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Agriphotovoltaik

„Vorhandene Technik nutzen”

Sie haben eines der ersten Agriphotovoltaikprojekte mitentwickelt. Damals wurden Module auf sehr hohen Montagesystemen montiert. Welche Erkenntnisse für die künftige Entwicklung haben Sie da mitgenommen?

Stephan Schindele: Die zentrale Erkenntnis ist, dass man das mit dieser hohen Aufständerung nicht mehr machen würde. Wir wollten damals eigentlich drei Anlagen errichten, eine im Hopfenanbau, eine im Gemüseanbau und eine im Obstbau.

Warum würden Sie das nicht noch einmal so machen?

Weil das zu teuer ist. Das Kosten-Nutzen-Verhältnis zwischen dem Deckungsbeitrag aus der Getreideproduktion und den Anpassungskosten der Photovoltaik, um die landwirtschaftliche Tätigkeit zu ermöglichen, stehen in einem schlechten Verhältnis. Viel sinnvoller sind Anwendungen, bei denen die Photovoltaik mit bestehenden Schutzvorrichtungen kombiniert werden kann, wie beispielsweise im Obst- und Beeren­anbau.

Stephan Schindele hat am Fraunhofer ISE zehn Jahre lang das Thema Agriphotovoltaik mitentwickelt. Dort hat er eine Pilotanlage in Heggelbach am Bodensee begleitet. Seit Anfang 2020 ist er bei -Baywa r.e. für die Verbindung von Photovoltaik und Landwirtschaft zuständig.

Foto: Baywa r.e.

Stephan Schindele hat am Fraunhofer ISE zehn Jahre lang das Thema Agriphotovoltaik mitentwickelt. Dort hat er eine Pilotanlage in Heggelbach am Bodensee begleitet. Seit Anfang 2020 ist er bei -Baywa r.e. für die Verbindung von Photovoltaik und Landwirtschaft zuständig.

Worauf legt Baywa r.e. den Schwerpunkt, wenn es um die Agriphotovoltaik geht?

Wir legen das Hauptaugenmerk bei der Agriphotovoltaik derzeit auf Sonderkulturen wie den Anbau von Beeren- und Waldfrüchten oder von Kernobst. Dabei greifen wir die ohnehin vorhandenen Schutztechniken wie Hagelschutznetze, Folienschutzsysteme oder Folientunnel auf und ersetzen diese durch Solarmodule. Dadurch bringt die Photovoltaik einen zusätzlichen Nutzen für die Landwirtschaft – neben der Eigenschaft der Stromerzeugung – sowohl finanziell als auch ökologisch. Auch in Sachen Landschaftsbild sehen wir positive Effekte. Denn Plastikfolientunnel oder großflächig angebrachte Hagelschutznetze können durch sorgfältig geplante und gleichmäßige Modulreihen ersetzt werden.

Welche Erfahrungen machen Sie mit den Landwirten?

Teil unserer Projekte ist immer auch eine Abfrage der Zufriedenheit. Wir haben in den Niederlanden eine Versuchsanlage bei einem Landwirt errichtet, der auf einer fast zehn Hektar großen Fläche unter Folienschutzsystemen Brombeeren anbaut. Der Landwirt musste einerseits nach einem Sturm immer mit großem Arbeitsaufwand die Folien auf Schäden hin kontrollieren und wieder nachspannen oder ersetzen. Doch viel wichtiger war für den Landwirt, dass er ruhiger schlafen kann. Denn bei einem Sturm macht er sich nachts Gedanken, welche Schäden ihn am kommenden Tag erwarten. Das hat sich durch die Solaranlage geändert. Denn diese ist sturmsicher.

Erhöhen solche Ansätze auch die Akzeptanz?

Ja. Solarparks stoßen zwar immer wieder auf Vorbehalte. Doch die Agriphotovoltaikanlagen ersetzen schließlich die ebenfalls umstrittenen Folienschutzsysteme. Aus der Akzeptanzforschung, die das erste Agriphotovoltaikprojekt in Heggelbach begleitet hat, wissen wir, dass von allen erneuerbaren Energien Photovoltaikaufdachanlagen und die Agriphotovoltaik die höchsten Zustimmungswerte genießen.

Sie sprachen die Kosten schon an. Sie sinken in der Regel mit der Standardisierung. Wie weit ist diese in der Agriphotovoltaik gediehen, wie sie Baywa r.e. entwickelt?

Das ist nicht so einfach. Wir haben Lösungen für den Beerenanbau entwickelt und arbeiten derzeit an zwei Projekten, um Apfelplantagen mit Solarmodulen zu überdachen – eins in Rheinland-Pfalz mit einer Leistung von 200 Kilowatt und ein zweites am Bodensee. Da muss man die Ansprüche der jeweiligen Früchte mitbeachten.

Wie muss man sich das vorstellen?

Die Aufständerung selbst ist ähnlich wie im Beerenanbau, die wir auf Spalierobstplantagen angepasst haben. Der Apfel braucht aber abhängig von der Sorte unterschiedlich viel Licht. Da müssen wir die Modultechnik entsprechend konfigurieren. Wir sind aber auf einem guten Wege, die entsprechende Technik zu entwickeln und dann auch zu standardisieren.•

Das Gespräch führte Sven Ullrich

Meine Vision: Alexander Schütt von Baywa r.e.

Foto: Baywa r.e.

Mehr Mut und einen neuen Anfang!

Den Klimawandel zu stoppen – das ist meine Vision. Die Energiewende stellt die Gesellschaft vor große Herausforderungen. Es bedarf mehr Mutes seitens aller Beteiligten, um die notwendigen Transformationen anzustoßen und eine Erzeugungslücke in den nächsten Jahren zu vermeiden. Dieser Mut fehlt in der aktuellen EEG-Novelle, zumal von einem deutlich stärkeren Anstieg des Strombedarfs ausgegangen werden muss, als in der EEG-Novelle angenommen.

Meines Erachtens brauchen wir insgesamt eine neue Ausrichtung und Ausgestaltung der Rahmenbedingungen – einen richtigen Neuanfang. Dabei muss der Eigenverbrauch und der Prosumer im Mittelpunkt stehen und von Bürokratie sowie ungerechtfertigten Abgaben und Umlagen weitestgehend entlastet werden.

Ambitionierter Ausbaupfad als Basis

Ein ambitionierterer Ausbaupfad der Erneuerbaren ist die Basis. Im Bereich Solar benötigen wir neben den dezentralen und verbrauchernahen Privat- und Gewerbeanlagen wieder zunehmend förderfreie Großanlagen in der Freifläche, auch um die Grünstromversorgung für energieintensive Industrien und die Erzeugung von grünem Wasserstoff auf den Weg zu bringen. Und besonders wichtig: Wir brauchen positive und verlässliche Regelungen für dezentrale Eigenverbrauchslösungen, die nicht durch Belastungen mittels EEG-Umlage oder durch bürokratische Hürden ausgebremst werden.

Entsprechende Investitionen mittelständischer Unternehmen in eigene Anlagenkonzepte, aber auch die Energiewende in den Innenstädten und die Sektorenkopplung müssen erleichtert werden. Zum Beispiel sollten PV-Anlagen auf Dächern und andernorts als Standard-Gebäudetechnik betrachtet werden. Außerdem sollte es den Besitzern komplett selbst überlassen bleiben, wie sie ihren eigenproduzierten Strom verwenden. EEG-Umlagen sollten sie jedenfalls nicht mehr zahlen müssen oder zur Volleinspeisung ins Netz gedrängt werden. Und auch die Netzbetreiber sollten in die Pflicht genommen werden, ihre Infrastruktur für den Endverbraucher fit zu machen.

Dezentral und bürgernah

Insgesamt geht es um eine bessere Rahmengestaltung – und zwar dezentral und bürgernah. Es gilt, die Schwelle für viele Investoren zu senken, um Neuinvestitionen in PV gezielt zu motivieren, deren Attraktivität im Übrigen auch durch Trends wie kostengünstigere Batteriespeicher und intelligentere PV-Anlagen zunimmt. Das ist der Weg, um das Potenzial der Photovoltaik voll auszuschöpfen und die Volumenziele der Energiewende zu erreichen. Das ist für mich nicht nur ein professionelles Ansinnen, sondern auch ein persönliches. Ich arbeite dafür, dass meine Kinder in eine lebenswerte Zukunft hineinwachsen, ohne auf den Komfort verzichten zu müssen, den meine Generation in vollen Zügen genießen konnte.

Alexander Schütt führt die Geschäfte von von Baywa r.e. Solar Energy Systems.

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