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EEG 2023

EEG: Keine juristische Wundertüte

Im ersten Überschwang wurde in Paragraf 2 EEG 2023 der entscheidende Hebel gesehen, um jegliche behördliche Entscheidung gegen regenerative Energieerzeugung zu verhindern. Aber solche Erwartungen sind überzogen.

Was will der Gesetzgeber mit der Neuregelung erreichen? Der Wortlaut lautet wie folgt: „Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen sowie den dazugehörigen Nebenanlagen liegen im überragenden öffentlichen Interesse und dienen der öffentlichen Sicherheit.

Bis die Stromerzeugung im Bundesgebiet nahezu treibhausgasneutral ist, sollen die erneuerbaren Energien als vorrangiger Belang in die jeweils durchzuführenden Schutzgüterabwägungen eingebracht werden. Satz 2 ist nicht gegenüber Belangen der Landes- und Bündnisverteidigung anzuwenden.“

Orientierung am Grundgesetz

In der Gesetzesbegründung hat der Gesetzgeber die von ihm gewünschten Auswirkungen der Neuregelung konkretisiert: „Konkret sollen die erneuerbaren Energien damit im Rahmen von Abwägungsentscheidung unter anderem gegenüber seismologischen Stationen, Radaranlagen, Wasserschutzgebieten, dem Landschaftsbild, Denkmalschutz oder im Forst-, Immissionsschutz-, Naturschutz-, Bau- oder Straßenrecht nur in Ausnahmefällen überwunden werden. Besonders im planungsrechtlichen Außenbereich, wenn keine Ausschlussplanung erfolgt ist, muss dem Vorrang der erneuerbaren Energien bei der Schutzgüterabwägung Rechnung getragen werden. Öffentliche Interessen können in diesem Fall den erneuerbaren Energien als wesentlicher Teil des Klimaschutzgebotes nur dann entgegenstehen, wenn sie mit einem dem Artikel 20a Grundgesetz vergleichbaren verfassungsrechtlichen Rang gesetzlich verankert beziehungsweise gesetzlich geschützt sind oder einen gleichwertigen Rang besitzen.“

Behörden müssen abwägen

Aus dem Gesetzestext wie auch aus der Begründung ergibt sich, dass das besondere öffentliche Interesse an erneuerbarer Stromerzeugung nur dort eine Rolle spielt, wo Abwägungsentscheidungen zu treffen sind, etwa von einer Genehmigungsbehörde. Umgekehrt formuliert bedeutet dies, dass in den Fällen, in denen das Gesetz keinen Spielraum für eine Abwägung lässt, der neue Paragraf 2 EEG keine Anwendung findet.

Konflikte mit dem Denkmalschutz

In der Photovoltaik ist der Denkmalschutz eines der Rechtsgebiete, in denen die Wirkung der neuen Regelung am augenscheinlichsten sein dürfte. Zwar ist Denkmalschutz Sache der Bundesländer. Die jeweiligen Landesgesetze ähneln sich jedoch so weit, dass im Rahmen der denkmalschutzrechtlichen Genehmigung die Belange des Denkmalschutzes den Belangen gegenüberzustellen sind, die für den Eingriff in den Denkmalschutz sprechen. Geht es um eine Photovoltaikanlage, so sind dies die Belange des Klimaschutzes.

Gerichte müssen Spielräume nutzen

Auch bisher hat die Rechtsprechung eine Abwägung zwischen den Interessen des Klimaschutzes und den Interessen des Denkmalschutzes vorgenommen, wenn eine Photovoltaikanlage an oder in der Nähe eines Denkmals errichtet werden sollte. Aufseiten des Anlagenbetreibers wurde dabei das Staatsziel Umweltschutz aus Artikel 20a des Grundgesetzes angeführt, das dem Interesse an dem Schutz des Denkmals gegenübergestellt wurde.

Die Abwägung durch die Gerichte erfolgte allerdings sehr oft zulasten des Umweltschutzes. Dieser sei, so führten Gerichte häufig aus, zwar zu berücksichtigen, trete jedoch in dem zu entscheidenden Einzelfall hinter dem Denkmalschutz zurück.

Diese Argumentation wird zukünftig schwerer zu vertreten sein. Allerdings wird sich der neue Paragraf 2 EEG nicht so auswirken, dass die Abwägung immer zulasten des Denkmalschutzes ausfallen wird.

Länder stärken den Klimaschutz

In einigen Bundesländern wurde eine Stärkung des Klimaschutzes im Denkmalrecht bereits berücksichtigt. So heißt es beispielsweise in Paragraf 7 des Denkmalschutzgesetzes von Niedersachsen, dass das öffentliche Interesse an der Errichtung von Anlagen zur Nutzung von erneuerbaren Energien in der Regel überwiegt, wenn der Eingriff in das äußere Erscheinungsbild des Denkmals nur geringfügig ist und rückgängig gemacht werden kann.

Ebenso haben Länderminister Gebrauch davon gemacht, den Konflikt zwischen Klimaschutz und Denkmalschutz in Verwaltungsvorschriften neu zu regeln. So verfügte die hessische Wissenschaftsministerin am 6. Oktober 2022, dass Genehmigungen für Solaranlagen regelmäßig zu erteilen sind.

Neue Regelungen für Denkmale

Ausnahmen kämen nur infrage, wenn ein Kulturdenkmal erheblich beeinträchtigt werde. Allerdings listet sie in derselben Verwaltungsvorschrift zahlreiche Gründe auf, wie die Behörden zum Beispiel durch Auflagen der Genehmigung eine möglichst geringe Beeinträchtigung des Denkmalschutzes erreichen sollen. Es steht zu befürchten, dass über solche Auflagen letztendlich doch zahlreiche Solarprojekte verhindert werden.

Frischer Wind in alten Strukturen

Fazit: Der neue Paragraf 2 EEG bringt frischen Wind in zahlreiche festgefahrene Verwaltungsstrukturen, an denen Solarprojekte bislang gescheitert sind. Er ist aber kein Allheilmittel. Im Denkmalschutz lohnt es sich für betroffene Solarinvestoren zu prüfen, ob es neue landesrechtliche Gesetze oder Verwaltungsvorschriften gibt, welche die Ausgangsposition im Genehmigungsverfahren verbessern.

Österreich

Wien vereinfacht Genehmigungen

Die österreichische Bundesregierung hat ein Beschleunigungsgesetz (EABG) für den Ausbau der erneuerbaren Energien angekündigt. Es soll die Genehmigungen vereinfachen. Künftig wird eine einzige Behörde zuständig sein. Zudem soll die Genehmigungspflicht für Photovoltaikanlagen auf versiegelten Flächen entfallen. Auch können Kommunen die Anträge für den Bau eines Solargenerators nicht mehr aufgrund des Orts- und Landschaftsbilds ablehnen.

Der Autor

Dr. Thomas Binder
ist Rechtsanwalt. Seine Kanzlei in Freiburg im Breisgau ist auf das EEG und Solarenergie spezialisiert. Seit 2004 berät er seine Klienten deutschlandweit zu allen Rechtsfragen rund um die Photovoltaik. Er kennt die technischen und betriebswirtschaftlichen Hintergründe einer Solarinvestition ebenso wie die Geschäftspraxis zwischen Netzbetreibern, Anlagenbetreibern und Photovoltaikfachfirmen.

Foto: privat

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