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Webinar

Montage: Blitze richtig ableiten

Jedes Jahr zucken zwischen Alpen und Nordsee Hunderttausende Blitze vom Himmel. Entsprechend müssen Hauseigentümer vorsorgen, um sich vor Schäden durch Blitze zu schützen – und zwar in jeder Region der Bundesrepublik. Schließlich gibt es keine Gegend, die wirklich verschont bleibt.

Das gilt auch, wenn eine Photovoltaikanlage auf ein Flachdach gebaut wird. Denn diese wird in der Regel in den vorhandenen Blitzschutz integriert. Blitzschutz ist ein Thema, das nicht vernachlässigt werden darf.

System in den Blitzschutz integrieren

Das Interesse an Informationen zu diesem Thema ist groß. Mehr als 300 Handwerker und Solarplaner ­haben sich deshalb im Webinar „Solaranlagen richtig vor Blitzeinschlag schützen“ jede Menge Informationen abgeholt. Durchgeführt hat das Webinar die Redaktion der photovoltaik zusammen mit der Ernst Schweizer AG und Dehn .

So hat Daniel Wagner, Produkt- und Applikationsspezialist bei Dehn, zunächst in die Grundlagen des Blitzschutzes eingeführt. Im Anschluss daran haben Andreas Haller und Vertriebsingenieur Jens Helmich von der Ernst Schweizer AG am Beispiel des Flachdachmontagesystems MSP von Schweizer erklärt, wie eine Unterkonstruktion in den Blitzschutz einbezogen und auch selbst blitzstromtragfähig wird.

Mit Fangstangen koppeln

Der Blitzstrom und die daraus resultierende Überspannung werden von der Blitzfangstange aufgenommen und an die Ableitungen weiterverteilt. Das Montagesystem ist entsprechend mit den Fangstangen und den Ableitungen verbunden.

Dadurch fließt ein Teil des Blitzstroms über das gesamte Montagesystem der Solaranlage und über die angeschlossenen Ableitungen in die Erdungsanlage des Gebäudes. Entsprechend müssen Vorkehrungen getroffen werden, die in der DIN EN 62305-3, Beiblatt 5, genormt sind. Hier ist genau festgelegt, in welchen Fällen eine Photovoltaikanlage in den Blitzschutz einbezogen werden muss.

Fangstangen planen

Entscheidend ist hier die Blitzschutzklasse. „Sie sagt aus, mit welchem maximalen Blitzstrom zu rechnen ist“, erklärt Daniel Wagner von Dehn. „Die Photovoltaik wird in der Regel in Blitzschutzklasse III eingeordnet. Das bedeutet, es ist mit einem maximalen Blitzstrom von 100 Kiloampere zu rechnen.“

Entsprechend muss zunächst die Position der Fangstangen bestimmt werden. Dazu gibt es eine sogenannte Blitzkugel, die man virtuell im CAD-Programm erstellt und dort über die Anlage rollen lässt. In der Blitzschutzklasse III muss sie einen Radius von 45 Metern haben. Überall dort, wo die Blitzkugel die Solaranlage berührt, kann der Blitz direkt einschlagen. Dies kann durch mehr Fangstangen
verhindert werden.

Die Fangstangen mit ihrem üblichen Durchmesser von etwa 16 Millimetern verursachen übrigens kaum eine Verschattung auf den Modulen. Hier kommt es auch auf den Abstand der Module zu den Fangstangen an. Vermeidet der Planer, dass die Fangstangen einen Kernschatten auf die Module werfen, sind auch keine Hotspots zu erwarten.

Blitzschutz klar geregelt

Alle anderen Bereiche, die aufgrund der installierten Fangstangen nicht vom Blitz ­getroffen werden, sind aber immer noch elektromagnetischen Feldern ausgesetzt. Diese entstehen durch den Blitzeinschlag und werden über den äußeren Blitzschutz in die Erdungsanlage des Gebäudes abgeleitet. Dieser Teilblitzstrom kann durch die elektrischen Systeme des Gebäudes geführt werden, wobei sich das elektromagnetische Feld abschwächt. Dennoch ist es hier wichtig, dass die Wechselrichter der Solaranlage gegen diese Überspannung abgesichert werden.

Auch dafür gibt es Regeln. „In der DIN EN 62305-3, Beiblatt 5, ist genau definiert, in welchen Situationen welcher Überspannungsschutz eingesetzt werden muss“, erklärt Daniel ­Wagner. Es gibt hier vier Einbauorte: am Zählerplatz des Gebäudes, auf der AC-Seite des Wechselrichters, an den Solarmodulen und – je nach Entfernung zum Wechselrichter – auch auf dessen DC-Seite.

Wichtig ist, dass alle metallischen Teile so fest miteinander verbunden sind, dass sie auch einen Blitzeinschlag mechanisch verkraften.

Foto: A. Benz (Benz + Heinig Fotografen)

Wichtig ist, dass alle metallischen Teile so fest miteinander verbunden sind, dass sie auch einen Blitzeinschlag mechanisch verkraften.

Trennabstand berechnen

Nachdem die Fangstangen so positioniert sind, dass die Blitzkugel niemals die Solaranlage berührt, muss noch der Trennungsabstand ermittelt werden. „Das ist der Abstand zwischen zwei leitenden Teilen, zwischen denen keine gefährliche Funkenbildung mehr eintreten kann“, weiß Daniel Wagner. „Wenn der Blitz in die Fangstangen einschlägt, wird er über diese zur Ableitung geführt. Er darf nicht auf die Module oder die Unterkonstruktion überschlagen.“

System muss Blitzstrom aushalten

Konkret bedeutet dies, dass ein ausreichender Abstand zwischen der Solaranlage und den Blitzfangstangen eingehalten werden muss. Dadurch passen weniger Module aufs Dach. Der Trennungsabstand muss für jeden Punkt separat berechnet werden und ergibt sich aus der Blitzschutzklasse und dem Material, das zwischen Fangstange und Solaranlage ist. Das ist in der Regel Luft.

Wenn der Trennungsabstand nicht eingehalten werden kann oder soll, weil etwa mehr Module vorgesehen sind, die näher an die Fangstangen herangebaut werden, muss die gesamte Anlage in den äußeren Blitzschutz einbezogen werden. Dann muss das Montagesystem blitzstromtragfähig sein. Es sollte dann mindestens in der Maschenweite an den äußeren Blitzschutz angebunden werden, wie es für die Blitzschutzklasse vorgegeben ist.

Anforderung der Installateure

Dies ist auch notwendig, wenn eventuell vorhandene Maschen eines äußeren Blitzschutzes auf dem Dach mit der Solaranlage überbaut werden. Denn dann kann der Trennungsabstand in keinem Fall eingehalten werden. Wenn das Montagesystem blitzstromtragfähig ist, können die Fangstangen und die Ableitungen an die Unterkonstruktion angebunden werden.

Dazu muss das Montagesystem aber entsprechend ausgelegt und getestet sein. „Wichtig ist dabei, dass das Gebäude überhaupt blitzschutzpflichtig ist“, weiß Andreas Haller von Ernst Schweizer, auch mit Blick auf die Schweiz. „Denn wenn dies nicht der Fall ist, wird es auch durch den Bau einer Solaranlage nicht blitzschutzpflichtig.“

Es bleibt eine Vorgabe der Bauordnung, der gesetzlichen Regelungen, der Gebäudeversicherer oder ein Ergebnis der Risikoanalyse, ob die Unterkonstruktion in den Blitzschutz einbezogen wird. „Doch unsere Kunden und Installateure sind auf uns zugekommen und wollten unbedingt die Einbindung der Solaranlage in den äußeren Blitzschutz haben“, erinnert sich Jens Helmich.

Leitende Teile miteinander verbinden

Entscheidend war hier, eine konstruktive Lösung zu finden, um ein Montagesystem blitzstromtragfähig zu machen. Diese sollte für alle Anlagendesigns passen. Der Vorteil ist, dass bei Ost-West- und Südaufständerungen teilweise gleiche Komponenten zum Einsatz kommen. Bei Südsystemen muss noch eine zusätzliche Verbindungsschiene zwischen den hohen Stützen der Unterkonstruktion eingesetzt werden.

Diese ist beim Ost-West-Flachdachsystem bereits vorhanden. „Wichtig für die Blitzstromtragfähigkeit sind die Verbindungselemente, die die einzelnen Profilteile miteinander koppeln“, sagt Andreas Haller. „So können wir sicherstellen, dass die einzelnen metallischen Teile ausreichend gut leitend miteinander verbunden sind, das Anzugsdrehmoment auch nach einem Blitzeinschlag in einem gewissen Rahmen bleibt, sodass die mechanische Funktion des Flachdachsystems nicht beeinträchtigt wird, und dass ein Potenzialausgleich über die leitenden Übergänge sichergestellt werden kann.“

Die komplette Solaranlage muss in der vorgegebenen Maschenweite an die Fangstangen angebunden werden.

Foto: Ernst Schweizer

Die komplette Solaranlage muss in der vorgegebenen Maschenweite an die Fangstangen angebunden werden.
Die Schraube mit Hinterschnitt: Eine einfache, aber effektive Lösung von Ernst Schweizer, um die Montagesysteme blitzstromtragfähig zu machen.

Foto: Ernst Schweizer

Die Schraube mit Hinterschnitt: Eine einfache, aber effektive Lösung von Ernst Schweizer, um die Montagesysteme blitzstromtragfähig zu machen.

Blitzstrom durch ganze Anlage leiten

Um das Montagesystem in den Blitzschutz einzubeziehen, können Standardkomponenten beispielsweise von Dehn eingesetzt werden, die das Montagesystem an die Fangstangen anbinden. Wichtig ist dabei, dass diese Kopplung mit dem Montagesystem auf einer Fläche von mindestens 100 Quadratmillimetern überlappt. Doch der Blitzstrom muss auch zwischen den Anbindungen durch das gesamte Montagesystem, durch alle Verbindungsschienen und Aufständerungen geleitet werden.

Ernst Schweizer hat nach einigen Versuchen dafür eine Lösung gefunden: eine spezielle Schraube mit Hinterschnitt, mit der die Verbindungsprofille an den Modulstützen befestigt werden. „Denn unsere normale durchgängige Schraube erwies sich als nicht ideal. Durch den Hinterschnitt der Spezialschrauben werden die Längs- und Querverbinder direkt und sehr fest an die Modulstützen angezogen“, beschreibt Andreas Haller die Lösung.

Stückliste angepasst

Für die speziellen Schrauben empfiehlt Ernst Schweizer ein Anzugsdrehmoment von zehn Newtonmetern. Sie sind schon in der Planungssoftware Solar Pro Tool hinterlegt. „Der Planer muss nur am Anfang ein Häkchen in das Kästchen setzen, in dem danach gefragt wird, ob die gesamte Anlage blitzstromtragfähig sein soll“, erklärt Jens Helmich.

Dann wird automatisch auf der Stückliste die Standardschraube aus verzinktem Stahlblech durch die Edelstahlschraube mit Hinterschnitt für alle Befestigungspunkte im System ersetzt. „Zusätzlich wird das entsprechende Merkblatt in den Report der Anlage aufgenommen, in dem nochmals alle Hinweise zur Montage des Blitzschutzes zusammengefasst sind – inklusive der Anbindung des Systems an die Fangstangen mit den Verbindungsklemmen von Dehn.“

Damit weiß der Monteur genau, wie er die einzelnen Teile anbringen muss, um die gesamte Solaranlage blitzstromtragfähig zu machen, wenn dies notwendig ist.

Blitzschutz gleich mitplanen

Der Vorteil der Lösung: Es entsteht ein System, in dem alle Teile sowohl in Nord-Süd- als auch in Ost-West-Richtung komplett im Block miteinander verbunden sind. Dadurch muss der Handwerker nur noch die Verbindung zwischen den Blöcken und die Anbindung an den äußeren Blitzschutz und die Ableitungen zur Haupt­erdungsschiene anschließen, um eine normkonforme Blitzschutzinstallation zu realisieren.

Wichtig ist, den Blitzschutz gleich von vornherein miteinzuplanen. „Denn eine nachträgliche Einbindung der Solaranlage in den äußeren Blitzschutz kann sehr aufwendig werden“, weiß Jens Helmich von Ernst Schweizer.

Module demontieren

Wenn der Generator die Blitzschutzmaschen auf dem Dach überdeckt, müssten die Module demontiert werden. „Bei einer Blitzschutzklasse III hat man eine Maschenweite von 15 mal 15 Meter. Befindet sich die Photovoltaikanlage innerhalb der Masche und der Trennungsabstand wird eingehalten, muss sie nicht demontiert werden“, erklärt Daniel Wagner von Dehn.•