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DIW: Überschusseinspeisung ist kein Problem

Nach Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung wird die Überschusseinspeisung in wenigen Jahren ein geringeres Problem als zunächst angenommen. Voraussetzung ist die Flexibilisierung des Stromsystems und der Bau von Speichern.

Die zeitweiligen Überschüsse von Solar- und Windstrom sind auch bei steigenden Anteilen am gesamten Strommix ein lösbares Problem. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Basis der Handhabung des Stromüberschusses ist die Flexibilisierung des Stromsystems. Damit meint das DIW von allem die Verminderung der Überschusserzeugung. So könnten die verbleibenden Überschüsse teilweise durch zusätzliche Stromspeicher aufgenommen werden. Für die höchsten Produktionsspitzen sollte aber auch die Möglichkeit zur Abregelung erhalten bleiben. „In einem flexiblen System müssten im Jahr 2032 weniger als zwei Prozent der möglichen jährlichen Stromerzeugung aus Sonnen- und Windkraft abgeregelt werden“, rechnet Wolf-Peter Schill vor. Er ist der Energieexperte beim DIW und Autor der Studie. „Davon unabhängig werden die Bedeutung von Stromspeichern in einem immer mehr auf erneuerbaren Energien beruhenden System steigen“, erklärt Schill.

Überschusseinspeisung niedriger als gedacht

Die Energieexperte des DIW hat die zu erwartenden Stromüberschüsse bei weiterem Ausbau von Photovoltaik- und Windkraftanlagen errechnet. Basis waren dabei historische Einspeisedaten in einem nächsten Schritt rechnete Schill diese auf die zu erwartenden Kapazitäten in der Zukunft hoch, um den möglichen Umfang der Überschusseinspeisung zu bestimmen. „Es zeigt sich, dass die Überschüsse in den meisten Zukunftsszenarien relativ selten, aber in der Spitze mit hoher Leistung auftreten“, erklärt Schill das Ergebnis seiner Berechnungen. Für das Jahr 2032 errechnet er unter Annahme eines flexiblen Stromsystems insgesamt 471 Stunden Überschusseinspeisung. Das ist etwas mehr als fünf Prozent der gesamten 8760 Stunden, die ein Jahr hat. In nur 14 Stunden beträgt die Leistung dieses Überschusses mehr als 30 Gigawatt. „Um diese Überschüsse im Stromsektor in vollem Umfang nutzbar zu machen, müsste man zusätzliche, sehr große und damit teure Stromspeicher bauen, die nur selten ausgelastet wären“, erklärt Schill. „Das ist wirtschaftlich nicht sinnvoll, da die volle Speicherung je nach Szenario Investitionen von mehreren hundert bis mehreren tausend Euro pro Megawattstunde vermiedener Abregelung notwendig machen würde.“ Damit ist für Schill die Abregelung der Solar- und Windanlagen billiger als der Bau von Stromspeichern.

Stromspeicher übernehmen Systemdienstleistungen

Allerdings sind mit großen Speichern noch weitere Geschäftsmodelle möglich. So können sie einen erheblichen Beitrag zur Spannungs- und Frequenzhaltung leisten, da sie – anders als Photovoltaik- und Windanlagen – in der Lage sind, positive Regelenergie bereitzustellen. Mit diesem Geschäftsmodell baut der englische Netzbetreiber UK Power Network einen Großspeicher. Der soll zwar die Überschüsse einspeichern und in den geringen Zeiten, wenn die Engländer ihre Stromheizungen anwerfen, zusätzliche Kapazitäten bereitstellen. Den größten Teil des Jahres übernimmt der Speicher allerdings Systemdienstleistungen – sozusagen als Extranutzen. Zunehmend problematisch wird dabei vor allem, wenn während der Überschusseinspeisung noch Strom aus Kohle- oder Atomkraftwerken produziert wird. „Eine Flexibilisierung des Stromsystems könnte die Überschüsse jedoch deutlich reduzieren und sollte deshalb energiepolitisch Priorität haben“, erklärt Schill. „Dazu kann eine Vielzahl von Maßnahmen beitragen, etwa die Absenkung des Must-Runs konventioneller Kraftwerke oder eine bedarfsgerechtere Verstromung von Biomasse.“ Auf diese Weise könnte der Stromüberschuss aus Solar- und Windenergie im Jahr 2032 von über 18 Prozent auf unter zwei Prozent der möglichen Jahreserzeugung sinken. „Energiespeicher werden in Zukunft deutlich an Bedeutung gewinnen, auch wenn der Bedarf zur Speicherung von Überschüssen geringer ist als allgemein gedacht. Aus energiepolitischer Sicht ist daher die weitere Förderung von Forschung und Entwicklung geboten, damit die erforderlichen Speichertechnologien mittel- und langfristig auch tatsächlich zur Verfügung stehen“, lautet das Fazit von Schill. (Sven Ullrich)