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Markus Steinkötter/Ingenieurbüro Markus Steinkötter

“Den vielen unbekannten Mutigen gehört mein Respekt“

Vor 20 Jahren habe ich die Modulfabrik in Gelsenkirchen mit aufgebaut. Eigentlich bin ich gelernter Schreiner und habe zehn Jahre lang in Bochum im sozialen Bereich mit Jugendlichen gearbeitet. 1986 hat mich das Reaktorunglück in Tschernobyl sehr geprägt. Nur mein privates Verhalten zu ändern genügte mir nicht. Ich wollte mich auch beruflich engagieren.

Umwelttechnik in Jülich studiert

Also habe ich auf der Abendschule das Abi nachgemacht und Umwelttechnik in Jülich studiert. Zwar gründete sich Jülich ursprünglich vor allem auf die Atomtechnik. Aber das Solarinstitut mit Prof. Schwarzer und Prof. Mehlis und insbesondere die Solar Rallye im Ruhrgebiet (Tour de Ruhr) haben mich inspiriert. Ein Auslandspraktikum absolvierte ich in Chile zu Solar Home Systems, das muss 1997/98 gewesen sein.

Noch in Chile, las ich in der Presse, dass in Köln eine neue Solarfabrik geplant sei: Pilkington Solar international. Ich schrieb die Firma wegen einer Diplomarbeit an. Das hat geklappt, das Thema lautete: „Planung einer Modulproduktion“.

Als Diplomand eingestiegen

1999 bin ich bei Pilkington als Diplomand eingestiegen, herausgekommen bin ich als Projektleiter für die Modulfabrik. Das war manchmal sehr knifflig. Ein Beispiel: Die damals gebräuchlichen Laminatoren waren zu groß, sie passten nicht durch die Türen der Werkshalle. Also haben wir sie mit dem Kran in die Halle gehievt. Dazu wurde eine Wand eingerissen und danach wieder hochgezogen.

Pilkington Solar hat zum Beispiel die Glas-Glas-Module für den neuen Berliner Hauptbahnhof gefertigt. Die Zellen wurden in Gießharz eingebettet, diese Technik stammte von den Fenstern des ICE der Bahn. Unser Laminator war zu klein für die 72-Zellen-Module, deshalb wurde jedes Modul einzeln nach Berlin gefahren und dort bei Solon verbacken. In Gelsenkirchen wurde die alte Palettenfabrik von Pilkington ausgeräumt, um darin die Solarfertigung aufzubauen.

Alle fünf Minuten ein Modul

Die Modulfabrik hatte erst fünf Megawatt, dann zehn Megawatt und am Ende 20 Megawatt Jahreskapazität. Sie lief im Dreischichtbetrieb, an fünf Tagen in der Woche. Alle fünf Minuten kam ein Modul vom Band. Die 72-Zeller leisteten 140 bis 145 Watt, die Zellen kamen unter anderem von Solarex aus den USA, ASE in Alzenau oder Kyocera in Japan. 2002 wurde das Werk von Pilkington Solar eröffnet.

Asbeck und Salvamoser kamen vorbei

Es war die erste vollautomatische Modulfertigung, ein Vorbild für weitere Werke weltweit. Nur die Anschlussdosen und die Rahmen wurden noch von Hand gesetzt. Frank Asbeck und Georg Salvamoser haben sich das bei uns angesehen, bevor sie Solarworld und Solar Fabrik gründeten.

Später habe ich die Modulfabrik von Solarworld in Freiberg aufgebaut. Es folgten im Laufe der Jahre etwa 30 Projekte von Kanada bis Taiwan, Spanien, Brasilien, Tunesien, Griechenland und viele andere. Ich habe für den TÜV in Köln die Photovoltaiklabore mit geplant und aufgebaut.

Rund 1,5 Gigawatt betreut

Bis 2016 waren es insgesamt rund 1,5 Gigawatt Fertigungskapazität, an denen ich beteiligt war. Mein letztes Projekt lief bei Avancis in Torgau: Dabei ging es um die Planung einer Dünnschichtlinie mit 300 Megawatt. Heute plane ich unter anderem Fabriken für Lithium-Ionen-Zellen, um Solarstrom speichern zu können.

Ich denke, die Erfinder des EEG sollten eigentlich den Friedensnobelpreis bekommen. Photovoltaik ist Technik für die Menschheit und mittlerweile für jeden auf der Welt erschwinglich. Eine Vision wurde Selbstverständlichkeit. Dazu habe ich vielleicht auch ein bisschen beitragen können.

Solche Entwicklungen wie die Photovoltaik leben vom Mut der Leute, es einfach zu probieren und zu machen. Den vielen unbekannten Mutigen gehört mein Respekt.

Markus Steinkötter war Projektleiter bei vielen Modulfabriken auf der ganzen Welt. Die erste Fabrik war das Werk von Pilkington Solar International in Gelsenkirchen. Sein Ingenieurbüro befindet sich in Köln.

www.sunnysideupp.de

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