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Doppelte Flächennutzung

„Jetzt entstehen Projekte“

In Baden-Württemberg gibt es seit Kurzem eine Förderung für solar überdachte Parkplätze im Bestand. Wie sinnvoll ist dieser Ansatz – jenseits der Solarpflicht für neue Parkplätze?

Franz Pöter: Wir haben sehr dafür geworben, dass es ein solches Förderprogramm im Land gibt. Denn es gibt schließlich sehr viele Parkplätze. Die Photovoltaikpflicht wirkt sich aber nur auf neue Parkplätze aus. Das eigentliche große Potenzial liegt jedoch im Bestand, ähnlich wie im Gebäudesektor.

Welche Auswirkungen wird die Förderung auf dieses Marktsegment haben?

Bisher existierte der solar überdachte Parkplatz kaum als Marktsegment. Durch das Förderprogramm werden aber mehr konkrete Projekte entstehen. Dadurch wird dann ersichtlich, welche Anbieter es in Baden Württemberg oder sogar bundesweit gibt. Durch die Anbieter am Markt und die realisierten Projekte können die Kunden sehen, wer solche Lösungen anbietet und wie solche Projekte attraktiv werden. Dadurch wiederum werden weitere Projekte angeregt und weitere Firmen steigen in das Marktsegment ein. Unter anderem deshalb ist dieses Förderprogramm sinnvoll.

Wirkt sich so etwas tatsächlich auf die Nachfrage aus?

Natürlich. Dieses Förderprogramm weckt das Interesse vor allem bei den Unternehmen, steigert aber auch die Nachfrage von anderen wie Kommunen, wenn es durch die Förderung entsprechende Pilotprojekte gibt. Die Kommunen sowie die Unternehmer kommunizieren schließlich miteinander. Wenn beispielsweise ein großes Kaufhaus für seine Besucher den Parkplatz solar überdacht, dann steigt das Interesse der Mitbewerber, dies seinen Kunden ebenfalls zu bieten. Durch die Förderung für die Bestandsparkplätze werden wir schneller mehr Projekte sehen als durch die Solarpflicht. Da bin ich überzeugt.

Das Förderprogramm war sehr kurzfristig angelegt. Wie kann dann so ­etwas wirken?

Das ist richtig. Die Bewerbungsfrist war sehr kurz. Doch dies führt trotzdem zur Beschleunigung des ein oder anderen Projekts. Zudem ist angekündigt, dass es weitere Förderrunden geben wird.

Doch die Unterstützung bekommen dann Projekte, die schon fertig in der Schublade lagen und die vielleicht auch ohne Unterstützung gebaut ­worden wären?

Es sind Projekte, die letztlich in der Schublade lagen, die aber vielleicht deswegen nicht realisiert wurden, weil ihre Wirtschaftlichkeit grenzwertig war. Da hilft eine Förderung. Durch die hohe Aufständerung fallen Mehrkosten im Vergleich zu einer herkömmlichen Solaranlage an. Gerade beim Bestandsparkplatz werden Aufwendungen auf bautechnischer Seite zusätzlich notwendig. Beispielsweise wenn der Parkplatzbelag für die Fundamentierung noch einmal geöffnet werden muss. Je nach Modell und auch Größe des Systems ist das dann schwierig, diesen Mehraufwand über den Strompreis abzubilden. Hier hilft der direkte Zuschuss auf jeden Fall weiter. Meine Erwartung: Mit der Förderung werden mehr Parkplätze solar überdacht und in der Folge steigt auch die Skalierung der Systeme, was wiederum eine Lernkurve beschleunigt. Dies regt weitere Projekte an, weil die Parkplatzüberdachungen preiswerter werden.

Damit wird die Förderung auf jeden Fall zu einem ein guten Startschuss. Doch was ist – vielleicht auch perspektivisch – notwendig, um das Segment auch ohne Unterstützung voranzubringen?

Grundsätzlich hilft der Vorrang der erneuerbaren Energien bei der Planung. Da im Bestand gebaut wird, spielen Themen wie Planungsrecht oder Denkmalschutz durchaus eine wichtige Rolle. Zudem sollte grundsätzlich geklärt werden, ob der solar überdachte Parkplatz ein Gebäude, eine Dachfläche oder eine Bedachung ist. Sobald es ein Gebäude ist, werden die Bauvorschriften nochmals komplizierter. Deshalb brauchen wir grundsätzlich eine Vereinfachung der gesamten Planungs- und Genehmigungsverfahren, sodass man beispielsweise für die Fundamentierung auf ein Bodengutachten verzichten kann. Das betrifft aber nicht nur den Bau der eigentlichen Solaranlage.

Sondern?

Beispielsweise betrifft das auch das Thema Niederschlagswasser. Denn wenn die Überdachung regendicht ist, steht die Frage im Raum, wo das Niederschlagswasser abfließen soll. Wenn zusätzlich ein Retentionsbecken gebaut werden muss, verkompliziert und verteuert es die Anlage. Der Parkplatz war ja vorher auch keine grüne Wiese. Daher sollten die Auflagen sachgerecht sein und die Baubehörden auch etwas kreativeren Lösungsansätzen zustimmen. Wenn die Fläche mit Knochen- oder Hohlblocksteinen gebaut wurde, könnten die Behörden bei Starkregen auch eine Flutung des Parkplatzes akzeptieren, wodurch sich das Wasser verteilt und versickert.

Welche Geschäftsmodelle sehen Sie, damit mehr Parkplätze solar überdacht werden?

Hier geht es unter anderem um den Zusatznutzen, den eine solche Überdachung mit sich bringt und der nicht immer ausschließlich monetär zu bewerten ist. Supermärkte haben einen Mehrwert, wenn die Kunden trockenen Fußes ins Geschäft kommen. Die Unternehmen erhöhen die Mitarbeiterzufriedenheit, wenn diese im Winter kein Eis kratzen müssen, und erreichen noch einen Imageeffekt, wenn sie zeigen können, dass sie Photovoltaik nutzen. Daher könnten durchaus auch Gelder aus dem Marketingbudget in die solare Überdachung des Parkplatzes fließen. Außerdem wird mit der solaren Überdachung auch der Parkplatz zur verlässlichen Energiequelle für Unternehmen und Kommunen. Zwar liegen die Stromerzeugungskosten derzeit mit solchen Anlagen noch bei 15 Cent pro Kilowattstunde. Doch selbst das ist wirtschaftlich, wenn der Strom direkt im Gebäude nebenan verbraucht oder in Kombination mit einer E-Ladesäule genutzt wird.

Welchen Mehrwert sehen Sie für Kommunen?

Ich sehe die öffentliche Hand tatsächlich auch als Vorreiter. Jede Kommune hat einen oder mehrere größere Parkplätze. Diese könnten sie überdachen als deutliches Zeichen, dass sie es ernst nehmen mit der Energiewende und Flächen schonen, indem eine Doppelnutzung stattfindet. Dazu kommen noch die klassischen Geschäftsmodelle, nicht nur an Park-and-ride-Parkplätzen. Hier können verschiedene Dienstleistungen kombiniert werden. Zum einen die Dienstleistung Elektroladeinfrastruktur, zum anderen weitere Dienstleistungen wie beispielsweise eine Paketabholstation und ein zusätzlicher Kaffeeautomat. Dann gewinnt der Parkplatz an Aufenthaltsqualität, weil er überdacht ist. Das ist ein Geschäftsmodell, das gerade auch im urbanen Raum durchaus interessant sein kann, wenn es um zentrale Parkplätze in der Ortsmitte geht.

Wie entwickelt sich der Markt, haben Sie dazu Informationen?

Vonseiten des Solar Cluster Baden-Württemberg haben wir dazu keine Statistiken. Bisher sind wir da aber auf dem Niveau von Einzelprojekten. Meist sind es Parkplätze von Unternehmen, die dadurch eine zusätzliche Fläche zur Produktion von Solarstrom gewinnen, wenn die Dachfläche zu gering oder schon voll belegt ist. Den ganz großen Ansturm gab es bisher noch nicht. Die Marktentwicklung steht noch am Anfang auch hinsichtlich der technologischen Entwicklung vor allem bei den Unterkonstruktionen. Da gibt es neben klassischen Stahlkonstruktionen innovative Ansätze, bei denen die Module zum Beispiel an Drahtseilen gespannt werden.

Das Gespräch führte Sven Ullrich.

Solar Cluster Baden-Württemberg

Faktenblatt Solarparkplätze aktualisiert

Allein in Baden-Württemberg gibt es mehr als 17.000 offene ­Parkplätze mit jeweils mehr als 35 Stellplätzen. Wenn diese komplett solar überdacht würden, birgt dies ein Potenzial von 2,4 Gigawatt ­Solarleistung, die dort aufgebaut werden könnten. Das sind sechs ­Prozent des Solarpotenzials auf allen Dächern in Baden-Württemberg.

Doch noch wird kaum einer dieser Parkplätze tatsächlich für die Photo­voltaik genutzt. Wie Kommunen, Städte, Unternehmen oder ­öffentliche Einrichtungen diese ohnehin versiegelten Flächen nutzen können, erfahren sie im brandneu aktualisierten Faktenpapier Photovoltaikparkplätze, das das PV-Netzwerk Baden-Württemberg veröffentlicht hat. Interessierte finden hier alle Informationen, angefangen bei den technologischen Grundlagen über die verschiedenen ­Lösungsansätze bis hin zu den geeigneten Geschäftsmodellen und zur Wirtschaftlichkeit solcher Projekte.

Im Mittelpunkt stehen dabei größere Parkplatzanlagen. Das Faktenpapier klärt auch über die wichtigsten Eckdaten zur Photovoltaikpflicht auf Parkplätzen in Baden-Württemberg auf, die seit 2022 beim Neubau ab einer Größe von 35 Stellplätzen besteht. Da sich die Profitabilität je nach Parkplatztyp und Nutzungsart unterscheidet, werden außerdem drei exemplarische Geschäftsmodelle vorgestellt.

Im Interview

Franz Pöter
ist Geschäftsführer des Solar ­Cluster Baden-Württemberg. ­Zusammen mit dem Fraunhofer ISE hat der Verband ein Faktenblatt zum Thema solare Parkplatzüberdachungen herausgegeben.

Foto: SC BW

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