Der baden-württembergische Übertragungsnetzbetreiber TransnetBW und Octopus Energy aus Großbritannien erproben netzdienliches Laden von E-Autos. In der britischen Botschaft stellten sie das Projekt OctoflexBW vor.
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Darin sollen bis zu 1.500 E-Autos im Netzgebiet gebündelt werden, um Überschüsse im Netz in Fahrzeugbatterien zu speichern. „Damit haben wir die Aussicht, die Kosten zu senken und die Sicherheit der Versorgung zu erhöhen“, sagte Greg Jackson, CEO von Octopus Energy. Das Unternehmen ist seit einiger Zeit auch in Deutschland tätig. Bislang sind 200 E-Autos im Netzgebiet der TransnetBW beteiligt.
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In UK bereits gängig und erlaubt
In Großbritannien sind flexible Verbrauchsmodelle bereits erlaubt und gängig. Dort hat Octopus Energy bereits rund 250.000 E-Autos unter Vertrag. „Mit unserem Flextarif laden die Autos, wenn das Netz zu viel Strom anbietet, also die Preise niedrig sind“, erläuterte Jackson. „Dadurch stellen wir rund 1,8 Gigawatt Verbrauchsreserve bereit, mehr als ein Atomkraftwerk. Das erhöht die Stabilität des Netzes, ohne Geld in den Ausbau investieren zu müssen.“
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In Deutschland sind solche Modelle noch nicht erlaubt, die Bundesnetzagentur steht auf der Bremse. Doch auch die Netzbetreiber sind skeptisch. In den Leitwarten herrscht nach wie vor der Grundsatz, dass die Netze durch rotierende Massen aus großen Kraftwerken gesteuert werden müssen. „Der Versuch mit Octopus Energy soll zeigen, dass wir auch die Verbrauchsseite nutzen können, um das Netz zu stabilisieren“, sagte Werner Götz, CEO von TransnetBW. „Wir wollen der Bundesnetzagentur zeigen, dass es funktioniert. Gleichzeitig können die Ingenieure in unserer Leitwarte damit Erfahrungen sammeln.“
Netzbetreiber brauchen mehr Daten und mehr Intelligenz
Bis zu fünf Gigawatt Netzreserve
Für ihn ist das Projekt der Einstieg, bis zu fünf Gigawatt flexibler Netzreserve aufzubauen, beispielsweise durch tausende E-Autos und Wärmepumpen. „Wichtig für uns ist, dass Octopus Energy die Verbrauchsreserve garantiert“, erläuterte Götz. „Wir brauchen verlässliche Partner, die vertraglich gebunden sind.“
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Früher stützten sich die Übertragungsnetzbetreiber auf rund 50 Kraftwerke, die den Strom mit Dampfturbinen und fossil-nuklearen Brennstoffen erzeugten. Die rotierenden Massen der Turbinen verliehen dem Netz eine gewisse elektrische Trägheit, mit der sich Abweichungen in Spannung und Frequenz gut ausgleichen ließen. „Jetzt haben wir mehr als zwei Millionen Erzeugungsanlagen, die je nach Wetterlage ihren Strom einspeisen“, berichtete Werner Götz.
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Nun gelte es, Flexibilität auf der Verbraucherseite zu nutzen, um das Netz zu stützen. Mit OctoFlexBW wollen die Partner auch zeigen, dass auf diese Weise die Kosten für Redispatch sinken. „Bis 2030 könnten wir dadurch rund eine Milliarde Euro einsparen“, rechnete Götz vor.
Smart Meter kommen viel zu langsam
Größtes Hindernis bei der Nutzung von flexiblen Verbrauchern sind fehlende Smart Meter in den Verteilnetzen. Die Quote liegt in Deutschland bei unter zehn Prozent. Bis Ende 2024 waren rund 1,15 Millionen Zähler auf intelligente Messtechnik umgerüstet, von 41 Millionen Haushalten.
In UK liegt die Quote bereits bei 65 Prozent, in Frankreich, Italien, im Baltikum und in Skandinavien sind fast alle Zähler umgestellt. Auch beim Smart-Meter-Rollout erweisen sich Bundesnetzagentur und Bundesamt für Sicherheit (BSI) als Nadelöhr. (HS)
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