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„Wir sehen starkes Wachstum“

Wie ist Senec durch die Coronakrise gekommen?

Jaron Schächter: Bei uns haben zeitweilig bis zu 140 Mitarbeiter aus dem Homeoffice gearbeitet, auch ich. Wenn ich in Leipzig im Unternehmen war, mussten wir dennoch Videokonferenzen planen, weil so viele Leute verteilt gearbeitet haben. Bislang hatten wir bei Senec eine Kultur der Präsenz. Durch die Krise hat sich das sehr stark gewandelt. Auch mit unseren Fachpartnern arbeiten wir verstärkt über Videokonferenzen und Telefon zusammen.

Wir kommen gleich auf die Auswirkungen der Viruskrise auf das Speichergeschäft zurück. Zunächst die Frage: Wie ist das Jahr 2019 gelaufen?

Unglaublich gut, es war bisher unser absolutes Rekordjahr. Unter allen Anbietern im deutschen Markt hatten wir gemäß EuPD das stärkste Wachstum. Wir haben im vergangenen Jahr mehr als 10.000 Speichersysteme ausgeliefert und installiert. Das heißt, zum Jahresende waren die Lager leer.

2019 ist Senec auch mit dem Verkauf von Solarmodulen eingestiegen. Wie hat das funktioniert?

Wir haben insgesamt rund 16 Megawatt Solarmodule an unsere Kunden verkauft. Aber darum geht es eigentlich nicht. Wir wollen unseren Kunden eine Komplettlösung aus Photovoltaik, Hybridspeicher und Cloudlösung bieten – wir nennen das Senec 360 Grad – und der Gedanke braucht etwas Zeit, um sich am Markt durchzusetzen. Wir sehen, dass dies zunehmend geschieht, und erwarten 2020 eine deutliche Steigerung auch in diesem Segment.

Wie ist dieses Jahr angelaufen?

Wesentlich besser, als das vorige Jahr endete, und weit über unseren Vorstellungen insbesondere in Deutschland und Australien. Wir haben in den ersten vier Monaten schon mehr als 150 Prozent Wachstum gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Derzeit liefern wir jeden Monat weit über 1.000 Speichersysteme aus.

Worauf führen Sie das zurück?

Es gibt marktbezogene und Senec-spezifische Faktoren. Der Winter war sehr mild und das Interesse bei den Kunden ist spürbar gestiegen. Die Bevölkerung wacht langsam auf, erkennt die Gefahren durch den Klimawandel. Hinzu kommt freilich die Furcht vor dem Solardeckel. Nach wie vor ist den Kunden die Wirtschaftlichkeit wichtig. Doch im vierten Quartal 2019 und im ersten Quartal dieses Jahres trat die Nachhaltigkeit als Kaufmotiv stärker in den Vordergrund. Das ist bemerkenswert. Gleichzeitig beginnen sich die systematische Fortentwicklung unseres Fachpartnernetzwerks und unsere neue Produkte Senec 360 Grad und Hybridspeicher V3 auszuzahlen. So konnten wir sicher auch den ein oder anderen Prozentpunkt Marktanteil gewinnen.

Konnte Senec die Nachfrage bedienen?

Nicht im vollen Umfang, da sind wir ehrlich. Denn die enorme Nachfrage hat uns förmlich überrannt. Die Nachfrage lag teilweise dreifach höher, als wir in unseren ohnehin ambitionierten Wachstumszielen angenommen hatten. Und im März kam die Coronakrise hinzu, die unsere Produktion und die Lieferkette behindert hat. Dennoch haben wir deutlich mehr ausgeliefert als geplant. Somit wurden unsere höchsten Planungen übertroffen.

Anfang des Jahres in China, dann ab Mitte März auch in Europa: Shutdown durch den Virus. Wie haben Sie darauf reagiert?

Neben den eingangs erwähnten Änderungen für unsere Mitarbeiter haben wir eine spezielle Taskforce gegründet. Sie hat die Lieferkette aufrechterhalten, was bestimmt kein einfacher Job war. Ich will Ihnen einige Beispiele nennen: Wichtige Mikrochips für unsere Platinen blieben in chinesischen Häfen liegen, kamen nicht raus. Also mussten wir Lieferanten aus Europa finden. Das gelang, wir haben in Litauen einen Zulieferer gefunden, der solche Chips noch vorrätig hatte. Oder: Aus Italien beziehen wir normalerweise Plastikgranulate. Als Norditalien quasi ausfiel, mussten wir solche Materialien in Kanada einkaufen, natürlich zu höheren Preisen. Aber wir haben sie bekommen. Und waren lieferfähig.

Wie viele Teile oder Materialien stecken in einem Senec-Speicher?

Unsere Bill of Materials erfasst mehr als 300 Materialien auf der ersten Ebene der Unterlieferanten. Die Zahl der Einzelteile ist deutlich höher. Daran erkennt man, was für ein logistischer Kraftakt uns gelungen ist. Nur bei den Solarmodulen mussten wir einige Tage lang die Auslieferung stoppen.

Warum?

Die Module werden in der Verpackung durch Pappkämme vor Transportschäden geschützt. Diese Kämme bestehen aus Recyclingpapier. Der Markt für Recyclingpapier war aber wie leergefegt, weil die Hersteller von Toilettenpapier alle Bestände aufgekauft haben.

Welche Lehren ziehen Sie aus der Krise?

Zunächst hat sich unser Ansatz, „made in Germany“ oder zumindest „made in Europe“, bewährt. Kurze Lieferwege haben sich als robust erwiesen. Da wir in den kommenden Jahren einen Preiskampf mit den asiatischen Wettbewerbern erwarten, werden wir diese Strategie ausbauen. Wir bleiben Deutschland und Europa treu. Zudem wollen wir in den Aufbau von strategischen Lagerreserven investieren, um uns für neuerliche Krisen abzusichern. Auch Zubauteile aus China müssen künftig für eine bestimmte Zeitspanne aus Pufferlagern verfügbar sein.

Wie stellte sich das Australiengeschäft während der Coronakrise dar?

Australien entwickelt sich sehr gut, zumal wir vor Ort mit Patrick Duignan einen neuen General Manager haben, der früher für SMA und Q-Cells tätig war. Er kennt das Solargeschäft sehr gut und verfügt in Australien über ein ausgezeichnetes Netzwerk. Der australische Markt wird aus Korea und Deutschland beliefert und war zum Glück durch die Coronakrise nicht ganz so stark betroffen wie beispielsweise Italien. In Australien haben wir seit wenigen Wochen den neuen Senec V3 hybrid im Vertrieb. Im März und April sind die Verkäufe nach Australien deutlich hochgegangen, stärker als im Vorjahr.

Und in Italien?

Trotz des Ausnahmezustands haben unsere Fachpartner immerhin einige zehn Speicher pro Woche installiert. Keine Ahnung, wie sie das geschafft haben. Die Coronazeit haben wir genutzt, unsere italienischen Fachpartner im digitalen Vertrieb zu schulen. Das haben wir übrigens auch in Deutschland verstärkt getan. Doch im Vergleich zum Jahresende 2019 oder dem sensationellen Start 2020 ist der Markt um 90 Prozent eingebrochen. Ende April stieg der Verkauf wieder an, wir bauen einen Auftragsbestand auf. Es gibt also Licht am Ende des Tunnels. Mal sehen, wann die Installateure in Italien wieder bauen dürfen.

Wie viele Fachpartner haben Sie in Deutschland?

Derzeit sind es 750 in unterschiedlichen Kategorien, und diese Zahl wollen wir vorerst nicht zwingend erhöhen. Unsere Wachstumsziele wollen wir mit diesen Partnern gemeinsam umsetzen. Dabei stützen wir uns auf eine gute Mischung aus kleinen, mittleren und größeren Handwerksbetrieben. Mit ihnen werden wir auch regionale Lücken schließen, ohne dafür immer neue Partner anzusprechen. Wir haben unser Leadmanagement verbessert, um unsere Fachpartner mit Senec-exklusiven Leads zu unterstützen. An dieser Stelle liegt uns auch eines am Herzen: Wir setzen voll auf unser Netzwerk an Fachpartnern. Für diese war die Situation auch nicht immer einfach. Wir möchten uns für die Flexibilität und Unterstützung unserer Fachpartner ausdrücklich bedanken.

Wollen Sie in diesem Jahr neue Märkte im Ausland erschließen, nach Australien und Italien?

Vorerst nicht. Das hat weniger mit der Coronakrise zu tun, das hatten wir schon im vergangenen Jahr beschlossen. Der deutsche Markt wird weiter stark wachsen, und er ist sehr intensiv vom Wettbewerb getrieben. Darauf wollen wir uns konzentrieren, denn auch hier gibt es genügend Herausforderungen.

Wie werden sich die Preise entwickeln?

Ich erwarte stabile Preise. Allerdings wird die Funktionalität der Speichersysteme zunehmen, und digitale Produkte werden eine wichtige Rolle spielen. Die Preise in Deutschland sind für die Anbieter und den Kunden wirtschaftlich tragfähig, aber die Systeme müssen immer mehr können. Dazu gehört die Einbindung von Wallboxen oder Wärmepumpen, die unser Speichersystem ansteuern kann. Dazu gehören auch digitale Schnittstellen, um neue Funktionen per Update aufspielen zu können.

Nun fiel die Messe in München aus. Welche Neuheiten hatten Sie geplant?

Bei den Speichern hatten wir keine großartigen Neuheiten geplant. Im vergangenen Jahr haben wir den Senec V3 hybrid und den Senec V3 hybrid Duo lanciert. Beide Produkte sind höchst aktuell und müssen sich erst einmal bis in alle Nischen des Marktes herumsprechen. Bei den Modulen bringen wir leistungsfähigere Produkte, beispielsweise Halbzellenmodule und neue All-Black-Module, unter dem Label
Senec.

Und bei der Elektromobilität?

Wir haben unsere Wallbox erneuert. Die neue Senec Wallbox pro leistet elf oder 22 Kilowatt, wir bieten sie zum gleichen Preis an wie das Vorgängermodell, das nur elf Kilowatt leisten konnte. Dadurch können unsere Fachpartner besser auf die Wünsche und Anschlussbedingungen vor Ort eingehen. Die intelligente Steuerung erfolgt über unseren Speicher. Bei der Cloud To Go bekommen unsere Kunden nun auch am Schnelllader den günstigen Tarif von 28 Cent je Kilowattstunde, auch wenn sie das Kontingent ihres Sonnenstroms in der Cloud bereits abgerufen haben. Dieser Tarif gilt an allen Ladestationen des Versorgungsnetzes der EnBW mit mehr als 30.000 Ladepunkten. Andere Anbieter rufen bis fast 80 Cent je Kilowattstunde auf.

Das Gespräch führte Heiko Schwarzburger.

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