Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch

Störende Blendung durch Solaranlagen: Immer eine Einzelfallentscheidung

Welche Beeinträchtigung durch Reflexionen von Solaranalgen müssen Nachbarn hinnehmen? Dieser Frage ist der Rechtsanwalt Tim Wistokat, Leiter der Rechtsabteilung von Poll Immobilien, nachgegangen. Er hat dazu einschlägige Gerichtsurteile untersucht. Er kommt zu dem Schluss, dass es immer eine Einzelfallentscheidung ist, ob eine eventuelle Reflexion als störend anerkannt wird oder nicht.

Grenzwerte für Lichtreflexion fehlen

Ein zentraler Grund: Es existieren keine rechtsverbindlichen Grenzwerte für Lichtreflexionne durch Sonnenlicht. Deshalb beruhen einschlägige Gerichtsentscheidungen immer auf Gutachten von Sachverständigen, auf deren Basis die Gerichte dann entscheiden, ob es sich im konkreten Fall um eine wesentliche oder unwesentliche Beeinträchtigung handelt. „Im Falle der Blendwirkung durch Photovoltaikanlagen kommt es daher immer auf den Einzelfall an. Auch wenn der Ausbau der erneuerbaren Energien durch den Staat gefördert wird, entsteht dadurch keine grundsätzliche Duldungspflicht des Nachbarn“, erklärt Tim Wistokat mit Blick auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf aus dem Jahr 2017 und ein zweites Urteil des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 14. Juli 2022. „In beiden Fällen erfolgte eine Einschätzung der Beeinträchtigung durch die reflektierende Photovoltaikanlage durch einen bestellten Sachverständigen. Es handelt sich demnach immer um eine Einzelfallentscheidung“, fasst Tim Wistokat zusammen.

Mehrere Kriterien entscheiden

Denn in beiden Fällen kommen die Gerichte zu unterschiedlichen Einschätzungen. Während das Düsseldorfer Gericht zugunsten des geblendeten Nachbarn entschied, kamen die Braunschweiger Richter zum Entschluss, dass die Solaranlagen im verhandelten Fall nicht blendet. „Ob eine Beeinträchtigung unwesentlich oder bereits wesentlich ist, richtet sich nach dem Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen sowie der Dauer der Blendwirkung, der Intensität der Lichtreflexe und der daraus resultierenden Auswirkungen auf die Nutzung des betroffenen Grundstücks“, fasst Tim Wistokat die Entscheidungsgrundlagen zusammen.

Lange Blendwirkung muss abgestellt werden

Dabei sei nicht von einem Durchschnittsnachbarn auszugehen, der von den gegebenen örtlichen Verhältnissen losgelöst ist. „Vielmehr ist von einem Durchschnittsbenutzer des betroffenen Grundstücks in seiner konkreten Beschaffenheit auszugehen“, betont er.

Verpassen Sie keine wichtige Information rund um die solare Energiewende! Abonnieren Sie dazu einfach unseren kostenlosen Newsletter.

So verweist er auf das Urteil der Düsseldorfer Richter, die aufgrund des Berichts eines bestellten Sachverständigen eine wesentliche Beeinträchtigung festgestellt haben. „Es wurde dargelegt, dass an mehr als 130 Tagen im Jahr erhebliche Blendwirkungen auftreten. Die Blendwirkungen erstreckten sich zeitweise über die gesamte Grundstücksbreite und dauerten bis zu zwei Stunden am Tag an. Eine solch wesentliche Beeinträchtigung muss der Nachbar nicht dulden“, erklärt Rechtsexperte Wistokat. Das Gericht verpflichtete den Betreiber der Solaranlage, durch geeignete Maßnahmen die Blendwirkung zu reduzieren, sodass keine wesentliche Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks mehr vorliegt.

Keine Änderung an der Anlage bei unwesentlichen Reflexionen

In Niedersachsen hingegen argumentierte der durch die Solaranlage gestörte Nachbar, dass es aufgrund der Reflexion durch Sonneneinstrahlung es in Teilen seines Hauses zu einer unzumutbaren Blendung komme. Es gebe technische Normen und Regelwerke, die vorgeben würden, wie Lichtemissionen und Lichtimmissionen zu bewerten seien, und welche Grenzwerte bestünden. Diese seien im vorliegenden Fall überschritten. „Vor dem Landgericht Göttingen hatte die Klage keinen Erfolg. Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens konnten zwar grundsätzlich Reflexionen festgestellt werden, diese seien aber nicht wesentlich gewesen. Insbesondere konnte an dem streitgegenständlichen Fenster vor Ort lediglich eine Aufhellung durch die Sonnenreflexion, aber keine Blendung festgestellt werden“, beschreibt Tim Wistokat die im Sachveständigenbericht festgehaltene Situation vor Ort.

Berufung gescheitert

Dadurch scheiterte auch die Berufung des Nachbarn vor dem Oberlandesgericht Braunschweig. „Das OLG stimmt dem Landgericht in seiner Einschätzung zu, dass für Reflexionen durch Sonneneinstrahlung keine durch Gesetze oder Richtlinien festgelegten Richtwerte existierten, die in diesem Fall anwendbar seien. Nach den Feststellungen des Sachverständigen seien in dem Wohnraum der klagenden Partei insgesamt nur an circa 60 Tagen im Jahr und insgesamt weniger als 20 Stunden pro Jahr Reflexionen wahrnehmbar, die durch die Paneele verursacht werden“, fasst Wistokat das Urteil zusammen. (su)

Zum Weiterlesen:

Swissolar hat Leitfaden für Blendgutachten aktualisiert

Teure Folgekosten vermeiden