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Im Schatten des Butterbergs

Rücknahme und Recycling: Künftig fallen alte Solarmodule unter die Gesetze zum Elektronikschrott. Auch wenn die Details noch nicht hundertprozentig feststehen, ist so viel bereits klar: Jeder einzelne Modulhersteller und jeder Importeur sind verantwortlich.

Bis Februar 2014 haben die Mitgliedsländer der Europäischen Union Zeit, die neue Richtlinie für Elektroschrott (WEEE) in nationale Gesetze umzusetzen. In Deutschland gilt dafür das Elektroaltgerätegesetz, das sich derzeit in der Überarbeitung befindet. Der Branchenverband PV Cycle hat 2011 rund 1.500 Tonnen Altmodule eingesammelt. Doch die Aussichten sind düster: In Deutschland wurden 2010 rund 740.000 Tonnen Solarmodule verkauft. In ganz Europa waren es ungefähr 1,4 Millionen Tonnen. „Das sind 1,4 Millionen VW-Golf, ein riesiger Berg“, wie Wilfried Taetow vorrechnet. Er ist Präsident von PV Cycle, einem Branchenverband zur Rücknahme und Verwertung der Altmodule. „Dieser Berg wird immer größer.“ 2011 kamen 750.000 Tonnen allein in Deutschland oben drauf, 2012 noch einmal so viel. Zwar sollen Solarmodule mindestens 20 Jahre stromen, „aber die technische Lebensdauer der Solarmodule sagt nichts über die tatsächliche Gebrauchsdauer aus“, wie es Taetow formuliert. „Es kann sein, dass Module abgebaut werden, wenn die Einspeisevergütung ausläuft. Wir wissen es nicht.“

Derzeit rund 294 Sammelstellen

Im Juni 2013 verfügte der Branchenverband über 294 Sammelstellen in den 27 Mitgliedsstaaten. 719 Mitglieder zahlen ihre Beiträge an das Büro in Brüssel. Seit Beginn dieses Jahres erhebt PV Cycle von seinen Mitgliedern eine jährliche Administrationsgebühr. Darüber hinaus wird eine so genannte Contribution Fee berechnet, die sich am Marktanteil des Herstellers orientiert. Genauere Angaben wollte PV Cycle nicht machen. In den vergangenen Jahren blätterten große Modulhersteller mit mehr als 200 Millionen Euro Umsatz im Jahr jährlich rund 25.000 Euro auf den Tisch.
Fallen die Module unter die Verordnungen für Elektronikschrott, muss jeder Hersteller für die Entsorgung der Module selbst aufkommen, in jedem Land, in dem er seine Module vertreibt. „Hersteller sind aber nicht nur die Produzenten der Module“, präzisiert Taetow. „Es sind auch die Importeure. Jeder, der Solarmodule als erster auf den deutschen Markt bringt, wird in die Pflicht genommen.“ Das gilt auch für Installateure, die direkt in Asien einkaufen und die Module nach Europa verschiffen. In Deutschland brauchen sie dafür eine Registriernummer beim Elektro-Altgeräte-Register, kurz Stiftung EAR genannt. Sie müssen ein eigenes Sammelsystem und eine Insolvenzgarantie vorweisen. Bisher hat nur der amerikanische Dünnschichthersteller First Solar solche Rücklagen aufgebaut.

Das Gesetz kommt

Was First Solar seinerzeit freiwillig absicherte, wird nun Gesetz. „Jeder Hersteller oder Importeur von elektronischen Geräten braucht von der Stiftung EAR eine WEEE-Registrierungsnummer, die er auf der Geschäftspost führen muss“, erläutert Oliver Friedrichs, Vorstand des Verbandes zur Rücknahme und Verwertung von Elektroaltgeräten (Take-E-Way) in Hamburg. „Um diese Nummer zu erhalten, muss das Unternehmen verschiedene Informationspflichten erfüllen und eine insolvenzsichere Garantie nachweisen. Die Garantiesumme ist außerhalb des Betriebsvermögens abzusichern. Die Garantiesumme soll die Rücknahme von Altgeräten für den Fall absichern, dass der letzte Hersteller einer Geräteart aus dem Markt austritt.“ Der Regelsatz bemisst sich nach beispielsweise nach der durchschnittlichen Lebensdauer der Geräte, den zu erwartenden Recyclingkosten und der zu erwartenden Rücklaufquote. „Die Summe ist zum Beispiel über eine Bankbürgschaft, eine Versicherung oder über ein kollektives Herstellergarantiesystem abzudecken“, sagt Friedrichs. „Die Stiftung EAR erteilt die Registrierungsnummer in der Regel innerhalb von sechs bis acht Wochen nach Eingang aller Unterlagen.“

Entwurf erst nach der Wahl erwartet

Das neue Gesetz liegt im Entwurf noch nicht vor, bis zur Wahl bleibt er im Eisschrank. Einige wichtige Details sind noch unklar. So wird derzeit gestritten, ob die Photovoltaik eine eigene Sammelgruppe bekommt. Das würde bedeuten, dass die Recyclinghöfe der Kommunen eigens dafür Container aufstellen müssen. Bundesweit gibt es rund 3.000 kommunale Sammelstellen, viele haben keinen Platz für neue Großcontainer. „Erhalten die Solarmodule keine eigene Sammelgruppe, werden sie vielleicht zu den Kühlschränken oder Waschmaschinen gepackt“, sagt Wilfried Taetow. „Das erschwert die Erfassung und das Recycling.“ PV Cycle hat faltbare Container entwickelt, um das Platzproblem zu lösen. Außerdem landen bisher nur wenige Module in den Sammelstellen, die Lawine der Altmodule rollt erst im Laufe der nächsten Jahre an.

Die Kostenlawine rollt langsam an

Und die Lawine der Kosten für die Produzenten und Installateure. Denn die Rücknahme und das Recycling von Solarmodulen darf dem Solarkunden nichts kosten, das ist bereits heute klar. „Allein für den Abbau und den Transport zur Sammelstelle ist der Besitzer verantwortlich“, meint Taetow. „Für Hersteller und Importeure stellen natürlich die Entsorgungskosten und die damit verbundenen Verwaltungskosten zusätzliche Kosten dar, die in die Gesamtkalkulation eingehen müssen. Weitere Kosten für die nationale Registrierung, das Reporting und die Finanzgarantie kommen hinzu.“ PV Cycle ist zurückhaltend, was die Preise für 2014 betrifft. „Dazu müssen wir das neue Gesetz kennen. Denn der Preis hängt von den Sammelstellen, der Rücklaufquote und den Vorschriften für die Verwertung ab.“ In Italien und Tschechien sind die Spielregeln schon bekannt, dort wurden bereits nationale Gesetze erlassen. „Das Teure am Recycling sind die Sammlung und der Transport der Altmodule“, weiß Taetow. „Sie verursacht etwa zwei Drittel der Kosten pro Tonne. Nur ein Drittel entfällt auf die eigentliche Verwertung.“ (Heiko Schwarzburger)

Den vollständigen Report lesen Sie im Juliheft der Fachzeitschrift photovoltaik , das am 11. Juli 2013 erscheint.