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Komplexe Rechtslage

Landauf, landab suchen Projektierer und Investoren derzeit händeringend nach geeigneten Flächen für die Errichtung von großen Solaranlagen. Die anvisierten Generatoren werden dabei nicht nur immer größer. Immer häufiger kommen sie auch ohne die gesetzliche Förderung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) aus.

Das ist gut fürs Klima und für die Geldbeutel der Energieverbraucher. Doch stellt sich auch hier unter anderem die Frage, inwieweit landwirtschaftliche Flächen für die Energiegewinnung genutzt werden sollten.

Ein alter Konflikt

Der Trend zu förderfreien Solaranlagen ist eine Folge der stark gesunkenen Preise für Photovoltaikmodule. Solche Solaranlagen benötigen allerdings große, geeignete Flächen – etwa brachliegende Äcker. Als Faustformel lässt sich sagen, dass für ein Megawatt Photovoltaikleistung im Durchschnitt rund ein Hektar Land benötigt wird.

Die größte Photovoltaikanlage in Deutschland, die derzeit von der EnBW nordöstlich von Berlin realisiert wird, soll eine installierte Leistung von 187 Megawatt haben und eine Fläche von 164 Hektar belegen. Eine Vielzahl weiterer, förderfreier Anlagen mit Leistungen jenseits von 50 Megawatt sind in Planung.

Angst vor steigenden Pachtpreisen

Schon anhand dieser Zahlen lässt sich erahnen, welcher Flächenkonflikt sich hier anbahnt. Die Diskussion „Teller oder Tank“ – Nahrungsmittelproduktion versus Energiegewinnung – ist nicht neu. Einige Bauernverbände haben sich daher bereits klar gegen Freiflächensolaranlagen auf bislang landwirtschaftlich genutzten Feldern ausgesprochen.

Die Nahrungs- und Futtermittelproduktion müsse stets Vorrang haben. Vor allem in Veredelungsregionen – also in Regionen mit überwiegend Viehwirtschaft – befürchtet man noch höhere Pachtpreise für das Land. Ähnlich haben sich auch manche Gemeinden per Gemeinderatsbeschluss darauf festgelegt, Solaranlagen nur bis zu einer Größe von zehn Megawatt beziehungsweise bis zu zehn Hektar zuzulassen.

Bodenversiegelung ist gering

Doch weisen Solaranlagen im Vergleich zu den anderen Energiearten einige Besonderheiten auf. So tragen aufgeständerte Freiflächenanlagen nur in sehr geringem Maße zu einer weiteren Bodenversiegelung bei. Auch die Auswirkungen auf das Landschaftsbild können zumindest in flachen Regionen minimal gehalten werden. Vor allem aber lassen sich Freiflächenanlagen gezielt mit Anpflanzungen und künstlich angelegten Biotopen zur Steigerung der Biodiversität kombinieren.

Agrophotovoltaik ist noch Neuland

Die zeitlich befristete Nutzung für die Photovoltaik kann somit dazu beitragen, dass sich zuvor vielleicht arg strapazierte Agrarflächen erholen können. Daher sind mittlerweile auch die Naturschutzverbände von ihrer einst strikten Ablehnung von Freiflächenanlagen auf Landwirtschaftsflächen abgerückt. Es komme entscheidend darauf an, wie die Solarfelder umgesetzt werden.

Hierzulande noch Neuland sind dagegen die Solaranlagen, die unter dem Schlagwort Agrophotovoltaik (APV) diskutiert werden. Dabei werden die Solarmodule so hoch aufgeständert, dass der Boden darunter nach wie vor landwirtschaftlich genutzt werden kann.

Geeignete Äcker finden

Je nach Nutzung sorgen die Module auf diese Weise zudem für eine positive Verschattung und mitunter für ein besseres Klima unter den Modulen. Erprobt werden auch Anlagen, bei denen die Module horizontal in Reihen angeordnet werden, sodass der Raum dazwischen weiter bewirtschaftet werden kann.

Bislang war die Auswahl der Flächen für solche großen Solaranlagen maßgeblich durch das EEG geprägt. Denn unter anderem nach Paragraf 48 Absatz 1 des EEG sind Freiflächensolaranlagen nur auf ganz bestimmten Flächenarten förderfähig. Hierzu zählen vor allem bereits versiegelte Flächen, die sogenannten Konversionsflächen, sowie die 110-Meter-Streifen längs der Autobahnen und der Schienenwege.

Landwirtschaftlich genutzte Flächen sind nach dem EEG dagegen grundsätzlich ausgeschlossen. Das war früher noch anders. Allerdings enthält das EEG mittlerweile eine Länderöffnungsklausel. Die Bundesländer können demnach durch Landesrecht regeln, ob und unter welchen Voraussetzungen auch Acker- und Grünlandflächen für förderfähige Solaranlagen genutzt werden dürfen. Bislang haben Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, das Saarland und Rheinland-Pfalz von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und entsprechende Verordnungen erlassen.

Mehr Freiheit ohne Förderung

Doch selbst dort, wo Solaranlagen auf Ackerflächen nach dem EEG förderfähig sind, sieht das Gesetz eine maximale Anlagengröße von zehn Megawatt vor. Größere Freiflächenanlagen können also keine Förderung erhalten.

Hier kommen die förderfreien Solaranlagen ins Spiel. Denn unter bestimmten Umständen lassen sich Solarparks ab einer bestimmten Größe auch ohne diese Förderung wirtschaftlich betreiben. Als Schwelle werden häufig 50 Megawatt installierte Leistung genannt. Entscheidend sind jedoch die Gesamtkosten des Projektes. Für diese Gesamtkosten spielt unter anderem eine Rolle, wo der Netzanschluss möglich ist oder welche Strecke hierfür überwunden werden muss.

Brachen nutzen

Darüber hinaus müssen auch die rechtlichen Rahmenbedingungen stimmen. So können sogenannte raumordnerische Belange, wie zum Beispiel ausgewiesene Landschaftsschutzgebiete, der Errichtung eines Solarparks entgegenstehen. Zudem setzt die Genehmigung eines Solarparks in aller Regel einen entsprechenden Bebauungsplan der Gemeinde voraus. Ohne die Mitwirkung der Gemeinde geht es also nicht.

Gemeinden, die sich pauschal darauf festgelegt haben, Solaranlagen nur bis zu einer maximalen Leistung von zehn Megawatt zu ermöglichen, schließen damit die Errichtung förderfreier Solaranlagen faktisch aus.

Förderfreie Solarparks

Hat auch das betreffende Bundesland nicht von der Länderöffnungsklausel Gebrauch gemacht, wird die Nutzung von Acker- und Grünflächen für die Solarenergie in weiten Teilen verhindert – ganz gleich, ob die Flächen derzeit brach liegen oder nicht.

Das muss allen Beteiligten klar sein. Auch und gerade die Landwirtschaft ist von den Folgen des Klimawandels betroffen. Der notwendige Ausbau der erneuerbaren Energien sollte daher nicht per se verteufelt werden. Gefragt sind vielmehr Lösungen für ein sinnvolles Zusammenwirken der unterschiedlichen Nutzungen.

Überall im Land versuchen Projektentwickler und Investoren zurzeit, Landwirte zum Abschluss entsprechender Nutzungs- beziehungsweise Gestattungsverträge zu gewinnen.

Die Angebote erscheinen aus Sicht der Landwirte durchaus verlockend: Der Grundstückseigentümer räumt dem Investor das Recht ein, die Fläche für die Errichtung und den Betrieb eines Solarparks zu nutzen.

Kontakt zur Gemeinde suchen

Im Gegenzug erhält der Grundstückseigentümer ein bestimmtes Nutzungsentgelt. Aus manchen Regionen wird berichtet, dass nahezu alle Eigentümer größerer Flächen bereits solche Nutzungsverträge abgeschlossen haben sollen.

Diese Nutzungsverträge ähneln weitgehend den bekannten Vertragsmustern, die für die Errichtung von Windparks genutzt werden. Die Verträge haben in der Regel eine Laufzeit von mindestens 20 Jahren und räumen dem Investor ein exklusives Nutzungsrecht ein. Das Nutzungsentgelt kann dabei entweder fix – in Euro je Hektar – oder als prozentualer Anteil an den Einnahmen aus dem Solarpark vereinbart werden.

Die Doppelnutzung von Flächen zur Produktion von Pflanzen und Strom, die Agrophotovoltaik, steckt noch in den Kinderschuhen.

Foto: Fraunhofer ISE

Die Doppelnutzung von Flächen zur Produktion von Pflanzen und Strom, die Agrophotovoltaik, steckt noch in den Kinderschuhen.

Steuerliche Auswirkungen prüfen

Grundstückseigentümer sollten bei Abschluss eines solchen Nutzungsvertrages jedoch auf die Risiken achten, die hiermit verbunden sind. So ist der Errichter eines Solarparks – anders als bei der Errichtung eines Windparks – nicht schon von Gesetzes wegen verpflichtet, für den späteren Rückbau der Anlagen eine Sicherheit zu leisten. Auch muss darauf geachtet werden, wie sich die neue Nutzung mit etwaigen Agrarbeihilfen verträgt und welche steuerlichen Auswirkungen der Vertragsabschluss für den Grundstückseigentümer haben kann.

Da die jeweilige Gemeinde mitspielen muss, suchen die Projektentwickler in der Regel frühzeitig auch den Kontakt zur Gemeinde. Einen Rechtsanspruch auf die Aufstellung des erforderlichen Bebauungsplans gibt es nicht. In der Praxis verständigen sich die Projektentwickler mit den Gemeinden daher oft auf einen sogenannten städtebaulichen Vertrag. Darin wird insbesondere geregelt, dass der Projektentwickler die Kosten der Planaufstellung übernimmt.

Gemeinden machen Auflagen

Anders als bei Windenergieanlagen richtet sich die Genehmigung der Freiflächenanlagen nicht nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz ­(BImSchG), sondern vorrangig nach dem Baugesetzbuch (BauGB). Solaranlagen zählen jedoch nicht zu den im Außenbereich privilegierten Anlagen, wie sie im Paragraf 35 Absatz 1 BauGB beschrieben sind.

Die unteren Baubehörden, die für die Erteilung der Baugenehmigungen zuständig sind, prüfen in erster Linie die Vereinbarkeit der geplanten Anlagen mit den Vorgaben der Raumordnung und des Bebauungsplanes. Soweit die Genehmigungsbehörde dies mit Blick auf die Umweltverträglichkeit der geplanten Solaranlage für erforderlich erachtet, kann sie die Genehmigung mit bestimmten Auflagen verbinden. Das können beispielsweise die Anordnung von Ausgleichsmaßnahmen oder Vorgaben zu Anpflanzungen zum Sichtschutz oder zur Vermeidung von Blendwirkungen sein.

PPA statt Förderung

Betreiber von Solaranlagen, die nach dem EEG gefördert werden, erhalten für 20 Jahre eine sichere Vergütung. Betreiber von förderfreien Solarparks haben diese Planungssicherheit dagegen nicht.

Stattdessen werden in der Praxis langfristige Stromliefer- oder Stromabnahmeverträge ­(Power Purchase Agreements – PPA) mit privaten Unternehmen geschlossen. Solche PPA haben eine Laufzeit von mindestens zehn Jahren. Abnehmer des Stroms sind vor allem Stromversorger und stromintensive Unternehmen, wie beispielsweise Verkehrsbetriebe.

Vertragspartner können wechseln

Es kommt auch vor, dass die Unternehmen nicht nur den Strom abnehmen, sondern gleich den gesamten Solarpark. Sie erwerben vom Projektentwickler das gesamte Projekt und betreiben den Solarpark anschließend in eigener ­Regie.

In welcher Projektphase das Projekt übertragen wird, hängt allein von der Vereinbarung der Vertragspartner ab. Grundstückseigentümer und Gemeinden sollten jedenfalls bedenken, dass ihr Vertragspartner während der Vertragslaufzeit durchaus wechseln kann. Es gibt mittlerweile einen florierenden Markt für Projektrechte an förderfreien Solarparks.

Landwirte, die den Abschluss eines Nutzungsvertrages für einen Solarpark angeboten bekommen, sollten den Vertrag genau prüfen. Die Vertragsmuster der Investoren unterscheiden sich im Detail mitunter erheblich. Oberstes Ziel sollte dabei sein, den Nutzungsvertrag für alle Beteiligten so rechtssicher wie möglich zu gestalten und dabei zugleich die Realisierung des Projektes zu ermöglichen.

Keine vertraglichen Lücken lassen

Das setzt voraus, dass der Nutzungsvertrag auch die erforderliche Zustimmung der finanzierenden Banken und der weiteren Investoren finden kann. Da alle Beteiligten ein erhebliches wirtschaftliches Interesse an diesem Nutzungsvertrag haben werden, ist das spätere Streitpotenzial zudem grundsätzlich als groß einzuschätzen. Es muss daher darauf geachtet werden, dass der Vertrag alle wichtigen Punkte tatsächlich regelt und nach Möglichkeit keine Lücken bleiben, an denen sich später Streit entzünden könnte.

Mit neuen technologischen Ansätzen bleiben die Flächen der Landwirtschaft erhalten und die Agrarbranche kann sich mit der Photovoltaik versöhnen.

Foto: Next to Sun

Mit neuen technologischen Ansätzen bleiben die Flächen der Landwirtschaft erhalten und die Agrarbranche kann sich mit der Photovoltaik versöhnen.

Der Autor

Sebastian Lange
berät als Rechtsanwalt bundesweit Betreiber von Solaranlagen bei der Realisierung von Photovoltaikprojekten und bei Streitigkeiten mit Netzbetreibern. Mit seiner neuen Internetseite informiert er fortlaufend über Rechte und Pflichten der Anlagenbetreiber und zeigt ihnen Fallstricke und Hürden auf.

Foto: Sebastian Lange