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Eigentlich nur drei Kabel

Es ist noch früh am Morgen, als der Spediteur die Sonnenbatterie anliefert. Das Speichersystem der Größe L von Prosol Invest wiegt insgesamt etwa 310 Kilogramm. Zu schwer, als dass zwei Männer es zum Installationsort tragen könnten. Luftlinie sind es nicht mehr als 20 Meter, dazwischen liegt allerdings eine Treppe mit 15 Stufen, die etwa drei Meter zum Haus heraufführt. Die Installateure des Unternehmens Volthaus aus Mainburg zwischen München und Ingolstadt haben für den Transport aus Sicherheitsgründen eine elektrische Sackkarre mitgebracht. Damit geht es dann Stufe für Stufe nach oben. Zuerst die Kiste mit Kühlschrankgröße, dann eine zweite, etwas kleinere.

„Man kann das auch mit einer normalen Sackkarre mit drei Kipprollen machen“, erklärt Volthaus-Techniker Bastian Schmal. „Dann muss man das Gewicht allerdings während der gesamten Treppe halten und aufpassen, dass nichts ins Rutschen gerät.“ Das sei nicht ganz einfach. Nach rund 20 Minuten haben beide Batteriegehäuse ihren Bestimmungsort gefunden: einen Wirtschaftsraum im Erdgeschoss des Hauses. Der Transport in den Keller bleibt den Installateuren heute erspart. Für einen solchen Fall könnte die Sonnenbatterie dann auch in Baugruppen mit jeweils weniger als 70 Kilogramm Gewicht zerlegt werden.

Das Haus, in dem das Speichersystem eingebaut werden soll, gehört Familie Burkhardt aus Pfaffenhofen. Das Interesse, eine Solaranlage inklusive Speichersystem zu errichten, besteht bei den Burkhardts im Grunde schon seit dem Bau ihres Wohnhauses im Jahr 2006. „Damals waren die Kosten für eine Eigenverbrauchsanlage mit Speichersystem aber noch viel zu hoch“, sagt die Hausbesitzerin Beate Ruhle-Burkhardt. „Daher hätte sich nur die Einspeisung ins Stromnetz mit Einspeisevergütung gelohnt. Das wollten wir aber nicht, und so haben wir die Idee erst mal wieder verworfen.“ Mittlerweile sind die Preise aber so stark gefallen, dass sich die Investition laut Aussage der Burkhardts rechnet, vor allem vor dem Hintergrund stetig steigender Strompreise. „Das ist für uns jetzt eine Art Altersvorsorge. Wir reduzieren die laufenden Kosten und sparen damit Geld ein. Statt in eine herkömmliche Altersvorsorge haben wir jetzt in erneuerbare Energien investiert.“

Speicher dimensionieren

Die Photovoltaikanlage auf dem Dach des Wohnhauses ist seit August 2012 in Betrieb und bringt eine Leistung von rund 15 Kilowattpeak. Bei der Einstrahlung vor Ort ergibt das einen Jahresstromertrag von ungefähr 15.000 Kilowattstunden. Der Stromverbrauch der vierköpfigen Familie liegt über dem Verbrauch eines Standardhaushalts, wie ihn zum Beispiel das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme annimmt. Das liegt unter anderem daran, dass das Haus mit 350 Quadratmetern Wohnfläche überdurchschnittlich groß ist, außerdem muss zum Beispiel auch die Pumpe für ein Schwimmbad mit einem Fassungsvermögen von etwa 40.000 Litern Wasser mit Strom versorgt werden. Der Computerraum des Familienvaters verbraucht ebenfalls mehr Strom als gewöhnlich. Für seine Tätigkeit im Wertpapiergeschäft braucht er gleich mehrere Computer, die praktisch rund um die Uhr laufen müssen.

Insgesamt kommen die Burkhardts so auf einen jährlichen Stromverbrauch von etwa 15.000 Kilowattstunden, was sich ungefähr mit der erzeugten Strommenge der Photovoltaikanlage deckt. Beste Voraussetzungen also, um mit einem Speichersystem hohe Eigenverbrauchswerte bei gleichzeitig hohem Autarkiegrad zu erreichen.

Entscheidend für die Auslegung der Sonnenbatterie ist neben der Größe der Photovoltaikanlage insbesondere der Stromverbrauch des Haushalts zwischen 18 Uhr abends und 6 Uhr morgens, erklärt Jürgen Schneider, Verkaufsleiter von Volthaus. „Wenn man davon ausgeht, dass in dieser Zeit ungefähr sechs Kilowattstunden verbraucht werden, dann passt zum Beispiel eine Sonnenbatterie der Größe S. Die S-Batterie hat eine Nennspeicherkapazität von 8,1 Kilowattstunden. Davon kann ich 70 Prozent nutzen, das wären dann 5,7 Kilowattstunden.“ Bei der Familie Burkhardt liegt der Stromverbrauch etwas höher. Laut Berechnungen von Volthaus ist daher in diesem Fall die L-Batterie mit einer nutzbaren Speicherkapazität von 14,3 Kilowattstunden die richtige Wahl. Ebenfalls ein wichtiges Thema ist die Leistung des Batteriewechselrichters. Diese muss ungefähr der Maximallast des Haushalts in der Zeit zwischen 18 und 6 Uhr entsprechen. Die S-Batterie kann zum Beispiel eine Maximalleistung von 3,5 Kilowatt zur Verfügung stellen, die M-Batterie fünf Kilowatt und die Sonnenbatterie der Größe L bringt sechs Kilowatt Leistung. Übersteigt die Last des Haushalts die Leistung des jeweiligen Batteriewechselrichters, schaltet das Batteriesystem auf Netzbetrieb um, weil die Batterie allein die Last nicht bedienen kann. „Man sollte daher darauf achten, im Batteriebetrieb nicht unbedingt Waschmaschine, Trockner, Spülmaschine und Föhn gleichzeitig laufen zu lassen, um die Leistung der Batterie nicht zu überschreiten“, sagt Schneider. „Geräte wie zum Beispiel Waschmaschine und Trockner sollte man aber ohnehin besser tagsüber einschalten, weil dann der Strom vom Hausdach direkt verbraucht werden kann. Dann hat man keine Wirkungsgradverluste, die durch das Zwischenspeichern des Stroms zwangsläufig entstehen.“

Die richtige Umgebung

Der Hauswirtschaftsraum der Burkhardts im Erdgeschoss des Wohnhauses bietet ideale Voraussetzungen für den Betrieb eines Speichersystems. Er ist relativ geräumig, und die Raumtemperatur bewegt sich nahe der für das Speichersystem idealen 25 Grad Celsius. Außerdem ist der Raum trocken. Wenn die Luftfeuchtigkeit über 90 Prozent steigen würde, könnte dies zu Problemen führen, erklärt Schneider. „Das wäre schlecht für die Elektrik. 90 Prozent Luftfeuchte ist aber wirklich viel. Das wäre nicht nur für die Batterie, sondern auch für andere Geräte, Elektroinstallationen und die Bausubstanz schädigend.“ Bei der Sonnenbatterie handelt es sich um ein AC-gekoppeltes Speichersystem mit einer integrierten Lithium-Eisen-Phosphat-Batterie. Diese Akku-Technologie wird aufgrund ihrer Eigenschaften, was Leistungsfähigkeit und Sicherheit angeht, auch in Elektroautos eingesetzt. Philipp Schröder, Vertriebsleiter bei Prosol, ist bei der Installation im Hause Burkhardt ebenfalls vor Ort. Er sieht gute Gründe für den Anschluss eines Speichersystems an das Wechselstromnetz des Hauses, also die sogenannte AC-Kopplung. Das System lasse sich beispielsweise in Bestandsanlagen einfacher nachrüsten. „Unsere Sonnenbatterie ist sozusagen Plug and Play“, sagt Schröder. „Beim Anschluss der Sonnenbatterie ist es egal, wie groß die Photovoltaikanlage ist oder um welche Wechselrichter es sich handelt. Das ist für Installateure von Vorteil, weil sie ihre Photovoltaikanlage wie bisher mit den gewohnten Partnern bauen können. Die Sonnenbatterie stellen sie dann einfach dazu, wenn das Interesse beim Kunden besteht.“

Drei Kabel anschließen

Nachdem die zwei Schränke der Sonnenbatterie korrekt an der vorgesehenen Stelle positioniert sind, beginnen die Techniker mit dem Anschluss. „So viel gibt es dabei gar nicht zu tun“, erklärt Schmal. „Eigentlich sind es nur drei Kabel.“ Eines der Kabel, die Schmal und sein Technikerkollege Maik Nemec nun anschließen, ist eine Messschleife vom Solarwechselrichter zur Sonnenbatterie. Dadurch weiß das Speichersystem, wie viel Strom gerade erzeugt wird. Die daraus gewonnenen Messwerte nutzt das Batteriemanagementsystem, um das Über- oder Unterschreiten bestimmter Schwellwerte festzustellen und dann zu entscheiden, ob zum Beispiel die Batterie geladen werden soll oder ob zusätzliche Energie aus der Batterie fürden Verbrauch im Hausnetz zur Verfügung gestellt werden muss. Das zweite Kabel ist eine Zuleitung vom saldierenden Zweirichtungszähler zum Speichersystem. Das dritte ist eine Ableitung vom Speichersystem zur Unterverteilung. Hierüber fließt Strom von der Sonnenbatterie ins Haus. Diese Verbindung wird bei Batterie- oder Inselbetrieb durch das System getrennt. Über die Zu- und Ableitung wird auch der komplette Stromverbrauch im Haus bestimmt. Optional kann das System über ein weiteres Kabel mit dem Internet verbunden werden, um Software-Updates herunterzuladen und es somit an zukünftige Entwicklungen anzupassen. Mit dem Anschluss an das Internet kann die Anlage dann zudem per Smartphone oder Tablet überwacht und gesteuert werden.

Ein erhöhter Arbeitsaufwand entsteht laut Schmal dann, wenn zum Beispiel die Zähleranlagen veraltet sind. „Dann muss durch den Netzbetreiber ein digitaler Zweirichtungszähler nachgerüstet werden.“ Bei den Burkhardts ist die Zähleranlage allerdings gerade erst erneuert worden, als auch die Photovoltaikanlage installiert und in Betrieb genommen wurde. Es gibt aber auch noch andere Herausforderungen, die sich ergeben können.

Schutzschalter nachrüsten

„Richtig schwierig kann es werden, wenn das Haus keinen Fehlerstromschutzschalter hat“, sagt Schmal. „Es gibt alte Installationen, die haben nur eine klassische Nullung. Ein FI-Schalter ist aber nicht nur für den Betrieb eines Batteriesystems, sondern auch für den Personenschutz zwingend erforderlich. Wenn ich beispielsweise in eine Steckdose greife, dann fließt über mich ein Fehlerstrom“, erklärt Schmal. „Bei 30 Milliampere besteht für die betroffene Person Lebensgefahr, aber auch fünf Milliampere können schon sehr gefährlich sein.“ Daher ist es wichtig, dass das System in einem solchen Fall in 0,2 Sekunden abschaltet.

„Wenn wir einen Speicher installieren wollen und im Haus ist kein FI-Schalter vorhanden, dann kann man davon ausgehen, dass die Elektroinstallation älter als 20 Jahre ist. Dann muss in jedem Fall nachgerüstet werden“, sagt Schmal. Zur Beschleunigung des Einbaus der Batterie will Volthaus solche Installationen zukünftig im Vorfeld und in Absprache mit dem Kunden an den jeweiligen Hauselektriker weiterleiten. Bei den Burkhardts gibt es mit der bestehenden Hauselektrik allerdings keine Probleme. Die nötigen Schutzschalter waren bereits alle vorhanden.

Ebenfalls im Vorfeld zu klären gilt es, welche Anforderungen der jeweilige Netzbetreiber an die Installation eines Speichersystems stellt. Mit dem Netzbetreiber der Burkhardts,Eon Bayern, gibt es beim Anschluss der Sonnenbatterie keine Probleme. Das liegt daran, dass sich das System, sobald Speicherstrom aus der Batterie verwendet wird, vom Stromnetz abkoppelt. Im Vergleich zu vielen anderen derzeit am Markt erhältlichen Speichersystemen ist dies etwas Besonderes. „Dadurch wird sichergestellt, dass kein Strom von der Batterie ins Netz zurückgespeist werden kann“, erklärt Schmal. Der Netzbetreiber brauche also keine negativen Einflüsse auf das Stromnetz zu befürchten.

Schröder von Prosol hat mit Reaktionen von Netzbetreibern schon einige Erfahrungen. Mehr als 500 Sonnenbatterien hat Prosol nach eigenen Angaben bereits verkauft und einen Großteil davon auch selbst angeschlossen. „Am Anfang gibt es manchmal Gegenwehr vom Netzbetreiber“, erklärt Schröder. „Technisch ist aber klar, dass wir dafür keine Genehmigung benötigen. Wenn wir dem Netzbetreiber erklären, wie das System funktioniert, merkt er schnell, dass es überhaupt keinen Einfluss auf sein Stromnetz nimmt.“

Lebensfunke für den Speicher

Nachdem die Verkabelung abgeschlossen ist, fehlt noch ein Schritt zur Inbetriebnahme: die eigentliche Einbindung der Sonnenbatterie in den Stromkreis zwischen Bezugszähler und der Strom-Unterverteilung. Dafür wird die Hauptsicherung des Gebäudes abgeschaltet. Die Lichter im Haus gehen aus, alles wird dunkel. Volthaus-Techniker Schmal steht im Schein einer Taschenlampe vor der Hausverteilung und klemmt die Sonnenbatterie an. Danach muss nur noch die Hauptsicherung der Sonnenbatterie eingesetzt werden. „Ich warne schon einmal vor“, sagt er. „Gleich gibt es einen kleinen Funken. Also bitte nicht erschrecken.“ Als er die Sicherung einlegt, kommt es wie angekündigt, es blitzt kurz auf, danach bleibt aber wider Erwarten erst mal alles im Dunkeln. Nach kurzer Beratung erkennt Techniker Maik Nemec die Ursache des Problems: „Der Hauptschalter des Batteriewechselrichters steht noch in Off-Stellung.“ Ein Druck auf den Knopf, und das Display der Batterie schaltet sich ein. Die Lampen im Haus beginnen wieder zu leuchten. Das Speichersystem ist eingebunden und betriebsbereit.

Als alles läuft und das Innenleben der Sonnenbatterie ordnungsgemäß verplombt ist, machen sich die Techniker noch daran, alle Kabel, die zu Steckdosen führen, an die empfindliche Elektrogeräte angeschlossen sind, an die unterbrechungsfreie Phase L1 anzuschließen. Eine Besonderheit der Sonnenbatterie ist nämlich, dass sie den Strom aus der Batterie auf allen drei Stromphasen des Hausnetzes zur Verfügung stellt. Auf der Phase L1 gewährleistet das System bei Umschaltung von Netz- auf Batteriebetrieb eine maximale Unterbrechungsdauer des Stromflusses von fünf Millisekunden. Eine solche Unterbrechung nehmen auch empfindliche Geräte in der Regel nicht wahr. Im Fall der Burkhardts zählen zum Beispiel die Computer inklusive der WLAN-Router, die Telefonanlage, die Heizungssteuerung und die Fernsehgeräte zu den Verbrauchern, die an die Phase L1 angeschlossen werden. Auf den Phasen L2 und L3 kann die Unterbrechung zwischen 15 und 35 Millisekunden dauern. Das verkraften beispielsweise Geräte wie Kühlschrank, Waschmaschine oder Trockner sowie die Beleuchtung des Hauses.

Im Schaltschrank der Familie Burkhardt sind die meisten Geräte auf der Hutschiene mit eigenen Sicherungen versehen und gut beschriftet. „Wenn man nicht weiß, welches Kabel zu welcher Sicherung gehört, hilft nur ausprobieren“, sagt Schmal. „Dann dreht man jede einzelne Sicherung raus und schaut, welche Geräte oder Räume anschießend keinen Strom mehr haben. Dann dauert natürlich alles ein bisschen länger.“ Ganz am Ende tut sich noch eine letzte Herausforderung auf. Der Datenlogger der Photovoltaikanlage hat keine Verbindung mehr zum Internet. „Never change a running system“, scherzt Schmal. „Besonders wenn es um Computer und EDV-Systeme geht.“ Aber auch dieses letzte Problem ist behoben, noch bevor es bei den Burkhardts Abendessen gibt, das schon mit dem ersten Strom aus der Sonnenbatterie zubereitet wird.

Mirco Sieg