Die Anwälte der Kanzlei Nürmann + Siebert sehen einen einfachen Weg, wie der Bundestag die Regelungen für die solaren Kundenanlagen wieder rechtssicher aufstellen kann. In einem vom Bundesverband für Solarwirtschaft (BSW-Solar) beauftragten Gutachten beschreiben sie, welche Gesetzesänderungen dazu notwendig sind.
Kundenanlage wird vereinfachtes Verteilnetz
So wäre es eine rechtssichere Regelung, dass der Gesetzgeber die Kundenanlage nicht als Ausnahme formuliert, sondern sie als ein vereinfachtes Verteilnetz betrachtet. Für dieses sogenannte Verteilnetz light könnten dann die Regelungen so niedrigschwellig festgelegt werden, dass sie weiterhin dem EU-Recht entsprechen. Zudem einzelne EU-rechtliche Anforderungen an Verteilnetze innerhalb von Kundenanlagen ohnehin bereits umgesetzt sind oder einfach umsetzbar wären, schreiben die Anwälte in ihrem Gutachten.
Damit blieben die Kundenanlagen von den umfangreichen nationalen Regeln für Energieversorgungsnetze ausgenommen. Damit wäre eine richtlinienkonforme Auslegung des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) möglich. Dabei kann auch die bisherige Abgrenzung der Kundenanlage vom großen Verteilnetz erhalten bleiben. Bisher praktizierte Stromliefermodelle könnten somit auch in Zukunft weiter genutzt werden, betont Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des BSW-Solar.
Einschränkungen bei Speichern
Durch den im Gutachten vorgeschlagenen Ansatz komme es allerdings zu Einschränkungen beim Betrieb von Speichern und Ladepunkten innerhalb von Kundenanlagen. Diese Einschränkungen seien zwar höchst ärgerlich, aber in Anbetracht der ansonsten im Raum stehenden Konsequenzen das deutlich kleinere Übel, da man diese Herausforderungen durch Contracting-Konzepte lösen könne, erklärt Körnig. Für eine grundsätzliche Lösung der Problematik sei auch der europäische Gesetzgeber gefragt.
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Verunsicherung bei Planern und Projektierern
Die gesetzliche Klarstellung wurde notwendig, nachdem zunächst der Europäische Gerichtshof und danach der Bundesgerichtshof die Annahme untersagten, eine solche Kundenanlage sei kein Verteilnetz. Ohne eine gesetzliche Klarstellung werden damit unter anderem Betreiber von Mieterstromanlagen auch Betreiber von Verteilnetzen, für die alle Regelungen gelten, die auch für großflächige Verteilnetze gültig sind. Dies hat zu gravierender Verunsicherung bei Stromlieferanten in Mehrfamilienhäusern, Gewerbe, Industrie und Kommunen geführt, wie der BSW-Solar festgestellt hat. Denn auch Stromlieferverträge zwischen Betreibern von Solaranlagen auf Gewerbedächern und die Belieferung der Unternehmen im Gebäude, sogenannte Onsite-PPA, könnten eine solche Kundenanlage sein.
Regelung im EnWG fehlt
Die Branchenvertreter kritisieren, dass die vom Bundestag am 13. November 2025 verabschiedete Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) keine Klärung zum Thema Kundenanlage enthält. Eine auf den Weg gebrachte Übergangsregelung hat das eigentliche Problem nicht behoben. Diese Übergangsregelung gewährt zwar noch bis 2028 den Betrieb bestehender Kundenanlagen auf bisheriger, aber vom BGH beanstandeter, Rechtsgrundlage. Doch inwieweit dies auch für neue Mieterstromprojekte und die gemeinschaftliche Gebäudeversorgung anwendbar ist, bleibt fraglich. Deshalb sollte schnellstmöglich eine dauerhaft rechtssichere und europarechtskonforme Regelung erarbeitet werden, appelliert der BSW-Solar.
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Auftrag an die Bundesregierung
Immerhin umfassen die verabschiedeten Neuregelungen zum Energierecht, in dessen Rahmen auch das EnWG novelliert wurde, einen Auftrag an die Bundesregierung, eine solche rechtssichere Lösung zu formulieren. Die von den Rechtsanwälten Nürmann + Siebert vorgeschlagene Regelung eines Verteilnetzes light könnte eine solche Lösung sein. „Das Gutachten liefert eine zielführende Handlungsempfehlung für die Politik, die aus Sicht der Solar- und Speicherbranche die vielversprechendste Option zur Wiederherstellung von Rechtssicherheit für Kundenanlagen darstellt“, erklärt Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des BSW-Solar. „Wir appellieren an die Bundesregierung, diesen Bremsklotz für die urbane Energiewende schnell zu beseitigen.“
Verbände fordern: Rechtssicherheit herstellen
Die Forderung ist nicht neu und die Bundesregierung hätte längst handeln können. Denn schon im Mai dieses Jahres hatte ein Bündnis von 27 Energie-, Industrie-, Wohnungs- und Wirtschaftsverbänden die Bundesregierung dazu aufgefordert, schnellstmöglich Rechtssicherheit für Stromlieferungen in Kundenanlagen wiederherzustellen. Neben dem BSW-Solar waren auch die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK), der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW), der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) sowie der Handelsverband Deutschland (HDE) unter den Unterzeichnern des Verbändeappells.
Das gesamte Rechtsgutachten zur Kundenanlage finden Sie auf der Webseite des BSW-Solar. (su)