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Das kleine Weiße

Am Anfang stand ein kleiner Scherz. Warum nicht das Weiße Haus in Photovoltaikmodule einkleiden? Technologisch zumindest ist dies inzwischen machbar. Gebannt hängen die Wissenschaftler und Architekten aus aller Herren Länder an den Lippen von Patrick Heinstein.

Der Industriedesigner von der Ecole Polytechnique Fédérale in Lausanne hat eine wahre Sensation parat: ein weißes Solarmodul. Das erste seiner Art weltweit. „Seit Jahrzehnten suchen die Architekten einen Weg, Farbe in die Solarelemente zu bringen“, weiß Heinstein. „Weiß ist dabei eine besonders interessante Farbe, weil sie in der Regel für Eleganz und Frische steht. Trotz dieser Nachfrage hat aber bisher noch niemand wirklich weiße Solarmodule realisiert. Bisher hatten die Hersteller und Forscher immer gesagt, das sei physikalisch unmöglich. Doch wir haben gezeigt, dass es möglich ist.“

Entwickler am Centre Suisse d‘Electronique et Microtechnique (CSEM) in Neuchâtel haben zehn weiße Module hergestellt. Derzeit per Hand, weil die Produktionslinien noch fehlen. Aber im Sommer dieses Jahres sollen die ersten weißen Module auf den Markt kommen. Heinstein hatte das Team vom CSEM bei der Entwicklung in Fragen zur Produktästhetik beraten.

Eine Art Filter

Das zentrale Element der Entwicklung ist eine spezielle lichtbrechende Folie. „Wir brauchen eine Art Filter, der das sichtbare Licht komplett reflektiert, aber den infraroten Lichtanteil zum Halbleiter durchlässt“, erklärt Jordi Escarre Palou das Grundprinzip.

Unter seiner Leitung hat das Team in Neuchâtel die Technologie entwickelt. „Generell ist die Farbe des Filters abhängig vom Winkel, in dem das Sonnenlicht auf die Folie trifft“, räumt er ein. „Dies haben wir verhindert, indem wir einen Breitbandfilter einsetzen. Damit bekommen wir ein einheitliches Erscheinungsbild hin.“

Die Folie wird im Rolle-zu-Rolle-Verfahren hergestellt und während der Produktion des Moduls zwischen dem Frontglas und dem Halbleiter aufgebracht. Damit erscheint das Modul für das menschliche Auge in strahlendem Weiß. Der energiereiche infrarote Anteil des Sonnenlichts hingegen kann durch die Folie dringen und im darunterliegenden Halbleiter zur Stromproduktion genutzt werden.

Deshalb ist es auch Voraussetzung, dass unter der Folie eine Halbleitertechnologie steckt, die den infraroten Teil des Lichtspektrums zur Stromproduktion nutzt. „Dieser Teil entspricht immerhin 55 Prozent des gesamten Sonnenlichtspektrums“, weiß Jordi Escarre Palou. „Damit bleibt noch genügend Energie, um mit dem unter der Folie liegenden Halbleiter Strom zu produzieren.“

Gute Erträge

Um der glatten Moduloberfläche auch tatsächlich die weiße Farbe zu geben, muss das reflektierte Licht gestreut werden. Dafür nutzen die Schweizer zwei unterschiedliche Verfahren. Die erste Möglichkeit sind Mikrostrukturen auf der Oberfläche der Folie. Eine andere Möglichkeit ist, Nano- und Mikropartikel in ein Medium einzubetten, zum Beispiel Zinnoxid in eine EVA-Folie.

Die Schweizer haben ihre Folie mit verschiedenen Siliziumhalbleitern getestet, um zu sehen, wie viel vom Wirkungsgrad verloren geht. „Wenn wir nur den infraroten Teil des Lichtspektrums nutzen, also die Wellenlängen zwischen 700 und 1.200 Nanometern, verlieren wir an Effizienz“, berichtet Palou. „Aber die Erträge sind immer noch relativ gut.“

In Handarbeit hergestellt

Mit den Dünnschichtsiliziumzellen von Ersol erreichen die Forscher vom CSEM mit ihrem Filter eine Effizienz von 7,3 Prozent. Regulär haben diese Zellen einen Wirkungsgrad von 14 Prozent. Der Wirkungsgrad der kristallinen Zellen von Sunways sinkt mit der Folie von 16,9 auf 8,9 Prozent. Die besten Ergebnisse erreichten die Forscher mit den Hetero-Junction-Zellen des japanischen Herstellers CIC Solar. Nachdem sie ihre Filterfolie auf die Zelle aufgebracht haben, sank der Wirkungsgrad von 19,8 auf 10,8 Prozent.

Deshalb haben sie die ersten zehn in Handarbeit hergestellten Module mit dieser Zelltechnologie gebaut. Die weißen Paneele haben zwar jeweils nur eine Fläche von 400 Quadratzentimetern, erreichen aber immerhin einen Wirkungsgrad von 11,4 Prozent. Ohne Folie würden die Module eine Effizienz von 19,1 Prozent erreichen. „Damit verlieren wir mit dem weißen Filter zwar gut 40 Prozent an Modulwirkungsgrad“, sagt Palou. „Doch dies ist für uns ein akzeptabler Wert.“

Auch für Heinstein sind die Effizienzverluste zu verschmerzen. „Die Photovoltaikindustrie hängt immer noch am Fetisch der Moduleffizienz“, kritisiert er. „Ob Architekten die Module auch verwenden, ist ihr weitgehend egal. Der Preis für ein weißes Modul ist der Verlust an Effizienz. Aber dafür haben wir dann ein strahlend weißes Solarmodul.“

Mit Blick auf die Energiewende wird es in Zukunft ohnehin nicht mehr ohne Fassade gehen. „Selbst in den sonnenreichen Ländern Südeuropas reichen die Dachanlagen nicht aus, um den gesamten Energiebedarf eines Gebäudes zu decken“, erklärt Sara Freitas vom Zentrum für Nachhaltige Energiesysteme der Universität Lissabon.

Sie hat das Potenzial von Solarfassaden in zwei Stadtvierteln der portugiesischen Hauptstadt ermittelt. Den Energieverbrauch in den Gebäuden vergleicht sie mit dem prognostizierten Ertrag aus verschiedenen Solaranlagen. „Um den Energiebedarf zu decken, reichen nur im Sommer die Dachflächen aus, wenn man sie mit Photovoltaik bestückt. Doch in den Wintermonaten genügt das nicht mehr. Dann brauchen wir die Anlagen an den Fassaden“, fasst sie ihre Ergebnisse zusammen.

Für Architekten interessant

Ob dazu unbedingt ein weißes Modul notwendig ist, sei dahingestellt. Doch die Entwickler vom CSEM in Neuchâtel können auch andere Farben erzeugen. Sie stellen den Filter der Folie so ein, dass dann das für das Erscheinungsbild notwendige Farbspektrum reflektiert wird. „Dies gibt dem Hersteller die Möglichkeit, die vom Kunden gewünschte Farbe herzustellen“, sagt Jordi Escarre Palou. „Da die Folie flexibel ist, kann sie auch für flexible Module eingesetzt werden, was noch weitere Anwendungsmöglichkeiten eröffnet.“

Die Filterfolie hat noch einen anderen Vorteil. Weder die darunterliegende Halbleitertechnologie noch die metallischen Zellverbinder sind sichtbar. Das macht die Module vor allem für Architekten interessant, die ihre Probleme mit herkömmlichen Modellen haben, da sie die Optik der Fassade empfindlich stören.

Mit jedem Halbleiter nutzbar

Aus welchem Material die Folie besteht und wie sie auf das Frontglas aufgebracht wird, will Heinstein nicht im Einzelnen verraten. Schließlich sind die Verträge mit einem Industriepartner noch nicht in trockenen Tüchern.

Auch der Preis steht noch nicht fest. „Wir haben schon eine Preisvorstellung“, sagt der Schweizer. „Dieser wird aber wettbewerbsfähig mit anderen Fassadenelementen sein.“

Energy Forum

Umzug in die Schweiz

In diesem Jahr feiert das Energy Forum on Advanced Building Skins ein Jubiläum. Es findet zum zehnten Mal statt.Doch nicht wie bisher im malerischen Brixen in Südtirol, sondern im nüchternen Bern.

Der Veranstalter reagiert damit auf die Veränderungen der vergangenen Jahre. So war Italien einst der Vorreiter der Gebäudeintegration von Photovoltaik. Doch inzwischen hat die Schweiz dem Nachbarn im Süden den Rang abgelaufen. Eine Reihe preisgekrönter Gebäude mit Photovoltaikfassaden ist in den letzten Jahren in den Kantonen der Eidgenossenschaft entstanden.

Für den Veranstalter ist dies ein klares Zeichen, dass es die Schweizer Architekten ernst meinen mit der gebäudeintegrierten Photovoltaik. Dadurch hat sich auch der BIPV-Markt vom sonnigen Italien weiter nach Norden verschoben.

Zudem reagiert der Veranstalter mit dem Umzug nach Bern auf die veränderte Teilnehmerstruktur. Einst kam das Publikum hauptsächlich aus Italien. Inzwischen ist das Energy Forum eine Basis zur Vernetzung zwischen Architekten, Wissenschaftlern sowie Entscheidern aus der Solar- und Bauindustrie aus aller Herren Länder. Deshalb hat sich der Veranstalter für einen leichter erreichbaren Ort entschieden.

Das Energy Forum on Advanced Building Skins findet am 3. und 4. November 2015 im Congress Center des Messegeländes in Bern statt.

http://www.energy-forum.com

Marktübersicht

Indachsysteme

  • 24 Hersteller
  • 28 Systeme
  • Angaben zur Dachneigung
  • Angaben zum Modultyp
  • Verwendbare Modulfabrikate
  • Link zu Datenblättern der Hersteller
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Wo? Themendossier Schrägdach

Wie? Abodaten eingeben und zugreifen

https://www.photovoltaik.eu/dossiers-specials

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