Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch

Europaparlament will verbindliche Ausbauziele

Das Europäische Parlament hat eine Entschließung verabschiedet, in der es verbindliche Ausbauziele für erneuerbare Energien bis 2030 fordert. Damit geht das Parlament weiter als die Kommission.

Das europäische Parlament hat die verbindliche Zielsetzung für den Ausbau der erneuerbaren Energien bis 2030 bestätigt. Von den 630 Abgeordneten, die an der Abstimmung teilgenommen haben, stimmten 341 für die gemeinsame Entschließung des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie sowie der Ausschusses für Umwelt, Gesundheit und Lebensmittelsicherheit. Nur 263 Abgeordnete votierten gegen die verbindliche Festlegung von Ausbauzielen bis 2030, bei 26 Stimmenthaltungen.

Parlament fordert ehrgeizigere Ziele als die Kommission

Mit der Entschließung fordert das Parlament die Europäische Kommission und den Europäischen Rat auf, die Ausbauziele verbindlich so zu bestimmen, dass bis 2030 mindestens 30 Prozent des Gesamtendenergieverbrauchs aus erneuerbaren Energiequellen produziert wird. Zudem sollen die  heimische Treibhausgasemissionen um mindestens 40 Prozent gegenüber dem Stand von 1990  gesenkt werden. Außerdem verlangt es ein Energieeffizienzziel von 40 Prozent. Die Parlamentarier stützen sich dabei auf jüngste Forschungsergebnisse zum kostenwirksamen Potenzial für Energieverbrauchseinsparungen. Damit fordert das Europäische Parlament ehrgeizigere Ziele beim Ausbau der erneuerbaren Energien als die Kommission. Die hatte Ende Januar beschlossen, dass bis 2030 mindestens 27 Prozent des gesamten Endenergieverbrauchs aus regenerativen Quellen stammen sollen. Entgegen dem Beschluss der Kommission will das Parlament auch, dass diese Ziele verbindlich sein sollen. Die Abgeordneten betonen außerdem, dass sie mithilfe einzelner nationaler Ziele verwirklicht werden sollten, bei denen die Situation und das Potenzial des jeweiligen Mitgliedstaates berücksichtigt werden. Auch hier gehen die Volksvertreter weiter als die Kommission, die eine solche nationale Aufteilung der Ausbauziele nicht vorgesehen hat.

Umwelt- gegen Industriepolitiker

Im Vorfeld der Abstimmung kam es zu einem heftigen Wortgefecht zwischen dem Umwelt- und dem Industrieausschuss. „Der Energiepreis beeinträchtigt Unternehmen, die Industrie und insbesondere die Bürger erheblich“, sagt die Berichterstatterin für den Umweltausschuss, die Belgierin Anne Delvaux von der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP). „Wenn wir unsere Energieimporte verringern wollen, müssen wir mehr Energie in Europa produzieren, indem wir unsere Ressourcen besser und effizienter zu nutzen. Wenn wir einen breiten Energiemix mit höherer Energieeffizienz haben, dann ist das die beste Art und Weise, den CO2-Ausstoss zu verringern, neue Technologien und Innovation zu fördern, und unsere Volkswirtschaften umweltfreundlicher zu gestalten. Deshalb brauchen wir die drei bindenden Ziele.“ Dem widerspricht der Pole Konrad Szymański von der konservativen und europaskeptischen Fraktion Europäische Konservative und Reformisten (EKR). Er ist zugleich Berichterstatter des Industrieausschusses. Szymański hatte zwar den Entschließungsantrag zunächst mitgetragen, zog aber seinen Namen von dem Bericht vor der Debatte zurück. „Dieses Ergebnis ist nicht zufriedenstellend“, erklärt er mit Blick auf die Entschließung. „Wir Europäer und die europäische Industrie behaupten, dass diese neue Klimaschutzpolitik realistisch, flexibel und kosteneffizient wäre. Wenn wir aber das Ziel für die Verringerung der Emissionen bis zum Jahr 2020 verdoppeln, ist das nicht realistisch. Damit verschlechtern wir die Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Industrie. Wenn wir diese Ziele vor den Verhandlungen in Paris 2015 annehmen, wäre das ein Fehler. Wir sollten nicht alle unsere Karten auf den Tisch legen, bevor unsere Partner ihre Absichten erklärt haben. Bindende Ziele für erneuerbare Energien und in die Energieeffizienz sind alles andere als flexibel. Wir wissen doch, dass die Mitgliedstaaten und einzelne Branchen verschiedene Kapazitäten haben.“

Geltender politischer Rahmen endet bald

Das eigentliche Problem ist aber, dass das Europäische Parlament hier keine Entscheidungsbefugnis hat. Die Ausbauziele für die erneuerbaren Energien und die Klimaschutzziele legt letztlich der Europäische Rat im Alleingang fest. Die Debatte über den Rahmen der Klima- und Energiepolitik wurde ausgelöst durch das Grünbuch der Kommission vom März 2013. Den hatte die Kommission mit Blick auf das Ende des geltenden politischen Rahmens für den Ausbau der erneuerbaren Energien und die Klimaschutzziele im Jahr 2020 vorgelegt. Schließlich weiß auch die Kommission, dass die Investitionszyklen vor allem in die Infrastruktur lang sind und die Investoren Rechtssicherheit und ein vermindertes Regulierungsrisiko brauchen. Außerdem leistet die Klarstellung der Ziele für 2030 einen Beitrag zu einer vom Wettbewerb geprägten Wirtschaft und zu einem sicheren Energiesystem. Dadurch wird die Nachfrage nach Technologien für erneuerbare Energien geschaffen wird und Forschung, Entwicklung sowie Innovation vorangetrieben. Das wirkt sich positiv auf die Beschäftigungs- und Wachstumschancen aus. „Dadurch wiederum werden die volkswirtschaftlichen Kosten sowohl direkt als auch indirekt verringert“, betont die Kommission in ihrem Grünbuch. Doch die Kommission hatte Ende Januar weniger ehrgeizige Klimaschutzziele vorgeschlagen. Außerdem seien die Vorschläge der Kommission auf einer Reihe von Ebenen kurzsichtig und unambitioniert, betonen die Abgeordneten im Parlament. Vor allem das Fehlen der nationalen Ziele geht ihnen gegen den Strich. Schließlich können nationale Ziele für erneuerbare Energie und bedeutsame neue Maßnahmen Anreize für Energieeffizienz schaffen. (Sven Ullrich)