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Die Energiefassade steht auf dem Programm

Nicht nur auf der Conference on Advanced Building Skins ist das Hauptthema die Energiefassade. Auch bei Architekten und Fassadenbauern rückt das Thema immer mehr in den Mittelpunkt. Doch die Branche hat die Nische noch längst nicht verlassen. Welche Hürden noch zu nehmen sind, wissen die Referenten.

Die Conference on Advanced Building Skins geht in ihre zehnte Runde. Während das internationale Treffen von Architekten, Wissenschaftlern und Photovoltaikindustrie in den vergangenen neun Jahren im italienischen Brixen stattfand, reagierte der Veranstalter auf die steigende Teilnehmerzahl mit dem Umzug nach Bern. Die Verlegung der Konferenz hat sich gelohnt. Etwa 480 Teilnehmer aus der ganzen Welt empfängt der Veranstalter Economic Forum in der Schweizer Hauptstadt. Das sind immerhin doppelt so viele Teilnehmer wie im vergangenen Jahr. Und die Konferenz wird weiter wachsen, ist sich Andreas Karweger, Geschäftsführer von Economic Forum mit Sitz in München, sicher.

Interesse an Energiefassaden wächst

Das hat vor allem einen Grund: Das Interesse an Fassaden der Zukunft ist gestiegen. Auch die gebäudeintegrierte Photovoltaik (BIPV) rückt immer mehr in das Interesse der Architekten. „Wir befinden uns im Aufwind mit der BIPV“, betont Florian Frey, Leiter Produktmanagement bei Bosch CISTech. „Wir haben zunehmend Anfragen nach Energiefassaden in Asien, dort vor allem aus China und Singapur, aber auch aus Afrika und Europa. Selbst Projektträger interessieren sich immer stärker für das Thema.“

Deutsche Eigenverbrauchsregeln verhindern BIPV

Trotzdem ist die BIPV noch längst nicht aus ihrem Nischendasein heraus. Frey führt das vor allem darauf zurück, dass die BIPV in einen Topf mit der Photovoltaik auf dem Dach geworfen wird. Diese ist lange ein Finanzprodukt gewesen. Erst in letzter Zeit ändert sich mit dem Eigenverbrauch von Solarstrom diese Einstellung. Doch gerade in Deutschland sind die sperrigen Regelungen für den Eigenverbrauch eine hohe Hürde für die BIPV. „Dann wir des für den Bauherrn schwierig“, weiß Florian Frey. Denn in der Regel haben die Fassadenanlagen vor allem an Büro- und Industriegebäuden eine höhere Leistung als zehn Kilowatt. Dann muss der Gebäudeeigentümer einen Anteil der EEG-Umlage auf den selbst verbrauchten Strom bezahlen, auch wenn der Ertrag aus einer Fassadenanlage nicht so hoch ist, wie der aus einer Dachanlage. Zumal die Bürogebäude ohnehin für die Photovoltaik allgemein ein schwieriger Markt sind. Denn in der Regel sind die Nutzer der Gebäude nicht die Eigentümer. Die Besitzer von Bürogebäuden haben nur wenig Interesse, die Stromkosten ihrer Mieter zu senken. Die Mieter wiederum haben kaum eine Möglichkeit, eine Solaranlage ohne Zustimmung des Eigentümers zu installieren und schon gar keine Fassadenanlage.

Schweiz fordert, Deutschland fördert

Es gibt aber nicht nur Probleme, sonder auch Aspekte, die den Anbietern Hoffnung machen, dass sie sich auf dem Weg aus der Nische heraus befinden, auch wenn es noch längst nicht so weit ist. Immerhin machen einige Länder immer mehr Druck, dass die Gebäude nicht mehr nur passiv sind, sondern aktiv ihren eigenen Energieverbrauch mit decken. Frey verweist dabei auf die Musterverordung der Kantone in der Schweiz im Energiebereich. Diese schreibt vor, dass jeder Bauherr auf oder an seinem neuen gebaute Gebäude in Zukunft pro Quadratmeter Fläche mindestens zehn Watt Photovoltaik installieren muss. Diese Verordnung ist zwar noch nicht in allen Kantonen in Kraft. Doch der Zug ist nicht mehr aufzuhalten. Deutschland setzt auf Fördern statt Fordern. Dort gibt es zinsgünstige Kredite für die energetische Sanierung von Gebäuden. „Damit können sich die Gebäudeeigentümer ihre Energiefassade fördern lassen“, betont Florian Frey. „Das sind allen Dinge, die der BIPV helfen.“

Tummelplatz der Eitelkeit

Auch die Photovoltaikbranche hat sich in den vergangenen Jahren auf die BIPV zubewegt. „Immer mehr Hersteller machen sich Gedanken darüber machen, wie sie ein echtes Bauprodukt anbieten können, die eine photovoltaische Zusatzfunktion haben“ weiß Frey. „Das Thema Multifunktionalität greifen diese Hersteller wirklich auf.“ Diese Bewegung auf die Anforderungen der Architekten zu, ist einer der Türöffner für die Photovoltaik. „Die Fassade ist der Tummelplatz der Eitelkeit der Architekten“, formuliert es Andreas Hempel treffend. Er weiß, wovon er spricht. Denn er ist selbst Architekt.

Ganze Energiefassaden anbieten

Sie erweitern auf diese Weise auch ihre Geschäftsmodelle. Denn kaum ein Fassadenbauer oder Architekt will sich auf elektrisches Fassadenmaterial einlassen. Das sind Kabel hinten dran und man muss eine elektrische Planung machen. „Wir sind darauf eingegangen und steigen tiefer in die Wertschöpfungskette ein“, erklärt Frey. „Wir bieten schlüsselfertige Energiefassaden an. Wir nehmen dem Fassadenbauer und dem Architekten die elektrische Planung ab und erledigen alle Arbeiten, die mit er Energiefassade anfallen.“ Frey sieht im Angebot solcher Komplettpakete auch für andere Hersteller, die im BIPV-Bereich aktiv werden und erfolgreich sein wollen, einen sehr guten Weg, das Geschäftsmodell zu überdenken und sich so an den Markt anzupassen. Die Hersteller müssen außerdem direkt auf die Architekten zugehen, so wie es die Hersteller von Baumaterialien auch machen. Sie müssen eine Lösung liefern und nicht nur ein Produkt verkaufen.

BIPV skalierbar machen

Dass dies nicht so einfach ist, weiß Patrick Hofer-Noser, Geschäftsführer von Meyer Burger Energy Systems. „Jede Fassade ist einzigartig und sie ist ein Designobjekt“, betont er. „Die Fassade sieht man, der Architekt will etwas schönes machen. Doch das widerspricht eigentlich der Skalierbarkeit. Wenn wir die Kosten senken wollen, müssen wir gemeinsam Lösungen finden, die skalierbar sind.“ Meyer Burger hat es mit seinen dachintegrierten Komplettsystem gezeigt, dass skalierbare BIPV-Produkte möglich sind. Diese gelte es jetzt auch für die Fassade zu finden. „Da müssen wir Innovation bringen und da brauchen wir die Interdisziplinarität, dass wir standardisieren können“, betont Hofer-Noser. Genau diese Interdisziplinarität finden die Anbieter, Architekten und Fassadenbauer auf der internationalen Konferenz in Bern.

Diese wird auch im kommenden Jahr wieder in der Schweizer Hauptstadt stattfinden. Dann mit noch mehr Teilnehmern. Der Termin steht schon fest. Die elfte Conference on Advanced Building Skins findet am 10. und 11. Oktober 2016 statt. (Sven Ullrich)