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Made in Europe: Kurze Wege zu den Kunden

Die Solarindustrie kehrt nach Europa zurück. Meyer Burger zeigt in Freiberg, das inländische Produzenten sehr wohl große Brötchen backen können. Und der Umsatzsprung bei Solarwatt hat gewiss mit der neuen Modullinie F8 zu tun, die in kürzester Zeit an den Start ging, trotz vieler Widrigkeiten wie Corona oder dem Lieferstau von Komponenten.

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Sigmar Gabriels Party ist längst vorbei

Ich erinnere mich gut an den Auftritt Sigmar Gabriels (SPD), seinerzeit Bundeswirtschaftsminister in der Großen Koalition mit Merkels CDU. In den Anfangsjahren von Mama Merkel waren es Minister der FDP und der SPD, die sich bei der Energiewende querlegten. Danach kamen die Pappnasen von der CDU, bis zuletzt zum Schwarzen Peter der Energiewende, Peter Altmaier (CDU).

Zurück zu Sigmar Gabriel, damals Gastredner auf einem Empfang bei SMA in Kassel. „Ihre Party ist vorbei!“, tönte Gabriel damals, prophezeite den Abgesang auf die deutsche Solarindustrie. Auf die Energiewende insgesamt.

Politisch gewollte Pleitewelle

Die Party ist vorbei, in der Tat, und zwar für Rösler, Gabriel, Altmaier und Konsorten. Allen Unkenrufen zum Trotz kehrt die Solarindustrie nach Europa zurück. Das kann nicht anders sein, denn es ist ökonomisch ziemlich unsinnig, 25 Kilogramm schwere Glasmodule aus Asien nach Deutschland zu schippern.

Es war Philipp Rösler (FDP), der mit Merkels Billigung der deutschen Solarindustrie 2011 die Förderung abdrehte, faktisch über Nacht. In der Folge wanderte die Industrie fast vollständig nach Asien ab, eine Pleitewelle folgte. Sie war politisch gewollt, sollte die Energiewende ad acta legen.

Eine Analyse des VDMA

Jetzt, 2022, hat sich der Trend umgekehrt. Verstärkt durch Corona und geostrategische Lehren aus Russlands Invasion in der Ukraine, steht der Aufbau mächtiger Kapazitäten für Solartechnik, Speicherbatterien und Mikrochips in Europa auf der Tagesordnung. Der VDMA hat erstmals mehr Bestellungen für Maschinentechnik aus Europa ermittelt, die Dominanz der Asiaten scheint gebrochen.

Dabei geht es zunächst nicht um die Frage, wie gesund Chinas Vorherrschaft bei den Solarfabriken für die deutsche Energiewende ist. Vielmehr wirken sich die steigenden Kosten für den Transport aus. Durch die CO2-Steuer ist der Lieferweg von Ware per Schiffsfracht teurer geworden und wird sich weiter verteuern. Das ist ökonomisch und ökologisch sinnvoll.

Keine Vorteile bei den Lohnkosten mehr

Außerdem fällt der Vorteil bei den Lohnkosten weg. Vor zehn oder zwölf Jahren war ihr Anteil an der Produktion von Zellen und Modulen viel höher als heute. In der neuen F8 von Solarwatt in Dresden tanzen Roboter, da wird kaum noch Hand angelegt. Ähnlich sieht es in modernen Werken für Mikro-Chips und Lithiumzellen aus.

Industrie 4.0 macht es möglich: Wirtschaftlich entscheidend sind nicht mehr die Lohnkosten, sondern die Energiekosten und die nachgeordneten Kosten für die Auslieferung der Ware an die Kunden. Wie schnell wird die Ware ausgeliefert, bezahlt und somit als Cash Flow für den Hersteller wirksam?

Kurze Wege zu den Kunden

Kurze Wege sind ein ökonomischer Vorteil, wie geringe Energiekosten auch. Wer seine Fertigung mit erneuerbaren Energien versorgt, ist auf der sicheren Seite. Dagegen erleben wir in China, dass Modulwerke und Batteriewerke wegen Strommangels und Corona schließen müssen.

Die Werkbank der Welt ist ins Stottern geraten, aus dem Tritt gekommen. Europa ist gut beraten, sich auf seine Stärken zu besinnen. Die Wiege der Solartechnik stand in Deutschland, hier wurde die Technologie entwickelt.

So viele verpasste Chancen

Endlich, nach so vielen Jahren und so vielen verpassten Chancen, hat Deutschland einen Bundeswirtschaftsminister, der diese Bezeichnung verdient. Man muss nicht alle Entscheidungen der vergangenen, krisengeschüttelten Monate mittragen.

Aber der Ausbau der Photovoltaik, der Ausstieg von RWE aus der Kohle bis 2030 und der massive Eintritt von privaten und institutionellen Investoren bringt die Solarwirtschaft nach Deutschland zurück. Jährliches Wachstum von mindestens 20 Prozent beim solaren Zubau schafft mächtige Anreize, Zellen, Module, Wechselrichter und Speicherbatterien in Europa zu fertigen – hautnah an den Kunden.

Europaweite Dynamik

Denn die Dynamik der solaren Energiewende hat mittlerweile ausnahmslos alle europäischen Staaten erfasst, von Russland abgesehen. Die Ukraine wird – Frieden vorausgesetzt – zur Modellregion für die Vollversorgung aus erneuerbaren Energien.

Auch dort werden neue Werke entstehen, um den Rückzug der Atomwirtschaft und der Kohleverstromung zu kompensieren. Die Welt ist in Aufruhr, in Bewegung, doch jede Krise bietet Chancen. Unsere Aufgabe ist es, sie zu nutzen.

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