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Dr. Franz Alt: Die deutsche Gespenster-Diskussion

Bis Tschernobyl 1986 war auch ich ein Anhänger der Atomenergie. Danach habe ich gelernt, dass wir sicherere, preiswertere und umweltfreundlichere Alternativen haben, die wir als Geschenke der Natur nutzen können.

2022 können wir in Deutschland für drei bis vier Cent pro Kilowattstunde Solarstrom produzieren. Der Strom aus der Steckdose kostet inzwischen etwa das Zehnfache. Nichts ist so teuer wie Atomstrom, für dessen Müllentsorgung es auf der ganzen Welt kein einziges Endlager gibt. Aber längere Laufzeiten heißt natürlich auch noch mehr Atommüll. Ein bis jetzt unlösbares Problem, das wir unseren Kindern und Enkeln hinterlassen wie so viele andere Probleme auch.

Das kleinere Übel?

Doch der Umstieg wird noch dauern, meinen die Atomfreunde und empfehlen längere AKW-Übergangs-Laufzeiten als kleineres Übel zu Putins Gas-Krieg und längeren Laufzeiten für schädliche Kohlekraft. Also vom Slogan „Atomkraft?– Nein danke!“ zu „Atomkraft? – Ja bitte!“?

Einspruch: Einer der renommiertesten Solarforscher der Welt und langjähriger Chef des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme in Freiburg, Professor Eicke Weber, hat in meiner Zukunftssendung auf „Transparenz TV“ gesagt: „Der Umstieg auf 100 Prozent erneuerbaren Strom ist bis 2030 in Deutschland möglich.“ Man muss es nur wollen. Auch Eicke Weber sieht in AKWs eher einen Teil des Problems als einen Teil der Lösung.

Die geisterhafte Diskussion um „Kohle oder Atomkraft“

Ich halte die aktuelle Diskussion „Kohle oder Atomkraft?“ für eine Gespenster-Diskussion. Selbst die AKW-Betreiber wollen keine längeren Laufzeiten, weil es zu teuer wird und sie sich längst auf den endgültigen Ausstieg eingestellt haben. Jedes AKW bleibt auch nach dem 31. Dezember 2022 eine Gefahrenquelle, weil es ein Restrisiko enthält: „Atomares Restrisiko ist jenes Risiko, das uns jeden Tag den ‚Rest‘ geben kann.“ Das sagte mir der Chef der Aufräumarbeiten in Tschernobyl, Professor Wladimir Tschernousenko, vorher ein glühender Anhänger der Atomenergie. Er wurde durch den Unfall verstrahlt und starb an Krebs.

In einem dicht besiedelten Land wie Deutschland darf es bei der Sicherheit keine Kompromisse geben. Die Sicherheit der Bevölkerung vor einem Atomunfall wiegt schwerer als die Sicherheit der Stromversorgung.

Warnung vor längeren Laufzeiten

Nicht nur Umweltverbände warnen vor längeren Laufzeiten. Das tut auch der Chef des Bundesamts für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung, Wolfram König. Er erinnert daran, dass seit 2009 keine Sicherheitstests mehr in den drei noch laufenden AKWs durchgeführt wurden und dass durch jeden Tag Weiterbetrieb mehr Atommüll anfällt, für den es noch Jahrzehnte keine Entsorgung gibt, die diesen Namen annähernd verdient.

Auch die Leiterin der Abteilung Nukleare Sicherheit im Bundesamt, Mareike Rüffer, warnt vor einer Zunahme des Atommülls in Deutschland durch längere Laufzeiten. Zudem hat Deutschland keine Stromlücke, sondern eine Wärmelücke, die kaum mit Atomstrom zu schließen ist.

Klimaschutz mit Atomkraft?

Es ist schlauer, gleich auf den kompletten Umstieg zu setzen. Wir setzen auf unserem Hausdach in Baden-Baden seit 30 Jahren auf den Fusionsreaktor Sonne, der uns aus sicherer Entfernung von etwa 150 Millionen Kilometern preiswert, zuverlässig, sicher und per Speicher mit Strom und zum Teil mit Wärme versorgt. Es reicht auch für kostenloses Fahren mit dem E-Auto.

Der Atomreaktor Sonne schickt uns etwa 15.000 Mal mehr Energie als die gesamte Menschheit heute verbraucht. Es gibt von Natur aus kein Energieproblem, es gibt nur falsches Energieverhalten und vorgestrige Energiepolitik. Leider stehen in Deutschland 2022 noch 90 Prozent der Dächer energetisch völlig umsonst in der Gegend herum.

Die Franzosen betreiben weiterhin AKWs. Das ist leider wahr. Nur: Zurzeit  sind zwei Drittel der französischen AKWs stillgelegt, aus Sicherheitsgründen und wegen des  Hitzesommers. Bei Hitze fehlt das Kühlwasser für die Reaktoren. Deshalb muss Frankreich  zurzeit viel Strom aus Deutschland importieren. Unsere westlichen Nachbarn betreiben AKWs, weil sie deren Abfallstoff zum Bau ihrer Atombomben brauchen. Diesen schrecklichen Zwang haben wir in Deutschland Gott sei Dank nicht.

Ein AKW emittiert zwar kein Kohlendioxid, aber tödliche Strahlung

Doch das Kernproblem der Kernenergie ist die nukleare Verstrahlung über zehntausende Jahre oder noch länger. Der US-Atomphysiker Richard L. Garwin vom Nuclear Control Institute in Washington hat errechnet: „Ein durchschnittliches Atomkraftwerk produziert täglich so viel Radioaktivität wie vier Hiroshima-Atombomben.“ Täglich. Das hieße für die drei noch länger laufenden deutschen AKWs:  Sie erzeugen so viel Radioaktivität wie zwölf Hiroshima-Atombomben. Täglich.

Energiesparen, Energieeffizienz und rascher Umstieg auf die erneuerbaren Energien heißt die Lösung. Selbst Biomasse erzeugte hierzulande in der ersten Hälfte des Jahres 2022 mehr Strom als die Atomenergie. Sonne und Wind sowieso. Das Problem ist  einzig falsches menschliches Energieverhalten. Für mich ist jedes AKW ein Anschlag auf die Schöpfung.

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