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Schweiz: Versorger setzen zu wenig auf Ökostrom

Zwar will die Mehrheit der Stromversorger in der Schweiz in Zukunft stärker auf erneuerbare Energien setzen. Sie erkennen die Notwendigkeit von Innovationen. Doch in der Umsetzung spielt die Weiterentwicklung bestehender Geschäftsfelder eine Rolle. Nur wenige Versorger sehen, dass sie das große Innovationspotenzial der erneuerbaren Energien auch im eigenen Unternehmen umsetzen können.

Für die eidgenössischen Stadt- und Elektrizitätswerke spielt die Entwicklung von Geschäftsstrategien mit erneuerbaren Energien nicht die wesentliche Rolle. Um auch künftig im Markt bestehen zu können, setzen sich zwar 63 der Energieversorger in der Schweiz mit den Thema erneuerbare Energien auseinander. Doch für 81 Prozent ist vor allem der Absatz von Strom und das Marketing von bewährten Produkten für die kommenden Jahre von Bedeutung. Immerhin könnten die erneuerbaren Energien in der strategischen Entwicklung der Stadtwerke eine höhere Bedeutung bekommen. Denn für 70 Prozent der Stadtwerke ist die Entwicklung neuer Geschäftsfelder eine zentrale strategische Option, um das Unternehmen für die Zukunft zu wappnen. Nur die Kooperation mit anderen Versorgern ist als strategische Option für die Zukunft noch wichtiger. Dies ist eines der zentralen Ergebnisse einer Befragung von 43 der gut 200 eidgenössischen Stromversorger durch die Marktanalysten von Ernest & Young.

Sinkende Bedeutung der erneuerbare Energien

Damit liegen die Versorger in der Schweiz zwar noch weit vor den Stadtwerken in Deutschland oder Österreich, für die die erneuerbaren Energien noch weniger als neues Geschäftsmodell im Mittelpunkt stehen. Doch kommt vor einer offensiven Strategie, mit erneuerbaren Energie neue Geschäftsmodelle zu entwickeln, weit hinter Maßnahmen, um das Stadtwerk schlanker aufzustellen. So wird für 77 Prozent der Versorger in der Schweiz die Optimierung der internen Prozesse und die Restrukturierung des Unternehmens in den kommenden Jahren eine Rolle bei der strategischen Entwicklung des Unternehmens spielen. Für 67 Prozent der befragten Versorger kommt sogar ein Personalabbau in Betracht. Zumal die Anzahl der Stadtwerke geringer, für die erneuerbare Energien ein Themenbereich mit besonderer Bedeutung ist. Im vergangenen Jahr betrug der Anteil der Versorger mit einer Strategie, auf erneuerbare Energien zu setzen, immerhin noch 79 Prozent.

Erneuerbare und Speicher mit hohem Potenzial

Aus dieser Entwicklung erklärt sich auch die Tatsache, dass die Energieversorger in der Schweiz die erneuerbaren Energien zwar als ein Thema mit hohem Innovationspotenzial sehen. Immerhin schreiben 63 Prozent der befragten Versorger den erneuerbaren Energien ein hohes Innovationspotenzial zu. Doch nur 53 Prozent gehen davon aus, dass dieses im eigenen Unternehmen auch gehoben werden kann. Noch größer ist der Unterschied bei den Speichertechnologien. Für 74 Prozent der Stadtwerke haben die Strom- und Wärmespeicher ein hohes Innovationspotenzial. Die Erfolgsaussichten werden aber düsterer gesehen. Nur 43 Prozent der eidgenössischen Stadtwerke sehen einen Erfolg dieser Innovationen im eigenen Unternehmen. Auch das Thema Smart Grid ist für drei Viertel der befragten Versorger ein Thema mit riesigem Potenzial. Doch nur 43 halten dieses Innovationspotenzial auch im eigenen Unternehmen für umsetzbar. Immerhin befürwortet die Mehrheit der Versorger die Förderung von erneuerbaren Energien. 70 Prozent der befragten Versorger halten den Umbau des Fördersystems von einer Umlage auf den Stromverbrauch auf eine Lenkungsabgabe auf Benzin, Heizöl und Strom für eine gute Idee. Allerdings verstehen die meisten Versorger nicht, warum bis 2030 die Treibstoffe aus dieser Lenkungsabgabe ausgenommen werden sollen.

Versorger haben Produkte im Portfolio

Wenn sich die Versorger aber mit den erneuerbaren Energien schon beschäftigen – in der Umfrage waren die 29 der befragten 43 Unternehmen –, dann zumindest in einem Stadium der Umsetzung als Geschäftsmodell. Bei 55 Prozent der Unternehmen mit erneuerbaren Energien im Portfolio befindet sich dies schon im Stadium der Marktdurchsetzung und bei 24 Prozent dieser Stadtwerke im Stadium der Markteinführung. Nur bei 21 Prozent der Versorger, für die erneuerbare Energien eine strategische Geschäftsoption ist, befindet sich ein entsprechendes Portfolio noch in der Forschungs- und Entwicklungsphase.

Zwischen Kundenschwund und Liberalisierung

Die Energieversorger in der Schweiz leiden unter einem massiven Druck Auf der einen Seite schwinden die Umsätze im bisherigen Kerngeschäft, die Versorgung der Kunden mit Strom. Denn immer mehr Hauseigentümer versorgen sich zu einem großen Teil selbst mit Strom und beziehen nur noch wenig Energie von ihrem Versorger. Auf der anderen Seite steht die komplette Liberalisierung des eidgenössischen Strommarktes bevor. Dies erhöht den Kostendruck auf die Versorger weiter. Denn dann kann jeder Schweizer frei wählen, von wem er seinen Strom bezieht. Die Hegemonie der regionalen Energieversorger schwindet damit. Entsprechend skeptisch sind die Versorger auch gegenüber dieser Liberalisierung eingestellt, wobei anzunehmen wäre, dass der Anteil der Versorger, die dies absolut ablehnen, größer ist. Denn nur 26 Prozent der befragten Unternehmen befürwortet das jetzige System, in dem nur große Verbraucher in der Schweiz ihren Anbieter frei wählen können. Damit sind immerhin drei Viertel der Versorger grundsätzlich mit der Liberalisierung einverstanden. Für 33 Prozent hat Bern sogar den richtigen Zeitpunkt gewählt, um den eidgenössischen Strommarkt zu liberalisieren. Für 37 Prozent kommt diese Liberalisierung zu früh. Immerhin noch fünf Prozent der Befragten hätten sich eine frühere Liberalisierung gewünscht. (su)