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Generator ohne Netz

Viel hat die Photovoltaikbranche durchgemacht, in sehr kurzer Zeit: Erst kam das 100.000-Dächer-Programm. Dann die zweite Phase unter dem Motto „Geiz ist geil“: Die hohe Einspeisevergütung versprach enorme Renditen. Die Kunden rannten den Installateuren und der Solarindustrie förmlich die Bude ein. Seit die Vergütung im Keller ist, steht der Eigenverbrauch im Mittelpunkt. Phase drei der Solarwende: Nur noch Überschüsse werden ins Netz eingespeist und marginal vergütet.

Doch das Netz erweist sich als Nadelöhr: Damit werden Millionen Menschen in diesem Land erpresst. Es ist der Hebel, mit dem die großen Energieversorger die Uhren zurückdrehen wollen. Da werden Netzanschlüsse verweigert oder verzögert, Rundsteuerempfänger verlangt und Fernwirktechnik, die kaum jemand nutzt. Da müssen die Anlagen regelbar sein, damit der Netzbetreiber mit dem Eigentum fremder Leute spielen kann, ganz nach Belieben. Obendrein ist es das Netz, das die Stromkosten treibt: Der Netzumbau summiert sich zu Milliarden Euro.

Das Netz treibt die Kosten

Schon entfällt fast die Hälfte der EEG-Umlage auf Kosten, die das Netz verursacht. Wer seine Photovoltaikanlage ans Netz anschließt, muss EEG-Umlage zahlen. Muss 19 Prozent Mehrwertsteuer auf den eigenen Strom abführen. Diese Summe wird auf der Abrechnung der Einspeisevergütung für den Reststrom vermerkt, meist weiter unten im Kleingedruckten. Hinzu kommen Gewerbeanmeldung, regelmäßige Meldungen ans Finanzamt und jede Menge Papierkram.

Höchste Zeit, die vierte Phase einzuläuten: mit Solargeneratoren, die überhaupt nicht mehr ins Stromnetz einspeisen. Auf diese Weise mutiert die Photovoltaik zur reinen Effizienzmaßnahme, um die Stromkosten zu senken. Das kann überhaupt nur die Photovoltaik. Das ist ein echtes Alleinstellungsmerkmal dieser Branche, bei Privatkunden, im Gewerbe und der Industrie. Dass es funktioniert, beweist die Firma Fenecon im bayerischen Deggendorf.

Eine junge Truppe am Start

Franz-Josef Feilmeier ist Chef von Fenecon. Zwölf Mitarbeiter hat sein Team, eine junge Truppe. Fenecon hat netzparallele Speichersysteme mit Lithium-Eisenphosphat-Zellen entwickelt, die Feilmeier direkt von BYD aus China bezieht. BYD – Build Your Dreams. „Das ist einer der ganz großen Batteriehersteller“, erläutert Feilmeier. „Wir beziehen die Zellen exklusiv, vertreiben unsere Systeme bundesweit.“

Auch in Österreich hat er schon die ersten Speicher aufgestellt. Denn Feilmeier nimmt die Unabhängigkeitswünsche seiner Kundschaft ernst. Das dreiphasige System arbeitet netzparallel und liefert den Strombedarf phasengenau. Wenn zusätzlicher Strom auf den einzelnen Phasen benötigt wird, kommt nur dieser vom Netz, den Rest versorgt weiterhin der Speicher. Im Notbetrieb schaltet das System den internen Netzanschluss weg, nur die Anschlüsse für die Photovoltaik und die Lasten sind noch aktiv.

Kein Stromfluss nach außen

Netzparallel bedeutet also, dass zwar ein Zugang zum Netz vorhanden ist. Er wird jedoch nur zum Stromkauf verwendet. Aus der Photovoltaikanlage oder dem Speicher erfolgt kein Stromfluss nach draußen. Auf diese Weise erscheint der Sonnengenerator überhaupt nicht mehr im Netz. Der Anlagenbetreiber bleibt, was er schon vor seiner persönlichen Energiewende war: ein Stromkunde. Nur dass er deutlich weniger Strom einkauft, im besten Falle überhaupt nichts.

Diese Variante erschlägt einige Probleme, mit denen sich die Anbieter von Speichern derzeit herumschlagen. „Das große Problem ist die Phasenkompensation“, meint Feilmeier. „Das einfache Saldieren wird wohl schon bald verboten sein. Technologisch taugen die meisten dreiphasigen Batteriesysteme eher für den Netzanschluss als für eine dreiphasige Eigenversorgung.“

Kompensation der Phasen gelöst

Nach seiner Auffassung reicht es nicht aus, möglichst preiswerte Zellen mit einem möglichst preiswerten Wechselrichter zu kombinieren, auch wenn er drei Phasen hat. „Wir kombinieren die Lithiumzellen beispielsweise mit drei einphasigen Wechselrichtern“, erläutert er. „Das erlaubt zahlreiche Funktionen, die weit über die bloße Darstellung von Eigenverbrauch am Zähler hinausgehen.“ Bei saldierenden Systemen wird die Batterie an eine Phase gehängt. Die Verbraucher auf den anderen beiden Phasen werden ausgeglichen, indem die Batterie so viel Strom ins Netz drückt, wie diese verbrauchen. Überschüssiger Sonnenstrom wird ins Netz geschickt.

System liefert USV-Funktion

Das ist eine sehr preiswerte Lösung, erlaubt aber beispielsweise keine unterbrechungsfreie Stromversorgung (USV), im Volksmund als Notstrom bezeichnet. Denn wenn das Netz ausfällt, schaltet der Wechselrichter die Solaranlage ab. Nur an einer Steckdose im Wechselrichter liegt noch Spannung an. Radikaler wäre es, das System aus Photovoltaik und Speicher gänzlich unabhängig vom Netz laufen zu lassen, wie bei netzfernen Offgrid-Systemen bereits üblich.

Eine Drei-Phasen-Kompensation bedeutet zunächst nur, dass ein Wechselrichter auf einer Phase macht, was eigentlich auf drei Phasen notwendig wäre. Deshalb und wegen des Verbots der einphasigen Saldierung geht der Trend hin zu symmetrischen dreiphasigen Speichern. Symmetrie klingt gut, aufgeräumt, wir Deutschen lieben das. Symmetrie im Netzanschluss bedeutet aber, dass sich die abgegebene Leistung immer gleich auf alle Phasen verteilt. Es wird immer auf einzelnen Phasen etwas eingespeist, während auf anderen Phasen der Bezug größer ist als der Durchschnitt und Strom gekauft wird. Mit dieser Konfiguration ist keine Notstromversorgung möglich. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der Unsymmetrie. Die Lasten bekommen genau die Leistung, die sie abfordern. Damit kann man Überschüsse einspeisen – oder Drehstromverbraucher im Gebäude symmetrisch bedienen. Ungeachtet dessen werden einphasige Verbraucher genau so versorgt, wie sie die Last abrufen. Auf diese Weise kann Fenecon die Verbraucher im Haus komplett bedienen – und zwar unterbrechungsfrei im Hausanschluss und ohne Netz.

Die Hand am Zähler

Zudem treibt der Netzanschluss der Photovoltaikanlage die Systemkosten hoch: Denn die 50-Hertz-Regel und die dynamische Wirkleistungsregelung erhöhen den Aufwand für die Leistungselektronik und die Netzkommunikation (Rundsteuerempfänger). Generell muss für jede netzgekoppelte Photovoltaikanlage erst beim Netzbetreiber angefragt werden, ob der Anschluss überhaupt möglich ist. Ohne dessen Zustimmung darf sie nicht gebaut werden. Die Streitigkeiten füllen ganze Archive, die Gerichte stöhnen.

Kurze Geschichte des Anschlusszwangs

Den Anschluss, um Strom zu kaufen, hat dagegen jedes Gebäude. Der Anschlusszwang wurde erstmals 1933 in den Notstandsgesetzen von Adolf Hitler erlassen. Er sollte den seinerzeit kommunalen und staatlichen Stromversorgern ein Monopol sichern und den freien Wettbewerb ausschalten.

Das erleben wir heute wieder. Sollte die EEG-Umlage künftig auch auf den Eigenverbrauch aufgeschlagen werden, würde sie der Netzbetreiber abrechnen wie die Mehrwertsteuer. Denn der bidirektionale Zähler gibt ihm (und damit dem Staat) alle Informationen in die Hand. Wer die Hand am Zähler hat, bestimmt den Takt der Energiewende.

Feilmeier dreht den Spieß um: Zwar können die Anlagen Überschüsse einspeisen, wenn es der Kunde wünscht. Es ist aber auch ein netzparalleler, also nichteinspeisender Betrieb möglich. Netzstrom wird nur bezogen, wenn kein Photovoltaik- oder Batteriestrom verfügbar ist oder für Last, die die Wechselrichterleistung pro Phase übersteigt. Er koppelt zwei Systeme: Offgrid und Stromkauf vom Netz. Das Stromnetz des regionalen Versorgers funktioniert nur noch als Back-up für Spitzenlasten. Der gekaufte Strom wird nach den üblichen Preisen bezahlt.

Auch als AC-System

Das Offgrid-System läuft als DC-System, es schickt den Solarstrom über einen DC-DC-Wandler in die Batterie. Zur Nachrüstung bietet Fenecon auch ein AC-System an, das auf drei Phasen läuft. Ein AC-System hat jedoch mehr Verluste, weil es drei Wandlerstufen hat. Allerdings lässt sich ein zweiter Generator (BHKW oder Windturbine) besser integrieren. Das System steuert die Verbraucher und bietet Notstrom, soweit gewünscht und technisch machbar. Die Umschaltung zwischen den beiden Teilsystemen erfolgt über eine Y-Schaltung, die bedarfsabhängig läuft. Wenn das Stromnetz ausfällt, laufen Batterie und Photovoltaik weiter. Diese Variante bietet auch USV in vollem Umfang an.

Einspeisung als Auslaufmodell

Die Einspeisung von Solarstrom ist ein Auslaufmodell, technisch gesehen und aus wirtschaftlicher Sicht. „Bei 80 Prozent Eigenverbrauch speist eine kleinere Photovoltaikanlage im Jahr vielleicht noch rund 2.000 Kilowattstunden ein“, rechnet Feilmeier vor. „Das sind 300 bis 400 Euro im Jahr. Gegengerechnet mit der Mehrwertsteuer für den Eigenstrom und vielleicht der EEG-Umlage sowie den eingesparten Zählerkosten, ist diese Summe für die Kaufentscheidung nicht mehr relevant. Unser Photovoltaiksystem können wir sogar ohne Netzanfrage bauen. Das DC-System kommt ganz ohne Zähler aus.“

Anschluss über fünf Punkte

Den üblichen Zweirichtungszähler braucht man nur, wenn man sich bei DC-Anlagen für Überschusseinspeisung entscheidet. Oder bei AC-Anlagen mit mehr als zehn Kilowatt Photovoltaikleistung, für die man zusätzlich den Solarertrag messen muss. Bei DC-Systemen ändert sich am Zähler nichts, nur der bisherige Verbrauchszähler bleibt am Hausanschluss.

Das System von Fenecon wird über fünf Punkte angeschlossen: für das Netz, die Solaranlage (DC und/oder AC), die Lasten in der USV und die großen Lasten ohne Notstromversorgung. Es ist für Solaranlagen bis neun Kilowatt (DC-Einbindung im Neubau) oder 40 Kilowatt (AC-Variante für Nachrüstung oder Neubau) ausgelegt. Die Eingangsspannung liegt bei 120 bis 140 Volt. Für die USV sind bis 30 Ampere Ausgangsstrom an der Netzphase und 13 Ampere im netzunabhängigen Betrieb möglich. Große Lasten können mit bis zu 63 Ampere je Phase beliefert werden.

Fallende Kosten für Lithiumspeicher

Lithiumspeicher sind derzeit teuer, verfügen mit 20 Jahren aber über eine vergleichsweise lange Lebensdauer. In puncto Kosten hat Blei aber noch die Nase vorn. Feilmeier hat die BYD-Zellen in seinem System, die er exklusiv in Deutschland vertreibt.

Für den Markteinstieg bietet ihm BYD interessante Speicherkosten von rund 20 Cent je Kilowattstunde. Das entspricht etwa 10 bis 20 Prozent mehr als Bleizellen. „Für unsere Lithium-Eisenphosphat-Zellen werden wir wohl eine Kostenreduktion von circa zehn Prozent pro Jahr erreichen“, stellt Feilmeier in Aussicht. „Damit können die Systempreise mit der Leistungselektronik um fünf bis sieben Prozent pro Jahr fallen.“ Derzeit liegt er mit dem dreiphasigen System bereits rund ein Fünftel günstiger als die Lithium-Konkurrenz.

Neue Anbieter drängen in den Markt

In bestimmten Fällen lassen sich wirtschaftliche Lösungen bereits darstellen. Der Preiskampf bei den Speichern wird künftig über die Dynamik im Photovoltaikmarkt entscheiden. „Mitte des Jahres erwarten wir den Markteintritt von billigeren Lithium-Ionen-Systemen aus China“, analysiert Franz-Josef Feilmeier. „Die Zellen werden in Manufakturen hergestellt, von Hand, nicht automatisiert wie bei BYD. Diese Systeme werden auf dem Preisniveau von Bleisystemen aus Deutschland angeboten. Das haben viele Anbieter hierzulande noch gar nicht auf dem Schirm.“

Er weiß: Wenn er bundesweit Erfolg haben will, muss sich die Sache vor allem für die Installateure lohnen. Sie sind seine Kunden. „Wir vertreiben ausschließlich über Partner im Fachhandwerk und Großhändler wie die Würth-Gruppe. Wenn der Kunde versteht, dass unser System auch unsymmetrische Lastversorgung und USV-Notstromfunktionen inklusive Beladung ohne Netz anbietet, ist er bereit, einen höheren Preis zu zahlen.“

Die Chance der Systemplaner

Entscheidend sind letztlich die Planungsleistung und die Installation des Komplettsystems, inklusive Photovoltaik. Denn die Preise für die Lithiumzellen werden ziemlich schnell in den Keller gehen. Experten rechnen mit 15 bis 20 Prozent. Die Preisnachlässe dürften sich zuerst bei den Einkaufspreisen der Installateure bemerkbar machen, um die Marge zu verbessern. Und damit den Absatz beim Endkunden.

Bei Fenecon wird der Speicher zum Energiemanager. Die Leistungselektronik und ihre intelligente Anpassung an den Verbrauch des Kunden gibt den Installateuren die Chance, ein neues und stabiles Geschäftsfeld aufzubauen. „Ich behaupte, wir werden schon bald viel mehr Solaranlagen ohne jegliche Einspeisung bauen“, ist sich Feilmeier sicher. „Die Leute wollen unabhängig sein und ihre Kosten reduzieren. Die Kosten für den Netzanschluss und der technische Aufwand sind mittlerweile so hoch, dass netzparallele Anlagen ohne Überschusseinspeisung zunehmend interessant werden.“

Installateure und Händler als Partner

Vielleicht ist auch das eine Erkenntnis, die mit BYD zusammenhängt. BYD kooperiert mit Mercedes, um ein Elektroauto zu entwickeln. Noch in diesem Jahr soll es in China auf den Markt kommen, später auch in Deutschland. BYD stellt zudem Handys her, auch im Auftrag von Nokia und Apple. Der finnische Mobilfunkpionier hat aber die Zeichen der Zeit verkannt. Denn gegen die intelligenten iPhones von Apple hatten die Handys von Nokia keine Chance. Mittlerweile wurde die Produktion eingestellt. Die Lehre: Das Zeitalter der intelligenten Systeme ist angebrochen. Phase vier. Auch in der Photovoltaik.

http://www.fenecon.de

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