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Mehr vernetzte Großpuffer

Insgesamt 690 Blöcke mit Lithiumbatterien werden an den Kraftwerks­standorten von RWE in Neurath und Ham m installiert. Das geplante System reagiert sekundenschnell. Und es kann über eine Stunde die ausgelegte Leistung erbringen. Dadurch trägt der Großpuffer zur Stabilisierung des Netzes und einer zuverlässigen Stromversorgung bei. Der Clou: Der neue Batteriespeicher ist virtuell mit den deutschen RWE-Kraftwerken vernetzt.

Konzernweites Gemeinschaftsprojekt

So werden Synergien genutzt. Es lässt sich optimiert steuern, wann welche Einheit einzeln oder als Gruppe effizient Regelenergie bereitstellt. Der Energieriese greift dabei auf seine Erfahrungen in Projektplanung, Modellierung, Systemintegration zurück und übernimmt daher die Inbetriebnahme des Projekts und alles Weitere in Eigenregie. „Unser neuer Batteriespeicher wird den Einsatz unseres deutschen Kraftwerksparks optimieren und gemeinsam mit diesem Regelenergie bereitstellen“, erklärt Roger Miesen, Vorstandsvorsitzender bei RWE Generation. Es handelt sich bei dem Großspeicher um ein konzernweites Gemeinschaftsprojekt.

Der Energieriese investiert insgesamt 140 Millionen Euro in den Bau des Großspeichers mit 220 Megawatt. Der Speicher verteilt sich auf zwei Standorte: In Neurath werden Batterien mit einer Gesamtleistung von 80 Megawatt auf einer Fläche von rund 7.000 Quadratmetern installiert. Das entspricht ungefähr der Größe eines Fußballfelds. In Hamm sollen am Kraftwerk Westfalen sogar Batterien mit einer Gesamtleistung von 140 Megawatt auf einer Fläche von 14.000 Quadratmetern errichtet werden. Geplant ist der Einsatz von neuen Lithiumakkus, die in einer Schrankbauweise eingebaut und fabrikfertig angeliefert werden. Nach Erteilung der Baugenehmigung soll der Projektbau 2023 starten.

Auslaufmodell PRL nur als Ergänzung

Der Energiekonzern RWE betreibt aktuell Strompuffer mit einer installierten Leistung von rund 150 Megawatt und 160 Megawattstunden. Der Konzern hat das Ziel, bis 2030 drei Gigawatt an Batteriespeichern zu bauen. In Deutschland installiert RWE beispielsweise derzeit ein Speicherprojekt mit 117 Megawatt, das virtuell mit den Laufwasserkraftwerken an der Mosel gekoppelt ist.

Die Haupttreiber für echte Netzspeicher war in den letzten Jahren meist die Primärregelleistung, kurz PRL genannt, eine der Regelenergie-Arten. „Allerdings ist es um dieses Geschäftsmodell in den letzten Jahren eher ruhiger geworden“, berichtet Hans Urban, Speicherexperte und Berater bei Eco Stor. Das deutsch-norwegische Unternehmen entwickelt, baut und betreibt Batteriekraftwerke. Denn die ausgeschriebene Menge für PRL ist tendenziell konstant und wird teilweise nach wie vor von fossilen Kraftwerken bedient, sodass Batteriespeicher in größerem Maßstab hier in Zukunft keine großen Anreize mehr finden.

Was ist ein Netzspeicher?

Allerdings haben in den letzten Monaten die steigenden Strompreise und vor allem die steigende Volatilität der Börsenstrompreise dazu geführt, dass die freie Vermarktung von Batteriespeichern immer interessanter werde, weiß Urban zu berichten. Die PRL dient demnach allenfalls noch als Ergänzung. „So entstehen gerade in jüngster Zeit immer mehr privat finanzierte Projekte mit großen Batteriespeichern, die die immer größer werdenden Unterschiede bei den Strompreisen, neudeutsch Spreads, abdecken“, sagt er.

Die Puffer verdienen also ihr Geld mit dem Einkauf günstiger und dem Verkauf teurer Energie vornehmlich im Bereich kurzfristiger Schwankungen. Der Vorteil: Sie wirken den volatilen Schwankungen entgegen und dämpfen somit die Preise. „Man könnte also hier von einer typischen Win-win-Situation sprechen“, erklärt Urban.

Netzspeicher definiert man typischerweise nach ihrem Anschlusspunkt. So befinden sich Haus- oder auch Gewerbespeicher üblicherweise immer hinter dem jeweiligen Zählpunkt. Sie helfen so bei der Energieoptimierung im Haushalt oder im Betrieb. Ein Netzspeicher befindet sich dagegen vor diesem Zählpunkt. Er dient somit nicht der Optimierung der Energieflüsse im Zählkreis eines Kunden, sondern der Optimierung im Netz.

Dabei gibt es natürlich jede Menge Zwischenformen: beispielsweise Speicher, die im Rahmen der Innovationsausschreibung an Standorten von Solarkraftwerken oder auch Windenergieanlagen errichtet werden, wie das Projekt in Großschirma von Green Energy 3000, das in der Ausschreibungsrunde für Innovationen im April 2021 gewonnen hat. So entstehen hybride Kraftwerke aus verschiedenen Erzeugern und meist auch mit einem Strompuffer oder aber in Kombination mit fossilen Kraftwerken.

Keine pauschale Kostenaussage möglich

Urban betont: „Echte Netzspeicher finden sich aber in Zukunft immer mehr an leistungsfähigen Netzknotenpunkten, weil sie dort am besten die Netze entlasten können, ohne gleichzeitig die Verteilnetze durch die Ausgleichsenergie zu belasten.“ Eine pauschale Angabe zu den Kosten pro installierter Leistung oder pro installierter Energie wird immer schwieriger. Die volatilen Rohstoffpreise führen dazu, dass die Rohstoff-Indexierung gleitend eingepreist wird.

Zudem rücken die Hardwarekosten der Kernkomponenten bei der Entwicklung großer Projekte immer mehr in den Hintergrund. „Ähnlich wie bei Solarkraftwerken nehmen die Kosten für Grundstücke, Bauleitplanverfahren, Netzanschlüsse und so weiter einen wachsenden Anteil ein“, erklärt Urban. So könne die Hardware für einen großen Speicher vielleicht für 500 Euro pro Megawattstunde geliefert werden, aber die Projektkosten drumherum seien damit bei Weitem noch nicht abgedeckt.

Mehr Energie, mehr Leistung an den Netzknoten

Mittlerweile werden sogar Projekte im zweistelligen bis hin zum dreistelligen Megawattstunden Bereich gebaut. „Diese Großspeicher werden in der Regel immer direkt an großen Netzknotenpunkten errichtet, sind in aller Regel privat finanziert und von der Größenordnung mehr und mehr dazu geeignet, die Netzstabilität und die Energiewende wirklich voranzubringen“, sagt Haus Urban.

Da sich Großspeicher immer in Gebäuden befinden, seien die Genehmigungsverfahren relevant, das betrifft insbesondere die Privilegierung im Außenbereich, beschreibt Urban. Ein weiterer wichtiger Punkt ist der sogenannte Baukostenzuschuss: Er wurde eigentlich entwickelt, um Verbraucher mit hohen Leistungsspitzen an den Kosten der Netze zu beteiligen. „Es kann nicht sein, dass per se netzentlastende Großspeicher mit denselben Kosten belastet werden wie reine Verbraucher“, mahnt er. Auch weil die Projekte damit unwirtschaftlich werden. Eine finanzielle Beteiligung der Standort­gemeinden an den Gewerbesteuern der Betriebsgesellschaften würde zudem die Akzeptanz für die Projekte erhöhen – ähnlich wie bei Photovoltaik- oder Windenergieprojekten. So würde die Energiewende insgesamt beschleunigt.

Die Treiber für Innovationen

Ein Vorteil möglichst großer Projekte ist natürlich, dass sie sich besser skalieren lassen als die bisher verbreiteten Speicher zwischen ein und zehn Megawatt oder Megawattstunden. Zudem führt jede Innovation in der Speichertechnologie automatisch früher oder später zu den nächsten Innovationsschritten bei Projekten.

Neben den Innovationen bei den Batterien sind insbesondere auch die Wechselrichter zu betrachten. „Denn diese werden in Zukunft immer mehr netzstabilisierende Aufgaben übernehmen“, sagt Urban. Hier sind unter anderem Blindleistung, eine noch schnellere Reaktion auf Frequenzschwankungen sowie künstliche Netzträgheit, Inselbetrieb und Schwarzstartfähigkeit zu nennen. Diese Eigenschaften verteuerten jedoch die Geräte in der Regel, sagt Urban und fordert: „Deshalb müssen sie gemäß ihrem Nutzen für Netze und ihrer Resilienz entsprechend vergütet werden.“

Foto: Tesvolt

Green Energy 3000/Tesvolt

Neue E-Serie in Großschirma eingebaut

Im September 2021 startete der Projektentwickler Green Energy 3000 den Bau des ersten eigenen Innovationsprojekts im sächsischen Großschirma. Im Juli 2022 konnte die Kombination aus einem Solarpark mit einer Leistung von 5,1 Megawatt sowie einem Batteriespeicher mit einer Leistung von 1,7 Megawatt und 3,8 Megawattstunden insgesamt starten.

Die Solaranlage ohne Speicher wurde bereits im Frühjahr fertiggestellt und speist seitdem ins Netz ein. Nun ist also auch der Batteriespeicher eingerichtet und abgenommen. Hier kamen 480 Module der neuen E-Serie von Tesvolt zum Einsatz. Es wurden immer zehn Module in Reihe geschaltet, es gibt insgesamt 48 Strings. Die Betriebsführung übernimmt die Unternehmenstochter Green Asset 3000. Mit der erzeugten Energie können in der Spitze bis zu 25.000 Haushalte versorgt werden und der Batteriespeicher unterstützt die Netzstabilität.

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