Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch

Solare Baupflicht: Gut gewollt ist nicht gut gemacht

Eine solare Baupflicht für Berlin, das klingt doch vernünftig. Mensch, Keule, dit kann ja nix schaden! Stimmt, kann erst einmal nicht schaden. Die Idee der zuständigen Umweltsenatorin Regine Günther (Grüne) steht im aktuellen Klimapaket der rot-rot-grünen Koalition, die im Roten Rathaus regiert. Daneben wollte sie die City ab 2030 für Verbrenner sperren und Fahrradwege ausbauen, um weitere Ideen zu nennen. Nun hat der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) sein Veto eingelegt. Und das ganze Paket vertagt.

Klingt erstmal gut ...

Der Vorstoß der grünen Umweltpolitikerin war bei der Ressortabstimmung nahezu Konsens – bis zur Abkanzelung durch Oberbürgermeister Müller. Außer Müller hat es in Berlin wohl jeder begriffen: Die Metropole muss sauberer und leiser werden. Doch ist eine solare Baupflicht wirklich hilfreich?

Baurecht ist Ländersache, die Solartechnik wird in Deutschland aber durch Bundesgesetz geregelt, das EEG. In den Jahren der Groko (in der die SPD mitregiert) ist es von ursprünglich 15 Seiten auf mehr als 300 Seiten angewachsen.

Bald 400 Seiten EEG

Der jüngste Reformvorschlag aus dem Hause von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) wird es noch weiter verkomplizieren, vermutlich knacken wir damit die Grenze von 400 Seiten. Ein echter Erfolg der Christdemokraten: Das EEG schlägt das Alte Testament!

Die Folge: Wer heute eine Solaranlage bauen will, sieht sich einem Dickicht von Paragrafen und richterlichen Urteilen gegenüber, da blickt kein Mensch mehr durch. Und wird obendrein durch die sogenannte Sonnensteuer – die EEG-Umlage auf selbstverbrauchten Sonnenstrom – abgestraft. Das gilt für Privatleute wie für Unternehmer. Und es gilt für Millionen Berliner Mieter, denen durch das Mieterstromgesetz (ebenfalls ein Bundesgesetz der Groko) der Zugang zu sauberem und preiswertem Solarstrom regelrecht verwehrt wird.

Neue Papiertiger züchten

Nun eine Solarpflicht einzuführen, züchtet neue Papiertiger und bringt nur weitere Paragrafen. Zwingt man nun die Leute, Solargeneratoren zu installieren, ist eine Förderung (zum Beispiel die Einspeisevergütung) juristisch nicht mehr zulässig. Denn es gilt: Was vorgeschrieben ist, darf nicht gefördert werden.

Zudem gelten durch das EEG viele andere Vorgaben: Wer einen Solargenerator ans Netz bringt, muss nicht nur die Anlage beim Netzbetreiber und bei der Bundesnetzagentur anmelden, sondern obendrein ein Gewerbe. Denn Sonnenstrom gilt als Handelsware, der Betreiber der Anlage somit als Stromhändler, der entsprechende Abgaben an den Fiskus abzuführen hat.

Die Zählerstände der Anlagen sind dem Amt jedes Jahr zu melden, auch sind mit der Installation der technischen Systeme bestimmte Vorschriften zu erfüllen, was die Wartung und Prüfung betrifft. All das wäre mit einer Baupflicht quasi dem Bürger vorzuschreiben, ob er Privatmann oder Unternehmer ist. Nee, oder!?

Ein FBI für Sonnenstrom – bravo!

Ob nun der Bund eine solare Pflicht beschließt oder die Länder: Die Bürokratie jubelt – einmal mehr! Bürger, Richter und Anwälte raufen sich die Haare, und der Sache ist damit überhaupt nicht gedient. Im Gegenteil: Wir müssten nun die Solarpolizei einführen, die all den oben erwähnten Schwachsinn überprüft und einfordert, der mit einer Solarinvestition in Deutschland verbunden ist. Wäre diese Polizei eine Angelegenheit der Länder oder des Bundes? Wenn es im EEG steht, brauchen wir eine Bundestruppe - ein FBI - für Sonnenstrom! Bravo, so kommt der Klimaschutz voran!

Man staunt ja, dass der Zubau von Solaranlagen in Deutschland trotz der enormen Widerstände aus der Politik und den Behörden weiter an Fahrt gewinnt. Und vielleicht genügt ja ein Blick auf die Tatsachen, um zu lernen, wie man in der Sache wirklich gewinnen könnte. Sonnenstrom ist mittlerweile so preiswert geworden, dass er ohne Förderung auskommt – wenn man endlich die Strafen (EEG-Umlage) und künstlichen Verteuerungen (Meldepflichten, Netzregler, Gewerbe usw.) aus den Gesetzen streicht.

Die Leute haben es kapiert

Die Leute haben längst kapiert, dass Sonnenstrom eine krisenfeste, saubere Stromversorgung bietet – die obendrein unschlagbar preiswert ist. Das haben die Privatleute verstanden, nie wurden mehr Kleinanlagen installiert als bisher im Jahr 2020. Auch die Unternehmer haben verstanden, wie sie mit Sonnenstrom ihre Energiekosten senken: Die gewerblichen Anlagen sind das dynamischste Segment des Photovoltaikmarktes. Denn Sonnenstrom schafft Kostenvorteile im internationalen Wettbewerb und Planungssicherheit für die kommenden Jahrzehnte. Firmen wie Google, Amazon oder Facebook fordern die Versorgung mit erneuerbaren Energien sogar von ihren Zulieferern. Die solare Energiewende rollt, und sie rollt aus ökonomischen Gründen.

Wozu also eine Pflicht? Will man die Energiewende beschleunigen, müsste man lediglich die EEG-Umlage auf selbstverbrauchten Eigenstrom abschaffen. Man müsste die bürokratischen Hürden im EEG entrümpeln, anstatt neue zu erfinden. Im Herbst steht eine weitere Reform des EEG an. Wie wäre es, den Papiertiger auf 15 Seiten zu reduzieren? So einfach ist die Sache nämlich längst: wie Möhren, Kartoffeln oder Beeren aus dem heimischen Garten.

Stärkt endlich die Prosumer!

Der Staat muss sich aus der solaren Energiewende verabschieden. Das gilt auch für die Grünen in Berlin. Das Veto des Regierenden Bürgermeisters sollten die Grünen nutzen, um die Koalition zu sprengen. Dann würden Neuwahlen angesetzt, und Michael Müller mit seiner altehrwürdigen SPD wäre (endlich) Geschichte. Zweifellos würden die Grünen die Wahlen gewinnen und könnten über den Bundesrat ordentlich Druck auf den Bund ausüben.

Die solare Energiewende kommt nicht durch den Erlass von oben, aus der Politik. Sie ist erfolgreich, weil Jedermann zum Stromerzeuger wird, vor allem für seinen eigenen Verbrauch. In Berlin betrifft es vor allem Mieter und damit die Dächer und Fassaden der Vermieter.

Die EU hat in ihrem Winterpaket gefordert, die solaren Prosumer zu stärken – indem man sie von der staatlichen Bevormundung entlastet. Das steht auf der Tagesordnung! Nicht eine sinnlose Pflicht, die noch mehr Bürokratie züchtet und – wieder einmal – zum Rohrkrepierer wird.