeit auf dem deutschen Markt untersucht. Denn bisher gibt es in Deutschland zwar schon mehr als 50 Anbieter, aber keine eigenen Zertifizierungen für Kleinwindkraftanlagen, wie beispielsweise in Großbritannien oder in den USA.

Windrechner im Web

Auf seinem Webportal bietet Juettemann außerdem einen Windrechner an, der so ähnlich wie die gängigen Solarrechner funktioniert: Aus Standort und Windgeschwindigkeit lassen sich die zu erwartenden Stromerträge ausgewählter Turbinen berechnen. Eine professionelle Planung ersetzt dieses Tool nicht. „Weil die Kleinwindanlagen den Wind in Bodennähe nutzen, kann man auch mit den gängigen Windkarten beispielsweise der Bundesländer oder des Deutschen Wetterdienstes wenig anfangen“, sagt Juettemann. „Bauten, Bäume oder Straßen können den Wind stark beeinflussen. Deshalb sollte man die Windgeschwindigkeiten am künftigen Standort der Anlage messen, idealerweise in Nabenhöhe. Am besten über ein Jahr. Man kann aber auch die Messwerte einiger Monate als Grundlage für Potentialabschätzungen nehmen.“

Wenn die mittlere Jahreswindgeschwindigkeit ungefähr vier Meter pro Sekunde erreicht, ist ein Standort für Kleinwindkraft interessant. Natürlich sollte man wissen, wie sich die Geschwindigkeiten über das Jahr verteilen. Die Erträge hängen in der dritten Potenz von der Windstärke ab, das ist ein wichtiger Grundsatz dieser Technologie.

Juettemann hat sein Portal für interessierte Endkunden, Installateure und Planer aufgebaut. Er bietet Basisinformationen zur Technik, zu den Genehmigungsverfahren, zum Anlagenkauf, zu den Standorten, aktuelle Branchenmeldungen und eine umfangreiche Sammlung von FAQ rund um dieses junge Thema. Mittlerweile kann er sich auf ein dichtes Netz von Partnern und Informationsquellen stützen. Er ist sich sicher: „Vor Jahren stand auch die Photovoltaik am Anfang, niemand hat ihren enormen Aufschwung vorhergesehen. Nun kommt die Kleinwindkraft hinzu, die ebenfalls eine große Zukunft haben kann.“

neues Thema

Foto: privat

Eine Chance für Solarteure

Die Zeitschrift photovoltaik wird fortan regelmäßig über Kleinwindkraft und Hybridsysteme mit Photovoltaik berichten. Die Berichterstattung erfolgt in enger Kooperation mit Patrick Juettemann, dem Betreiber des Webportals http://www.klein-windkraftanlagen.com. Im Septemberheft stellt er seine erste Marktübersicht zu Kleinwindgeneratoren vor.

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