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EWS

Übergabe nach 40 Jahren

Ihre Firma wurde im Oktober 1985 gegründet, vor vier Jahrzehnten. Lässt sich dieser Weg kurz zusammenfassen?

Kai Lippert: In 40 Jahren sind wir durch viele Entwicklungen der Solarbranche gegangen und haben wichtige Erfahrungen gesammelt. Am meisten lernt man aus Krisen und Fehlern. Davon profitieren nicht nur wir bei EWS, sondern auch unsere Partner, mit denen wir jede Herausforderung gemeistert haben. Mit diesem Fazit kann ich nun die Unternehmensführung ruhig übergeben.

Wagen Sie eine Vorschau auf die nächsten 40 Jahre?

Kai Lippert: Die Erfahrung der zurückliegenden Jahre hat uns vor allem gelehrt, dass sich im Photovoltaikmarkt alles in Wellen auf und ab entwickelt, allerdings mit klarer Tendenz. Verfügbarkeit und Preise bei den marktführenden Komponenten zum Beispiel werden weiter schwanken, aber die Branche wird sich zunehmend konsolidieren, die Preise mittelfristig auch. Der Einfluss der künstlichen Intelligenz auf unsere Branche lässt sich schwer prognostizieren, aber am Ende ist auch das nur ein Werkzeug. Ich bin mir sicher, dass persönliche Beziehungen und die Qualität von Partnerschaften weiter den Erfolg bestimmen werden.

Wie konnten Sie im harten Solargeschäft so lange und so erfolgreich bestehen?

Kai Lippert: Am wichtigsten für den Geschäfts­erfolg waren stets die guten Beziehungen zu unseren Kunden, den Installateuren, aber auch zu unseren Lieferanten. Wir wählen unsere Produkte und Leistungen sorgfältig aus und bieten unseren Kunden nur das an, wovon wir wirklich überzeugt sind. Wir teilen die gleichen Werte mit unseren Handelspartnern und können so unsere Versprechen authentisch durch die gesamte Wertschöpfungskette tragen.

Das Geschäft ist größer geworden, als sich die Branche immer stärker entwickelte. Gab es nicht gelegentlich die Versuchung, schnelle Umsätze zu machen?

Kai Lippert: Fairness und Beständigkeit prägen den Umgang in unserem Partnernetzwerk, das setzt man von beiden Seiten nicht so einfach aufs Spiel. Wenn es der Markt hergibt, profitieren alle Beteiligten. Wer das nicht respektiert, passt nicht zu EWS. In solchen Fällen ist es besser, sich zu trennen.

Die Solarbranche hat sich in vier Jahrzehnten inter­national entwickelt. Viel mehr Ware kommt heute aus Asien. Wie gehen Sie damit um?

Kai Lippert: Dieser Trend war schon früh erkennbar. Seit über 30 Jahren arbeiten wir mit ausländischen Marken, zunehmend aus Asien. Bei den chinesischen Lieferanten gibt es genauso Unter­schiede im Geschäftsgebaren wie bei europäischen Anbietern. Opportunisten, die das schnelle Geld machen wollen, gibt es in China nicht häufiger als bei uns. Wir haben in der Photovoltaikbranche zum Teil sehr kurze Gastspiele von vielen international tätigen Marken erlebt, die schon lange wieder verschwunden sind. Ich erinnere da nur an Kyocera, Shell Solar, BP Solar und Siemens Solar.

Nach welchen Kriterien wählen Sie Ihre Lieferanten aus?

Kai Lippert: Wir haben einen sehr detaillierten Prozess zur Due Diligence entwickelt, mit dem wir potenzielle Lieferanten bewerten und mit unseren Ansprüchen abgleichen. Darin analysieren wir mehr als 35 Kriterien, die die Qualität der Zusammenarbeit bestimmen. Diese objektiven Bewertungen teilen wir regelmäßig mit all unseren Lieferanten. Das macht Verbesserungspotenzial transparent und nachvollziehbar. Uns geht es um langfristige Partnerschaften, darauf baut unser Erfolg auf.

Mit welchen Partnern arbeiten Sie schon lange zusammen?

Kai Lippert: Mehr als drei Jahrzehnte mit SMA, zum Beispiel. Seit mehr als 20 Jahren kooperieren wir sehr erfolgreich mit Fronius, und auch mit Luxor und K2 Systems verbindet uns inzwischen eine sehr lange Partnerschaft. Seit vielen Jahren bestimmen aber auch führende Marken aus China wie Trina, Jinko, Huawei und BYD unser Portfolio. Bei vielen Lieferanten waren wir der erste Handelspartner in Europa.

Gab es auch Lieferanten, mit denen die Zusammenarbeit nicht klappte?

Kai Lippert: Oh ja, aber sehen Sie mir bitte nach, wenn ich hier keine Namen nenne. Natürlich bleiben solche Erfahrungen nicht aus. Wenn ein Lieferant unzuverlässig ist, kämpfen Sie jeden Tag und dauernd gibt es Ärger. Mit unseren Lieferanten machen wir Lieferpläne mit einem sechs Monate in die Zukunft reichenden Forecast, der wöchentlich abgeglichen wird. Unsere Kunden müssen sich darauf verlassen können, dass die Ware pünktlich kommt – auch in Zuteilungszeiten!

Heute hat EWS rund 180 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wie haben Sie damals angefangen?

Kai Lippert: Zu zweit, als kleines Planungsbüro für Windkraft und Solartechnik. Ende Oktober 1985 haben wir den Bauantrag für das erste Gebäude eingereicht. Das war früher das Wohnhaus des Bahnhofswärters in Handewitt. Mittlerweile ist unser Betriebsgelände auf vier Hektar Gewerbefläche mit sieben großen Lagerhallen angewachsen.

Wann sind Sie in den Fachhandel eingestiegen?

Kai Lippert: Uns wurde relativ schnell klar, dass es nicht reichte, Ingenieurdienstleistungen anzubieten, um den Ausbau der erneuerbaren Energien voranzubringen. Was fehlte, waren Partnerschaften mit den Installateuren und Bezugsquellen für die Technik. Im Jahr 1985 haben wir mit 38-Watt-Solarmodulen von Arco Solar aus Kalifornien gehandelt, die später von ­Siemens Solar übernommen wurden. Montagegestelle haben wir selbst entwickelt.

In unserer Branche geht es auf und ab. Welches Jahr war für Sie das bislang erfolgreichste?

Kai Lippert: Abgesehen von einem Markteinbruch von 2012 auf 2013 ging es für EWS seit fast vier Jahrzehnten immer bergauf. Im Ausnahmejahr 2023 konnten wir mit 240 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern über 400 Millionen Euro Umsatz erwirtschaften, obwohl ab August die Nachfrage im Handelsgeschäft schon spürbar zurückging. Immerhin haben wir 2024 noch ordentlich Gewinn gemacht. In diesem Jahr werden wir wieder gut abschneiden, allerdings mit weniger Gewinn. Wir haben trotzdem stark investiert, aber derzeit ist der Markt weiter schwierig.

Wie schwierig?

Kai Lippert: Im Grunde genommen setzt sich der Trend fort, den wir bereits seit eineinhalb Jahren erkennen. Bei den Dachanlagen kühlt sich der Markt extrem ab, dafür erreichen Solarparks neue Rekorde. Doch davon profitieren unsere Kunden und auch der Großhandel kaum. Große Solarparks werden meist mit Monteuren aus dem Osten gebaut und die Ware direkt beim Hersteller in Asien gekauft. Um die Nachfrage im Bereich dezentraler Dachanlagen wieder zu stimulieren, werden wir unser Partnernetzwerk mit zeitgemäßen Marketingwerkzeugen unterstützen.

Bietet das Gewerbesegment einen Lichtblick?

Kai Lippert: Wir entwickeln diesen Sektor seit drei oder vier Jahren, indem wir Schulungen anbieten und unsere Software angepasst haben. Aber das Interesse an Gewerbeanlagen steigt nur sehr, sehr zögerlich. Die Wirtschaftlichkeit von Solarstrom-Eigennutzung im C&I-Bereich ist absolut überzeugend, diese Erkenntnis müssen wir aber erfolgreicher unter potenziellen Anlagenbetreibern verbreiten.

Es ist zäh, aber unumgänglich. Was tun Sie, um C & I nach vorne zu bringen?

Kai Lippert: Gewerbekunden brauchen mehr Beratung, denn die Projekte sind komplexer als bei Privatkunden. Wir liefern den Installateuren und Planern in Zusammenarbeit mit unseren Lieferanten die notwendigen Argumentationshilfen und schulen auch den Umgang damit. Private Photovoltaikanlagen bleiben weiterhin eine wichtige Säule des lokalen Handwerks. Aber das Potenzial im Gewerbebereich ist noch viel größer und weitgehend unerschlossen. Wir helfen interessierten Installateuren, hier in Zukunft erfolgreicher zu sein.

Seit mehreren Jahren führen Sie EWS gemeinsam, ­Vater und Sohn. Wie fühlt sich das für Sie an?

Jan Paul Dahm: Ich bin auf dem Betriebsgelände geboren und aufgewachsen, habe also alle Entwicklungen der letzten 30 Jahre miterlebt und bin direkt nach dem Studium in die Geschäftsführung eingestiegen. Mein Engagement für die Energiewende teile ich nicht nur mit meinem Vater, sondern mit dem gesamten Team bei EWS, von denen mich einige schon seit meiner Kindheit begleiten. Vor fünf Jahren sind wir in den Prozess der Unternehmensnachfolge eingestiegen, und Ende Oktober verabschiedet sich mein Vater nach 40 Jahren aus der Geschäftsführung. Mal sehen, für wen das schwieriger wird – gut vorbereitet sind wir. Trotz einiger unerwarteter Hürden sind wir wie geplant in den letzten Zügen unserer Übergabe. Beispielsweise hat uns die Einführung von SAP zum Jahreswechsel viele Nerven und Schweiß gekostet.

War für Sie schon früh klar, dass Sie das Unternehmen eines Tages führen werden?

Jan Paul Dahm: Lange Zeit haben wir das von beiden Seiten offengelassen, aber spätestens mit der Wahl meiner Studiengänge war die Entscheidung klar. Mein Vater hat nie versucht, mich zu beeinflussen, das war sehr hilfreich. Aber natürlich ist meine Leidenschaft für die Energiewende kein Zufall.

Was ist die wichtigste Eigenschaft, die Sie von Ihrem Vater mitnehmen, um das Unternehmen erfolgreich zu führen?

Jan Paul Dahm: Dass man tut, was getan werden muss. Es ist meine Aufgabe, EWS auch in Zukunft immer dort zu positionieren, wo unsere Partner uns brauchen. Der Weg dorthin ist nicht immer der einfachste. Um immer den richtigen Weg zu gehen, verwenden wir viel Zeit und Geld darauf, subjektive Eindrücke und Wahrnehmungen zu objektivieren. Genaues Monitoring der Prozesse, Entwicklungen und Ergebnisse ist die Basis, um sich nicht von Wunschdenken oder kurzfristigen Trends leiten zu lassen. Nicht selten hat das Management von EWS selbst entscheidende Markttrends gesetzt. Bis ich mir die Intuition meines Vaters erarbeitet habe, setze ich auf die jahrzehntelang gesammelte Erfahrung in unserem Management und die konsequente Digitalisierung aller Prozesse und Informationen als Grundlage für die richtigen Entscheidungen.

Kai Lippert: Die Welt verändert sich rasant. Junge Leute verstehen neue Trends oft besser und setzen die notwendigen Entscheidungen beherzt und wie selbstverständlich um. Das ist der Lauf der Dinge, auch in der Photovoltaikbranche.

Wie haben Sie sich auf die Übernahme der Verantwortung vorbereitet?

Jan Paul Dahm: In den zurückliegenden fünf Jahren haben mein Vater und ich die notwendigen strukturellen Veränderungen umgesetzt. Dazu gehörten die Einführung von SAP, die Digitalisierung aller Prozesse und der Ausbau sowie die konsequente Strukturierung der Führungsstruktur bei EWS. Diese Projekte tragen nun Früchte. Ich habe in sämtlichen Abteilungen Erfahrungen gesammelt und mitgeholfen, alle Vorgänge zu optimieren und neue Erkenntnisse in einem EWS-eigenen Intranet dem ganzen Team zugänglich zu machen. Der ganze Apparat ist nun auch ohne Doppelspitze deutlich schlagkräftiger als noch vor zwei Jahren.

Werden Digitalisierung und künstliche Intelligenz den Fachhandel prägen?

Jan Paul Dahm: Daran habe ich keinen Zweifel. Die Möglichkeit, Automatisierung und künstliche Intelligenz überhaupt nutzen zu können, war der Hauptgrund für unsere Investitionen in Digitalisierung. Nachdem dieses Fundament nun steht, werden davon auch unsere Partner zukünftig stark profitieren können. Natürlich ist mir bewusst, dass die persönliche Zusammenarbeit sowohl mit unseren Kunden als auch unseren Lieferanten eine wesentliche Säule unseres Erfolgs und Profils in der Branche ist. Daran wird sich auch nichts ändern. Wir werden Digitalisierung und KI nutzen, um auch unseren Partnern mehr Effizienz und Transparenz zu ermöglichen. Effizientere Strukturen und Routinen werden uns ermöglichen, uns mehr Zeit für die wichtigen Dinge im Leben zu nehmen, auch für den Austausch von Mensch zu Mensch.

Mittlerweile laufen enorme Datenmengen zusammen. Wie lassen sie sich bewältigen und steuern?

Jan Paul Dahm: Auch dabei hilft KI, zum Beispiel mit unserem Intranet, das wir entwickelt haben, um das Wissen und die Erfahrungen unserer Mitarbeiter und Partner zu sichern, zu sammeln und zu strukturieren. Davon profitieren alle bei uns im Unternehmen. Jeder neue Mitarbeitende wird eingebunden, um das Intranet in der Arbeit zu nutzen und weiterzuentwickeln.

Kai Lippert: In diese Plattform pflegen wir auch Erkenntnisse und Rückmeldungen von unseren Kunden ein sowie Argumentationshilfen, die wir im Rahmen von gemeinsamen Vertriebsaktivitäten mit unseren Lieferanten entwickeln. Es geht darum, komplexe Sachverhalte zu vereinfachen und Aktualisierungsprozesse zu standardisieren. Ein Beispiel sind Änderungen im Datenblatt eines Lieferanten, die so bei uns sofort bis auf die Planungstools und die Ertragsberechnung Einfluss nehmen.

Was werden Sie anders handhaben als Ihr Vater?

Jan Paul Dahm: Das, was EWS als Großhandel und Partner ausmacht, werde ich nicht ändern. Zukünftige Herausforderungen werden notwendige Veränderungen vorgeben, wie sie es schon immer getan haben. Mein Ziel ist es, die gesamte Wertschöpfungskette effizienter zu machen. Ich möchte Kunden und Lieferanten von EWS ermöglichen, erfolgreicher zu sein als ihr Wettbewerb.

Ein weiteres Stichwort ist die Internationalisierung. EWS ist frühzeitig in die skandinavischen Märkte eingestiegen. Wie wichtig wird die Expansion über Deutschlands Grenzen hinaus?

Kai Lippert: Nach wie vor sind wir sehr stark auf das deutsche Geschäft fokussiert. Rund zehn Prozent unseres Umsatzes erwirtschaften wir im Ausland, vornehmlich in Skandinavien. Das hat mit der räumlichen Nähe zu tun, denn Handewitt liegt unmittelbar an der dänischen Grenze. Auch in Polen und den Niederlanden haben wir gute Kunden. Beim Ausbau unserer Vertriebsaktivitäten liegt der Fokus aber auf Deutschland und den nördlichen Nachbarmärkten.

Wie wichtig sind die Kosten für die Lieferlogistik?

Kai Lippert: Sehr wichtig, denn die Transportkosten liegen im Systemgeschäft heute in einigen Fällen über dem Preis der Solarmodule. Natürlich spielt die Entfernung zu den Kunden eine wesentliche Rolle, aber auch die zeitgemäße Steuerung von Kommunikation und Logistik im gesamten Transportprozess. Fehllieferungen und Transportschäden sind unbedingt zu vermeiden, deshalb darf an der Qualität von Logistikleistungen nicht gespart werden. Wir arbeiten schon lange nur mit Dienstleistern zusammen, die sich auf effiziente, digitale Prozesse ausgerichtet haben. Viele lokale Handwerksbetriebe verlassen sich hier auf unsere Erfahrungen, weil für die eigene Entwicklung bei der Digitalisierung in schwierigen Marktphasen oft die Kraft fehlt. Wir haben noch immer vereinzelte Kunden, die uns per Fax ansprechen.

Herr Lippert, Sie steigen Ende Oktober aus der Geschäftsführung aus. Wird es ein schwieriger Abschied?

Kai Lippert: Eher nicht, denn der Prozess der Übergabe hat mir gezeigt, dass mein Sohn gut vorbereitet in die Verantwortung geht. Natürlich stehe ich weiterhin als Berater zur Verfügung, wenn ich gebeten werde. Außerdem bleibe ich mit dem Unternehmen und der Branche verbunden, weil sich hier Freundschaften gebildet haben und ich noch in sehr spannenden Projekten eingebunden bin, die ich weiter vorantreiben möchte. Im Übrigen habe ich inzwischen vier Enkel, um die ich mich mehr kümmern möchte, das macht große Freude. Meine Frau reist außerdem sehr gerne, da habe ich einiges nachzuholen. Ich bin sicher, dass ich mich nicht langweilen werde.

Das Gespräch führte Heiko Schwarzburger.

Auslieferung von Modulpaletten für einen Installateur in Norddeutschland.

Foto: Bettina Mayer

Auslieferung von Modulpaletten für einen Installateur in Norddeutschland.

EWS

Partner des Handwerks

Als PV-Fachgroßhändler konfiguriert und liefert EWS seit 1985 von Handewitt aus Solarstrom-Komplettsysteme und -Komponenten. Die Auslieferungen werden nach den ­Wünschen der Kunden konfektioniert und zur Baustelle ­gebracht. Täglich verlassen heute 200 bis 300 Kommissionen das EWS-Betriebsgelände, die meisten davon individuell geplant und berechnet mit selbst entwickelten Onlinetools, die den Kunden von EWS kostenlos zur Verfügung stehen. Derzeit sind etwa 10.000 Handelspartner bei EWS gelistet, davon 3.000 Stammkunden. Jährlich finden für Kunden von EWS etwa 100 Schulungen statt, als Präsenzveranstaltungen oder online.

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