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Wintergas aus Sonnenkraft

Leise schnurrt das Auto über die Landstraßen Oberösterreichs. Der Hyundai Nexo gibt kein einziges Motorengeräusch von sich. Das ist kein Wunder, denn er wird mit Elektromotoren angetrieben.

Diese bekommen ihren Strom aber nicht aus einer Lithium-Ionen-Batterie, wie es andere Elektroautos tun. Vielmehr werkelt unter der Motorhaube eine Brennstoffzelle, die Wasserstoff mit dem Luftsauerstoff zu Wasser verbindet. Dabei wird elektrische und Wärmeenergie frei. Nur beim Anfahren und beim rasanten Beschleunigen unterstützt ein kleiner Akku den Vortrieb, der unter der Kofferraumabdeckung liegt.

Mit 350 Bar gespeichert

Den eigentlichen Fahrstrom liefert allein die Brennstoffzelle. Das Aggregat bezieht den Wasserstoff aus drei Tanks, die unter dem Auto angebracht sind. So stößt das Auto während der kurzen Fahrt durch die malerische Umgebung von Thalheim kein einziges Gramm Treibhausgase aus. In dem kleinen Örtchen vor den Toren von Wels hat der Leistungselektronik- und Speicherhersteller Fronius seine Forschungsabteilung angesiedelt. Hier steht seit Kurzem auch eine Wasserstoffbetankungsanlage.

Das gesamte System besteht aus einem Solarcarport. Die Photovoltaikanlage leistet sechs Kilowatt. Außerdem liefern die Solaranlagen auf den angrenzenden Gebäuden von Fronius Strom für das System. Die Sonnenenergie fließt komplett in einen großen Container und versorgt dort einen Elektrolyseur. Der spaltet Wasser elektrochemisch in seine Bestandteile auf. Der Wasserstoff strömt in ein Bündel von Druckflaschen, wo er mit 350 Bar gespeichert wird.

Genutzt wird das Gas nicht nur für die beiden Brennstoffzellenautos, sondern auch für die Flurförderzeuge wie Gabelstapler, von denen Fronius auch einige mit Brennstoffzellen betreibt. Im Container steht noch eine stationäre Brennstoffzelle, mit der der gespeicherte Wasserstoff wieder zurückverstromt werden kann.

Sowohl bei der Elektrolyse als auch bei der Rückverstromung fällt Wärme an. Diese wird über einen Wasserkreislauf ausgekoppelt und kann vor Ort verwendet werden. Damit steigt natürlich auch der Systemwirkungsgrad.

Teuersten Energieträger ersetzen

Doch die erste Anwendung ist vor allem in der Mobilität. „Denn zuerst müssen wir mit dem Wasserstoffspeicher den teuersten Energieträger ersetzen, um über Skalierungseffekte den Preis für den Wasserstoff zu senken“, erklärt Thomas Rührlinger. Er war in der Geschäftseinheit für Wasserstofflösungen bei Fronius an der Entwicklung des Systems beteiligt. „Der teuerste Energieträger kommt derzeit aus der Zapfsäule. Dort wird sich das System zuerst rechnen und dann kommt das Thema der Nutzung im stationären Bereich.“

Deshalb nutzt Fronius den Wasserstoff auch zuerst für die Mobilität. Die stationäre Brennstoffzelle kommt nur zum Einsatz, wenn ein Überschuss an Wasserstoff vorhanden ist.

900 Kilowattstunden zwischenlagern

Das Gas wird mit dem Druck von 350 Bar aus dem Speicher in die Tanks der Fahrzeuge gepumpt. „Mit unserer Anlage können wir gut 900 Kilowattstunden an Energie in Form von Wasserstoff speichern“, erklärt Thomas Rührlinger. „Wenn man den Wasserstoff mit einem Druck von 700 Bar einspeichert, wie es für Pkw üblich ist, könnten wir bei gleichem Volumen etwa 1.500 Kilowattstunden Energie zwischenlagern“, sagt er.

Doch die 350 Bar reichen für die Anlage in Thalheim aus, um die beiden Brennstoffzellenautos von Fronius komplett zu versorgen, auch wenn durch den geringeren Druck der Tank maximal halb voll wird. Der fasst eigentlich 6,33 Kilogramm Wasserstoff. „Ein Kilogramm Wasserstoff hat einen Energiegehalt von 33 Kilowattstunden und Fahrzeuge wie ein großer SUV kommen mit sechs Kilogramm zwischen 600 und 800 Kilometer“, rechnet Rührlinger vor.

Die großen Autos im Blick

Wie weit ein Auto mit einem vollen Wasserstofftank kommt, hängt natürlich davon ab, wo und wie schnell der Fahrer unterwegs ist. Hyundai gibt für seinen Nexo einen Verbrauch im herkömmlichen Drittelmix aus Fahrt in der Ortschaft, auf der Landstraße und auf der Autobahn von 0,84 Kilogramm pro 100 Kilometer an.

Damit ist der SUV der Koreaner mit seinen 163 PS über 750 Kilometer unterwegs, ohne nachtanken zu müssen. „Das ist für die Elektromobilität sehr beachtlich“, betont Rührlinger. „Das ist vor allem interessant für Fahrzeuge mit einem hohen Energiebedarf wie Lkw, Landmaschinen oder Busse, die man mit Wasserstoff über große Reichweiten betreiben kann und wo kurze Betankungszeiten notwendig sind“, ergänzt Martin Hackl, Leiter der Business Unit Solar Energy von Fronius. „Dort ist der Wasserstoff als Ergänzung der Batterien in der Elektromobilität eine Lösung.“ Zumal dann die 350 Bar Druck im Speicher ausreichen, weil diese Fahrzeuge den Wasserstoff mit diesem Druck tanken.

Hackl und Rührlinger sehen die Wasserstoffelektromobilität nicht als Konkurrenz zu den batteriebetriebenen Autos, sondern als Teil eines Gesamtenergiesystems. „Sicher, das Elektroauto mit Batterien ist ausgereifter als die Brennstoffzellenfahrzeuge und auch der Markteintritt ist weiter vorangeschritten“, sagt Rührlinger.

100 Kilogramm pro Tag sind das Ziel

Aber damit ist der Boden für die Wasserstoffelektroautos bereitet. Denn bei einem bereits vorhandenen elektrischen Antriebsstrang lässt sich die Brennstoffzelle relativ leicht ergänzen. „Auch bei den Autoherstellern nimmt Wasserstoff eine wichtige Rolle in der Entwicklung für die nächsten Jahre ein“, ist Rührlinger überzeugt.

Die kleine Anlage in Thalheim ist nur ein Pilotprojekt, um den zukünftigen Kunden zu zeigen, dass es funktioniert. Schließlich sind die vier Kilogramm Wasserstoff, die das System pro Tag produzieren kann, nichts für einen wirtschaftlichen Betrieb. „Da müssen wir schon in die Größenordnung von bis zu 100 Kilogramm Wasserstoff pro Tag kommen“, erklärt Martin Hackl.

Fuhrpark dekarbonisieren

So sieht es zumindest das Konzept der Anlage vor. Sie ist deshalb modular aufgebaut. Denn in den Container passen noch mehr Elektrolyseure und wenn der Platz nicht ausreicht, kann Fronius auch einen größeren Container anbieten.

Selbst die Anlage in Thalheim ist mit der Solarstromleistung von sechs Kilowatt längst nicht ausgereizt. „Wir können aktuell mit den 350 Bar 27 Kilogramm Wasserstoff speichern“, sagt Rührlinger. „Doch auch das Speicherbündel ist erweiterbar und kann so auf die jeweilige Anwendung abgestimmt werden.“

Kommunen als Kunden

Auf diese Weise hat Fronius vor allem Unternehmen der Logistikbranche als Kunden im Blick. Auch andere Unternehmen, die auf alternative Antriebe umsteigen wollen und für die die Elektromobilität mit Batterien keine Lösung ist, können so ihren Fuhrpark dekarbonisieren. Eine dritte Zielgruppe sind Landwirte.

Für deren große und schwere Maschinen ist Wasserstoff eine Lösung, um vom Verbrennungsmotor wegzukommen. „Vor allem aber Kommunen, die ihre Städte und damit auch ihren gesamten Fuhrpark dekarbonisieren wollen, zeigen großes Interesse an unserer Lösung“, sagt Hackl mit Blick auf die bisherigen Vertriebsgespräche. Die Inbetriebnahme der ersten Anlage ist für das kommende Jahr geplant.

Überschüsse verkaufen

Doch über allem schweben die Kosten. „Unser mittelfristiges Ziel ist, den Wasserstoff für zehn bis zwölf Euro pro Kilogramm zu produzieren“, sagt Thomas Rührlinger. „Das ist etwa das Äquivalent des Dieselpreises, wenn eine CO2-Steuer mit eingerechnet wird“, ergänzt Martin Hackl. „Aber am Anfang werden sicherlich Kunden auf unsere Lösung zurückgreifen, bei denen das Kostenargument nicht an erster Stelle steht.“

Damit hat Hackl wiederum vor allem Kunden im Blick, bei denen das grüne Image vor einem möglichst niedrigen Preis kommt. „Kommunen können mit der Umstellung ihres Fuhrparks auf Wasserstoffelektromobilität als Vorbild wirken für die Einwohner, die ihre privaten Autos dann auch auf diese Technologie umstellen“, sagt er. Die Infrastruktur ist dann auch schon vorhanden. Denn die Kommunen können den Wasserstoff an die Bürger verkaufen. „Genau so ist auch die gesamte Photovoltaik derzeit aufgestellt“, sagt Hackl. „Zunächst wird der produzierte Strom selbst genutzt und nur die Überschüsse werden an Dritte verkauft.“

Mit diesem Geschäftsmodell können auch die Kommunen oder Unternehmen punkten. Abgesehen davon, dass sie auch einen Wärmebedarf vor Ort haben, der mit der Abwärme aus der Elektrolyse – und später auch aus der Brennstoffzelle – abgedeckt werden kann, bauen sie ihre eigene Infrastruktur auf, die dann von anderen mitgenutzt werden kann.

Flexible Stromtarife nutzen

Denn dass die Wasserstofftechnologie eine Sache des vorhandenen Tankstellensystems wird, glaubt Hackl ohnehin nicht. Er blickt da auf die bisherige Entwicklung der Elektromobilität. „Die Ladesäulen sind nicht vor allem an Autobahnraststätten entstanden, sondern auf Parkplätzen vor Einkaufszentren oder in Unternehmen, wo die Mitarbeiter tagsüber ihre Autos betanken“, sagt er. „Da sind ganz neue Betreiber jenseits der klassischen Abfüller von Benzin und Diesel hinzugekommen, die die Energieversorgung in der Elektromobilität übernehmen. Das wird beim Wasserstoff genauso sein. Auch hier werden neue Anbieter die Infrastruktur aufbauen und betreiben.“

Dazu kommt noch, dass Unternehmen und Kommunen potenziell große Photovoltaikanlagen haben, mit denen sie genügend Wasserstoff produzieren können, um den Preis nach unten zu treiben. „Der Elektrolyseur sollte möglichst 24 Stunden laufen, um möglichst günstigen Wasserstoff zu produzieren“, betont Martin Hackl. „Wir setzen deshalb auch auf flexible Stromtarife. Von einem reinen Sonnenbetrieb der Anlage würde man am Anfang absehen, da das die Laufzeiten des Elektrolyseurs verkürzt. Es geht vielmehr um eine Kombination aus selbst erzeugter Sonnenenergie und Ökostrom aus dem Netz, wenn dieser preisgünstig zu haben ist.“

Der erste Schritt ist getan

Sicherlich wird auch der reine Sonnenbetrieb irgendwann wirtschaftlich werden. Dann müsste aber die Solaranlage so groß ausgelegt werden, dass sie auch im Winter genügend Strom für die Wasserstoffelektrolyse liefert. Alternativ müsste in sonnenreichen Zeiten so viel Wasserstoff produziert werden, dass dieser für den Winterbetrieb ausreicht. „So viel Wasserstoff saisonal vor Ort zu speichern, ist momentan wirtschaftlich noch nicht möglich“, sagt Thomas Rührlinger. „Das kommt aber noch“, ist er sich sicher.

Wenn es so weit ist, sind auch Quartierskonzepte mit dem System als Gemeinschaftsspeicher für viele kleine Photovoltaikanlagen denkbar. Am Ende steht auch das Ziel, die Wasserstofftechnologie als Speicher ins Einfamilienhaus hineinzubringen. „Da brauchen wir aber noch viel größere Stückzahlen, um das zu verwirklichen“, sagt Martin Hackl. Mit der großen gewerblichen Lösung geht Fronius dieses Ziel aber an. Denn wenn der Absatz von solchen Wasserstoffanlagen steigt, sinken auch die Preise für die einzelnen Komponenten, was dann irgendwann durchaus finanziell interessant für Privathaushalte werden könnte. „Aber das wird noch mehr als zehn Jahre dauern“, resümiert Hackl. Der erste große Schritt ist mit dem jetzigen System aber schon getan.

www.fronius.com

Home power Solutions

Stromversorgung mit Wasserstoff

Home Power Solutions (HPS) aus Berlin hat eine Komplettlösung für die Energieversorgung von Eigenheimen mit Solarstrom entwickelt. Das Herzstück heißt Picea. In ihm ist ein Blei-Gel-Speicher mit 25 Kilowatt Kapazität, ein Elektrolyseur, eine Brennstoffzelle, ein Solarladeregler, ein Inselwechselrichter, ein Lüftungsgerät, ein Wärmetauscher und ein Energiemanagement verbaut. Dazu kommen noch ein Wärmespeicher und ein Wasserstoffspeicher. Letzterer steht außerhalb des Gebäudes und kann je nach Energiebedarf zwischen 600 und 3.000 Kilowattstunden Kapazität skaliert werden.

Das Grundprinzip besteht aus der Eigenversorgung mit Strom aus der Solaranlage auf dem Dach. Diese sollte bei einer vier- bis fünfköpfigen Familie knapp zehn Kilowatt leisten. Überschüsse werden in den Stromspeicher eingeleitet. Sollte dieser voll sein, fließt der überschüssige Solarstrom in den Elektrolyseur, der Wasser in seine Bestandteile spaltet. Der Wasserstoff wird eingespeichert und bei Bedarf – in der Regel im Winter, wenn nicht genügend Solarstrom vorhanden ist – wieder in der Brennstoffzelle zurückverstromt. Damit ist auch sichergestellt, dass der Bleispeicher niemals zu tief entladen wird. Außerdem wird die bei der Elektrolyse und in der Brennstoffzelle frei werdende Wärme im Brauchwasserspeicher gebunkert.

Mit der Lösung kann die gesamte Stromversorgung über das gesamte Jahr hinweg abgedeckt werden. Für die Wärmeversorgung ist allerdings noch ein Spitzenlastgerät notwendig. Picea kann aber mit allen Technologien umgehen, die es am Markt gibt wie Wärmepumpen, Pellet- oder Gaskessel oder einem wassergeführten Kamin.

Netto kostet das Gerät etwa 54.000 Euro. Das klingt viel. Doch allein an KfW-Förderung gibt es für die Brennstoffzelle mit einer Nennleistung von 1,5 Kilowatt 12.450 Euro. Außerdem enthält das Gerät Komponenten, die beispielsweise für ein Gebäude mit KfW-40-Plus-Standard ohnehin notwendig sind. Diese kosten insgesamt etwa 15.000 Euro, die mit Picea nicht mehr anfallen. Außerdem rechnet HPS damit, dass zehn Prozent des Solarstroms eingespeist werden. Damit kann der Hauseigentümer die Umsatzsteuer für das Gerät absetzen. Auf diese Weise rechnen die Berliner mit einer Amortisationszeit von etwa zehn Jahren.

www.homepowersolutions.com

Fronius

PEM-Technologie für Elektrolyse und Brennstoffzelle

Fronius nutzt in seiner Anlage sowohl für die Elektrolyse als auch für die Rückverstromung in der Brennstoffzelle die sogenannte PEM-Technologie. PEM steht für Protonenaustauschmembran (Proton Exchange Membrane).

Diese Polymermembran lässt bei der Elektrolyse nur die positiv geladenen Wasserstoffionen durch und wirkt als Sperre für die negativ geladenen Sauerstoffionen. Auf diese Weise können die beiden Gase getrennt werden, die durch das Anlegen einer Spannung an den beiden Elektroden des Elektrolyseurs aus dem Wasser entstehen.

Bei der Rückverstromung in der Brennstoffzelle wird der Wasserstoff an der Anodenseite unter Abgabe von zwei Elektronen und zwei Protonen oxidiert. Während die Elektronen abgeleitet werden, strömen die Protonen durch die Membran auf die Kathodenseite.

Dort wird Sauerstoff zugeleitet, der durch die Elektronen, die zuvor in einem Stromkreis elektrische Arbeit verrichten konnten, reduziert wird. Zusammen mit den Protonen entsteht Wasser. „Für unsere Anwendung ist die PEM die perfekte Technologie, weil sie sehr dynamisch auf fluktuierende erneuerbare Energien reagiert und viele andere Vorteile bietet“, sagt Thomas Rührlinger von Fronius.

Sie enthält einen festen Elektrolyt. Außerdem kommt sie mit Luft zurecht und braucht keinen reinen Sauerstoff für die Reaktion mit dem Wasserstoff zu Wasser. Damit ist sie für mobile und kleinere stationäre Anwendungen besser geeignet.

Außerdem nutzt Fronius in der Pilotanlage eine selbst entwickelte Hochdruckelektrolyse. Damit können die Österreicher den Wasserstoff mit 350 Bar erzeugen, ohne ihn noch einmal komprimieren zu müssen. „Für die ersten Projekte werden wir aber normale Elektrolyseure nutzen, weil die Hochdruckelektrolyse noch zu teuer ist“, sagt Rührlinger. Dann kommt in den Container noch ein Kompressor.

www.fronius.com

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