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Fehlersuche

Schleichende Verluste

In diesem Artikel geht es um die Beschreibung eines typischen Fehlers an Solarmodulen, der zu einer schleichenden Minderung des Stromertrages führt, ohne dass der Betreiber dies unmittelbar bemerkt. Da der Fehler relativ häufig auftritt, möchte ich ihn etwas ausführlicher beschreiben.

Wenn Modulhersteller mit Innovationen aufwarten, hat dies oft damit zu tun, dass man ein häufig auftretendes Problem bei bereits hergestellten Modulen erkannt hat und auf der Suche nach der Lösung auf eine neue Idee gestoßen ist. So ist es auch bei den geschindelt angeordneten Solarzellen. Bei ihnen verzichtet man auf sogenannte Zellverbinder und ordnet die Solarzellen leicht überlappend im Modul an. Stets wird die Rückseite der vorhergehenden Solarzelle mit der Vorderseite der nächsten Zelle in Reihe geschaltet.

Bis dahin wurden die Solarzellen immer mit sogenannten Verbinderbändchen, den Zellverbindern, in Reihe geschaltet. Es sei an dieser Stelle daran erinnert, dass in einem klassischen Solarmodul in aller Regel 60 oder 72 kristalline Solarzellen miteinander verschaltet sind. Diese Verbindungen der Zellen untereinander sind im Betrieb der Module einem extremen und dauerhaften thermischen Stress ausgesetzt.

Der rechte Anschluss ist am Übergang vom Modul zur Dose defekt.

Foto: Heiko Schwarzburger

Der rechte Anschluss ist am Übergang vom Modul zur Dose defekt.

Kontakt mit oder ohne Zellverbinder

Solarzellen werden im Sommer bis zu 70 Grad Celsius heiß und kühlen im Winter auf die Umgebungstemperatur ab. Bei einem sommerlichen Gewitter können außerdem extreme Temperaturwechsel in sehr kurzer Zeit erfolgen.

Bei den Zellverbindern handelt es sich normalerweise um lotbeschichtete Kupferverbinder, die einen etwas anderen thermischen Ausdehnungskoeffizienten haben als die Solarzellen selbst. Dadurch entstehen bei jedem Temperaturwechsel mechanische Spannungen.

Sie werden normalerweise abgefedert, indem man die Verbinderbändchen ausreichend lang macht, sodass ein gewisser Spielraum für die Wärmeausdehnung und die Kontraktion bleibt. Dieser Spielraum wurde in der Vergangenheit allerdings ganz offenbar von einigen Modulherstellern nicht korrekt eingeschätzt. Neben den ständigen Temperaturwechseln kommt die Belastung durch UV-Strahlung dazu. Das führt bei den betroffenen Modulen dazu, dass die Verbinderbändchen mit der Zeit abreißen.

Abreißen als langsamer Prozess

Das Abreißen der Zellverbinder passiert schleichend. Bei älteren Solarmodulen gab es in der Regel zwei Verbinderbändchen zwischen den Zellen, von denen zunächst nur eines abgerissen ist. Im Elektrolumineszenzbild erkennt man das durch die ungleichmäßige Helligkeit der Solarzellen.

Bei manchen Zelltypen mit geteilten Frontkontakten wird die eine Hälfte der Zelle komplett schwarz. Wenn durch die noch größere Strombelastung auch das zweite Bändchen der Zelle aufgibt, wird ein kompletter Substring des Moduls, also etwa ein Drittel, quasi ausgeschaltet.

Nun könnte man meinen, dass die Unterbrechung zwischen zwei Zellen zum kompletten Ausfall des betroffenen Modulstranges führen müsste, da die Zellen ja in Reihe geschaltet sind. Dies ist allerdings nicht der Fall, da es in jedem Standardmodul immer drei Substrings gibt, die jeweils mit einer Bypassdiode versehen sind. Das betroffene Modul fällt daher nicht komplett aus, sondern die Bypassdiode übernimmt den Strom, der jetzt nicht mehr durch die Zellen fließen kann.

Durch Lichtbögen geborstene Frontscheibe eines Solarmoduls.

Foto: Diehl/PV-Büro

Durch Lichtbögen geborstene Frontscheibe eines Solarmoduls.

Die Bypassdiode springt ein

Das Modul verhält sich quasi so, als wäre ein Drittel komplett verschattet. Die Folgen sind ein Modul, dessen Leistung um ein Drittel gemindert, und ein Modulstrang, dessen Spannung um ein Drittel eines Modules gemindert ist. Zudem erwärmt sich die Anschlussdose, da eine der drei Bypassdioden nun im Dauereinsatz ist.

Der Betreiber einer Anlage, bei der dieses Problem vorliegt, bemerkt davon zunächst nichts. Der Wechselrichter speist weiterhin Strom ins Netz ein, lediglich mit etwas verminderter Leistung. Da es sich bei dem Problem um einen Serienfehler der betroffenen Solarmodule handelt, liegt es jedoch nahe, dass es nicht bei dem Versagen einer einzigen Verbindung zwischen zwei Zellen bleibt. Der Prozess geht weiter, bis schließlich der nächste Substring eines Moduls aufgibt und so weiter.

Dem Betreiber fällt das Problem oft erst dann auf, wenn so viele Zellverbinder unterbrochen sind, dass der Wechselrichter keine ausreichende Spannung mehr erkennt, um den Modulstrang im MPP-Bereich zu betreiben. Dann nimmt die Minderleistung immer mehr zu und das Problem ist nicht mehr zu übersehen. Um das Problem frühzeitig zu bemerken, hilft es nur, ein Monitoringsystem zu verwenden.

Genaues Monitoring ist unerlässlich

Da eine Photovoltaikanlage ganz selten nur aus einem einzigen Modulstrang besteht und ein Fehler ganz selten in mehreren Modulsträngen gleichzeitig auftritt, bietet sich die einfache Diagnose durch den Vergleich der verschiedenen Subsysteme einer Anlage an. Wenn man die Kurven übereinanderlegt, kann man auch geringe Abweichungen gut erkennen.

Vergleicht man zum Beispiel die Tagesverlaufskurven von zwei Modulsträngen, müssen die spezifischen Leistungen in Kilowatt je Kilowatt installierter Nennleistung bei gleicher Ausrichtung und Neigung der Module exakt gleich sein. Die Betonung liegt hierbei auf „exakt“. Bemerkt man kleinere Unterschiede zwischen den Modulsträngen, kann dies ein Hinweis auf das beschriebene Problem sein.

Diese Zellverbinder sind regelrecht zerstört.

Foto: Diehl/PV-Büro

Diese Zellverbinder sind regelrecht zerstört.

Tagesverläufe der Stränge vergleichen

Am Anfang fällt durch eine offene Zellverbindung ja nur Drittel eines Moduls aus. Bei beispielsweise 22 in Reihe geschalteten Modulen hat man 66 Sub­strings auf dem Dach. Der Ausfall eines Substrings bewirkt also lediglich eine Leistungsminderung um ein 66-stel, also 1,5 Prozent.

Der zweite Blick geht nach den Leistungsverläufen daher stets auf die DC-Spannungen der Modulstränge. Eine Spannungsabweichung von zehn bis 13 Volt zwischen zwei Strängen deutet auf den Defekt eines Substrings hin. Voraussetzung dafür ist allerdings korrektes MPP-Tracking durch die Wechselrichter.

Nicht auf die leichte Schulter nehmen

Auch wenn der Leistungsverlust von 1,5 Prozent in einem Modulstrang zunächst vernachlässigbar erscheint, sollte man die Sache nicht auf die leichte Schulter nehmen. Viele Anlagen laufen mit diesen Problemen jahrelang weiter, denn die Minderleistung bleibt zunächst unerkannt.

Es sind auch immer wieder Fälle aufgetreten, bei denen die Verbinder nicht komplett abgerissen sind, sondern sich die Verbindung immer mal wieder geschlossen hat. Ich persönlich hatte einen Fall, bei dem die Verbindung nachts bei einer Elektrolumineszenzuntersuchung geschlossen war.

Wir konnten unsere Tests machen und haben nichts festgestellt. Wir haben damals allerdings noch keine Dunkelkennlinien gemessen, sonst hätten wir das Problem bemerkt. Am nächsten Tag, bei deutlich höheren Temperaturen, war die Verbindung wieder offen. Es wurde nur bemerkt, weil zwei benachbarte Wechselrichter eine deutlich abweichende spezifische Leistung ins Netz eingespeist haben.

Hier hat sich ein heißer Kontakt durch die Rückseite geschmort.

Foto: Matthias Diehl

Hier hat sich ein heißer Kontakt durch die Rückseite geschmort.

Beliebig viele Zwischenstufen möglich

Es gibt zwischen offen und geschlossen also beliebig viele Zwischenstufen, die zum Teil mit sehr großer Wärmeentwicklung verbunden sind. So wurden Fälle beobachtet, bei denen die Modulglasscheiben zerstört waren, ausgelöst durch abreißende Zellverbinder. In seltenen Fällen bleiben an den Verbindern Lichtbögen stehen, die sogar zum Brand führen können.

Besteht der Verdacht einer schleichenden Leistungsminderung, kann man das Problem sehr einfach durch Thermografie diagnostizieren. Wenn ein Drittel eines Solarmoduls durch die Unterbrechung stromlos ist und der Strom stattdessen über die Bypassdioden fließt, sieht man dies in der Thermografie sofort – durch einen hellen Streifen, der genau die Größe eines Drittels eines Moduls hat.

Solarzellen, die sich im Leerlauf befinden, haben immer eine um zwei bis vier Kelvin höhere Temperatur als Zellen, die im MPP betrieben werden. Findet man ein Modul, das das Problem aufweist, so bleibt dies leider meist nicht der einzige Fund.

Sehr oft ein Serienfehler der Module

Sehr oft handelt es sich bei dem Problem um einen Serienfehler, bei dem nach und nach immer mehr Module betroffen sind. Bei großen Anlagen macht man diese Untersuchungen mittlerweile mithilfe von thermografischen Drohnen. Man sollte die Untersuchung allerdings von erfahrenen Drohnenfliegern durchführen lassen, die auch die Analyse der Aufnahmen beherrschen.

Austausch der betroffenen Module

Da sich die Unterbrechungen in aller Regel zwischen den Solarzellen innerhalb des Laminats befinden, können diese Unterbrechungen nicht repariert werden. Die betroffenen Module müssen ausgetauscht werden. In seltenen Fällen befinden sich die Unterbrechungen zwischen der Modulanschlussdose und der ersten Zelle des jeweiligen Substrings im Modul.

Wenn die Unterbrechung in der Modulanschlussdose liegt, kann man die Module eventuell reparieren. Dies sollte von entsprechenden Fachbetrieben vorgenommen werden, um das Problem nachhaltig zu beseitigen.

Hier finden Sie den kompletten Report:

Dieser Hotspot hat die Frontscheibe des Moduls gesprengt.

Foto: Matthias Diehl

Dieser Hotspot hat die Frontscheibe des Moduls gesprengt.

Photovoltaikbüro

Expertenblog seit August 2008 am Start

Tina Ternus und Matthias Diehl veröffentlichen seit 2008 regelmäßig Fachbeiträge rund um die Photovoltaik. Tina Ternus beschäftigt sich vor allem mit politischen Themen und dem EEG, Matthias Diehl schreibt in erster Linie über technische Sachverhalte.

Seit Anfang 2013 ist er öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Photovoltaik und photovoltaische Anlagentechnik. Sein Schwerpunkt ist die Fehlersuche, um Probleme mit möglichst geringem Aufwand zu erkennen. Dazu hat er eine spezielle Messtechnik entwickelt (PV-Serve, PV-Tector und PV-Vision) und bietet regelmäßig Seminare zur effizienten Fehlersuche an.

Foto: Matthias Diehl

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