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Fachhandwerk

Mit der Zeit gehen

Mehr als 1.700 Stunden im Jahr scheint die Sonne über Freiburg, in Deutschlands südwestlichem Zipfel. Und seit einem Vierteljahrhundert ist der Elektrobetrieb von Michael Müller in der Photovoltaik tätig.

Gerade sieben Jahre war die Firma Elektro Müller alt, als sich ein neues Geschäftsfeld bot. Die damalige rot-grüne Bundesregierung unter Gerhard Schröder investierte viel Geld in die Förderung von Solarstrom: Ende März 2000 trat das Erneuerbare-Energien-Gesetz in Kraft und mit ihm das sogenannte 100.000-Dächer-Programm. Die Besitzer von Photovoltaikanlagen bekamen für jede Kilowattstunde rund 50 Cent – für 20 Jahre garantiert.

Vom Elektromeister zum Solarteur

Die Folge ist ein kräftiger Solarboom in Deutschland. Michael Müller ist in seiner Region dabei. Er eignet sich das Fachwissen für Photovoltaik an, stellt engagierte Leute ein und lässt sie schulen. Im Jahr 2005 ist die Belegschaft auf rund 50 Mitarbeiter gewachsen.

Das Firmengebäude in Schallstadt-Wolfenweiler platzt bald aus allen Nähten. Im Juni 2005 bezieht Müller ein neues Gebäude – im Freiburger Rieselfeld.

Die Photovoltaik entwickelt sich zur Stütze des Geschäfts. Zwischen 2008 und 2012 beschäftigt der Elektromeister bis zu 30 Mitarbeiter allein in seiner Solarsparte. Die Leitung übernimmt 2018 Deniz Arslan, der bis heute an Bord ist.

Er ist zuständig für die Anlagenplanung, für Organisation und Technik, schreibt Angebote und meldet die Anlagen beim zuständigen Netzbetreiber an. Ihm zur Seite steht Norbert Müller (nicht verwandt oder verschwägert mit dem Firmenchef). Er zeichnet für Vertrieb und DC-Planung verantwortlich.

Wachsende Konkurrenz

Deniz Arslan erinnert sich: „Anlagen zur Voll­einspeisung konnte praktisch jeder installieren, wenn er einen Elektromeister an der Hand hatte, der die Installation abnahm und seine Unterschrift daruntersetzte.“ Irgendwann merkten das auch Zimmerleute, Dachdecker und Heizungsbauer, entdeckten den lukrativen Markt für sich.

Dadurch wurde es schwieriger und aufwendiger, Aufträge für Neuanlagen zu bekommen. Das Geschäft verlor an Attraktivität. „2017 zogen wir die Konsequenzen“, berichtet Arslan. „Wir entschlossen uns, keine neuen Anlagen zu installieren. Wir haben nur noch die Bestandsanlagen unserer Stammkunden betreut.“

Nachfrage zog wieder an

Seit drei Jahren zieht die Nachfrage laut Deniz Arslan deutlich an. „Heute geht es unseren Kunden darum, sich von steigenden Strompreisen so weit wie möglich abzukoppeln und ihre Energieversorgung auf eigene Beine zu stellen.“

2022 stieg Elektro Müller wieder ins Geschäft mit Neuanlagen ein. Denn viele Stammkunden, die sich vor Jahren eine Anlage zur Volleinspeisung hatten installieren lassen, wollten jetzt eine neue Anlage für den Eigenverbrauch.

Zudem spielt die Netzdienlichkeit eine wachsende Rolle. „Das können Dachdecker oder Zimmerleute nicht leisten“, ist sich Deniz Arslan ­sicher. „Dafür sind Fachleute gefragt, die mit dem komplexen Thema umgehen können. Sie wissen, wie man einen Speicher optimal dimensioniert und ins Gesamtsystem integriert. Sie haben das Know-how, um ein gutes Energiemanagement aufzusetzen, um möglichst viel vom selbst erzeugten Sonnenstrom im eigenen Haushalt zu verbrauchen.“

Mit anderen Worten: Das ist genau das Geschäft, das die Firma Müller versteht.

AC und DC – zwei Teams

Heute arbeiten bei Müller zwei Teams. Eins konzentriert sich auf die Montage der Solarmodule und die DC-Technik. Um die AC-Seite und die Technik im Haus kümmert sich ein zweites Team. Auf diese Weise werden spezifische Kompetenzen gebündelt. Die Projekte lassen sich besser planen und abschließen.

Auf der AC-Seite geht es zum einen darum, die Verbraucher im Haus – vom Kühlschrank über die Wärmepumpe bis zur Wallbox fürs E-Fahrzeug – optimal ins Energiemanagement einzubinden. „Mittlerweile greift der Paragraf 14a des Energiewirtschaftsgesetzes“, erklärt Arslan. „Wir müssen das Lastmanagement beherrschen, also die netzorientierte Steuerung von Verbrauchern wie E-Ladestationen, Speichersystemen und Wärmepumpen.“

Mittelspannung bei größeren Anlagen

Natürlich müssen die Spezialisten nicht nur wissen, welche technischen Anforderungen die VDE-AR-N 4105 an Generatoren und Speicher stellt, die neu ans Niederspannungsnetz angeschlossen werden. Sie müssen diese Anforderungen auch sauber umsetzen.

Gleiches gilt für die Technische Anschlussregel in der Mittelspannung (VDE-AR-N 4110), also für größere Anlagen. „Das Thema ist inzwischen sehr komplex“, meint Deniz Arslan. „Wer heute eine Photovoltaikanlage installieren will, muss wirklich fit sein. Nur dann funktioniert das Ganze gesetzeskonform, passt zu den Anforderungen der künftigen Netze und bringt für den Kunden die gewünschten Ergebnisse.“

Hohes Interesse an eigenem Strom

Für die nahe Zukunft erwartet Deniz Arslan stabiles Marktwachstum. „Durch die nach wie vor sehr unsichere politische Lage bleibt das Interesse der Kunden am eigenen Strom hoch“, urteilt er. „Hinzu kommt die Befreiung von der Mehrwertsteuer und die Abzugsfähigkeit bei der Einkommensteuer. Das unterstützt den Markt.“

Er ist zuversichtlich, dass das Solargeschäft in diesem Jahr ein ordentliches Umsatzplus erwirtschaftet. „Zu unseren Bestandskunden, die jetzt neue Anlagen wollen, kommen immer mehr Neukunden“, sagt er. „Denn es spricht sich herum, dass wir die Materie wirklich beherrschen.“ Das derzeit siebenköpfige Solarteam könnte noch in diesem Jahr auf zehn Mitarbeiter wachsen. „Für die kommenden Jahre gehe ich von jeweils rund zehn Prozent Umsatzplus aus“, prophezeit Arslan. „Das schaffen wir nur, wenn wir uns personell verstärken.“ Der Löwenanteil sind Anlagen auf Einfamilienhäusern zwischen zehn und 15 Kilowatt, mit Speichern zwischen elf und 13 Kilowattstunden, einer Wallbox und meist auch einer neuen Zähleranlage. „In den letzten Jahren haben wir im Schnitt zwischen 60 und 70 solcher Anlagen gebaut“, rechnet der Experte vor. „Dazu kamen pro Jahr vier bis sechs Anlagen in der Mittelspannung zwischen 100 und 120 Kilowatt.“

Für 2025 rechnet Deniz Arslan mit insgesamt 80 bis 100 kleinen und zehn bis 15 größeren Anlagen. Die Firma Müller verbaut zu rund 60 Prozent europäische Komponenten. Der Großteil der Wechselrichter kommt von Fronius oder SMA, die Module von Viessmann oder Axitec.

Kooperation mit Selbstbauern

„Wir stellen einen klaren Unterschied in den Prioritäten der Kunden fest“, erklärt er. „Jüngere Leute neigen zu chinesischen Produkten, die immerhin um fast die Hälfte billiger sind als deutsche.“ Ältere Kunden hingegen seien stärker an nachhaltigen Lösungen interessiert und wollten nach Möglichkeit Produkte, für die es auch in fünf Jahren noch Ersatzteile oder Support gibt, und die sich bei Bedarf reparieren lassen. „Diese Kunden entscheiden sich eher für europäische Komponenten, auch wenn sie etwas teurer sind.“

Seit einiger Zeit arbeitet Deniz Arslan mit einigen Enthusiasten aus Lörrach zusammen, die sich zur Selbstbaugruppe formiert haben. „Das funktioniert hervorragend“, schätzt er ein. „Zum einen, weil die Kunden, die über die Selbstbaugruppe kommen, in aller Regel sehr gut informiert und entschlossen sind, eine Anlage zu realisieren. Zum anderen, weil die Selbstbaugruppe sehr gut organisiert ist. Die Mitglieder gehen mit großem Engagement zur Sache.“

Preisminderung durch Selbstbau

Üblicherweise bekomme er von Hermann Forneck, einem besonders rührigen Mitglied der Lörracher Gruppe, die Pläne und Zeichnungen für eine neue Anlage. „Wir schreiben unser Angebot, in das wir die Unterstützung der Selbstbaugruppe preismindernd einkalkulieren“, erzählt Arslan. „Dann besorgen wir sämtliche Komponenten und stimmen die Installation mit der Gruppe ab.“

Die Lörracher montieren in der Regel die Module, verlegen DC-Rohre an der Fassade und ziehen die Kabel. „Wenn die Dachneigung größer als 30 Prozent ist, übernehmen wir die Arbeiten auf dem Dach“, schränkt Arslan ein. „Bei allen Arbeiten ist stets ein Fachmann von uns dabei, der die Arbeiten überwacht, koordiniert und natürlich selber mitarbeitet.“

Inzwischen habe man schon mehrere Anlagen gemeinsam realisiert. „Nach Lage der Dinge werden wir auch in diesem Jahr einiges zusammen bewegen.“

Mehr als 100 Leute

Heute beschäftigt die Müller GmbH mehr als 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Photovoltaik hat sich als Geschäft etabliert, wenn auch nicht als einziges Geschäftsfeld. Neben den großen Geschäftsfeldern Elektrotechnik und Gebäudetechnik ist das Unternehmen ein wichtiger Anbieter für Beratung, Planung und Installation von solarer Energiegewinnung in der Region um Freiburg im Breisgau.

Deniz Arslan leitet das Solarteam, das auch gewerbliche Anlagen in Mittelspannung baut.

Foto: Daniel Wanders

Deniz Arslan leitet das Solarteam, das auch gewerbliche Anlagen in Mittelspannung baut.
Erweiterung der Bestandsanlage auf einem Privathaus.

Foto: Müller

Erweiterung der Bestandsanlage auf einem Privathaus.
Gemeinsam mit dem Fachbetrieb realisieren die Enthusiasten aus Lörrach Anlagen in ihrer Region.

Foto: Selbstbaugruppe Lörrach

Gemeinsam mit dem Fachbetrieb realisieren die Enthusiasten aus Lörrach Anlagen in ihrer Region.
Michael Müller führt seinen Betrieb mit ­Weitsicht.

Foto: Seeh-Stern

Michael Müller führt seinen Betrieb mit ­Weitsicht.
Typische Dachanlage auf einem Einfamilienhaus in Freiburg.

Foto: Müller

Typische Dachanlage auf einem Einfamilienhaus in Freiburg.

Selbstbaugruppe Lörrach

Für alle ein Gewinn

In der Stadt Lörrach installieren ehrenamtliche Helferinnen und Helfer Solaranlagen – mit Unterstützung von Fachfirmen wie der Müller GmbH. So will die Selbstbaugruppe den Ausbau von Photovoltaik in ihrer Region beschleunigen und den Nutzern der Anlagen helfen, Geld zu sparen.

„Mittlerweile sind rund 20 Ehrenamtliche aktiv dabei“, erzählt Heidi Thron. Die Baubiologin arbeitet seit gut vier Jahren am Runden Tisch Klima mit und gehört zu den Gründungsmitgliedern der Selbstbaugruppe.

Sie unterstützt vor allem die Besitzer von Ein- oder Zweifamilienhäusern auf dem Weg zur eigenen Solaranlage. „Wir beraten sie zu allen Fragen rund um ihre gewünschte Solaranlage, planen die Ausrichtung und den Aufbau.“

Im nächsten Schritt kommt ein Solarteur aus der Region ins Spiel, „dazu arbeiten wir mit mehreren Fachfirmen aus der Region zusammen“. Der Solarteur schaut sich die Örtlichkeiten an, macht ein Angebot und bestellt das Material. Die Selbstbaugruppe errichtet die Anlage zusammen mit dem Fachbetrieb und sorgt dafür, dass die Anlage fachgerecht angeschlossen und abgenommen wird.

„Wir sind weder ein Verein noch eine Genossenschaft“, betont Hermann Forneck, emeritierter Professor für Sozialwissenschaften. Er gehört gleichfalls zur Selbstbaugruppe. „Bei uns steht die funktionelle Arbeitsteilung zwischen der Fachfirma und uns als Laien im Fokus. Allerdings haben unsere Leute inzwischen durchaus reichlich Erfahrung gesammelt.“

Im Übrigen gilt das Prinzip der Nachbarschaftshilfe. „Die Leute, denen wir helfen, ihre Solaranlage zu realisieren, unterstützen uns bei den nächsten Projekten“, berichtet Heidi Thron. „Das funktioniert hervorragend.“

Für die beteiligten Fachfirmen sei die Zusammenarbeit durchaus attraktiv, meint Hermann Forneck. „Wer mit uns Kontakt aufnimmt, hat seine Entscheidung in aller Regel längst getroffen und ist gewillt, eine Anlage zu realisieren“, sagt er. „Das erleichtert alle Gespräche, weil eine starke Vertrauensbasis besteht.“

Im Übrigen laufe die Zusammenarbeit von Anlage zu Anlage besser und reibungsloser. „Für die beteiligten Solarteure heißt das: Mit uns erreichen sie hohe Effektivität und Wirtschaftlichkeit. Kurz: Es ist für alle ein Gewinn.“