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WindRäder gut planen

Die Windenergie ist während der letzten Jahrzehnte zu einem wesentlichen Energielieferanten geworden. Ende 2011 deckten mehr als 29 Gigawatt Windleistung rund acht Prozent des deutschen elektrischen Energiebedarfs ab [1]. Die installierten Kapazitäten entfallen jedoch fast ausschließlich auf Großanlagen, der Anteil an Kleinwindenergieanlagen (KWEA) in Deutschland ist mit rund 15 Megawatt [2] bislang vergleichsweise gering.

In Deutschland bewegen sich KWEA derzeit zunehmend in das Blickfeld der Öffentlichkeit und der Medien. Steigende Strompreise und der globale Klimawandel sind für viele Menschen ein Anstoß, sich mit alternativen Energieversorgungskonzepten auseinanderzusetzen. Der Zuwachs von kleinen Photovoltaikanlagen offenbart das Bedürfnis nach individuellen Lösungen und Unabhängigkeit von Energiepreisen.

1. Wahl des Standorts

Bei der Standortwahl für eine Kleinwindenergieanlage müssen neben den technischen und meteorologischen Faktoren auch rechtliche Rahmenbedingungen einbezogen werden. Der Standort einer KWEA entscheidet maßgeblich über den Energieertrag und damit über den wirtschaftlichen Betrieb. Generell ist es wichtig, dass der Wind ungehindert auf die KWEA treffen kann. Ländliche Gebiete sind vorrangig durch vergleichsweise wenige Hindernisse geprägt, Stadtgebiete hingegen weisen durch ihre hohe Bebauungsdichte hohe Geländerauigkeiten auf. Die Standortwahl sollte unter folgenden Kriterien erfolgen:

  • Windgeschwindigkeiten und Hauptwindrichtung am Standort (ertragsrelevant)
  • Struktur und Aufbau der näheren Umgebung des Gebäudes (ertragsrelevant)
  • Höhe und Geometrie des gewählten Standortes/Gebäudes (ertragsrelevant)
  • Gegebenenfalls bautechnische Tauglichkeit des Daches und allgemeine Eigenschaften des Gebäudes (sicherheitsrelevant)

Die genaue Bestimmung der Windgeschwindigkeiten und vorherrschenden Windrichtung ist die grundlegende Voraussetzung für eine erfolgreiche Umsetzung des Vorhabens.

1.1 Geschwindigkeit und Windrichtung

Die genaueste, aber auch aufwendigste Methode ist eine eigene Messkampagne. Hierfür müssen am potenziellen Standort entsprechende Messgeräte installiert werden. Um aussagekräftige Daten zu erhalten, ist unbedingt auf die korrekte Montage zu achten.

Weil die Windleistung von der dritten Potenz der Windgeschwindigkeit abhängt, führt ein Messfehler von nur fünf Prozent bei der Windgeschwindigkeit zu einem Fehler in der Ertragsprognose von rund 16 Prozent. Ist die Messperiode von einem Kalenderjahr abgeschlossen, kann eine genaue Prognose über die Verteilung der Windgeschwindigkeiten und die vorherrschende(n) Windrichtung(en) getroffen werden. Der Standort des Messgerätes sollte möglichst genau dem des potenziellen Standortes der KWEA entsprechen, um den Ertrag ausreichend genau abzuschätzen.

Neben eigenen Messungen halten auch Wetterdienste und Online-Wetterportale eine gute Datenbasis zu den Windverhältnissen vor. Oft findet sich in der näheren Umgebung eine Wettermessstation, deren Daten frei verfügbar sind.

Ein charakteristischer Parameter für die Bewertung der Windverhältnisse an einem Standort ist die mittlere Windgeschwindigkeit. Er eignet sich für eine grobe Abschätzung hinsichtlich der Eignung eines Standortes für den Betrieb einer Kleinwindenergieanlage, nicht jedoch für Ertragsprognosen. Erst wenn die genaue Häufigkeitsverteilung (Histogramm) der Windgeschwindigkeiten bekannt ist, kann das energetische Potenzial bestimmt werden. In Abbildung 1 ist eine solche Verteilung für den Zeitraum von einem Jahr dargestellt. Für eine einfache Handhabung können Windgeschwindigkeitshistogramme mit guter Näherung durch eine Weibullverteilung beschrieben werden (roter Graph).

Aus der Häufigkeitsverteilung kann die Energiemenge berechnet werden, welche in den jeweiligen Windgeschwindigkeitsbereichen (sogenannten BINs) zur Verfügung steht. Die Umrechnung der Häufigkeit der Windgeschwindigkeit in die resultierende Energiemenge kann mithilfe eines geeigneten Berechnungswerkzeugs durchgeführt werden. Ein mögliches Programm wurde vom Fraunhofer IWES entwickelt und steht im Internet kostenlos zur Verfügung [4]. Bei Kenntnis der Anlagenkennlinie kann zudem der Ertrag prognostiziert werden.

Wie in den vorangegangen Erläuterungen beschrieben, ist die Windrichtungsverteilung für die Identifikation des optimalen Standortes sehr wichtig. In Abbildung 2 ist die Häufigkeitsverteilung der Windgeschwindigkeit eines Beispielstandortes zu sehen. Aus dieser Darstellung könnte auf den ersten Blick geschlossen werden, dass ein nicht unerheblicher Anteil der Windenergie aus Richtung Osten strömt. Betrachtet man jedoch die Energiemengen über der Anströmungsrichtung (Abbildung 3), wird deutlich, dass diese Richtung energetisch vernachlässigbar ist. Für die Wahl des Standortes ist daher eine energetische Richtungsbetrachtung ratsam.

1.2 Umgebung und Gebäude

Ein wesentlicher Faktor bei der Standortwahl und Standortbewertung ist die Struktur der unmittelbaren Umgebung des Standortes. Hindernisse wie beispielsweise Gebäude und Bäume haben einen signifikanten Einfluss auf die Windverhältnisse durch Verschattung und turbulenten Nachlauf. Grundsätzlich gilt: Je höher eine Anlage die Umgebung überragt und je größer der Abstand zu Hindernissen, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit für gute Windverhältnisse am Standort.

Soll die Anlage auf einem Gebäude installiert werden, spielt dessen Geometrie hinsichtlich der Windverhältnisse eine wesentliche Rolle. Die Anlagenpositionierung erfordert aufgrund der komplexen Gebäudeumströmung stets eine individuelle Betrachtung. Der Wind wird an Gebäuden umgelenkt und löst sich an den Kanten ab. Es resultieren turbulente Strömungen mit vertikaler Komponente. Hieraus ergeben sich höhere Belastungen und gegebenenfalls Mindererträge.

2. Kleinwindanlage

Die Eignung einer Kleinwindkraftanlage für einen Standort ist von vielerlei Faktoren abhängig. Der Markt der Kleinwindkraftanlagen, insbesondere im kleineren Leistungsbereich bis fünf Kilowatt Nennleistung, ist sehr vielfältig. Zur Anlagenauswahl stehen mehrere Marktübersichten zur Verfügung, in der zahlreiche Kleinwindanlagen aufgeführt sind [5, 6]. In diesen sind vergleichende Kennwerte von KWEA dargestellt, die im Folgenden aufgegriffen werden.

2.1 Klassifizierung

Kleinwindanlagen sind in vielen verschiedenen Größen und Ausführungen erhältlich, eine Kategorisierung kann unter verschiedenen Gesichtspunkten vorgenommen werden: Sinnvolle Kriterien stellen beispielsweise der Anwendungsfall (netzferner oder netzgekoppelter Betrieb), die Spannungsebene, die Nennleistung oder die überstrichene Rotorfläche [7] dar. Je nach Richtlinie und Institution finden sich unterschiedliche Kategorien in der Literatur, die Tabelle auf Seite 26 zeigt eine Einteilung des Bundesverbandes Windenergie e.V.

2.2 Qualität und Zertifizierung

In der europäischen Norm DIN EN/IEC 61400-2 [7] sind die Auslegungskriterien für KWEA geregelt. Hersteller, die ihre Anlagen nach dieser Norm auslegen und herstellen, beachten in der Regel alle relevanten Sicherheitskriterien und stellen qualitativ hochwertige Produkte her. Jedoch sind nur sehr wenige auf dem Markt verfügbare Anlagen nach dieser Norm zertifiziert. Dies hängt mit dem finanziellen Aufwand zusammen, der für eine solche Zertifizierung notwendig ist. Bei der Auswahl der Anlage ist darauf zu achten, ob ein entsprechendes Zertifikat vorliegt. Sollte dies nicht der Fall sein, kann der Hersteller nach den Auslegungskriterien befragt werden.

2.3 Bauformen und Energiewandlung

Grundsätzlich unterscheidet man kleine wie große Anlagen danach, wie die Wandlung der im Wind befindlichen Energie vorgenommen wird. Eine Übersicht der gängigen Anlagentypen ist in Abbildung 4 aufgeführt. Ein Teil der Anlagen nutzt das Widerstandsprinzip, welches die Schubkraft eines im Windfeld befindlichen Widerstandskörpers in mechanische Energie wandelt. Anlagen, die nach diesem Prinzip arbeiten, sind ohne großen finanziellen Aufwand und Entwicklungsarbeit herstellbar. Aufgrund der geringen Effizienz (weniger als 20 Prozent) nutzen jedoch die meisten Anlagen das sogenannte Auftriebsprinzip, welches die gängigste und effizienteste Form (theoretisch rund 60 Prozent) der Energiewandlung darstellt. Bei großen Windkraftanlagen werden ausschließlich sogenannte Auftriebsläufer verwendet. Auch bei KWEA arbeitet ein Großteil der Anlagen nach diesem Prinzip. Ein Beispiel ist der Darrieus-Rotor.

Eine weitere maßgebliche Unterscheidung der Anlagenbauform ist in der Achsenorientierung vorzunehmen. Bei großen Windenergieanlagen hat sich die Bauform mit horizontaler Drehachse durchgesetzt. Bei KWEA finden sich auch zahlreiche Produkte, welche eine vertikale Drehachse aufweisen. Jede dieser Bauformen verfügt über Vor- und Nachteile, die bei der Anlagenauswahl entscheidend sein können.

Vertikalachsanlagen eignen sich besonders für dicht besiedelte Aufstellungsorte. Durch die meist geringe Blattspitzengeschwindigkeit sind die Schallemissionen dieser Anlagentypen gering. Ein weiterer Vorteil des Anlagentyps ist die geringe Empfindlichkeit gegenüber schnellen Windrichtungsänderungen und vertikaler Schräganströmung [9]. Da eine Windrichtungsnachführung bei einer Vertikalachsanlage nicht notwendig ist, kann die Energie selbst bei schneller und häufiger Änderung der Anströmungsrichtung genutzt werden. Auf der anderen Seite sind vertikale Anlagen oft schwerer als horizontale gleicher Leistung. Dies führt in der Regel auch zu höheren Preisen. In der Effizienz haben die Vertikalachsanlagen ebenfalls geringere Kennwerte. Beispiele für vertikalachsige Rotoren sind der Savonius- und der Darrieus-Rotor.

Horizontalachsanlagen stellen den Großteil der am Markt befindlichen Anlagen dar. Wie auch bei großen WEA der Megawattklasse arbeiten die meisten Hersteller mit Rotoren, welche drei Blätter aufweisen, es sind jedoch auch Anlagen mit zwei, vier oder fünf Rotorblättern verfügbar. Die Vorteile dieser Kleinwindanlagen liegen in der hohen Effizienz. Dabei sind sie in der Regel kompakt und im Vergleich zu Vertikalachsanlagen verhältnismäßig leicht.

Da Horizontalachser eine Windnachführung benötigen, sind sie empfindlich gegenüber schnell wechselnden Windrichtungen. An Standorten mit hoher Umgebungsbebauung oder anderen Hindernissen kann dies zu geringerem Energieertrag und höherer Belastung für die Anlage führen. Ein weiterer Nachteil, insbesondere für die Anwendung im Stadtgebiet, sind die hohen Schallemissionswerte.

2.4 Auslegungsparameter

Die Auswahl der möglichen Anlagen kann anhand der Nennleistung vorgenommen werden. Die Nennleistungen von KWEA sind stets für eine Nennwindgeschwindigkeit angegeben, die von Anlage zu Anlage variiert. Ein Vergleich zweier Anlagen mit gleicher Nennleistung ist also ohne weitere Parameter nicht möglich. Es ist daher ratsam, die Leistung der Anlagen über den gesamten Betriebsbereich, d.h. über alle relevanten Windgeschwindigkeiten, zu vergleichen. Hierzu sollte wenn möglich eine gemessene Leistungskennlinie (idealerweise nach DIN EN/IEC 61400-12-1 [19]) herangezogen werden. Seriöse Hersteller stellen diese für ihre Anlagen bereit.

Da ein sinnvoller Vergleich anhand einzelner Kenngrößen nicht vorgenommen werden kann gilt es, die bekannten Parameter auf spezifische Größen zurückzuführen. Hier bietet sich die spezifische Leistung an, welche die Leistung pro Quadratmeter Rotorfläche angibt. Bei dem Vergleich dieser Kenngröße tritt ein weiterer wichtiger Auslegungsschwerpunkt in Erscheinung. KWEA können zwar die gleiche Nennleistung aufweisen, jedoch können Anlagen mit großen Rotoren diese Nennleistung schon bei geringerer Windgeschwindigkeit erreichen. Solche Schwachwindanlagen sind besonders für Standorte mit niedrigen Windgeschwindigkeiten geeignet. Die spezifische Flächenleistung ist dabei besonders gering (rund 100 bis 200 Watt je Quadratmeter). Bei Starkwindanlagen kann die spezifische. Leistung bis zu 500 Watt pro Quadratmeter und mehr betragen. Diese Anlagen sind in der Regel nur für Standorte mit sehr hohen Windgeschwindigkeiten geeignet.

Oft werden Anlagen angeboten, die eine sehr geringe Einschaltwindgeschwindigkeit oder/und eine sehr hohe Abschaltwindgeschwindigkeit aufweisen. In der Tat ist es wichtig, dass die Anlagen aus dem Stillstand heraus schon bei leichtem Wind anlaufen und auch bei hohen Geschwindigkeiten in Betrieb bleiben. An durchschnittlichen Standorten spielen diese Randbereiche hinsichtlich des Ertrages jedoch nur eine untergeordnete Rolle.

2.5 Anwendungsfall

Eine grobe Einteilung der kleinen Windenergieanlagen kann nach dem Anwendungsfall vorgenommen werden. Hier unterscheidet man grundsätzlich zwischen den Anwendungsgebieten Batterieladung, Eigenstromnutzung, und Netzeinspeisung.

Bei der Batterieladung werden zumeist Anlagen des kleinsten Leistungssegments unter ein Kilowatt verwendet. Diese dienen, häufig gekoppelt mit anderen Energiewandlern wie photovoltaischen Systemen, als Energiequelle für dezentrale Systeme.

Der gängigste Anwendungsfall für kleine bis mittelgroße Anlagen stellt die Eigenstromnutzung dar, da die Verrechnung mit den vermiedenen Strombezugskosten die wirtschaftlich attraktivste Lösung darstellt. Um von der gesamten gewandelten Energie profitieren zu können, sollte jede Kilowattstunde im Gebäude verbraucht werden. Dies bedeutet für die Anlagengröße, dass die Nennleistung der KWEA etwa der geringsten, dauerhaft verbrauchten Leistung (Grundlast) im Gebäude entspricht. Bei großen Gebäuden stellt dies in der Regel kein Problem dar, da durch Haustechnik, Beleuchtung, Stand-by-Betrieb etc. eine ausreichende Grundlast gewährleistet ist. Auch bei landwirtschaftlichen Betrieben mit Viehzucht oder Industriebetrieben ist der zeitgleiche Verbrauch des erzeugten Stroms gegeben. Bei Gebäuden mit wenigen Parteien, also zeitweise sehr geringem Energiebedarf (zum Beispiel nachts) ist die Abnahme der Energie aus der Anlage nicht immer sichergestellt. Dies führt dazu, dass der erzeugte Strom bei zu groß dimensionierter Anlage unvergütet in das öffentliche Verteilnetz eingespeist wird oder die KWEA abgeschaltet werden muss.

Folglich ist eine gute Kenntnis des zeitlichen Lastverlaufs für die Auswahl der Anlage und für deren wirtschaftlichen Betrieb wichtig. Bei direkter Nutzung der Energie ist es sinnvoll, den Verbrauch an die bereitgestellte Energie anzupassen. Hierfür gibt es vorgefertigte Systeme, welche die Verbraucher anhand der aktuellen Produktionsdaten der Anlage sowie Wetterprognosen steuern können. Der Eigenverbrauchsanteil kann mit Speichern weiter vergrößert werden.

Bei der Netzeinspeisung wird die erzeugte Energiemenge vollständig in das Veteilnetz geleitet. Die Erzeugung ist also völlig unabhängig vom eigenen Energiebedarf. Die Vergütung erfolgt in der Regel über das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) [15]. In Deutschland gibt es, anders als in anderen EU-Staaten, keinen gesonderten Einspeisetarif für KWEA. Somit müssen sich die Betreiber mit der gleichen Vergütung, wie sie auch bei WEA der Megawattklasse üblich ist, zufrieden geben. Da diese Vergütung weit unter dem Strombezugspreis liegt, lohnt sich dieser Anwendungsfall für Kleinwindanlagen im Allgemeinen nicht.

2.6 Emissionen

Ein weiteres zentrales Auswahlkriterium stellen die Schallemissionen von KWEA dar. Wie zuvor beschrieben, weisen Kleinwindenergieanlagen mit horizontaler Achse meist signifikant höhere Geräuschemissionen auf als jene mit vertikaler Achse. Befindet sich der Standort in der Nähe von Wohnbebauung, sollte untersucht werden, ob die Vorgaben der TA Lärm [11] eingehalten werden. Bei kleinen Windenergieanlagen, welche nach DIN EN 61400 oder dem britischen MCS zertifiziert sind, gehört die Schallmessung zum Zertifizierungsprozess nach DIN EN/IEC 61400-11 [12]. Auf Anfrage sollte der Hersteller ein baureihenbezogenes Schallgutachten bereithalten, aus welchem die notwendigen Mindestabstände in den jeweiligen Strukturgebieten hervorgehen und das gegebenenfalls für die Genehmigungsplanung herangezogen werden kann.

Zu den immissionsrelevanten Größen zählen neben der Geräuschentwicklung die optischen Immissionen auf schützenswürdige Räume. Die Grundsätze hierfür sind im Bundes-Immissionsschutzgesetz festgelegt [13]. Optische Immissionen umfassen den Schattenwurf der Anlage sowie periodische Reflexionen an den Rotorblättern (Diskoeffekt). Maßgeblich für die Ermittlung der Einwirkung auf einen Immissionsort ist die kumulierte Beschattung während eines Kalenderjahres.

3. Installation, Anschluss und Betrieb

3.1 Anbindung und Standfestigkeit

Die Standsicherheit der Anlagen ist nach DIN EN/IEC 61400-2 [7] zu gewährleisten, die statischen Anforderungen sind in der DIN 1055-4 [14] festgelegt. Die statischen Anforderungen an das Dach ergeben sich aus zwei Lastkomponenten: Statische Lasten wirken durch die Gewichtskräfte der KWEA und gegebenenfalls der Ballastierung. Dazu kommen die auf den Rotor wirkenden dynamischen Windlasten, die sich über den Turm und das Gestell auf das Gebäude übertragen. Je nachdem ob die Anlage auf einem Gebäude installiert werden soll, kommen weitere Aufschläge für Schneelasten in Abhängigkeit der Schneelastzone dazu.

3.2 Schwingungen

Im Betrieb einer KWEA entstehen Schwingungen, die auf das Gesamtsystem übertragen werden. Die anregenden Frequenzen und die dadurch wirkenden Kräfte sind stark von der Bauform und Größe der Anlage abhängig und umfassen ein breites Spektrum über den gesamten Betriebsbereich. Das System aus KWEA und tragender Struktur besitzt in Abhängigkeit der Einzelkomponenten und deren Verbindung eine Vielzahl von Eigenfrequenzen. Liegen diese im anregenden Frequenzspektrum, kommt es zu verstärkten Schwingungen. Die Mastkonstruktion sollte herstellerseitig für die durch den Anlagenbetrieb entstehenden Schwingungsanregungen ausgelegt sein.

3.3 Wechselrichter

Maßgeblich für die Auswahl des Wechselrichters ist der Eingangsspannungsbereich, dieser muss zum Ausgangsspannungsbereich der Kleinwindenergieanlage passen. Es sollte ein Gerät verwendet werden, das speziell für den Einsatz mit KWEA entwickelt wurde, um optimale Wirkungsgrade und damit Erträge zu erzielen. Von Geräten, die für den Betrieb mit einer Photovoltaikanlage ausgelegt sind, wird abgeraten, da sie nicht auf die Betriebseigenschaften von KWEA optimiert wurden. Ein guter Wechselrichter verfügt über die Möglichkeit, die Anlagenkennlinie anhand zahlreicher Stützstellen einzuprogrammieren und die Regelungseigenschaften anzupassen. Möglicherweise bietet der Hersteller der Kleinwindenergieanlage ein entsprechend vorprogrammiertes Gerät an.

3.4 Blitzschutz

Es wird empfohlen, die KWEA und alle elektrisch leitfähigen Komponenten vor Blitzeinschlägen zu schützen und Maßnahmen zum Schutz vor Überspannungen zu ergreifen. Es ist zu prüfen, ob ein äußerer Blitzschutz vorgeschrieben ist.

3.5 Netzanschluss und Zähleinrichtung

Das Anschlussprinzip einer Anlage hängt davon ab, ob die Energie in das öffentliche Netz eingespeist oder selbst verbraucht werden soll. Grundsätzlich sind die Installation der Zähleinrichtung(en) und die Vorgehensweise beim Netzanschluss einer Kleinwindenergieanlage wie bei einer Photovoltaikanlage durchzuführen. Das Energieversorgungsunternehmen (EVU) ist nach Erneuerbare-Energien-Gesetz zur Abnahme der gewandelten Energie verpflichtet.

Der Anschluss des Erntezählers erfolgt bei Netzeinspeisung in der Regel am ungezählten Strompfad direkt am Hausanschluss. Bei Eigenverbrauch mit Überschusseinspeisung hingegen erfolgt der Anschluss am gezählten Strompfad, der vorhandene Bezugszähler wird gegen einen Zweirichtungszähler getauscht. Bei kaufmännisch-bilanzieller Durchleitung (Paragraf 8 EEG) ist ein zusätzlicher Erntezähler hinter der KWEA nötig. In diesem Fall wird der selbst verbrauchte Energieanteil, also die Differenz zwischen der vom Erntezähler und der durch den Bezugszähler in Netzrichtung ermittelten Energiemenge, bilanziell als Energiebezug vom EVU betrachtet und zu dem geltenden Tarif berechnet.

4. Rechtliche Rahmenbedingungen

Die rechtliche Situation in Deutschland ist aufgrund der föderalen Diversität der Bauordnungen uneinheitlich. Während man Kleinwindanlagen in einigen Bundesländern bis zu einer Höhe von zehn Metern verfahrensfrei errichten darf, ist in anderen stets ein förmliches Genehmigungsverfahren erforderlich.

Im Zusammenhang mit der Errichtung von Kleinwindanlagen müssen jedoch unabhängig vom Standort Regelungen aus unterschiedlichen Rechtsbereichen beachtet werden. Zum einen gelten die Anforderungen des formellen öffentlichen Rechts, also die Frage nach einer Baugenehmigung. Unabhängig von der Baugenehmigung muss eine Anlage den Anforderungen des materiellen öffentlichen Rechts entsprechen, das heißt den Anforderungen, die sich aus dem Bauplanungsrecht, dem Bauordnungsrecht, dem Immissionsschutzrecht sowie dem Naturschutzrecht, dem Denkmalschutzrecht und dem Luftverkehrsrecht ergeben.

5. Wirtschaftlichkeit

Die Wirtschaftlichkeit beim Betrieb einer Kleinwindenergieanlage hängt von den Anschaffungs-, Anschluss-, Kapital- und Betriebskosten ab. Dem gegenüber steht der Energieertrag, welcher von der Anlage selbst sowie den Windverhältnissen am Standort bestimmt wird. Der zentrale Kennwert für die wirtschaftliche Betrachtung sind die Stromgestehungskosten, das heißt die aufgewendeten Kosten pro gewandelter Kilowattstunde. Hierbei werden sämtliche anfallenden Kosten durch den Energieertrag geteilt. Für die Berechnung der Stromgestehungskosten wird meist die gesamte Betriebsdauer der Anlage (oft 20 Jahre) angesetzt.

Typische Werte für die Stromgestehungskosten großer Onshore-Windenergieanlagen liegen bei einem Betriebszeitraum von 20 Jahren je nach Standortbedingungen im Mittel zwischen 5,9 und 10,3 Eurocent je Kilowattstunde [16]. Die Stromgestehungskosten von Kleinwindenergieanlagen liegen aufgrund der höheren spezifischen Investitionskosten ungleich höher: Anlagen mit einer Nennleistung von bis zu 30 Kilowatt liegen im Mittel zwischen 19 und 32 Eurocent je Kilowattstunde [17]. Sinken die Stromgestehungskosten unter die Strombezugskosten, ist ein wirtschaftlicher Betrieb möglich, wird die sogenannte Netzparität erreicht.

Die spezifischen Investitionskosten beziffern die aufgewendeten Kosten für die installierte Anlagenkapazität in Euro pro Kilowatt. Aufgrund der geringen Marktdurchdringung und teilweise unausgereiften Technik fallen diese Kosten bei KWEA mit 2.000 bis 10.000 Euro je Kilowatt [5] weitaus höher aus als bei ihren großen Verwandten (circa 1.000 Euro je Kilowatt [18]). Mit steigender Anlagenleistung fallen die spezifischen Investitionskosten. Größere Anlagen sind also per se wirtschaftlicher.

Die Wirtschaftlichkeit einer Kleinwindenergieanlage hängt in großem Maße vom Energienutzungskonzept ab. Grundsätzlich wird zwischen netzgekoppelten und netzfernen Anlagen (Inselsystemen) unterschieden. Inselsysteme operieren autark, die gewandelte Energie dient vollständig der Eigenversorgung. Dies kann zum Beispiel bei großen Entfernungen zum öffentlichen Netz sinnvoll und wirtschaftlich sein. Die wirtschaftlich sinnvollste Option ist in den meisten Fällen die Eigenstromnutzung mit Überschusseinspeisung (siehe unter 2.5).

Forschungsprojekt in Berlin

http://kleinwind.htw-berlin.de

Umfangreiche Studie veröffentlicht

Eine umfangreichere Betrachtung der vorliegenden Thematik wird in den „Empfehlungen zum Einsatz kleiner Windenergieanlagen im urbanen Raum“ der HTW Berlin gegeben. Der Leitfaden kann kostenfrei heruntergeladen werden. Das Forschungsvorhaben wird im Rahmen des Umweltentlastungsprogramms von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt Berlin und dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (Efre) gefördert.

Quellen

Weiterführende Literatur

[1] Statistiken des Bundesverbandes Windenergie e.V. https://www.wind-energie.de/404/ Stand 31.12.2011

[2] World Wind Energy Association: Small Wind World Report 2012

[3] R. Gasch, J. Twele (Hrsg.): Windkraftanlagen: Grundlagen, Entwurf, Planung und Betrieb, 7. Auflage, Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden, 2011

[4] P. Kühn: Small Wind Turbine Yield Estimator, Fraunhofer IWES, zu beziehen unter http://www.windmonitor.de

[5] Kleinwindanlagen – BWE Marktübersicht spezial, Bundesverband Windenergie e.V., 2., komplett überarbeitete Neuauflage, 2013

[6] K. Christensen: Catalogue of Small Wind Turbines, Nordic Folkecenter for Renewable Energy, 6th Edition, 2012

[7] DIN EN 61400-2:2006: Windenergieanlagen Teil 2: Sicherheit kleiner Windenergieanlagen, 2006

[8] J. Twele et al.: Qualitätssicherung im Sektor der Kleinwindenergieanlagen, Bundesverband Windenergie e.V., Berlin 2011

[9] F. Balduzzi et al.: Microeolic turbines in the built environment: Influence of the installation site on the potential energy yield, Renewable Energy 45 (2012) S. 163-174

[10] A. Texheimer: Untersuchung der Nutzungspotenziale von Kleinwindkraftanlagen im städtischen Bereich, Diplomarbeit, HTW Berlin, 2009

[11] 6. Verwaltungsvorschrift zum BImSchG: Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm – TA Lärm, letzte Neufassung vom 26.08.1998

[12] DIN EN 61400-11:2008: Windenergieanlagen Teil 11: Schallmessverfahren, 2008

[13] Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (Bundes-Immissionsschutzgesetz, BImSchG), letzte Änderung vom 27.06.2012

[14] DIN 1055-4 Einwirkungen auf Tragwerke – Teil 4: Windlasten

[15] Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien (EEG), letzte Änderung vom 17.08.2012

[16] Fraunhofer ISE: Stromgestehungskosten Erneuerbare Energien, Mai 2012

[17] J. Liersch: Wirtschaftlichkeit und Vergütung von Kleinwindenergieanlagen, Bundesverband Windenergie e.V., Berlin 2011

[18] Fraunhofer IWES: Preistendenz pro kW installierter Leistung, Quelle: http://www.windmonitor.de

[19] DIN EN 61400-12-1:2006: Windenergieanlagen Teil 12-1: Messung des Leistungsverhaltens einer Windenergieanlage, 2006

Der Autor

Jonathan Amme

ist Diplomingenieur (FH) und an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig. Als Gastwissenschaftler forscht er derzeit am Berliner Reiner Lemoine Institut, das die vollständige Versorgung aus erneuerbaren Energien wissenschaftlich vorbereitet.

jonathan.amme@rl-institut.de

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