Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch

“Keine einfache Übung“

In welchen Märkten haben sich PPA gegenüber EEG-Förderungen durchgesetzt?

Björn Broda: Die wesentlichen PPA-Märkte für erneuerbare Energien liegen bisher vor allem in den USA sowie in Australien. Doch auch in Europa ist eine zunehmende Marktdynamik zu erkennen. Dies gilt in der Windenergie vor allem für die nordischen Märkte, Großbritannien, die Niederlande oder Italien. In der Photovoltaik sorgt vor allem Spanien derzeit für Schlagzeilen mit großen Solarparks, die auf der Basis von PPA finanziert werden.

Sind PPA-Systeme die besseren Regelungen für die marktgerechte Vergütung?

Ob man sagen kann, dass PPA-Systeme grundsätzlich überlegen sind, ist nicht leicht zu beantworten. Richtig ist, dass in Europa die Energieerzeugung aus Wind und Sonne zunehmend wettbewerbsfähig und damit unabhängiger von Fördermechanismen wie dem EEG wird. Richtig ist aber auch, dass PPA-Strukturen in anderen Märkten teilweise durch Steuer- oder Finanzierungsvorteile oder Grünstromquoten gestützt werden.

Warum gewinnen die PPA in Europa an Bedeutung?

Der wichtigste Grund ist sicherlich, dass die Stromgestehungskosten für Wind und Solar mittlerweile so weit gesunken sind, dass beide Technologien gegenüber konventionell erzeugtem Strom wettbewerbsfähig werden. Dies gilt vor allem für Märkte mit vergleichsweise hohen Strompreisen wie in Südeuropa. Insbesondere dann, wenn es keine Ausschreibungsmechanismen in diesen Märkten gibt, sind Projektentwickler und Investoren auf alternative Vermarktungsmodelle angewiesen. Dieser Bedarf trifft auf finanzierungsbereite Banken und eine zunehmende Nachfrage nach grünem Strom von Energieversorgern und Energiehändlern sowie energieintensiven Unternehmen. Zu letzteren zählen insbesondere Unternehmen aus dem IT-Sektor oder der Schwerindustrie.

Wer setzt außerdem auf PPA?

Auch für kundenorientierte Branchen wie Automobilhersteller und die Konsumgüterindustrie gewinnt der CO2-Abdruck an Bedeutung. Die Abnehmer des Grünstroms binden sich mit dem Liefervertrag mittel- bis langfristig und sichern sich damit gegen steigende Strom- und CO2-Preise ab. In Deutschland sind die Vorreiter bei den PPA aber nicht die Neuanlagen, sondern alte Windanlagen, die aus der Förderung fallen. Solange die Standsicherheit besteht, können sie mithilfe eines PPA noch ein paar Jahre weiterbetrieben werden, bis die Kosten für Wartung und Instandsetzung die Markterlöse übersteigen.

Welche Erfahrungen hat Juwi mit PPA gemacht?

Juwi kann zwei Trümpfe ausspielen. Zum einen sind wir frühzeitig international aktiv geworden und können nun von den Erfahrungen der Kollegen in unseren Niederlassungen in den USA, Australien oder Südafrika profitieren. Zum anderen haben wir mit unserer Muttergesellschaft, der MVV Energie AG, einen Partner mit langjähriger Erfahrung in der Stromvermarktung. Hier zeigen sich die Stärken in der Kombination aus Projektentwickler- und Energieunternehmen.

Was sind die konkreten Herausforderungen beim Abschluss von PPA für neue Solaranlagen?

Der entscheidende Unterschied besteht darin, dass sich das Chancen-Risiko-Profil an mehreren Stellen verändert und individuell vertraglich geregelt werden muss. So muss vertrieblich zuallererst ein langfristiger Stromabnehmer gefunden werden, dessen Bonitätsrisiko bei der Finanzierung bewertet werden muss.

Für eine Laufzeit über 20 Jahre und mehr ...

Bestenfalls ja. Deshalb gewinnt die langfristige Sicht auf den Strommarkt an Bedeutung, die über den Zeitraum hinausgeht, der mittels sogenannter Forward-Kontrakte abgesichert werden kann. Es kommt dann auf den einzelnen Vertrag an, welcher Anteil der resultierenden Preisrisiken durch Indexierung, Caps oder Floors beim Erzeuger und welcher beim Abnehmer liegt.

Gibt es weitere Risiken?

Zusätzlich stellt sich die Frage, ob der Abnehmer des erzeugten Stroms die Strommenge so abnimmt, wie es Sonne, Wind und gegebenenfalls erforderliche Abregelungen jeweils zulassen, oder ob eine bestimmte Menge garantiert wird. Die Volatilität führt zu zusätzlichen Mengenrisiken und dem Erfordernis zur Beschaffung von Ausgleichsenergie oder aber auch zu Chancen bei Mehrproduktion.

Wie reagieren die Banken darauf?

Aus Sicht der finanzierenden Bank führen zunehmende Risiken zu Zinsaufschlägen oder höheren Eigenkapitalanforderungen. Gleiches gilt für die Renditeforderung der Investoren, wenn sie im Gegensatz zum EEG-System zusätzliche Risiken tragen müssen. Die Risiken müssen in einem PPA abgebildet sein, das aber auch für den Abnehmer noch vorteilhaft ist. Das ist keine einfache Übung.

Sind die PPA ein künftiges Modell für Deutschland?

In der Finanzierung von Neuanlagen wird die Vorteilhaftigkeit von PPA vor allem durch die Entwicklung der EEG-Ausschreibungsmengen und der Zuschlagspreise sowie das Strompreisniveau beeinflusst. Diese Faktoren bremsen für den deutschen Markt derzeit noch die stärkere Verbreitung von PPA. Die Preisentwicklung spricht hier bei Neuprojekten zurzeit eher für PPA im Solarbereich.

Der Strommarkt in Deutschland wird nach wie vor stark von politischen Vorgaben bestimmt. Wie schätzen Sie dieses Risiko ein?

Politische Eingriffe wie ein konsequenter und schneller Kohleausstieg können die Spielregeln schnell ändern. In Deutschland fehlen daher bislang für die PPA-Finanzierung vor allem noch ausreichend Referenzprojekte. Damit steht der breite Praxistest für die Banken beziehungsweise die Projektfinanzierung noch aus. Entsprechend haben sich noch keine Vertragsstandards herausgebildet, welche die Finanzierung vereinfachen würden.

Stichwort Finanzierung: Lassen sich Projekte mit relativ kurz laufenden PPA überhaupt finanzieren?

Kurz laufende PPA erschweren natürlich die Finanzierung eines Projektes, sodass die Mehrzahl der PPA im Ausland mittel- bis langfristig läuft. Gleiches gilt für die Frage, wie hoch der Anteil der über PPA vermarkteten Stromproduktion der Anlage ist. Allerdings ist hier der Risikoappetit von Investoren und Banken zum Teil sehr unterschiedlich.

Was bedeutet das für die Akteure?

Für Projektentwickler wie uns können die PPA vor allem einen weiteren Vermarktungskanal bedeuten, der die Marktentwicklung weniger abhängig von Ausschreibungen und deren Anforderungen für Genehmigungen oder Flächen macht. Gleichzeitig sinkt die Gefahr von rückwirkenden Eingriffen in staatliche Subventionen für die Anlagenbetreiber.

Welche Anforderungen müssen die Stromabnehmer erfüllen?

Auf der Abnehmerseite bedeutet die erforderliche Bonität, dass tendenziell eher Großunternehmen und Energieversorger die mit lang laufenden Verträgen verbundenen Risiken tragen können. Alle Seiten müssen künftig ebenso wie Banken und Investoren PPA verstehen, detailliert bewerten und verhandeln können. Die individuellen Präferenzen bei einzelnen Vertragselementen machen dann die Vergleichbarkeit verschiedener Projekte schwieriger.

Feste Einspeisetarife wie im deutschen Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) haben dem Windstrom und der Sonnenkraft in vielen europäischen Ländern zum Durchbruch verholfen. Sehen wir bald ein Ende dieser gesetzlichen Förderungen?

Jeder redet derzeit vom Ende des EEG und meint damit das Ende der finanziellen Förderung. Viele Beispielprojekte mit PPA in Europa zeigen, wie wettbewerbsfähig die erneuerbaren Energien geworden sind und sich damit aktuell selbst am Markt finanzieren lassen. Bei der reinen Betrachtung der Stromgestehungskosten werden aber oft die langfristigen Auswirkungen des Ausbaus von Wind und Photovoltaik auf den Strompreis vernachlässigt.

Können Sie das kurz erläutern?

Neben zunehmender Volatilität kann es hier zu Kannibalisierungseffekten kommen, die den Marktwert des Stroms zeitweise deutlich nach unten drücken. Ob diese Preisrisiken für alle erforderlichen Neuprojekte rein auf Basis eines marktbasierten PPA-Systems getragen werden können, ist für mich noch offen. Auch glaube ich nicht, dass der erforderliche Netzausbau und dessen Steuerung vollständig dem Markt überlassen werden. Vieles spricht daher für eine evolutionäre Entwicklung, in der marktgetrriebene und gesetzliche Elemente nebeneinander bestehen. So werden trotz zunehmender Bedeutung der PPA auch Bestandteile des EEG zumindest vorläufig ihre Bedeutung behalten.

www.juwi.de

Jetzt weiterlesen und profitieren.

+ PV E-Paper-Ausgabe – jeden Monat neu
+ Kostenfreien Zugang zu unserem Online-Archiv
+ Fokus PV: Sonderhefte (PDF)
+ Weiterbildungsdatenbank mit Rabatten
+ Webinare und Veranstaltungen mit Rabatten
+ Adresseintrag im jährlichen Ratgeber
uvm.

Premium Mitgliedschaft

2 Monate kostenlos testen