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Kabel statt Rohre

Gleich vorweg: Die neuen dezentralen Wärmespeicher haben nichts mit Nachtspeicheröfen aus den 80ern zu tun. Während diese mit günstiger, aber schmutziger Energie aus den fossilen Großkraftwerken betrieben wurden, setzen moderne Power-to-Heat-Technologien auf nachhaltigen, dezentralen Photovoltaikstrom.

Dabei wird nicht nur saubere Wärmeenergie erzeugt, sondern nebenbei eines der größten Probleme der dezentralen Stromerzeugung entschärft: Das öffentliche Stromnetz steht zunehmend unter Druck, die vielen kleinen Energielieferanten zu regeln und die Spannung aufrechtzuerhalten.

Die Stromnetze entlasten

Durch die Reduktion der solarelektrischen Überschüsse pro Haushalt werden die Netze entlastet und der erzeugte Strom an Ort und Stelle effizient eingesetzt. Das Potenzial der Technologie wird so hoch eingeschätzt, dass Power-to-Heat die Zukunft im Wärmemarkt darstellt und die Energiewende ohne ihren Einsatz sogar scheitern könnte.

Eine zentrale Wärmequelle, oft solarthermisch unterstützt, versorgt ganzjährig, 24 Stunden täglich (aus Komfort- und Hygienegründen) dezentrale Wohnungsstationen. Diese übernehmen sowohl die Raumwärmeversorgung während der Heizperiode als auch die Temperierung des Warmwassers. Letzteres erfolgt oft ohne Bevorratung erst im Moment der Zapfung über einen leistungsstarken Wärmetauscher. Damit den Verbrauchern rund um die Uhr warmes Wasser zur Verfügung steht, ist es unerlässlich, dass dieses Zwei-Leiter-Netz als sogenannte Zirkulationsleitung pausenlos mit hoher Temperatur durchströmt wird.

Die dabei auftretenden Energieverluste sind beträchtlich und entsprechen nicht selten beinahe dem eigentlichen Energiebedarf für Warmwasser. In Bestandsgebäuden mit Vier-Leiter-Netzen treten Verluste in noch weitaus größerem Ausmaß auf. Um die möglichen Energieeinsparungen und Effizienzsteigerungen durch Power-to-Heat-Systeme zu veranschaulichen, wird der Energiefluss anhand eines fiktiven Beispiels für beide Systeme verglichen:

Simulation der Jahresversorgung

Ausgangspunkt ist ein Wohngebäude in Österreich mit acht Wohneinheiten. Der Heizbetrieb ist von September bis April festgelegt. Der Warmwasserverbrauch pro Wohnung wurde mit 80 Litern pro Tag bei 50 Grad Celsius definiert. Das entspricht durchschnittlich 1,5 Personen je Wohnung.

Die Leitungen zur Wärmeverteilung weisen eine Gesamtlänge von 140 Metern auf. Die Simulation wurde ohne Berücksichtigung von weiteren elektrischen Verbrauchern durchgeführt. In beiden Fällen übernimmt eine 30 Kilowatt starke Luftwärmepumpe die Versorgung mit Raumwärme auf niedriger Temperatur.

In den schematischen Darstellungen (Daten und Symbole: Polysun) symbolisieren die grünen Pfeile die Umweltwärme aus der Umgebungsluft und den Solarstrom. Energie aus dem Stromnetz ist blau dargestellt.

Warmwasser als Teil der Heizung

Die gelben Pfeile kennzeichnen den Bedarf für Heizung und Warmwasser. Verluste, Überschüsse und Nutzenergien sind rot eingezeichnet. Bei der ersten Betrachtung wird auch das Warmwasser mittels Luftwärmepumpe erhitzt. Dazu wird die Betriebstemperatur dreimal täglich für eine intermittierende Beladung der dezentralen Boiler angehoben.

Bei dieser Annahme wird somit bereits von einem energetisch günstigeren Fall ausgegangen, da die Temperatur zur Warmwasserbereitung nicht ständig zur Verfügung stehen muss. Dennoch zeigt das Ergebnis einen hohen Verlust von 9.000 Kilowattstunden, was 82 Prozent des erforderlichen Energiebedarfs zur Erwärmung des Brauchwassers entspricht.

Getrennte Systeme

Im zweiten Fall ist die Warmwasserbereitung von der Gebäudeheizung getrennt. Gerade für Wärmepumpen ist dadurch ein effizienterer Betrieb möglich. Das Aufheizen des Brauchwassers wird von photovoltaischen Wärmeerzeugern dezentral durchgeführt.

Als Energiequelle fungiert eine Solaranlage (zwölf Kilowatt, entspricht 1,5 Kilowatt je Wohnung). Der Sonnenstrom wird direkt in die Warmwasserspeicher geleitet und in Wärme umgewandelt. Darüber hinausgehende Überschüsse werden ins Stromnetz eingespeist.

Da im zweiten Fall die Beladung nicht intermittierend, sondern laufend erfolgt, treten an den Warmwasserspeichern geringfügig höhere Verluste auf. Der Vergleich zeigt aber gegenüber der ersten Variante eine Reduktion des Endenergiebedarfs aus dem Stromnetz von 20 Prozent (10.300 statt 12.600 Kilowattstunden).

Dezentral Energie sparen

Subtrahiert man davon die solare Überschussenergie, die ins Netz eingespeist wird, zeigt die Gesamtenergiebilanz eine Reduktion des elektrischen Energieeintrages in das Gebäude von über 50 Prozent. Unter diesen Bedingungen beträgt der solare Deckungsgrad zur Warmwasserbereitung 64 Prozent. Der solare Eigenverbrauch erreicht 68 Prozent. Eine Steigerung wäre möglich, beispielsweise durch die Versorgung von Gemeinschaftsverbrauchern im Objekt.

Durch dezentrale Lösungen können thermische Verteilverluste in den Steig-, Verteil- und Anbindeleitungen vermieden werden.

Zudem sinken die Preise für Solarmodule beständig, steigt der erzielte Wirkungsgrad stetig an. Die Grenze, vor der diese Technologie noch zu teuer war, um damit Wärme zu erzeugen, liegt mittlerweile hinter uns.

Durch den Einsatz von Photovoltaik mit dezentralen elektrischen Wärmeerzeugern können die hohen Energieverluste der Rohrleitungen im Wohnungsbau gänzlich vermieden werden. Die Solarenergie wird – nahezu verlustlos – genau dort in Wärme umgewandelt, wo sie benötigt wird.

Kombi mit Wärmepumpen

Neben der strikten Trennung von Raumwärme und Warmwasserbereitung sind auch kombinierte Lösungen möglich. Im Winter ist beispielsweise die Vorwärmung des Brauchwassers mithilfe der Wärmepumpe und anschließender elektrischer Nachheizung sinnvoll.

Werden dazu photovoltaische Wärmeerzeuger verwendet, so können die Temperaturen des Hausnetzes einerseits permanent am niedrigeren Niveau der Gebäudeheizung gehalten werden. Andererseits verbessern die niedrigen Außentemperaturen den Wirkungsgrad der Photovoltaik zusätzlich.

Heizung bleibt im Sommer aus

Im Sommer ist es empfehlenswert, die Technologie als alleinige Wärmequelle zu verwenden. Das normale Heizsystem oder der Fernwärmeanschluss werden komplett stillgelegt. Die ineffiziente Inbetriebnahme an den wenigen Tagen mit zu geringer Sonneneinstrahlung entfällt.

Denn gerade bei Fernwärmenetzen übersteigen die Verluste im sommerlichen Betrieb in der Regel den eigentlichen Energiebedarf der Abnehmer. Die Kosten dafür tragen in den meisten Fällen die Netzbetreiber.

Weniger Verluste als Solarthermie

Österreich gilt nach wie vor als Hochburg der klassischen Solarthermie. Behörden und Wohnbauträgern ist aber durchaus bewusst, dass die oftmals aufwendig und kostenintensiv geerntete Solarenergie thermischer Anlagen nur zentral in die Haustechnik eingebracht werden kann. Zudem geht sie durch die hohen Verteilverluste auf dem Weg zu den Verbrauchern wieder verloren. Es gibt Beispiele von Wohnungsbauten, bei denen die Verteilverluste die jährlichen Solarerträge übersteigen.

Darüber hinaus hat die Photovoltaik durch ihre drastische Kostenreduktion bereits das Preisniveau der solarthermischen Kollektoren unterschritten.

Technik von My-PV

Vollelektrisches Wohnhaus für unter 100.000 Euro

In einem Ende September fertiggestellten Einfamilienhaus in Ried in der Riedmark (Oberösterreich) kommt erstmals der intelligente Leistungssteller AC Thor von My-PV zum Einsatz. Er speichert die Überschüsse aus einer netzgekoppelten Solaranlage (elf Kilowatt) in einem Elektroboiler (300 Liter) oder gibt sie direkt an die elektrische Fußbodenheizung weiter.

Auf diese Weise bereitet AC Thor nicht nur Warmwasser, sondern beheizt das Gebäude. Im Winter, wenn die Einstrahlung der Sonne nicht ausreicht, wird Netzstrom bezogen. Gegengerechnet gegen den Aufwand für die Technik und die Installation verursacht dieses Konzept nur geringe Kosten.

Die Ausgaben für den E-Boiler, die Fußbodenheizung und die Installation lagen laut Hausbesitzer Thomas Öhl bei rund 15.000 Euro. Der gesamte Neubau (100 Quadratmeter Wohnfläche) kostete insgesamt weniger als 100.000 Euro, etwa 20 Prozent weniger als mit konventioneller Haustechnik.

Zudem spart die dreiköpfige Familie im Vergleich zur Versorgung mit einer Wärmepumpe über 30 Prozent Betriebskosten ein. Auch die Wartungskosten liegen dank des rein elektrischen Systems niedriger.

www.my-pv.com

Der Autor

Reinhard Hofstätter M.Sc.

war von 2010 bis 2016 im Austria Solar Innovation Center mit Forschungen in der Solarthermie betraut. Zudem war er als Lehrbeauftragter an der FH Oberösterreich im Studiengang Öko-Energietechnik tätig. Seit Juli 2016 leitet er den internationalen Vertrieb der Firma My-PV aus Neuzeug.

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